Reisetagebuch 2020

von

Gildeschwester Ilse und Gildebruder Uli
Hering

   
12.9.2020
Berlin

Liebe Freunde, liebe Leser,

nicht ohne Dramatik war das Ende unserer Atlantikreise, die durch verschiedene Schwierigkeiten und nicht zuletzt durch die Pandemie unserem Schiff einen interessanteren Abschluss als uns bescherte. „Nadine“ fuhr nach Nova Scotia, wir nach Berlin. Aber der Treffpunkt von Yacht und Crew sollte Rotterdam sein zwischen 8. und 10. August – nicht mehr, nicht weniger, und wann, wie, wo, was im geheimnisvollen Dunkel. Immerhin galt es für uns zu wissen, wann wir wie wohin fahren sollten. Dann, am 6. August, brachten Mails von Sevenstar Yacht Transport aus Genua und Amsterdam Licht in das Dunkel: „Please be informed that MV Super Servant 4 (d.i. unser Transportschiff) is giving ETA Rotterdam between August 11 and 12...“ Und dann kam noch eine Kleinigkeit, die, nachdem beim Verladen in Martinique alles bereits geregelt war, uns eine schlaflose Nacht bescherte: „Proof that the VAT has been paid.“ Ja, seit dem Bau in der Feltz-Werft im Jahr 2000 lief nichts ohne Mehrwertsteuer-Zahlung, wie jeder Selbstbauer hatten wir Rechnungen gestapelt – aber die Werft-Rechnung war weg. Wie sollten wir in Rotterdam durch ein „smooth customs procedure“ kommen? Anrufe und hektische Suche ließen die entscheidende Rechnung wieder auftauchen, zur Sicherheit wurden an den Zoll 27 gescannte Dateien geschickt und alle Originale in die Reisetasche gepackt. Das Ende im größten Hafen Europas war, dass der Zoll anderes zu tun hatte, als diese Papierflut zu lesen. In Deutschland hatten wir schon anderes erlebt.


    Die Yachten kommen in ihr Element zurück  



Am 11. fuhren wir über Hamburg, wo wir das Auto in der Werft ließen, per Bahn nach Rotterdam, konnten weder über Internet noch Telefon einen Agenten erreichen und erhielten am nächsten Morgen um 06.50 Uhr im Hotelbett den Anruf: ‚Sie können um 7 Uhr Ihr Schiff abholen.‘ Wir sollten zum „Konamsteiger, port No. 5627“ kommen – per Taxi 25 km für 100 Euro. Das Versetzboot düste durch den Europort zum Transportschiff, das in der Maas an riesigen Dalben festgemacht hatte. Gerade noch rechtzeitig kletterten wir an Bord unseres Schiffes und fanden sogar noch Zeit, die karibischen Pocken vom Unterwasserschiff zu verabschieden. Dann wurde geflutet.

Wo sollten wir nun das Schiff seeklar machen und die Segel wieder einziehen? Das wusste niemand. Der Skipper des Nachbarbootes im Transporter hatte mit Scheveningen Yachtclub telefoniert: er war voll, aber wir durften noch kommen. 15 Meilen unter Maschine, noch vor Dunkelheit konnten wir in einer Box der super engen Stege festmachen. 1993 waren wir das letzte Mal hier. Alle Arbeiten konnten wir erledigen, ein freundlicher Hafenmeister und ein Supermarkt der Kategorie Schlaraffenland in Clubnähe waren eine positive Einstimmung – aber kaum jemand trug die Gesichtsmaske “mondkapje“.


    Rahsegler für Touristen


   Zahlreiche Kreuzfahrer vor dem Hafen auf “Halde“     

Eine schnelle Fahrt – in der Spitze über 9 Knoten – brachte uns am 19. August nach Den Helder. Diese von der Marine geprägte Stadt besitzt im Marinehafen neben den holländischen Flotteneinheiten einen Yachthafen, den anzulaufen eine Freude ist. Der Hafenmeister winkt die ankommende Yacht an den Schwimmsteg und hilft beim Festmachen – wie in der Karibik. „Vor dem 23. August könnt ihr nicht wieder auslaufen,“ sagt er, „das Sturmtief vor GB nähert sich.“ Ein beeindruckender Himmel am Abend und ein Gewitter-Feuerwerk in der Nacht, das dem Rio de la Plata alle Ehre macht, bestätigen seine Worte.


    Yachthafen im Marinehafen Den Helder


Sturmtief vor GB   


Den Helder ist der größte Marine-Stützpunkt

Bei 31 Knoten Wind aus SW mussten wir uns bei unserem Deich-Spaziergang gegen den Wind stemmen. Und beim Auslaufen am 23. am Nachmittag 1,5 Stunden vor Niedrigwasser begingen wir den Fehler, das von früher bekannte Molengatt neben der Insel Texel zum Erreichen des Küstenweges zu nutzen. Das wäre beinahe ins Auge gegangen: wir setzen mit dem Schiff fast auf, die Echoanzeige geht einige Male auf null, wir werden überspült und schauen auf die fürchterliche Grundsee. Wir fuhren am Tonnenstrich unserer total veralteten Seekarten entlang, statt Tonnen waren nur Windparks zu sehen, aber eine neue Navionics-Karte auf dem Tablet glättete die Nerven. Nach 24 Stunden und 150 Seemeilen hatten wir die Elbe-Ansteuerung erreicht, jetzt mussten wir gegen ablaufendes Wasser flussaufwärts nach Cuxhaven schleichen. Wir gratulierten uns zu dem in Trinidad installierten AIS, denn eine Regensturzflut machte die neben uns fahrende Großschiffahrt unsichtbar.

Kurz vor Mitternacht liefen wir im SVC ein, der Steg für Riesenyachten war frei – eine Wohltat in dunkler Nacht! Ein Platzwechsel am nächsten Morgen bewahrte uns vor der Zurechtweisung durch die energische Hafenmeisterin. Noch vor Ankunft des nächsten Sturmtiefs „Kirsten“ steckten wir unsere Gastlandsflaggen zusammen – die Reise war beendet, wir statteten dem TO-Büro einen Besuch ab.


    Ausgangs- und Zielhafen der 10-jährigen Reise: Cuxhaven, 27.8.2020


Dauerregen am Vormittag, nachts Orgelkonzert in den Yachtriggs: wir hatten vergessen, wie ein deutscher August aussehen kann. Wir gingen wieder in die Koje, nachdem der Wecker 2.50 Uhr unbarmherzig auf das auflaufende Wasser verwiesen hatte. Am 29. August passte um 5 Uhr morgens alles. Unter einem eisigen Sternenhimmel ohne Wind schob uns die Tide mit mehr als 7 Knoten die Elbe aufwärts nach Hamburg Finkenwerder. Der Werft- und Winterplatz war erreicht.


Werft- und Winterplatz Hamburg Finkenwerder    


Es ist schwer, ein Resümee unserer 10-jährigen Atlantikreise in wenigen Worten zu ziehen. Wunderbare Erlebnisse stehen gegen Schwierigkeiten und Kämpfe, gern würden wir diesen oder jenen Ort wieder besuchen. Und ein Gefühl der Dankbarkeit erfüllt uns im Rückblick angesichts der Unterstützung und Hilfen, die wir von unseren Freunden und unserem Gildemeister erhalten haben.

Herzliche Grüße von Ilse und Uli.
(Quelle: mail vom So., 13.09.2020 17:01 Uhr)

22.07.2020
Berlin

Liebe Freunde, liebe Leser,

können wir aufatmen, haben wir uns das letzte Mal gefragt, als wir die Bestätigung von „Sevenstar“ bekommen haben, ein Platz auf dem letzten Schiff nach Europa sei uns sicher. Aber in dieser Zeit und in dieser Gegend ist natürlich nie etwas sicher…

Aus dem 10. Juli wird am Ende der 17. Juli, und das heißt wochenlanges Warten vor Anker und nach täglicher Intervention beim Transport-Makler in Martinique endlich ein teurer Stegplatz, um die Segel einzunehmen und die Verladung vorzubereiten. Der Pelée, höchster Vulkan der Karibik in Martinique, scheint in einer Gewitter- Ankernacht zu explodieren mit Regenfällen, die das Beiboot zur Hälfte mit Wasser und scharzen Insekten füllen. Kurz darauf bekomme ich (Uli) das von der Tigermücke übertragene Dengue-Fieber, Ilse ein paar Tage später. Wir halten uns nicht mit der Schilderung unseres Ganges zum Krankenhaus und zum Corvid- und Degue-Fieber-Test auf: es war für mich (Uli) ein Alptraum, bei dem ich in stundenlanger Suche nach wo ist was, beinahe auf der Straße umgekippt wäre.

Aber ein Platz am Steg ermöglicht uns, in winzigen Portionen zu arbeiten, manchmal mit Fieber, aber immer mit Schweißausbrüchen im tropischen Hitze- und Feuchtigkeitsformat. Um nachts schlafen zu können, übergießen wir uns mehrmals mit „kalten“ Wasser und legen uns dann nass auf die Koje. Vier Wochen ohne Ausflüge und mit dem Lebensmitteleinkauf als Fitness-Programm - so viel zu unserer Meinung über die Zeit in diesem karibischen Paradies-Traum-Land. Hunderte Charter-Katamarane vor, hinter und neben uns warten unterdes auf neue Paradies-Sucher. Ein freundliches deutsches Ehepaar, das wir noch aus Französisch Guyana kennen, hilft uns am 17.Juli, unser Schiff vor dem amerikanischen Transporter „Super Servant 4“ in Wartestellung zu bringen. Alles ist einfacher, als wir befürchtet haben.


Auf dem Weg zur Verladung von “Nadine“

Ähnlich wie im Güterverkehr per LKW, bei dem für ein anderes Transportmittel wie Bahn oder Schiff das Roll-on / Roll-off – Verfahren entwickelt wurde, stellen die Amerikaner ein Schiff bereit, das geflutet wird, um Yachten oder kleine Kreuzfahrtschiffe aufzunehmen und dann über See zu transportieren. Sie nennen es „Flow-in / Flow-off“.


    Das Transportschiff wird für das „Flow-in“ geflutet


Als vorletzte Yacht fahren wir über das Heck ein und machen im Päckchen fest. Der Lademeister gibt im breiten Texanisch Anweisungen an die orange gekleideten Leinenleute und die Taucher, die ihre Informationen auf wasserfester Folie bei sich tragen.


    Einfahren über das Heck


Festmachen im Päckchen    


Taucher sichern die Schiffe

Man ist froh, dass uns das Boot des Transport-Agenten bald abholt, nachdem wir Papiere und Schlüssel hinter der Brücke abgelegt haben. Auch der Zoll, der für die Umwandlung einer seegehenden Yacht in eine Seefracht zu entrichten ist, wurde bezahlt. So können wir nicht verfolgen, wie das Lenzen vonstatten geht. Aber zurück im grünen und kühlen Berlin erreichen uns die Fotos über den Fortgang der Arbeiten, bei denen die Yachten auf dem eigenen Kiel stehen und dann gesichert werden.


Das gelenzte Transportschiff


Nun bleibt uns nur noch, den Weg des „Super Servant 4“ über Marinetraffic im Internet zu verfolgen. Im Moment befindet sich das Schiff von Trinidad kommend auf dem Weg nach Kanada, um zwischen dem 8. und 10. August in Rotterdam seine Ladung zu löschen. Wir hoffen, eine unversehrte „Nadine“ vorzufinden und mit ihr an ihren deutschen Liegeplatz zurückzukehren.

Herzliche Grüße von Ilse und Uli.
(Quelle: mail vom Fr., 24.07.2020, 14:32 Uhr)

07.06.2020
Muring Deshaies / Guadeloupe

Liebe Freunde, liebe Leser,

eine gute Weile ist seit dem letzten Reisebericht vergangen und wir hatten gehofft, uns von den Azoren zu melden. Leider nicht! Kein schöner Törnbericht steht an, wir erzählen vielmehr vom Segeln in Zeiten der Pandemie vor geschlossenen Häfen unter dem Motto „Karibik rauf und runter“. Vielleicht ist ein Vergleich aus der griechischen Mythologie eine Nummer zu groß – egal, wir fühlen uns wie Sisyphus, der seinen Stein bergauf wälzt und der dann immer wieder zurückrollt. Wir segeln los und müssen umkehren wie in einer Endlosschleife. Um es vorweg zu nehmen: die Törnberatung vom Deutschen Wettterdienst Ende April war ein vollkommener Flopp. Gribfiles mit Strömungspfeilen kann man selbst herunterladen. Da war das Rückholprogramm von TO in Kooperation mit den Amateurfunkern von Intermar eine andere Hausnummer. Yachten auf dem Weg aus der Karibik nach Deutschland wurden und werden beraten und täglich meteorologisch exzellent informiert. Wir nahmen am Programm teil, der Name Uwe Reckefuß von den Amateurfunkern hat einen mehr als guten Klang.

Am 30. April laufen wir aus Le Marin in Martinique aus, guten Mutes, weil wir sehr gut in der Zeit liegen, die Inseln in Lee abfahren wollen, um zwischen Guadeloupe und Antigua den Channel zu verlassen und Nordkurs etwa bis zum 25. Breitengrad zu steuern.


    Der militärgeschichtlich bedeutsame Diamont Rock vor
    der SW-Ecke von Martinique


Über die Channels und an Martinique, Dominica und Guadeloupe entlang steuern wir mit frischem Ostwind von Hand, kämpfen uns durch die umlaufenden Winde in Lee der Berge und ankern ein paar Stunden in dunkler Nacht und zwischen unbeleuchteten Ankerliegern im schmalen Lavasandstreifen von Rivière Sens. Wir wollen am Morgen den Hafen rufen – vergeblich, die Stege sind überbelegt, Yachten blockieren die Einfahrt. Hier geht nichts. Deshaies, die schöne Ankerbucht im Norden von Guadeloupe, vom letzten Jahr bekannt, soll unser Absprungpunkt sein. Keine Chartersegler, Fahrtensegler sind unter sich, freundlich und von spontaner Hilfsbereitschaft.


    Deshaies am 3.5.2020


Wir brechen am 6. Mai auf, um Antigua östlich zu passieren. 19 bis 20 Knoten frischer Wind verheißt flotte Fahrt – aber der vor reichlich 1,5 Jahren neu installierte Windgenerator „Air Breeze“ will nicht mehr. Er ist das Nachfolgemodell des „Air Marine“, der 13 Jahre gearbeitet hat. Die Flügel stehen still. Ob es an den geräuscharmen Wechselflügeln liegt? Die alten ‚Lärmflügel‘ sind in der Tiefe des Schiffes verstaut. Wir laufen das vom letzten Jahr bekannte Englisch Harbour in Antigua an und wechseln am nächsten Tag vor Anker die Flügel. Am Strand sind mittlerweile Menschen sichtbar.


    Die Einschränkungen werden gelockert, English Harbour, Antigua


Wir motoren gegen den Wind am Morgen bis kurz vor Kap Shirley an der Ostecke von Antigua, setzen die Segel und schauen die Windmühle an: Nichts! Ratlos segeln wir weiter, bald wird der Strommangel spürbar werden. Um 12 Uhr kehren wir um. Wir sind uns einig, dass nur in Martinique trotz des geschlossenen Hafens das Problem lösbar sein kann. In einem Gewaltritt geht es zurück nach Martinique. Hoch am Wind, der manchmal mit 26 Knoten (6 Bf.) kommt, dazu einer Kontrolle auf See durch die Coast Guard von Dominica, ist der Törn kein Spaß. Und natürlich ist eine Platzanfrage über Satellit in Martinique, Le Marin, abschlägig beschieden: sie sind voll! Das Ankern weiter draußen, vor St. Anne, wo weniger Yachten auf schlechtem Ankergrund liegen, lässt keine Langeweile aufkommen.

Mit dem Beiboot zur Marina und zum Einkauf, das ist ein weiter Weg – und zur Abwechselung läuft der Außenborder nicht. Die deutsche Crew der „Hein Gaudewind“ hilft, und wir bekommen am 15. Mai doch noch einen Stegplatz. Wir „rennen“ zu Frank, dem Elektrik/Elektronik-Fachmann, der uns die neue Starterbatterie besorgt hatte, die länger als ein halbes Jahr zu arbeiten verspricht. Frank kommt aus der französischen Schweiz und ist hier „hängen“ geblieben. Sein Geschäft ist geschlossen, seine Frau winkt hinter der Glastür, wir dürfen eintreten. Fast 3 Wochen werden benötigt, um nach vielen Versuchen die Lösung im Austausch der Windmühle zu sehen. Die „Silent Wind 400+“ besitzt einen Drehstrom-Generator, wir sind begeistert – weniger vom karibischen Preis. Wunderbarer Wind weht in dieser Zeit südlicher als Ost.

Am 29.5. meinen wir, immer noch gut in der Zeit zu sein. Der neue Start wird dennoch von leisen Zweifeln begleitet, als wir zum wiederholten Mal die Inseln nordwärts ablaufen. Was erwartet uns? Die Inseln sind bald in Watte gepackt, Uwe kündigt „Tropische Wellen“ an, die von Afrika kommend Kurs auf die Antillen nehmen. In der Nacht des letzten Maitages ankern wir in der Prince Rupert Bay von Dominica, der übel beleumdete Ankerplatz dieser Insel könnte besser nicht sein. Der Indian River liegt direkt daneben.


    Zweiter Start, die Ostküste von Martinique


Was erwartet uns am 30.5.?    


Prince Rupert Bay, Dominica

Nach Deshaies in Guadeloupe scheinen wir durch die Wüste zu fahren. Aber nicht Sand, sondern gelbbraune Algenteppiche, so weit das Auge reicht, täuschen eine fremdartige Landschaft vor. Als wir am Pfingstsonntag die Ankerbucht erreichen, weht es in der Nacht mit 25 Knoten und wir schauen auf die Instrumente statt auf das Kopfkissen. Am 3.6. können wir hoch am Wind Kap Shirley auf Antigua nicht anliegen – hier müssen wir vorbei, um den Atlantik zu erreichen. Wir fühlen uns verunsichert, die Vorräte sind angebrochen, das Gemüse beginnt zu vergammeln und die ersten Yachten steuern schon in Richtung Englischer Kanal. Wir warten die neuste Wetteranalyse von Uwe ab. In der nächsten Woche liegen vor uns Kreuzkurse und die bekannten Rossbreiten-Flautenzonen – Uwe sieht das nicht negativ, wir sehen es anders und fühlen den Zeitdruck. Horta soll schließlich nicht der Endpunkt unserer Reise sein. Lange überlegen wir hin und her, ohne vom Kurs abzuweichen. Wie im letzten Jahr sind wir zu spät dran, unsere kleine Crew kann sich mit der starken Besatzung anderer Schiffe in diesem Seegebiet nicht messen. Um 12.20 Uhr machen wir eine Wende und laufen mit 6 bis 7 Knoten nach Deshaies zurück. Unsere Muring-Tonne ist noch frei, ein kleiner Trost nach einer bitteren Entscheidung

Aktualisierung, Le Marin, Martinique, 16.6.2020

Den schönen Platz an der Muring in Deshaies wollen wir erst verlassen, wenn wir wissen, wie es weitergeht. „Übersommern“ in Trinidad oder Verladen in Martinique? 9 Tage harren wir aus, können in dem kleinen Fischerhafen hinter der Mole sogar Wasser und Strom übernehmen. Auch hier normalisiert sich das Leben.


Artisten üben vor Anker auf ihrer „Amel“


„Tropische Wellen“ ziehen über unshinweg

Ganz anders in den „selbständigen“ Inseln Grenada, St. Lucia und St. Vincent. Die Nachrichten erreichen uns, dass Yachties weder ankern noch die Inseln inerhalb der 12 Meilen Zone passieren dürfen. Aus Trinidad schreibt uns der Peake Yacht-Service, dass die Politiker dabei sind, die BootsIndustrie zu ruinieren, indem die Zugangsbeschränkungen auch ohne neue Infektionen immer weiter verlängert werden, weil es vor den Wahlen populär ist, keine Ausländer ins Land zu lassen. Vor der Hurrikan-Saison bricht unter Yachties Panik aus. Die französischen Marinas sind überbelegt, wer einen Platz ergattert hat, gibt ihn nicht mehr auf.

Dann erreicht uns die guten Nachricht aus Martinique, dass wir nach Holland verladen können. Das Verlade-Geschäft boomt, die Transporter schaffen kaum den Bedarf. Wichtig ist – am besten gleich – die Vertragsunterzeichnung. Man gönnt uns für die Rückfahrt bis Dienstag (heute, 16.6.) Zeit. Also heißt das für uns fliegender Start am Samstag, 13.6., nach Sonnenaufgang.

Wie anders könnte es sein: wir bolzen gegen ESE-Wind zwischen 5 und 25 Knoten, wollen in Dominica ein paar Stunden schlafen – wir erinnern den schönen Ankerplatz – und werden von der Coast Guard zur Weiterfahrt gezwungen. Wie im Krieg gelten nicht einmal mehr die QuarantäneRegeln. Sperrung der Gewässer, Yachten werden verfolgt – aber noch nicht beschossen. Der erste Schlafplatz in Martinique offenbart uns, dass es das Schicksal gut mit uns meint: Wir haben auf See unser Ruder der Selbststeueranlage (Pacific Plus) verloren. Der Eindruck, zu träumen, weicht der Erkenntnis, dass auf dem Weg zu den Azoren die Pechsträhne ihren Höhepunkt erreicht hätte…

Jetzt liegen wir wieder vor Anker in Le Marin und grüßen in das Land, in dem es kein tropisches Paradies gibt, in dem wir aber leben wollen.

Update, Le Marin, 20.6.20, Mittsommer

Wieder liegen wir seit 6 Tagen vor Anker, Plätze in der Marina sind nicht erhältlich. Einen Tag nach der Vertragsunterzeichnung für den Rücktransport am 24.6. - also in Kürze - erfolgt die Ankündigung: „Das Schiff kommt nicht!“ Wohin mit „Nadine“? Die Mangroven-Buchten sind außer im Falle eines Hurrikans gesperrt, überall vor, hinter oder neben uns ragen die Masten der gesunkenen Schiffe aus dem Wasser. Ein Tiefpunkt für uns. Einen Tag später gibt es von „Seven Star“ (US-Yachttransport) eine Bestätigung: wir bekommen den Platz auf dem letzten Schiff des Jahres am bzw. ab dem 10. Juli . Zielhafen ist Rotterdam. Aufatmen??

Herzliche Grüße von Ilse und Uli.
(Quelle: mail vom Mi., 21.06.2020 15:48 Uhr)

04.06.2020
Guadeloupe

Zum zweiten Mal sind wir bei Antigua umgekehrt und geben auf. Wir haben jetzt ausreichend (!) Strom, aber nach der Intermar Wetteranalyse und unserer Einschaetzung ist das Wetterfenster geschlossen. Wir sind wieder 4 Wochen zu spaet dran. Wir wollen nicht nach Bermuda oder ueber den Atlantik kreuzen. Uwe kann uns aus der RHT-Liste herausnehmen. Die Haefen sind hier noch geschlossen - vielleicht bis Weihnachten? Wie es weitergeht, wissen wir nicht, haben aber im Moment keine Not, liegen an einer freien Muring (Boje), kommen in unser Bankkonto und ins Internet nicht rein, muessen aber nicht verhungern. Also: alles bestens...

Herzliche Grüße von Ilse und Uli.
(Quelle: mail vom Do., 04.06.2020 22:55 Uhr)

07.05.2020
Martinique

Wir waren am 30. April ausgelaufen, haben uns nach Norden vorgearbeitet und sind am 8. Mai im Atlantik nordöstlich von Antigua umgekehrt, um nach Martinique zurückzulaufen. Die Energieversorgung durch den Windgenerator, vor reichlich 1 Jahr gekauft als Nachfolger des Modells, das 13 Jahre gearbeitet hatte, war zusammengebrochen. 2.000 Meilen Atlantik am unteren Stromlimit erschienen uns nicht vertretbar. Wir hofften – und hoffen immer noch – auf eine Reparatur in Martinique, der Platz mit den besten Chancen für das Problem. Aber die immer noch bestehende Schließung der Häfen verschärft die Situation. Vor der hiesigen Marina liegen so viele Yachten vor Anker, dass man kein Ende des Feldes mehr erkennen kann. Wer in der Marina einen Dauerplatz hat, macht sein Schiff “hurrikanfest”. Auch wir mussten am 12. Mai vor Anker gehen, kamen nirgendwo rein, konnten an Reparatur folglich nicht denken. Gestern, 15.5., mit Hilfe einer deutschen Crew, die seit Wochen am Steg liegt, kamen wir schließlich in den Hafen und fanden den Elektriker/Elektroniker, dessen Geschäft geschlossen ist, der aber am Dienstag an Bord kommen will, um das Problem zu begutachten. Rückführungs-Transporte für Yachten nach Europa gibt es mehr denn je – wie immer in solchen Notlagen explodieren die Preise, die unser Budget erheblich übersteigen. Zum Transport kommen schließlich auch noch Hotel- und Flugkosten. Also: nächste Woche sehen wir weiter. Am 25. Mai müssen wir den Stegplatz räumen. Im Juni möchten wir nicht mehr nach Horta auslaufen, machen unsere Entscheidung außerdem noch von der großartigen und engagierten Hilfe des meteorologisch begleitenden Amateurfunkers Uwe Reckefuß (zu dem wir über TO kamen) abhängig.

Herzliche Grüße von Ilse und Uli.
(Quelle: mail vom Sa., 16.05.2020 22:55 Uhr)

07.05.2020
17°11,4'N - 061°37,7'W

+++Iridium-Nachricht+++

Nadine/1600 UTC/17°11,4'N 061°37,7'W/Kurs 025°/Geschwindigkeit 6,2 kn/SE 4-5 Bf./See 4
Müssen nach Martinique zurücklaufen und versuchen, techn. Hilfe zu bekommen. Teilweiser Zusammenbruch der elektrischen Energieversorgung. Melden uns, wenn TO-Intermar-Service wieder benötigt wird. Dank für bisherige Unterstützung.
(Quelle: mail vom Sa., 09.05.2020 00:23 Uhr)

23.4.2020
Le Marin, Martinique

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

Wozu sind Häfen gut? Schiffe verrotten, Menschen verkommen. An diesen sinngemäß wiedergegebenen Ausspruch von Joseph Conrad fühlen wir uns in den letzten Wochen immer wieder erinnert. Die Zeit scheint still zu stehen, wir befinden uns auf einem gigantischen „Friedhof“ – während in Deutschland den Freunden die Decke auf den Kopf fällt, fällt uns quasi der Sargdeckel auf den Kopf. Kein Segeln, kein Weiterkommen, keine Lockerung der Ausgangsbeschränkungen, keine freudig geplante Tour zum Indian River in Dominica. Nicht einmal das schöne Guadeloupe ist uns vergönnt. Aber: Klagen hilft nicht, denn wir sind gesund.


    Marinero mit Schutzausrüstung


Der Coiffeur hat geschlossen    


Charterschiffe ohne Kunden

Wie bereits im letzten Bericht geschildert, können wir uns eigentlich Glückspilze nennen, denn der Zugang zur Marina, erst über eine Muringboje, dann über einen Stegplatz für 3 Tage, dann wieder Muringboje und jetzt (hoffentlich) bis zur Abfahrt ein Stegplatz mit kurzem Weg zum Land, das scheint ein Privileg zu sein. Das Schiff liegt vor der grünen Mauer der Mangroven am inneren Rand der „Stegstraßen“, die den Cul de Sac, die geschützte Marinabucht, durchqueren.


Muringboje 23


Liegeplatz Steg 6 vor der „Grünen Hölle“

Dreimal in der Woche gibt es am Morgen über UKW Kanal 8 einen Gedankenaustausch über die gegenwärtige Situation, wobei englische Fragen oder Kommentare ins Französische übersetzt werden und umgekehrt. Da die Anzahl der Yachten an den Bojen oder vor Anker wahrscheinlich die Anzahl der Steglieger (mit Wasser- und Strom-Zugang) noch übertrifft, kommt es zu skurilen Fragestellungen. Eine Frage lautet, ob nicht alle Schiffe ihre Fäkaltanks zur gleichen Zeit leeren könnten, damit der Seewasser-Aufbereiter des Fragestellers vor dieser Zeit eingeschaltet werden kann. Nach Rücksprache mit der Küstenwache wird empfohlen, zu diesem Zweck seewärts zu gehen und dann zurück zu kommen. Beim Bierbrauen vor 200 Jahren wurde in Deutschland an diesem Tag per behördlicher Anordnung verboten, „in den Fluss zu scheißen“.

Nun haben wir vom Deutschen Wetterdienst die Zusage einer Routenberatung mit empfohlenen Starttermin zwischen 29. April und 6. Mai erhalten. Die Route ist nicht das Problem - zu den Azoren gelangt man nicht auf direktem Weg , wichtig ist zu wissen, wann der Passat eine Komponente südlicher als Ost bereithält. Ist man während der folgenden 3 bis 4 Wochen von den Kleinen Antillen gut frei, wollen wir mit Hilfe der Gribfiles über Iridium (Satellit) täglich neu entscheiden, um Horta zu erreichen. Was uns dann dort erwartet, wissen wir nicht. Aber eine Anfrage hat ergeben, dass Schiffe einlaufen dürfen. Sie erwartet dann, so die Auskunft, eine Quarantäne-Zeit. Aber vielleicht hilft es, wenn Ihr uns die Daumen drückt, bis wir uns wieder melden.

Herzliche Grüße aus einer doch nicht ausweglosen Situation von Ilse und Uli.
(Quelle: mail vom Do., 23.04.2020 - 21:52 Uhr)

30.3.2020
Le Marin, Martinique

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

während weltweit das Corvid19-Chaos tobt, können wir nun doch nicht davon ausgehen, auf den Inseln der Seligen im westlichen Atlantik zu sitzen und nur Zuschauer zu sein. Immerhin, wir sind gesund, müssen weder Bus noch U-Bahn fahren und freuen uns, wenn wir mit dem Schlauchboot an Land kommen, ab und zu einen Menschen, meist mit Mundschutz, zu sehen. In den Supermarkt wird man nur in kleinen Gruppen eingelassen, zu kaufen gibt es fast alles und die Menschen halten einen Sicherheitsabstand von einem bis zwei Meter. Aber Probleme haben auch wir, müssen mit dem Bordstrom, den der Kühlschrank gierig frisst, und dem Trinkwasser sehr sparsam sein, haben mit „Orange“ zum Glück einen Telekom-Partner, der uns die SMS-Verbindung ermöglicht. Internet und WhatsApp sind Glückssache. Und natürlich sind alle Läden und Restaurants wie in Deutschland geschlossen. Einen Weltempfänger Kurzwelle und UKW mit Batterien haben wir zu Hause gelassen, weil man die „Steinzeit-Geräte“ ja ohnehin nicht mehr braucht... Eine große Hilfe, die wir mit Dankbarkeit angenommen haben, kam von allen Menschen in Deutschland, die uns mit Nachrichten über den Stand der Dinge versorgt haben.

Doch nun ein paar Worte, die an unseren letzten Reisebericht aus Trinidad anknüpfen. Als wir am 13. März die Insel Richtung Grenada verlassen haben, war noch nicht klar, dass einige wenige Infizierte auf den karibischen Inseln auslösen würden, was sich in Europa bereits angedeutet hatte: geschlossene Grenzen, Ausgangssperren, etc. Guten Mutes erreichten wir in schneller Fahrt mit dem beständigen Ostwind noch vor Mitternacht St. George‘s auf Grenada. Die Einfahrt zum Ankerfeld vor dem Hafen führt an einer Huk im Südwesten der Insel vorbei, auf der die Landebahn des Flugplatzes beginnt. Aus der nächtlichen Schwärze schießt in diesem Moment ein Flugzeug auf uns zu. Wir ziehen die Köpfe ein und halten die Luft an, denn sein Fahrwerk scheint unseren Masttop abrasieren zu wollen...

2 Tage verbringen wir hier vor Anker, gehen nicht an Land und checken auch nicht ein. Wind und Regen lassen an Norwegen denken. Natürlich ist es wärmer. Hinter uns ankert eine „Augenweide“, deren Gebrauchswert nicht an die früheren Schwestern anknüpft und die nicht mit Getreide, sondern mit besserer Gesellschaft bestückt wird.


    Ankerplatz St. George‘s, Grenada


Union Island gehört zu den Grenadinen, ein Muss für alle Charterschiffe, von uns bisher stiefmütterlich behandelt. Wir brechen um 6 Uhr auf und sind schon am frühen Nachmittag in der vielgelobten Chatham Bay. Die schöne straßenlose Bucht ist noch leer, wird aber am Abend proppenvoll – wie gehabt. Eine deutsche Charteryacht aus Kiel versetzt alle Ankerlieger in Angst und Schrecken, als sie bei 15 Ankerversuchen die Rammings gerade noch vermeiden kann.


    Union Island, Grenadinen




In der windlosen Nacht rollt das Schiff, dass man sich in der Koje festhalten zu müssen glaubt. Nur 10 Seemeilen sind es bis Canouan, das an das biblische Kanaan erinnert und zu den Grenadinen von St. Vincent gehört. Die Marina ist eine Empfehlung eines italienischen Skippers aus Trinidad, noch in keiner Karte verzeichnet und angeblich viel preiswerter als St. Vincent. 3 Tage für immerhin 90 Euro 2 pro Tag wollen wir uns gönnen, denn dieses Resort und Biotop in der Wüste, das ein irischer Investor nicht für Jedermann angelegt hat, beherbergt kaum kleine Yachten, ist aber ein echter Hingucker in einer ausgebaggerten Lagune. Das Wasser ist türkisfarben und die trockene Landschaft ist zum tropischen Park umgestaltet worden. Kleine Hotels im irisch-englischen Landhaus-Stil bilden die Wasserfront, alle Autos fahren elektrisch und der Straßenbelag ist schallschluckend.


Canouan, Edel-Marina


    Auch BMW kommt ohne Verbrennungsmotor aus


Kein Eingang zum Spielkasino – nur die Sanitärräume    


Wir hören, dass St. Vincent noch eine der wenigen Inseln ist, die ihre Häfen nicht schließen. Auf der Landepiste neben der Marina landen die kleinen Jets im Minutentakt, und bei der Immigration füllt man nur einen Zettel aus mit Angaben über den Gesundheitsstand. Doch der größte Supermarkt der Insel, auf dem Marinagelände, verkauft 4 Stangen Porrée aus USA für 10 Euro, einen Apfel für 3.

Wir beschließen, nach Bequia, einer Insel, die auch zu St.Vincent gehört, weiterzusegeln. Schließlich wollen wir irgendwann in Guadeloupe ankommen, um zu den Azoren zu starten. Immer hatten wir Yachten an unserer Seite, das Segelrevier konnte sich mit den Brennpunkten an Ost- und Nordsee messen – jetzt ist die See leergefegt. Eine Muring in der Ankerbucht verlangt eine Entscheidung, als ein deutscher Skipper mit dem Beiboot an unsere Seite kommt: „Alles ist geschlossen, Trinidad, Grenada, St. Lucia, Martinique. Nur hier darf man noch bleiben.“

    Ankerplatz Bequia: die Straßen zu den Häusern in
den Bergen sind nicht „wintersicher“ und…

...die Strände touristenfrei    


Die Entscheidung fällt uns nicht leicht, denn die vor 9 Monaten in Guadeloupe gekaufte Starterbatterie von Renault (Firmen-Slogan: „Créateur d‘Automobiles“) will sich verabschieden. Die Lage wäre dramatisch, hätte der vorsorgliche Elektriker in Deutschland nicht eine Notstart-Schaltung eingebaut, mit der wir über die Verbraucher-Batterien die Maschine anlassen können. Also weiter, um irgendwo eine neue Batterie zu kaufen. Ein Anruf der Marina auf der nächsten Insel, St. Lucia, bleibt erfolglos, selbst auf Kanal 16 gibt es nicht einmal eine Antwort. Ratlose Ankerlieger wie wir liegen vor dem Hafen der Rodney Bay.


    Gähnende Leere auch vor den Hotels der Rodney Bay, St. Lucia


Nun beschließen wir, in Martinique irgendwie an eine neue Batterie zu kommen, denn der Übeltäter sagt keinen Mucks mehr, saugt aber unsere Verbraucher-Batterien aus. Eine schöne schnelle Überfahrt über eine leere See bringt uns vor die Marina Le Marin im Süden von Martinique. Wir erkennen die uns bekannte Einfahrt kaum wieder: ein Wald von Ankerliegern erstreckt sich bis zum Horizont. Charter-Katamaran neben Charter-Katamaran lässt selbst bei über 800 Liegeplätzen am Steg wenig Hoffnung. „Die Marina ist geschlossen“, lautet immerhin noch eine Antwort auf unseren Anruf. Wir erklären unsere Notsituation - emergency call -, sagen, dass wir nicht mehr die Maschine starten können, und PAN PAN geben müssen, wenn wir nirgends festmachen dürfen. Wir dürfen nach mehrfacher Erklärung in Englisch und Französisch an die geschlossene Tankstelle und erhalten eine Adresse für den Batteriekauf an Land. Das Elektronikgeschäft hat geschlossen, hinter der Schaufensterscheibe sehe ich (Uli), wie eine Mutter ihre Tochter unterrichtet. Aber ich werde hereingewunken. Ich bezahle eine passende Batterie besserer Qualität, die mir Frank, der Eigentümer,3 am nächsten Vormittag mit einem Marinero zu schicken verspricht. Ich bin so dankbar, dass ich Schulunterricht für die Tochter anbiete – was dankend abgelehnt wird. Dass wir danach an eine freie Muring geleitet werden, die Batterie auch am nächsten Tag einbauen können, ist ein unglaublicher Glücksfall. Auch wenn wir den Platz bald wieder verlassen müssen, hoffen wir doch auf eine Entspannung der Lage.





An der Muring in Le Marin, Martinique




NACHTRAG:
Mo., 06.04.2020

Liebe Freunde, liebe Leser, wir liegen wieder an Muringtonne 23 der Marina in Martinique wie zuvor. Und das empfinden wir als großen Glücksfall. Die Marina ist unverändert geschlossen, die Straßen menschenleer. Aber die Franzosen sind hilfsbereit, organisiert und souverän. Abends leuchten im weiten Halbkreis die Ankerlaternen der Schutzsuchenden auf. Wir befinden uns in einer Art Wagenburg gegen die Seuche. Einige Tage hatten wir an der Muring verbracht, als die Bitte um Strom und Wasser erhört wurde: 3 Tage durften wir an den gigantischen Katamaran-Empfangs- und Versorgungsponton der Marina, lagen neben besegelten „Flugzeugträgern“ (noch fehlte der Landekreis) und beschlossen, nach dieser Zeit nach Guadeloupe weiterzufahren.

Dann kam die Mail unseres dortigen Freundes: „Wir sind seit Dienstag, dem 17. März, eingesperrt, als Macron uns unter Hausarrest stellte.“ Und: „Der Préfect hat die Ausgangssperre über ganz Guadeloupe verhängt.“ Einen (1) Kilometer darf man noch laufen. Die ängstliche Frage, ob wir noch an der Muring bleiben dürfen oder am Ende des Riesenfeldes vor Anker gehen müssen, wurde zu unseren Gunsten entschieden. Zweifel, richtig zu handeln, hatten wir endgültig nicht mehr, als ein gleichfalls „exilierter“ Engländer sagte, er fühle sich unter EU-Schutz sicherer, denn in Carriacou (zu Grenada) würden die Segler als Ausländer von den Ankerplätzen vertrieben. Und in St. Lucia wären die Lebensmittelläden geschlossen, Yachten vor Anker vor der Marina, die nichts unternimmt, würden von irgendwelchen Leuten mit „charity parcels“ versorgt. Irre Zeiten…

Wir warten, drücken uns allen die behandschuhten Daumen und rufen unter den von Ilse genähten

Gesichtsmasken hervor: „Bleibt gesund!“

Ilse und Uli
(Quelle: mail vom Mo., 06.04.2020 02:39 Uhr)

07.03.2020
Trinidad, Chaguaramas

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

endlich haben wir es (fast) geschafft, die Bordarbeiten unter tropischer Sonne zu beenden. Nur auf den Segelmacher warten wir noch. Wir wollen den Leser nicht damit langweilen, dass wir aufzählen, welcher Aufwand nach einigen Jahren auf dem Atlantik zu betreiben ist, um sein Schiff wieder auf Vordermann zu bringen. Jeder Segler, der seine Bleibe instand halten muss, weiß, wovon die Rede ist: Geld und Zeit sind weg, bevor man sich nach ihnen umgedreht hat. So ist die schöne Peake-Werft in Trinidad für manchen Langfahrt-Sailor eine Art Dauer-Wohnsitz, wo das Schiff hurrikansicher an Land steht und man höchstens einen Kurzbesuch zu Hause in Kanada, Südafrika oder in Deutschland macht, um mit neuem Tätigkeitsdrang zurückzukehren.


    In der Weft


Der Rumpf wird gespritzt    


    Werft-Idylle


Alle Anstricharbeiten sind beendet    


Wir hatten im letzten Bericht schon erwähnt, dass hier vor Ort beinahe alles erledigt werden kann, was man die meiste Zeit unwillig vor sich her schiebt. Die Hilfe und Qualität der Arbeit, die man erhält, ist meist ausgezeichnet, aber – die kreolische Bevölkerung hat ein anderes Zeitverständnis als wir Europäer. Der indische Gasprüfer für die Großschifffahrt meinte, ein Brennerwechsel für unseren Gasherd sei eine Sache weniger Tage. Mitnichten! Wir mussten einen neuen französischen Gasherd aus USA bestellen, die US-geänderten Anschlüsse auf europäisch zurück verändern und nach 5 veranschlagten Tagen bis zur Installation 37 Tage warten. Oder eine beliebte Ankündigung des YachtElektrikers für den Einbau neuer Elektronik lautete „after lunch“ und bedeutete sein Erscheinen um 17.30 Uhr mit der Mitteilung: „I will come tomorrow after lunch.“ Da wir während der Karnevalszeit Ende Februar in eine Art schwarzes Loch fielen, in der jede projektierte Tätigkeit für 4 bis 5 Tage zum totalen Erliegen kommt, verwandelten wir uns in staunende Bewunderer der Kraft und Ausdauer, einer Art sportlicher Höchstleistungen, der Karnevals-Teilnehmer. Die Teilnahme an den „Grand Finals“, den Ausscheidungs-Wettkämpfen von 11 nominierten Steelbands im Stadion von Port of Spain, begann beinahe feierlich-langweilig mit Reden von VIP‘s, christlichem Gebet (Moslems sind hier nicht unterrepräsentiert) und der National-Hymne. Aber dann ging es zur Sache! Bewertet wurde alles: das technische und musikalische Können, die Präsentation, die Performance. Unsere Favoriten vom letzten Jahr, die „Desperadoes“, wurden Sieger. Ohne Sponsoring läuft gar nichts: BP, Shell, Caribbean Airlines, etc.


    „Supernovas“


„Fonclaire“    


    „Hadco Phase II“


„Caribbean Airlines Skiffle“    


„BP Renegades“ Platz 2

„Desperadoes“ die Sieger

Obwohl die Musik noch stärker – bis zur Schmerzgrenze – in den Ohren dröhnte, war nach dem PanFestival am Samstag der Karnevals-Umzug am Dienstag in den Pausen zwischen den Vereins-Wagen nur von stillem individuellen Defilé geprägt.

Jeder kann am Umzug teilnehmen und lässt sich das etwas kosten

Und dann kommen die Musikwagen einer Tanz-Gruppe, deren Anblick den Zuschauer bereits zum Schwitzen bringt, obwohl er nur unter dem Dach einer Tribüne sitzt.


    Die Gruppe „Utopia“


Tanzgruppe „Revel“     


    


„Serengeti“    


„BP Renegades“ Platz 2

Es ist ein glücklicher Zufall, dass wir einen Blick in den Visum-Stempel unseres Passes werfen. Hier hört wie in allen Ländern der Spaß auf. Es könnte bis zur Ausreise gerade noch langen, wenn aber „after lunch“ plötzlich „after dinner“ ist, würden wir die genehmigte Aufenthaltsdauer überschreiten. Also, Beantragung einer Verlängerung. Wir haben mit einem solchen Antrag – normalerweise für 3 Monate – südamerikanische Erfahrung. Doch was wir jetzt erleben, hat Kabarett-Reife. Es lohnt nicht, die grandiose Desorganisation zu schildern. Dass Stunden vergehen, bis man ein „Appointment“, einen Termin zur Beantragung der Amtshandlung erhält, dass der Termin 2 Tage später für 150 Antragsteller der gleiche um 7 Uhr ist, usw. - es lohnt die Schilderung nicht. Aber ist man nach Stunden beim „officer“, der den Stempel bewacht, gelandet, beginnt das absurde Theater: er findet den Einreisestempel auf der letzten Seite des Passes nicht, hat offensichtlich noch nie einen Pass gesehen. Wir helfen aus. Während seine Hand auf der mitgelieferten Kopie unserer Pässe liegt, verlangt er die Kopie der Pässe. Er scheint Leseschwierigkeiten zu haben… Und 100 Antragsteller warten. Wir denken, dass er der Neffe eines Onkels ist, der im Parlament oder in einem Ministerium sitzt und für seine Familie und seine Verwandten Gutes zu tun versteht. Allen deutschen Virus-Verängstigten rufen wir jetzt zu: Habt Vertrauen in deutsche Organisation! So schlimm kann es gar nicht kommen.

Wir grüßen zum letzten Mal von der „Nadine“ aus Trinidad.

Ilse und Uli
(Quelle: mail vom So., 08.03.2020, 17:17 Uhr)

27.12.2019
Trinidad, Chaguaramas

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

ehe das Jahr zu Ende geht, melden wir uns noch einmal mit allen guten Wünschen, die auch eine schöne Segelsaison in 2020 beinhalten. Für uns wird es dann das Jahr sein, in dem unsere Reise über den Atlantik zu Ende geht. Schönes und Unangenehmes haben sich abgewechselt, wir kommen mit einem Erfahrungsschatz zurück. Traurig? Nein, wir freuen uns, das Schiff in seinen deutschen Heimathafen zurück zu bringen. Damit wären wir beim Thema: warum noch einmal Trinidad? Anfang dieses Jahres waren wir hier in der Werft und haben die Insel in eindrucksvollen Touren besucht. Noch immer wird es etwas zu sehen geben, aber wenn man ein Serviceblatt der Werft "Peake" – wo wir uns befinden – in die Hand bekommt, wird man schwerlich irgendwo in der Welt eine größere Angebotsdichte von maritimen Dienstleistungen im nahen Umkreis erhalten als hier. Deshalb sind auch wir hier. Unser Schiff war 2010 noch neu, aber die Jahre auf dem Atlantik hinterlassen unübersehbare Spuren. Und ein dringend erforderliches elektronisches Refit beruht auf der Tatsache, dass in 2003 erworbene Instrumente (Simrad) den Geist aufgegeben haben, denn sie stammen aus einer elektronischen "Steinzeit". Und die Kabel, an die sie angeschlossen sind, scheinen "vorindustriell" zu sein... So melden wir uns am 21.11. aus der EU in Guadeloupe ab, füllen das elektronische Zoll-Formular aus und laufen aus. Kein Wind. Es ist drückend heiß, die Îles des Saintes sind nur einen Steinwurf entfernt und die Murings in dieser Vorsaison-Zeit nur halb besetzt. Und jetzt sehen wir, was wir unsere gesamte Zeit in Guadeloupe nicht sehen konnten: der zweithöchste Antillen-Vulkan Soufrière ist wolkenfrei.



Die Soufrière am Abend und am nächsten Morgen

Segler-Freunde nennen unseren Besuch der Antillen bis Antigua in 2,5 Monaten eine Express-Tour, obwohl überall die Wege auch ins Innere der jeweiligen Inseln führten. Jetzt aber zeigt sich, dass ca. 400 Seemeilen von Nord nach Süd (Trinidad) keine Herausforderung darstellen. Eilige schaffen das schnell. Als wir am nächsten Sonntag wieder mit frischem Ostwind auslaufen, haben wir um Mitternacht schon die Nordspitze von Martinique voraus. An die Besonderheiten des Reviers haben wir uns gewöhnt: starke Böen und Hacksee in den Channels zwischen den Inseln, Flaute oder Schwachwind in Lee der Insel-Gebirge, der Wechsel zwischen Vollzeug und Starkwind-Vorsegel oder Maschine das Normale. Die Nacht ist pechschwarz, obwohl die Sterne sichtbar sind. Schauerböen erwarten uns, als wir die große Einfahrt nach Fort de France queren. Der Wind kommt südlicher, was uns im Morgengrauen eine Muring in der uns vertrauten Anse Mitan am Südende der großen Bucht von Martinique nahelegt. Ein windloser Tag mit Waschküchenwettter und Regengüssen vermittelt nicht das Gefühl, etwas zu verpassen. Dafür entschädigt uns der Folgetag mit wunderbarem Halbwind-Segeln unter Genua. Wir halten gut Abstand im Karibischen Meer (Westküste der Inseln) und können auf dieser Rückfahrt die Pythone-Bergkegel von St. Lucia noch bei Tageslicht begrüßen.


    Das Wahrzeichen von St. Lucia, die zwei Python-Vulkankegel


Ab 18 Uhr beginnt die mondlose, pechschwarze Nacht, aber die über der Kimm auftauchenden Lichter von St. Vincent etwas später dämpfen die Sehnsucht nach einer hellen norwegischen Nacht.

Die Zielfahrt nach Grenada ist Routine, das Wetterfenster mit dem Wind nördlicher als Ost bleibt uns erhalten und am Nachmittag gehen wir vor Grenadas Hauptstadt St. George's vor Anker.

Wir tauschen den Platz vor Anker, der uns bei nördlichem Wind ein rollendes Schiff beschert, gegen den ruhigen Platz am Schwimmsteg der perfekten – und nicht ganz billigen – Camper & Nicholson Marina. Hier ist es ist windlos, schwül und heiß, und im Supermarkt stapeln sich die nicht lange frischen Waren und werden nicht in die Regale eingeräumt.




Vor dem Hafen von St. George's

Der 1. Advent ist schon vorbei, als wir am 4.12. wieder auslaufen. Ilse hat darauf bestanden, ihre Angst vor Piraterie, die uns von Venezuela aus an der Bohrinsel "Hibiscus" vor Trinidad erwarten könnte, mit einem "Floatplan", der an Trinidads Küstenwache TTCG und Northpost Radio geschickt wird, zu begegnen. Es folgt eine schöne schnelle Fahrt durch die übliche Hacksee des Channels, die aber, je mehr wir uns der Bohrinsel annähern, auf 2,5 Knoten zurückgeht. Dazu kommen 20° Stromvorhalt und 17.40 Uhr Sonnenuntergang – wir greifen zum Zündschlüssel. Für Piraten wären wir schön langsam, doch Piraten scheinen hier nicht mehr zu lauern, denn der Schiffsverkehr lässt sogar an Ausweichmanöver denken. Es ist bereits hell, als wir in der bekannten Scotland Bay von Trinidad vor Anker gehen. Wir bleiben einen Tag in dieser Natur-Idylle und werden in der Nacht altvertraut von Brüllaffen begrüßt – auch wenn es uns nicht gilt. Ein Platz nach den Einreise- und Zollformalitäten im "dock", dem Innenhafen der Werft Peake, ist bis zum Kranen per Travellift unser teils wolkenverhangener, teils unruhiger Liegeplatz bei Südwind, bei dem man vom Bug über die Schärenleiter kaum das stampfende Schiff verlassen kann.

Weihnachten im Werfthafen

In Erwartung des Neuen Jahres grüßen wir ganz herzlich noch aus dem Alten.

Ilse und Uli
(Quelle: mail vom Fr., 27.12.2019 17:40 Uhr)

17.11.2019
Bas du Fort/Guadeloupe

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

mit einem Gefühl der Unsicherheit sind wir Anfang November nach Guadeloupe zurückgekehrt – wie würden wir das Schiff am Ende der Hurrikan-Saison vorfinden? Wir wurden von Guy, einem Elsässer, den die Liebe nach Guadeloupe verschlagen hatte, vom Flughafen abgeholt und gingen an Bord. Alles war unverändert, wie eben verlassen, die Leinen, die Sicherungskette und das Unterwasserschiff von einer Muschelkultur überzogen – aber die Wasserflaschen im Salon nicht einmal umgefallen. Was folgte, war die übliche Arbeit: Einräumen, alle Sturmsicherungen aufheben, Segel einziehen, usw. In einer knappen Stunde hatten zwei Taucher den Unterwasserpelz abgenommen, Antifouling wurde sichtbar. Wir würden noch einmal nach Trinidad in die Werft zurücksegeln, wo eine wieder mal notwendige Überholung kostengünsig zu haben war, um im April oder Mai zum zweiten Mal den Weg zu den Azoren einzuschlagen. Täglichen Regen und feuchte Hitze wollten wir ertragen, immerhin hatte ein Karibik-Aufenthalt ín dieser Zeit mehr zu bieten als nur die Flucht aus dem grauen Winter in Europa. Und noch etwas kam hinzu: Die Inseln waren noch nicht so überlaufen, von Charterschiffen überrannt, wie in der Hochsaison nach Neujahr. Die relativ flache, dicht bevölkerte östliche Inselhälfte von Guadeloupe, das sog. Grande Terre, hatten wir uns noch nicht angesehen. Zwei Tage mit dem Leihauto vor der Weiterfahrt vermitteln einen guten Eindruck. Die völlig überlastete Straße an der Südküste, die nach dem Autobahnbau schreit, führt nach Saint-François, wo die Fähre zu der Zuckerrohrinsel Marie-Galante abfährt. Weiter bis zur Ostspitze auf einer schmalen Landzunge fährt man durch niedrigen Trockenwald, der vor der Besiedlung die gesamte Insel überzog. Pointe des Châteaux ist ein schöner Aussichtspunkt, an dem die Brandung gegen die Felsen anrennt.


    Pointe des Châteaux


    Pointe des Châteaux    

Der nächste Ausflugstag beschert uns eine Stunde im Kreis fahren in dem schlecht markierten Autobahngewirr um die Hauptstadt Pointe-à-Pitre. Am Ende finden wir den Weg an die Nordspitze, den Pointe de la Grande Vigie. Die zu etwa 80% schwarze Bevölkerung der Insel, die im letzten Jahrhundert noch glaubte, sie würde von den Galliern abstammen, profitiert von den Subventionen, die Frankreich über die EU seinen Ex-Kolonien zukommen lässt.


    Die EU subventioniert Nahverkehr


Die ehemaligen Kolonialherren haben auf den Inseln Monokulturen vorwiegend mit Bananen und Zuckerrohr eingeführt. Auch deshalb gibt es keine vielfältige, dezentralisierte Landwirtschaft, die die Inselbevölkerung ernähren kann. Der Boden ist fruchtbar, Regen gibt es ausreichend, aber die Lebensmittel kommen aus Frankreich oder Israel. Die Häuser, die seit der Verwüstung der Insel durch den Hurrikan "Hugo" in den 60-er Jahren, nur noch in Beton gebaut werden, waren vordem ausschließlich aus Holz.


    Typisches Haus im französischen Kolonialstil


    Zuckerrohrfelder begrenzen die ursprünglich geschlossene Bewaldung    

Eine andere Schwierigkeit der Lebensmittelversorgung liegt in der tropisch bedingten Haltbarkeit. Oft müssen wir beinahe die Hälfte der teuren Lebensmittel wegwerfen. Selbst gut verpackte Reistüten werden von einem Rüsselkäfer attackiert, der sich mit seinem Rüssel durch die Plastikfolie bohrt und die harten Reiskörner knackt. Das Naturschutzgebiet an der Nordspitze der Insel hat eine große Bio-Diversität, die sich in einem Rundgang von fast 5 Stunden erkunden lässt. Der Rundweg führt von der Porte d'Enfer über 11 km an den Felsformationen der Küste vorbei und in bewohnte Gegenden zurück. Wäre der Weg im kühlen Norwegen gewesen, hätten wir ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, ihn abzulaufen.




Naturschutzgebiet Porte d'Enfer mit einer Lagune hinter dem 'Eingang zur Hölle'


Wir freuen uns auf das Segeln und grüßen noch von Guadeloup

Ilse und Uli
(Quelle: mail vom So., 17.11.2019 16:06 Uhr)

03.07.2019
Berlin

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

natürlich sind wir ebenso wenig abergläubisch wie Jan Maat in der Takelage eines Großseglers des 19. Jahrhunderts. Vorsehung? Gibt es nicht! Aber zu Beginn unserer Reise nach Südamerika im Jahr 2010 überreichte uns ein Freund einen kleinen geschnitzten Schutzengel, der an der Maststütze im Salon steht. Der Freund ist inzwischen relativ jung gestorben. Doch vielleicht hat der Engel für uns gearbeitet? Es ist nicht leicht, sich gegen den Gedanken der Vorsehung zu wehren, wenn passiert, was passiert ist.

Nachdem wir verdaut haben, dass unser Freund die "Nadine" nicht mit uns über den Atlantik zurückbringt und wir unseren guten Startplatz in der Marina Rivière Sens in Guadeloupe wieder eingenommen haben, bereiten wir die Abreise vor, kaufen noch einmal ein, als gälte es, sechs Wochen auf See zu sein, und planen für den nächsten Freitag die Abreise. Wir liegen gut in der Zeit, es ist Mitte Mai, einige Yachten brechen auf, wir werden folgen, ein Anflug von Regatta-Ambition macht sich bemerkbar.

Am Mittwoch verkündet Ilse, dass sie Zahnschmerzen hat. "Halt!" ruft unser Schutzengel, "Wir lassen uns nicht aufhalten", rufen wir. Und das Glück ist mit Händen zu greifen, denn auf Guadeloupe gibt es kaum Zahnärzte und schon gar keine Termine, aber eine Praxis für Dental-Chirurgie hat einen Engel aus Tahiti, der uns, bereits entmutigt, von der Straße zurückholt. Der Dental-Chirurg aus Lille verschreibt ein Antibiotikum, nach ein paar Tagen können wir lossegeln, um den Wurzel-Abszess in Europa behandeln zu lassen. Leider ist es das falsche Antibiotikum, während das Richtige in der Bordapotheke liegt.

Wieder heißt es warten, mit dem richtigen Antibiotikum, dann wird der Kiefer geöffnet, der Abszess behandelt und der Kiefer wieder zugenäht - beeindruckend, ich darf auf dem Monitor zusehen. Abermals warten, bis die Fäden entfernt werden, es ist der 4. Juni, dann kann es ja abermals am Freitag endlich losgehen. "Halt!" ruft unser Schutzengel, "Seht ihr denn nicht, wie sich ein wenig nördlich von euch die Rossbreiten mit ihren Flautenzonen fast über den ganzen Nordatlantik ausgebreitet haben?"

Wir sehen es nicht, weil wir es nicht sehen wollen. Deshaies, unser bekannter stürmischer Ankerplatz der Nacht vor dem Verlassen der Antillen, empfängt uns mit spiegelglatter See. Als ich zum Ankern den Motor starte, wage ich nicht, Ilse zu sagen, dass die argentinische Starterbatterie, AGM und 3 Jahre alt, einen unüberhörbaren Schwächeanfall hat. Egal, wir haben eine Notstartvorrichtung über die Verbraucherbatterien, und die deutsche "Sonnenschein" Gel-Batterie wollte nach 10 Jahren immer noch arbeiten.

Drei Tage vor Anker und jeden Tag den neusten Atlantik-Wetterbericht über Satellit, der Schutzengel braucht nichts zu sagen. Wie eine Ohrfeige empfinden wir seine imaginären Worte: "Ihr seid zu spät dran. In jedem Buch steht, dass man im Mai losfahren muss!" - "Das werden wir ja sehen, die bezahlte Routenempfehlung des Deutschen Wetterdienstes kennt keine Vorsehung!" Wir kehren nach Rivière Sens zurück.

Nein, richtig, aber der Meteorologe sagt nichts anderes, als evtl. über die Bahamas und dann die Bermudas nach Nordwest statt nach Nordost halten - ohne die Gewissheit, dass hinter den Bermudas brauchbarer Wind anzutreffen ist. Die Hurrikan-Saison naht, wir fühlen uns überfordert. Wir könnten das Schiff nach Europa verladen, aber alle derartigen Transporte sind bereits abgefahren.

Um nicht in das relativ hurrikansichere Trinidad, wo gleichwohl mit Piraterie von Venezuela aus gerechnet werden muss, zurückzukehren, suchen wir eine Bleibe für unser Schiff bis zum Ende der Hurrikanmonate im November. Wir mieten ein Auto, fahren nach Point à Pitre, Guadeloupes Hauptstadt, und fragen in der dortigen Marina nach einer Liegemöglichkeit. Ja, wir können kommen - endlose Überlegungen, wo, auf welcher Insel, und wie der sicherste Platz zu finden ist, waren vorausgegangen.

Wir verpacken und sichern unser Schiff wie ein Übersee-Versandpaket, zusätzlich zu den Leinen wird an die Heckboje eine Kette ausgebracht. Und als wir die Genua am Profilstag der Rollreff-Anlage herunterlassen, glauben wir nicht, was wir sehen: der Schäkel, der den Kopf des Segels hält, hat sich aufgedreht, und der verbogene Bolzen, der nicht mehr im Gewinde steckt, hat sich an der Nase des Wirbels der Anlage verklemmt. Unser Schutzengel muss nichts mehr sagen…


    Abends schleppt der französische Rettungskreuzer eine Yacht ein, die
    gegenüber von uns festgemacht wird


Nach dem Zweifel an unserer Wahrnehmungsfähigkeit überfällt uns eine maßlose Wut. Ein Rückblick: An meinem 75. Geburtstag im September des vergangenen Jahres macht mir die deutsche Firma Top-Reff aus Attendorn ein besonderes Geschenk. Ohne Vorwarnung rauschen 56 m² Genua aus dem Profilstag in den bewegten nächtlichen Südatlantik. Fast zwei Stunden Arbeit, um das beschädigte Segel zu bergen. Wir lagen manövrierunfähig zum Glück nicht in der Schifffahrtsstraße - und hätten dann evtl. auch nicht mehr berichten können. Der kleine Schäkel, der den Kopf des Segels hält, war verschwunden. Das nächste Präsent kam vom "Nachrüstsatz" der Schwerwetter-Kutterfock gleicher Provenienz. Das Puppenstuben-Schräubchen, das die Anlage sichert, war gebrochen, die Profilsegmente rutschten auseinander und zerrissen das Segel. Das passierte in Trinidad - glücklicher Weise nicht auf See. Die Firma bot Ersatzteile an, der Rigger vor Ort wechselte das System, um eine Wiederholung der systembedingten Mängel zu vermeiden. Und nun kam das Sahnehäubchen: wir hatten die Nase des Wirbels, der den Genua-Kopf hält, von 6 mm auf 8,5 mm aufgebohrt und einen 8 mm Schäkel angebracht - und dicht geknallt. Wieder, wie zuvor, würden wir die Genua dem Atlantik übergeben müssen. Die Wut überdeckt die Dankbarkeit gegen die Vorsehung.

Nun sind wir nach Berlin geflogen, haben unser Schiff unter Überwachung zurückgelassen und schauen jeden Tag in die amerikanischen Hurrikan-Warnungen. Mehr können wir nicht tun.

Aber nach diesen Monaten in der Karibik möchten wir abschließend unser persönliches Resümee ziehen, das vielleicht für alle segelnden Fernweh-Geschädigten von Interesse ist. Ja, es ist ein schönes Segelrevier, beständiger starker Wind, grüne Inseln mit tropischem Urwald, sauberes Wasser, Südseestrände. Dennoch: wir würden die Karibik nicht wieder ansteuern. Die Zweifel, die vielfach über dieses ‚Paradies' geäußert wurden, möchten wir bestätigen.

Charteryachten füllen dieses Revier bis auf den letzten Platz. Während Skipper manchmal nicht einmal wissen, wie eine Klampe zu belegen ist, steigt die Befürchtung, dass die nächste Charteryacht-Generation einen Hubschrauber-Landeplatz vorsieht. Segeln ist hier nichts anderes als Leihautofahren, nur auf dem Wasser.


    Ruhe am Ankerplatz? Mitnichten. Vielleicht liegt die Kette des Nachbarn
    über der Eigenen?


    Liegeplatzsuche bei Tag…     


    …und bei Nacht in kleinen Häfen


    Fahrtenseglers Alptraum     


Dream Yacht Charter

Dem touristischen Ansturm folgt der Anstieg der Preise auf dem Fuß. Ein Beispiel: In Deshaies zahlten wir für zwei Glas Bier und eine Kugel Eis mit ein wenig Dekoration darüber 30 Euro. Die Reihe ließe sich fortsetzen. Und auch das Klima mit oft 39° C bei Tag und etwas weniger bei Nacht macht das Bordleben nicht immer angenehm.

Eine Enttäuschung war für uns, dass der Kontakt zu der mehrheitlich schwarzen Bevölkerung nur sehr selten gelingt. Bemühungen jeglicher Art von unserer Seite liefen meist ins Leere. Um so erfreulicher waren die Ausnahmen, die natürlich nicht fehlen, ebenso wenig wie dann und wann ein netter Kontakt zu jungen Familien in kleinen Schiffen, die das Kontrastprogramm zur Charterszene bilden.


 


     Freundliche Begegnungen sind möglich und…


…auch Fahrtensegler gibt es noch



Fern von ihrem Schiff grüßen Ilse und Uli
(Quelle: mail vom So., 07.07.2019, 13:48 Uhr)

06.06.2019
Rivière Sens, Bas Terre, Guadeloupe

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

die Fäden von Ilses Kiefer-Op wurden erfolgreich entfernt, also sind wir jetzt im Aufbruch. Wir müssen bis Horta mit 18 bis 35 Tagen Reisedauer rechnen. Die schwierige Passage befindet sich an den Rossbreiten, die ohne Wind sind. Bitte drückt uns die Daumen, denn wir haben keine Pferde, die wir über Bord werfen wollen und können.

Ilse und Uli grüßen von der "Nadine"
(Quelle: mail vom Do., 06.06.2019 17:22 Uhr)

29.05.2019
Rivière Sens, Bas Terre, Guadeloupe

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

gestern wurde Ilses Kiefer vom Dental-Chirurgen geöffnet, gereinigt und der Nerven-Kanal des Backenzahns mit Antibiotikum gefüllt, nachdem der Abszess ausgeschabt worden war. Dann wurde alles wieder zugenäht, d.h. das Zahnfleisch (Mundschleimhaut) schloss wieder am Zahnhals an. Der Operateur arbeitete ausschließlich über ein Mikroskop, angeschlossen war ein großer Bildschirm, über den alles zu verfolgen ich aufgefordert wurde. In 7 bis (hoffentlich nicht) 10 Tagen werden die Fäden entfernt, mehrmals wurde geröntgt und das Ganze (40 Minuten Arbeit) kostete etwas mehr als 500 Euro. In Berlin sollte ich bei einem Dental-Chirurgen nur für das Einsetzen eines “Dübels” für ein Implantat in einen intakten und nicht infizierten Kieferknochen mehr als das Vierfache bezahlen – etwa 30 Minuten Arbeit. In der Uni-Zahnklinik war’s etwas billiger. Der Doktor hier kam aus Polen, ließ mich als Übersetzer für Ilse fungieren, hatte wegen Terminmangel seine Mittagspause für Ilse geopfert und sich über mein großes Lob seiner Arbeit offensichtlich gefreut.

Wir hoffen jetzt auf den Start Ende nächster Woche, die NOAA verkündet für 2019 eine “normale” Hurrikan-Häufigkeit (12 – 14). Wir wünschen eine schöne “Himmelfahrt” (Ascencion) und hoffen, dass Ihr wohlbehalten auf der Erde bleibt.

Ilse und Uli grüßen von der "Nadine"
(Quelle: mail vom Mi., 29.05.2019 21:44 Uhr)

25.05.2019
Rivière Sens, Bas Terre, Guadeloupe

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

Karibische Information ...und die ist gut und schlecht zugleich. Wenn wir heute von Guadeloupe hätten starten wollen, wären wir in eine breite Schwach- bis Nullwind-Barre nördlich von uns gelaufen. Dieseln am Anfang geht nicht. Nun kommt aber ein Backenzahn von Ilse ins Spiel: hier in Guadeloupe einen Zahnarzt zu finden, der den nächsten freien Termin nicht in 3 Wochen hat, ist eine eigene Geschichte. Nun kommt Antibiotikum ins Spiel, das nicht wirkt, aber die ärztliche Verpflichtung mit sich bringt, die Malaise zu beheben. Am Dienstag wird (für eine Menge Mäuse) vom Dental-Chirurgen aufgeschnitten, Abszess gereinigt und wieder zugenäht. Und der Zahn ist gerettet. Wenn wir nach Berlin geflogen wären – wegen eines Zahns!! –, hätte der Druckunterschied im Flieger Ilse zum Singen gebracht. Also, der Wink an das Wetter ist auch gegeben...

Ilse und Uli grüßen von der "Nadine"
(Quelle: mail vom Sa., 25.05.2019 14:52 Uhr)

17.5.2019
Rivière Sens, Bas Terre, Guadeloupe

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

noch einmal das schöne Guadeloupe, es hat seine Gründe. Von Antigua wollten wir Richtung Azoren aufbrechen, in Antigua waren wir. Das Beste an Antigua ist der Chardonnay aus Chile, der im einzigen kleinen Laden in English Harbour zu kaufen ist - als Absprunghafen war uns das zu wenig. Jetzt sind wir dort, wo wir vorher waren und warten auf das, was alle Segler brauchen: die passende Wetterlage. Am 2. Mai hat der Himmel ein Einsehen und schüttet uns nicht mehr mit seinen Wassermassen zu - kein Wunder, Guadeloupe ist wunderbar grün. Deshaies, an der Nordwestecke der Doppelinsel, das wir schon im letzten Reisebericht erwähnt und auf unserer Autotour gesehen hatten, empfiehlt sich Seglern als Nachtankerplatz mit gutem Ankergrund. Wir kommen am Nachmittag an und liegen nach dem 3. Versuch über 9 Meter Wasser. Das Problem, hier wie überall in der Karibik, ist nicht so sehr der Ankergrund als die Fülle der Ankerlieger: berührt man den Nachbarn oder nicht, liegt der nächste Ankömmling mit seiner Kette über der Eigenen, etc.?



Ankern in der schönen Bucht von Deshaies

Wir bleiben 3 Nächte in der Bucht, denn es pfeift aus dem Quadranten, in dem unser Kurs nach Antigua liegt. Viele Boote sind mit mehr als 3 Ankerversuchen beschäftigt, es ist eine Art Action-Kino. Nicht alle Skipper wollen nach Antigua, um zu den Azoren zu starten, der Weg in die Südsee führt sie von den Antillen nach Panama. Am Sonntag, es ist der 5. Mai, halten wir die Luft an, als wir die Kette einholen. Nein, der Nachbar muss nicht auch ankerauf gehen, 3 Meter trennen uns noch. Die See, wie immer in dem Kanal zwischen den jeweiligen Inseln, ist hart, hoch und ruppig. Dennoch macht es Freude, von Hand am Wind zu laufen und mit kleinen Segeln immer 6 Knoten zu machen. Am Nachmittag laufen wir in English Harbour in Antigua ein, ein freundlicher Schlauchbootfahrer zeigt uns die Stelle, an der wir noch zwischen anderen Booten den Anker fallen lassen können: hinter uns das Riff der Hafeneinfahrt. Von hier aus ist die ein wenig hinter uns liegende Insel Montserrat zu erkennen. Diese Insel der Vulkan-Beobachtung und des Vulkan-Tourismus ist an ihrer Westseite mit Vorsicht zu befahren, da sich unter dem Meeresboden neue Unruhe ankündigt.


    Blick auf Montserrat


    Schöner Ankerplatz in English Harbour    


Ein Skipper sorgt für das Wohl seiner Chartergäste

Nur über eine Landzunge muss man laufen, um d i e Marina der Insel (Falmouth Marina) mit ausreichend Liegeplätzen für Gäste zu erreichen. Von hier könnten wir starten, wenn alles vorbereitet worden ist. Wir stehen in keiner Schlange, als wir den Preis für die Liegegebühr für unser knapp 13 Meter Schiff erfragen. Freundlich werden wir gefragt, wann wir denn kommen wollen, und man nennt uns den Anruf-Kanal und den Preis für eine Nacht ohne Wasser und Strom in US Dollar: 156, - !


    Falmouth Marina


Wir beschließen, nach Guadeloupe zurück zu segeln, müssen aber für das Notwendigste noch East Caribean Dollars bei der Bank ziehen: wie bei der SMS-Verbindung nach Europa (trotz neuer SIM-Karte) klappt hier nichts. Der Bank-Automat mag keine europäische Visa-Karte. Also fahren wir als einzige Weiße jetzt mit dem Sammeltaxi für ca. 2.50 Euro pro Person quer über die Insel zur Hauptstadt St. Johns. Hier gibt es Banken - und die langen zu. Der Fahrer fragt mich, wie ich die letzte der namhaften Antigua-Regatten empfunden hätte. Ich habe keine Ahnung und sage aus Höflichkeit ‚großartig'. Er meint dagegen, dass alles im Niedergang begriffen sei. Die Hauptstraße von St. Johns ist völlig anders als auf den französischen Inseln. Rechts und links in der engen Straße kleine Geschäfte oder Buden, ein wenig Schwarz-Afrika in einem karibischen Wilden Westen. Die segelnde weiße Bevölkerung ist hier nicht anzutreffen. Die Rückfahrt, die startet, wenn der Bus voll besetzt ist, führt wieder durch flaches entwaldetes Land mit ärmlichen Häusern ohne ein Anzeichen von Landwirtschaft. Butter und Käse kommen aus Neuseeland, Spargel aus Peru, Kartoffeln und Gemüse aus USA, Milch aus Holland und Pampelmusen aus Israel. Ja, und der Wein aus Chile, das Bier aus Barbados… Geht man von unserem Ankerplatz an Land, kommt man an "Nelsons Dockyard", einem Welt-Kulturerbe-Areal, vorbei. Hier können Yachten (etwas billiger) vor Buganker an einem Mauer-Ring liegen - wie zu Nelsons Zeiten.




Nelsons Dockyard

Die Marine-Basis, zu deren Ausbau und Befestigung der Captain Horatio Nelson beigetragen hatte, und dessen Namen sie schließlich trug, beherbergt jetzt große Schiffe, an deren Heck eine Treppe herangeschoben wird. Als der permanente Ostwind ein wenig nördlicher dreht, verlassen wir unsere "Wagenburg", die aus einem Ring von Katamaranen um uns herum besteht. Wir fahren so schnell zurück, wie wir gekommen sind. Unser Freund Frank, der uns über den Atlantik begleiten wollte und der auf dem Flughafen von Antigua ankommen sollte, kann leider nicht kommen, weil seine Firma ihn nicht loslässt. Noch einmal ankern wir wieder in Deshaies, bevor wir unseren alten Liegeplatz in der Marina Rivière Sens einnehmen. Wie gehabt ist es dramatisch: ein wenig Patagonien, als die Fallböen von den Bergen fallen. 40 Meter Kette über 10 Meter Wasser ließen den Anker ausbrechen, wir gehen mit 60 Metern weiter aus der Bucht hinaus. Und sorglos schlafen, versteht sich, kann man auch nicht. Wir hoffen, uns das nächste Mal aus der alten Welt melden zu können und grüßen noch aus der Neuen.

Ilse und Uli grüßen von der "Nadine"
(Quelle: mail vom So., 19.05.2019 14:30 Uhr)

27.4.2019
Rivière Sens, Bas Terre, Guadeloupe

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

an Guadeloupe vorbei zu segeln, ohne etwas gesehen zu haben, wäre ein Verlust. Viele Eindrücke auf den Kleinen Antillen der Karibik wiederholen sich, aber von der westlichen Inselhälfte von Guadeloupe, der Bas Terre, können wir jetzt mit Überzeugung sagen: es war tropischer Regenwald satt.

Dies schien anfangs überhaupt nicht möglich zu sein, denn die bereits geschilderten Schwierigkeiten, das Schiff wohlverwahrt in einer Marina zu lassen, begleiteten uns getreu beim Einlaufen in die Hauptstadt-Marina Bas-du-Fort (Pointe-a-Pitre) mit über 1.000 Liegeplätzen. Und genau das war unser Fehler: es ist falsch, eine Charterbasis anzulaufen. Hunderte von Katamaranen und französische Dauerlieger lassen für Fahrtensegler wenig Platz, allein die Anmeldung im Büro erforderte einen Fußweg von einer Stunde durch das Riesengelände. Nach kurzer Zeit mussten wir die Marina wieder verlassen, touristische Planung war so nicht möglich. Eine telefonische Platz-Reservierung durch einen netten Bootsnachbarn, der seinen Platz seit 13 Jahren behauptet, führte uns auf die andere Inselhälfte in die Marina Rivière Sens im Südwesten. Hier stimmte alles, Gäste liegen auf Fenderfühlung und Katamarane passen nicht rein.


    Marina Rivière Sens - klein, aber fein


Mit einem Up, das ist der an den Berghängen schwer arbeitende Lupo von VW, fahren wir an der Küstenstraße nach Norden. Wir biegen nach Osten in den Nationalpark ab, auf endlosen Serpentinen teilen wir die Straße mit den Rennrad-Teams des Oster-Samstages. Jetzt sind wir mitten im Regenwald, wir folgen der Empfehlung der Wanderkarte auf einem Rundweg. Hier, in diesem bergigen Dschungel-Gelände, fanden zu Beginn des 19. Jahrhunderts die von den Sklavenschiffen oder den Plantagen geflohenen Schwarzen Unterschlupf. Hier wurden sie mit Hunden gejagt.


    Brettwurzeln der Regenwald-Bäume


    Badestelle Wasser-"Kaskade"    


Wir umfahren die Insel im Norden. Wo die Gebirgskette in flaches Land übergeht, haben die Zuckerrohrfelder imposante Größe. Der Ort Deshaies mit schönen, jetzt übervollen Badestränden liegt im Nordwesten und ist der letzte geschützte Ankerplatz, bevor man die Insel verlässt. Wir werden ihn aufsuchen.


    Zuckerrohranbau im Nordosten von Bas Terre


    Deshaies an der Nordwest-Küstee    


Deshaies an der Nordwest-Küste


Unser Hafen wird von dem Berg Houelmont überragt, auf dem sich das Vulkan-Observatorium der Soufrière - man könnte sie Schwefel-Spuckerin nennen - befindet. Sie ist mit 1.467 Metern der höchste Vulkan der Antillen. Doch das Ausflugsziel dieses Tages ist der dritte Carbet-Wasserfall. Der Fluss Carbet, 140.000 Jahre alt, wurde von Kolumbus 1493 entdeckt, als er auf der Suche nach Trinkwasser war. Der Wanderweg zu diesem dritten Wasserfall führt durch eine im Schlamm des Regenwaldes versinkende "grüne Hölle" - und beinahe an die Grenze unserer laufentwöhnten Füße. Ilse landet einmal im Schlamm, als sie an einer Baumwurzel mit dem Fuß hängen bleibt…


    Straße zum Vulkan-Observatorium


    Durch den Regenwald zum 3. Carbet-Wasserfall    


Abgesehen davon, dass sich der Vulkan-Kegel der Soufrière meistens in den Wolken verbirgt, dass man sich glücklich schätzen kann, wenn man eine Regenpause erwischt - der Aufstieg zum Kraterrand steht nicht auf dem Programm des Ostermontags. 1493, so wird vermutet, konnte Kolumbus den jetzigen Vulkankegel noch nicht sehen, er entstand erst später.

Wanderung zum Fuß der Soufrière


Das touristische Highlight der Insel ist der 110 Meter tief abstürzende zweite Wasserfall des Carbet. Ein bequemer Plattenweg durch den Regenwald zum Fluß rechtfertigt eine Eintrittsgebühr allemal. Vom Regen durchnässt genießt man auf der Rückfahrt die Hitze des Tieflandes. Wir befreien unsere Wanderschuhe vom Schlamm und beenden mit diesem Wandertag unsere alternative Betätigung. Die Planung für die Fahrt zu den Azoren verlangt ihr Recht.


    Der zweite Wasserfall des Carbet












Ilse und Uli grüßen von der "Nadine"
(Quelle: mail vom Mo., 29.04.2019 16:35)

08.04.2019
Terre d'en Haut, Iles des Saintes

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

wer schon einmal nachts müde auf der Autobahn das Gefühl hatte, einen Rastplatz ansteuern zu müssen, und dann liest "Rastplatz gesperrt", kennt das Gefühl. Oder wer in einem Parkhaus hoch und runter fährt und immer wieder liest "Besetzt", empfindet ähnlich. Dieses Gefühl als Segler in der Karibik zu haben, war für uns eine Überraschung. Wir hatten von unserem Einlaufen in Le Marin in Martinique berichtet. Immerhin nach einer mäßigen Wartezeit fand man für uns eine freie Muring. Um uns die Hauptstadt Fort de France anzusehen und eventuell ein Auto zu mieten, segeln wir um die Südwestecke von Martinique, passieren den markanten "Rocher de Diamant", um in der Fort de France - Bucht eine Marina zu finden.


    Der "Diamant"-Felsen


Wir finden die - man könnte sie so nennen - Hauptstadt Marina "Etang Z'Abricots" mit 340 Plätzen. Wir rufen auf Kanal 9 und warten. Die Antwort nach einer Stunde lautet: "We are full. You can come in 6 days." Aber die besonders schöne Marina "Pointe du Bout" gegenüber antwortet nicht einmal auf Anruf. Immerhin gibt es dahinter ein geschütztes Ankerfeld, wo wir beschließen, nach Le Marin zurückzufahren. Dort angekommen, warten wir 2 Stunden, halten das Schiff gegen den Wind - und haben Glück. Wir erhalten einen Platz am Steg mit der Auflage, nachzufragen, wie lange wir ihn benutzen dürfen. Dieses Glück soll uns bei den Iles des Saintes vor Guadeloupe später nicht mehr beschieden sein, denn alle Ankerbuchten der beliebten Inseln werden mit gelben Tonnen markiert. Man geht an eine Muring innerhalb der Linie, Ankern ist verboten. Wenn alle Murings wie in unserem Fall besetzt sind, bleibt nur eine unerfreuliche Nacht im beinahe freien Seeraum - dort wäre ein Beidrehen des Schiffes weitaus komfortabler. Berichten wir von den erfreulichen Erlebnissen, die nicht nur aus dem Segeln mit dem ständig kräftig wehenden Passat, aus den kurzen Tages-Strecken zwischen den Inseln bestehen, sondern auch an Land Sehenswertes zu bieten haben. Überall ist die tropisch wuchernde Fülle der Natur präsent, auf den französischen Inseln kommt ein vergleichsweise gehobener Lebensstandard hinzu - und nicht wie in Dominica der Hinweis in der elektronischen Seekarte, das Schiff vor Anker nicht unbewacht zu lassen. Zurück in Le Marin mit ein paar Tagen Liegemöglichkeit am 1. Steg (!) der Marina können wir bei Europcar für 2 Tage einen Renault Diesel mieten. Die Nationalstraßen, die wir befahren, sind in einem exzellenten Zustand, bald sind wir in Fort de France. Das Auto im Parkhaus, besichtigen wir zu Fuß das Stadt-Zentrum: die neuzeitliche Kathedrale St. Louis, den Hafen (mit wenigen Ankerliegern), das alte Rathaus und die neue Präfektur, die schöne Bibliothek des Humanisten Schoelcher, der die Beteiligung der Franzosen an der Sklaverei geißelte.


    Kathedrale St. Louis


    Fort de France    


Schoelcher Bibliothek


Die Übernachtung in Case Pilote im Nordteil der Insel, über "Booking.com" scheinbar mühelos, erweist sich als kleines Abenteuer. Im hübschen Küstendorf finden wir einen Führer, der das unbezeichnete Haus in den Bergen, die "Refuge de J.", mit uns sucht - und findet.


    Case Pilote


Es ist niemand da, als wir unseren Führer dankend entlassen. Das angebotene Benzingeld verweigert er mit dem Hinweis: "I have enough money!" Wir warten, niemand kommt. Wir fahren die Berge wieder herunter mit dem Gefühl, die enge Straße und den "Feldweg" zum Haus wiederzufinden. Wir folgen der Nationalstraße nach Norden, bis wir unser Ziel des morgigen Tages, den 1.397 m hohen Vulkan Pelée sehen - und sogar wolkenfrei.


Vulkan Pelée    


Dann ist unser freundlicher Wirt da, übergibt dem einzigen Gast den Schlüssel und erklärt, dass in Case Pilote nach Einbruch der Dunkelheit eine Pizzeria öffnet. Jetzt kann ja nichts mehr schiefgehen, und wir müssen nicht hungrig unter das Moskito-Netz kriechen. Nach der Mahlzeit im Take-away-Restaurant, wo uns ein Plastiktisch auf den Parkplatz gestellt wird, kommt die Ernüchterung: wir finden den Weg nicht mehr, schwarze Nacht ohne "Straßen"-Laternen, keine Häuser, wir rammen beim Wenden einen Bordstein…

Wir haben nicht im Renault übernachtet, frühstücken in Case Pilote und fahren über St-Pierre an der Küste nach Morne Rouge am Südhang des imposanten Pelée.


    Abfahrt von der "Refuge" in den Bergen


    Zuckerrohr-Anbau am Vulkan    


Das Vulkan-Museum, "Maison des Volcans", in Morne Rouge ist ein Muss, das man sich nicht entgehen lassen darf. Ein bewegender Film rekonstruiert den Ausbruch des "grauen Vulkans" (pulverisiertes Gestein) im Mai 1902, der in St-Pierre 30.000 Tote hinterließ und die Stadt ausradierte. Nur der Pfarrer und ein Häftling im Gefängnis hinter dicken Mauern überlebten…

Der wolkenfreie Pelée-Gipfel zieht heute am Beginn des Bergpfades hinter der Stadt die Wanderer in großer Zahl an. Es ist eine Tagestour um den Kraterrand, die wir nur ansatzweise machen können - leider! Die alten hohen Vulkane haben meistens eine Wolkenkappe.


    Wanderweg zum Kraterrand


    Wolkenkappe über den Vulkanen im Süden    


Am 1. April ziehen die Marineros von Le Marin "Nadine" rückwärts aus dem Stand. Sie haben offensichtlich viel Übung. Beim Auslaufen passieren wir einen Yacht-Transporter, der von der Segelyacht bis zur Motor-Luxusyacht den Eignern die Reise zu den schönsten Plätzen der Welt und zurück ermöglicht.


"Yacht-Transport.com"    


Die folgende Nacht verbringen wir am schwarzen Strand von St-Pierre vor Anker. Der schmale Ankergrund bietet nur wenigen Yachten Platz. Keine Reglementierung, aber rechtzeitiges Kommen ist angesagt. Der Pelée begrüßt seine Gäste heute mit unaufhörlichen Duschen.

Auf dem Weg nach Dominica erleben wir das typische Schauspiel beim leewärtigen Verlassen einer Insel an der jeweiligen Nordspitze: es bläst aus allen Rohren. Gerefft sollte man immer haben, und das Deck bleibt niemals trocken.

Dominica bietet auch an der Westküste kaum Ankerplätze, bis zur Prince Rupert Bay im Norden ist der Tagestörn ein wenig länger. Aber die Ankerbucht ist groß und sicher, der Regen prasselt so heftig, dass man nur ahnt, wohin man fährt. Eine Muring wird uns angeboten, doch für eine Nacht lohnt es sich für den Mann im "Willkommensboot" nicht. Dafür taucht in der Nacht hinter uns eine Augenweide auf und geht vor Anker. Am nächsten Morgen sehen wir eine an die "Gorch Fock" und einen P-Liner der großen Segelschiffzeit erinnernde 3-Mast-Bark. Der Großmast hat sogar eine Royal. Aber anders als früher ist hier alles High-Tec, und statt Weizen oder Salpeter werden zahlungskräftige Touristen befördert.


    Ankerplatz Prince Rupert Bay Dominica


    Dreimast-Bark "Sea Cloud II"    


Nicht weit entfernt liegen die Guadeloupe vorgelagerten Inseln der Heiligen (Iles des Saintes). Man kann hier E-Bikes mieten und über die Insel Terre d'en Haut fahren. Ein schöner Muringplatz vor dem Ort Bourg macht es möglich. Aber, wie schon geschildert, wir kommen zu spät und verbringen eine Ankernacht mit Ankerwache und dem Gefühl, uns in einer Rüttelmaschine zu befinden. Wie sagte doch unser Freund Davide aus St. Laurent du Maroni in Französisch Guyana aus Erfahrung? - "Jeder in der Karibik, der noch kommt, ist einer zuviel."

Wir fahren am frühen Morgen zum nächsten als Ankerplatz ausgewiesenen Muringfeld. Alles voll. Aber zwei Katamarane haben wohl Mitleid mit uns und lösen die Leinen. Vier Tage vergehen wie im Flug. Wir schwimmen und schnorcheln im kristallklaren Wasser.


    Abberge-Übungen in unserer Nähe


    Ein alternativer Kreuzfahrer vor der Kulisse von Guadeloupe    


Morgen werden wir den kurzen Schlag nach Pointe-a-Pitre in Guadeloupe segeln und grüßen von der "Nadine".
Es grüßen von der "Nadine"

Ilse und Uli





(Quelle: mail vom Fr., 12.04.2019 18:10)

23.3.2019
Le Marin, Martinique

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

Grenada nach Norden zur nächsten Insel Saint Vincent zu verlassen, scheint gegen die Regel zu sein. Eine nicht endende Anzahl von Charteryachten, meistens Katamarane eines kubischen Einheitstyps, segeln mit dem Ost-Nordost-Wind nach Süden. Man fühlt sich an einen Sonntagmorgen in den Stockholmer Schären erinnert, wenn eine Armada von schwedischen Segelyachten auf dem Hauptwasserweg mit halbem Wind südwärts segelt. Aber wir sind froh, nicht wie im Normalfall kreuzen zu müssen und die Tyrell-Bucht auf Carriacou, das zu Grenada gehört, am Nachmittag zu erreichen. Kurze Segelstrecken, anspruchsvoll und ganz sportlich nur von Hand zu steuern sind typisch für dieses Revier. Allein ist man nie, und der Strom in Verbindung mit dem sehr böigen Wind wirft zwischen den Inseln eine See auf, wie man sie auch von den Insel-Durchfahrten der Kanaren kennt.


    Anken in der Tyrell Bucht


Die nächste Bucht, von ca. 130 Ankerliegern genutzt, befindet sich auf der südlich von Saint Vincent gelegenen Insel Bequia. Wir sind froh, eine Muringtonne in der letzten Reihe zu erhalten. 19 Meter Wassertiefe und von den Bergen herabfallender Wind lassen das Liegegeld von ca. 17 Euro verschmerzen. Jeden Tag erscheinen 1 bis 3 neue Kreuzfahrtschiffe in der Bucht.


   Admiralty Bay Bequia: Rücksichtsvoll ankern Kreuzfahrer hinter und nicht
   zwischen den Yachten.    


Ungewohnt lang ist der Schlag von Bequia über Saint Vincent nach Saint Lucia. Der Wecker auf 4 Uhr, um bei Tageslicht anzukommen, wird um einige Stunden nachgestellt, weil der Iridium Wetterbericht den Ostwind zu früh verkündet hat. Aber noch mit dem letzten Tageslicht gelingt die Ansteuerung des Wahrzeichens von Saint Lucia, der beiden Vulkankegel Gros und Petit Piton. Um uns bei der Einfahrt in die kleine Bucht zwischen den Kegeln nur völlige Schwärze, aber ein schnelles Motorboot ist plötzlich neben uns und geleitet uns zu der einzig möglichen Bleibe, einer Muringtonne auf 29 Meter Wassertiefe. Wir liegen neben einer fast 800 Meter hohen Steilwand, auf ein paar Metern Ufersaum ist das Ankern verboten. Wer den Hornelen, die höchste Klippe Europas, in Norwegen umfahren hat, kann sich vorstellen, wie ein 800 Meter hoher Felsklotz auf das Gemüt der Besatzung eines Schiffchens drückt.


    Ansteuerung der Pitons von Saint Lucia


    Wir verlassen den eindrucksvollsten Ankerplatz unserer Segelzeit    


Nur eine kurze Distanz hoch am Wind mit stark reduzierter Segelfläche bringt uns am nächsten Tag, vorbei an der Inselhauptstadt Castries, in die große geschützte Rodney Bay im Norden der Insel. Hier soll es den besten Rum der Karibik geben, den "Admiral Rodney" Rum, aber ca. 50 Euro für das Fläschchen ist uns selbst ein Admiral nicht wert.

Abermals gehen wir in eine (US-amerikanische) Super-Marina, ähnlich derjenigen in Grenada, um Internetzugang zu erhalten und per Taxi wieder eine Inselrundfahrt zu starten. Anthony heißt unser schwarzer Fahrer und Touristik-Führer, 180 US Dollar soll die eintägige Inselrundfahrt kosten. Sie kostet am Ende 200 US Dollar und geht nur über die halbe Insel. Abmachungen haben nicht überall den gleichen Stellenwert… Aber sie ist interessant und führt auch zu neuen Erkenntnissen. Auf die Frage, ob die Pitons zur Zeit der tertiären Faltungen entstanden sind, lernen wir, dass ihre Entstehung auf die Zeit zurückgeht, da Gott das Land vom Wasser geschieden hat. Und auch die kreolische Sprache hat er obendrein erfunden, bzw. zu dieser Zeit erschaffen.

Die Tour führt an der Westküste entlang nach Süden, wir passieren den Hauptstadt-Hafen Castries und fragen Anthony vor dem Sitz des britischen General-Gouverneurs nach seiner Erfahrung mit der (vergangenen) englischen Kolonialzeit: " Das einzige Interesse Englands ist die Ausbeutung seiner ehemaligen Kolonien." Die von dem Export ihrer Agrar-Produktion abhängige Insel Saint Lucia leidet unter dem Konkurrenzdruck und der verminderten Unterstützung durch England.


    Hafen der Insel-Hauptstadt Castries


    Anthony und Ilse vor der Residenz des britischen Generalgouverneurs    


Die bewaldete und dennoch landwirtschaftlich wie Grenada genutzte Insel wird durch eine Küsten-Schnellstraße und viele kleine über die Berge geführte schmale Sträßchen erschlossen. Wir passieren den unter Seglern beliebten Naturhafen Marigot Bay und nähern uns den beiden Pitons dieses Mal von Land her.


    Naturhafen Marigot Bay


    Mega-Farne am Straßenrand    


Die beiden Pitons auf der Straße vor uns


Wie auf den Azoren ist auch hier die Erde nicht zur Ruhe gekommen, es raucht und blubbert. Die Vulkanaktivität, "the crater", in der Nähe der Pitons ist ein tourismusförderlicher Anziehungspunkt, an dem der bezahlte Führer den Touristen erklärt, dass die Erde hier nicht zur Ruhe gekommen ist.


   Vulkanaktivität in der Nähe der Pitons


Wir gehen einen Tag vor der Überfahrt nach Martinique vor Anker auf dem riesigen geschützten Ankerplatz Rodney Bay und schwimmen um das Schiff - die Bordwand zum Anfassen neben uns, um die wie Insekten um die Ankerlieger kreisenden Scooter auf vollen Touren nicht zu ‚behindern'. Gibt es noch eine Grenze für Dummheit und Rücksichtslosigkeit unserer Zeitgenossen? Immerhin schauen sie bei ihrer Höchstfahrt nicht auf ihr Smartphone…

Es macht Spaß, mit dem ständig wehenden Passat immer wieder Partner an der Seite zu haben, die den Ehrgeiz auf ein kleines Privatrennen wecken - gegen die Katamarane haben wir leider nicht die besten Chancen. Ein schöner Segeltag bringt uns so nach Martinique, die Le Marin Bucht ist eine geschützte flache Kratermitte, die uns die Muring einer Marina ermöglicht - obwohl wir nicht reserviert haben. Vor Anker, an Murings und in zahllosen Marinas liegen hier in endloser Folge weit mehr als tausend Yachten, ein Mastenwald. Obwohl Segler über die Hurrikan-Gefahr dieser Inseln informiert sind, nehmen manche Skipper bei Annäherung des Sturms noch nicht einmal ihre eingerollten Vorsegel ein. Die Auswirkungen sind überall noch sichtbar. Ein riesiger Abstellplatz wird dann zum Schiffsfriedhof - eine Gleichgültigkeit, mit der offensichtlich auch auf die Zukunft unseres Planeten geschaut wird…


    An der Muring in Martinique Le Marin


    "Irma" hat 2017 ganze Arbeit geleistet    


Es grüßen von der "Nadine"

Ilse und Uli





(Quelle: mail vom Sa., 23.03.2019 21:21)

06.03.2019
Port Louis, St. George's, Grenada, W.I.,

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

"Nix wie weg!" steht am letzten Tag des Februar im Tagebuch. Das ist ein wenig verwunderlich, denn wir sind schließlich dort, wo unter Palmen und Sonne ein beständiger Wind weht, das Wasser blau oder grün ist und zum Tauchen einlädt, wo alles, wie man neudeutsch sagt, easy ist - kurz, wir sind in der Karibik und nicht in Patagonien mit der Aussicht auf einen Pampero. Schließlich ist es so schön hier, dass alle Segler nach Möglichkeit kommen wollen und in jeder Ankerbucht ein Neuankömmling eigentlich schon einer zu viel ist.

Am 18.2., also schon vor einer Weile, ist bei Peake in der komfortablen Marina alles abfahrtbereit, die neue Rollreffanlage montiert, das geänderte Kuttersegel geliefert und der Wasser-Tank zu beinahe Quellwasserqualität aufgefüllt. Es ist Montag und, wie sich herausstellt, der einzige Tag, an dem nachts die Überfahrt nach Grenada problemlos ist. Und erst am Montag können wir ausklarieren. Wir tun dies rechtzeitig.


    Verabschiedung von Peake Chaguaramas, brauner Pelikan


Dem Eingeweihten muss man nicht schildern, wie Bürokratie geht. 5 Durchschläge von 25 verschiedenen Formularen, die alle die gleichen Fragen enthalten, sind auszufüllen, nachdem man auf das Ausfüllen des Vorgängers gewartet hat. Dann erhält man den Ausreisestempel und rennt zum Zoll, wo das gleiche Spiel beginnt. Man wartet und ist 2 Minuten nach 16 Uhr an der Reihe. Jetzt muss Überstundengebühr und Gewässer-Benutzungsgebühr entrichtet werden. Wir haben keine TT Dollar mehr, weil das Geld auf der nächsten Insel wertlos ist. Also Abbuchen mit Visa. Geht nicht, weil keine Maschine vorhanden ist. Also wieder Geld besorgen und am nächsten Tag das fröhliche Zoll-Spiel wiederholen.

Die Scotland Bay, diese schöne Ankerbucht direkt an der Ausfahrt, wird wieder unser Warteplatz. Kein Gedanke mehr, dem Zoll Genüge zu tun und ihn noch in der Nacht zu verlassen. Es ist Vollmond, aber stockdunkel, bis sich der Mond über den Berghang geschoben hat und die Fallböen ein unmissverständliches Konzert veranstalten. Am nächsten Tag ergehen sich die Fregattvögel mit Luftakrobatik im starken Wind.


    Vollmond über Scotland Bay


    Fregattvogel    


Nicht allein der Wind ist das Problem, drei verschiedene Ströme haben auch noch ein Wörtchen mitzureden. Der Gezeitenstrom ist kein Problem, dagegen der nach West setzende Guiana Strom und weiter nördlich der Äquatorialstrom sehr wohl. Das nächste und etwas blauäugige Auslaufen mit Umkehr nach ein paar Stunden hat uns erst einmal klar gemacht, welche Schwierigkeiten zu berücksichtigen sind, wenn der Passat aus Nordost bläst. Wir fühlen uns als Greenhorns.

Der zweite Aufbruch findet am Sonntag statt. Wir ändern die Taktik, fahren an der Nordküste von Trinidad, wo unter Land der Strom gering ist, mit der Maschine fast die gesamte Insel entlang, um einen größeren Vorhalt gegen Wind und Strom nach Grenada zu erzielen. Sinnlos! Denn wieder werden wir nach West versetzt, besonders nachdem uns ein vermeintlicher Fischer mit beleuchtetem Netzende in der Nacht in unverständlichem Englisch zur einstündigen Umkehr auffordert. Es ist kein Fischer, es ist ein Schiff, das ein Vermessungskabel mit einer Leuchtboje hinter sich herschleppt und uns anleuchtet.

Am Morgen stehen wir 17 Meilen vor Grenada mit Nord 6 bis 7, wollen die kleine Entfernung zur Insel mit der Maschine zurücklegen. Abermals sinnlos! Wir stehen fast auf der Stelle, obwohl die Maschine am Limit der Kühlwasser-Temperatur arbeitet. Ablaufen nach West? Wir beschließen nach einer Überlegungsstunde das abermalige Zurücklaufen. Kaffeekochen ist unmöglich, die See hat die Lukenabdeckung vom Vorluk mitgenommen, aus dem Deck ein Stück Farbe gestohlen und die Unterseite der Ankerschaft-Halterung herausgeschlagen. Solche Ereignissse sind für uns neu.

Böen und Regenschauer erwarten uns abends in der vertrauten Scotland Bay, wo wir unseren Ankerplatz im Regendunst nur deshalb finden, weil wir hier fast zu Hause sind. An den Zoll wollen wir nicht denken, als wir die nassen Klamotten ausziehen und einen Kakao mit Rum trinken.

"Das gibt aber Probleme!", informiert uns Gordon aus Bremerhaven, der in dieser Bucht zwei Schiffe ausbaut. Wir sind froh, jemanden zu treffen, der die Karibik nicht nur "easy" findet und fundierten Ratschlag geben kann. Wir arbeiten alle möglichen Notvarianten für den Zoll ab, haben ein Schiff der Coastguard neben uns - sie angeln. Gordon empfiehlt, eine für uns positive Wetteränderung abzuwarten oder beim Zoll von Trinidad wieder einzuklarieren. Wir wollen warten, hören von ihm, dass wir nachts so hoch am Wind wie möglich segeln müssen und keine Lichter setzen dürfen. "An den Bohrinseln, die ihr passiert, warten die Piraten!" Und dann kommt die Frage: "Warum wollt ihr denn überhaupt in das Europa mit den bekloppten Politikern zurück?" - "Weil wir unsere Wurzeln in Deutschland haben." Sein nächstes Argument ist unschlagbar: "Ich habe meine Wurzeln im Schlamm der Mangroven."

Wir laufen nach abermals zwei Tagen nicht nachts aus, denn am 28.2. passt schon am Morgen alles, wir verzichten auf ein Nachtanken, denn eine Begegnung mit dem Zoll ist unerwünscht. Der Segeltag mit einer fast gleichmäßig laufenden See ist wie ein Wunder, die Windfahne steuert und die Bohrinsel Poinsettia passieren wir noch vor Sonnenuntergang.


Bohrinsel Poinsettia    


Wir steueren eine breite und beliebte Einfahrt in eine Ankerbucht an der Südküste von Grenada nach Mitternacht an. Gerade rechtzeitig, denn wieder beginnt es mächtig zu pfeifen. Wir haben einmal in Barcelona eine Seilbahn über einer Hafenzufahrt gesehen und halluzinieren jetzt eine Seilbahn, die beleuchtete Gondeln über das Wasser laufen lässt. Kommen wir darunter durch? Eine Sekunde später wissen wir, welche Lichter über uns zu tanzen scheinen. Es sind die Ankerlichter auf den hohen Masten großer Segelyachten. Der dunkle Rumpf wird im letzten Moment sichtbar, die Ankerbucht ist brechend voll. Wir bleiben in der äußersten Reihe vor 50 Meter Ankerkette.

Die nicht ganz preiswerte Super-Marina Port Louis in St. George's, der Hauptstadt Grenadas, gehört der englischen Firma Camper & Nicholsons, bekannt für (ehemals) Segelyachten im gehobenen Segment. Wir fühlen uns gleichwohl am nächsten Tag auch gehoben, als wir an einem Schwimmsteg - welch ein Luxus für Ilse! - festmachen dürfen. Hier muss man lange suchen, um etwas zu finden, was besser sein könnte. Und ein wenig ängstlich überreichen wir unsere Zollpapiere im Büro neben der Reception. Vom Papierstapel wird die Klammer gelöst, die meisten Seiten verschwinden irgendwohin oder werden zurückgegeben. Nach 15 Minuten sind wir fertig.


   St. George's, Hauptstadt Grenadas, mit dem alten Stadthafen


Ein Sonntagsausflug ermöglicht eine entspannte Besichtigung der Stadt. Die Straßen sind eng, dem Autoverkehr nicht mehr gewachsen. Der englische Einfluss (bis 1974) ist überall sichtbar. 1983 wurde Grenada unter Ronals Reagan von den US besetzt, der Flughafen im Norden - wo noch die Flugzeugwracks zu sehen sind - bombardiert und der (sozialistische) Staatschef Maurice Bishop liquidiert. Einer der Gründe war der Schutz einiger US Medizinstudenten, die die Insel-Uni besuchten. Dies hat sich als voller Erfolg erwiesen, denn, wie es auf einem Grenada-Infoblatt heißt, "no other medical school in the world provides more new doctors to the US health care system".

Es gibt nichts Besseres, als eine Inselrundfahrt mit einem Taxi zu machen. Dank vieler Touristen sind die Fahrer kompetent, wenn auch das Englisch oftmals schwer zu verstehen ist. Die Tour geht durch das bergige Innere der Insel, die für den Anbau der Muskatnuss berühmt ist. Mit Recht wird ein Ort als "Spice Basket" gepriesen.


    Muskatnuss, Nutmeg


    Annandale Wasserfall    


Waterfall Jumper


Natürlich fehlt auf dieser fruchtbaren Insel auch nicht der Kakao-Anbau, ebenso wenig wie die Rum-Produktion aus dem gleichfalls angebauten Zuckerrohr. Wir besichtigen eine Destille, bei der die Saftpresse wie eine alte Mühle noch mit Wasserkraft betrieben wird.


    Chocolate Factory, Kakao-Säcke


    Kakao-Bohne   


Rum-Destille



Im äußersten Nordosten der Insel befindet sich der Levera National Park. An seinem Strand legen die Schildkröten ihre Eier ab. Bis zum Sommer wollen wir auf dieses Naturschauspiel aber nicht warten… Die Weiterfahrt zu den nächsten Inseln ist angesagt.


Levera National Park   







Es grüßen von der "Nadine"

Ilse und Uli





(Quelle: mail vom Mi., 06.03.2019 16:42)

11.2.2019
Trinidad, Chaguaramas

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

noch einmal Trinidad! Aber wir denken, ein kurzer Bericht über diese Insel ist die Schilderung wert. Gerade jetzt ist unsere neue Furlex-Rollanlage aus Schweden montiert worden, die Zeit nach dem Unterwasseranstrich an Land haben wir also noch genutzt. Erwähnenswert ist für alle Segler, die mit dem Zoll in Südamerika Erfahrungen gesammelt haben, die wissen, dass "morgen" oft erst nach 6 Wochen kommt, erwähnenswert ist, dass hier der Zoll die Auslieferung von Ersatzteilen vom Flughafen bis quasi vor die Haustür in 2 Tagen schafft - ohne Schmiergeld.

Jesse heißt der Fahrer des Nissan-Kleinbus und Organisator der Ausflüge über die Insel. Die Vorfahren kamen aus Indien, und Jesse ein Mister Busybody, der nie um eine Antwort verlegen ist: Mit einer Hand fährt er den Nissan, mit der anderen bedient er das Smartphone, erklärt, erzählt, beantwortet Fragen, während er gleichzeitig mit dem Telefon-Teilnehmer spricht. Als er dann noch für seine Gäste kulinarische Spezialitäten am Straßenrand kauft und auch selbst isst, wissen wir nicht mehr, ob er eine dritte Hand zum Fahren nutzt…

Nachdem wir Port of Spain passiert haben, fahren wir nach Norden in die Berge. Alles ist vom grünen Regenwald bedeckt, und der Tourist ahnt nicht, welch landwirtschaftlicher Reichtum von dieser Insel kam. Kolumbus hatte sie 1498 entdeckt, spanische Siedlungen entstanden etwa 100 Jahre später, aber viel passierte nicht, weil zu dieser Zeit Südamerika zum Plündern einlud. Immerhin fanden Pflanzer heraus, dass sich neben Bananen auch Kakao und Kaffee anbauen ließ. Afrikanische Sklaven ermöglichten in der Folgezeit den Zuckerrohr-Anbau. Dennoch war der Mangel an Einwanderern für die Spanier ein Handicap. Ausländer, Spanien-freundliche katholische Europäer, wurden angeworben. Sie erhielten Land zugeteilt, dass nach einigen Jahren ihr Eigentum wurde. 1797 ging die Insel an die Briten über, die in den 1830ern die Sklaverei abschafften. 150.000 indische Arbeiter wurden unter Vertrag genommen. Die Vertragsarbeiter und die Schwarzen blieben, die Insel war multi-ethnisch geworden. Ab 1970 bestand das Haupteinkommen der Insel in der Öl- und Gasförderung.

Über eine enge Bergstraße unter einem grünen Blätterdach steuert der Kleinbus das Asa Wright Nature Center an. Das großzügige Landhaus im Kolonialstil hat sich zu einer Vogel-Beobachtungsstation mit wunderbarer Trinidad-typischer Küche entwickelt.


 


     


Vogelfütterung


Eine kurze Wanderung in den Regenwald, von einem Park-Mitarbeiter geführt, vermittelt einen Einblick in die üppige Tier- und Pflanzenwelt.


    Balisier heißt die Nationalblume Trinidads


Der Nachmittag ist dem Besuch des Caroni Swamp Bird Sanctuary vorbehalten. Ein großes Sumpfgebiet an der Küste südlich der Hauptstadt ist Naturschutzgebiet. Endlose Brackwasserkanäle winden sich von Mangroven gesäumt mehrere Kilometer bis zum Küstensaum.


 


     

Mit einem Flachbodenschiff befährt man die Kanäle

Der Außenborder wird abgestellt, wenn der Fahrer anhält, um die Besonderheiten der Tierwelt, die unerwartet auftauchen, mit dem Foto einzufangen.


   Boa Constrictor


    Leguan   


Wenn die Kanäle sich in Küstennähe verbreitern, erreicht man das eigentliche Vogelreservat.


    Flamingos


Aber die Hauptattraktion ist der Nationalvogel Trinidads, der Scarlet Ibis, der rote Ibis, der zu Hunderten am Abend von der Küste zu seinen Baum-Schlafplätzen zurückkehrt. Zur Beobachtung macht der Ausflugskahn an einem Stock im Boden des flachen Wassers fest.


 


     

Scarlet Ibis

Ganz anderer Art ist der Besuch, der am nächsten Abend im Zusammenhang mit dem steht, was zu dieser Zeit als touristisches Muss gilt: Karneval. Wir besuchen einige Werkstätten, in denen die Kostüme für die Umzüge gefertigt werden. Hier sind die Damen leicht mit 1.000 US Dollar dabei, die Männer mit weniger als der Hälfte.


 


     


Präsentation der Kostüme: Don´t touch!


Aber noch interessanter und wegen "Fotografieren unerwünscht" schwer zu vermitteln ist die Teilnahme an den Proben der Steelbands. Dies ist ein akustisches Ereignis der besonderen Art. Wir sind von den "Desperados" oder den "Silver Stars" hingerissen - der Leser wird sie nicht kennen. Damit hat er etwas verpasst!


    Starlift" Steelband







Es grüßen von der "Nadine"

Ilse und Uli (Quelle: mail vom Mo., 11.02.2019 19:59)

22.01.2019
Trinidad, Chaguaramas

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

das Auswärtige Amt warnte vor Reisen nach Trinidad, die Yacht-Versicherer langen noch einmal kräftig zu, wenn man bis Ende November sein Schiff im angeblich nicht hurrikanfreien Trinidad lässt - auch hier sieht die Realität wieder einmal völlig anders aus. Wir wurden schon in der Berliner U-Bahn bestohlen, und Versicherer mussten schon für Stürme in Deutschland bezahlen, die mit größerer Häufigkeit Schäden anrichten als die Stürme, die Trinidad zu verwüsten pflegen. Hunderte, wohl tausende Yachten stehen hier an Land - selbst aus Fairbanks und München während der Hurrikanzeit. Und unser Eindruck von Versicherern ist, dass ihr Hauptanliegen darin besteht, sich dagegen zu versichern, dass sie für Schäden aufkommen müssen…

Zurück zu unserem letzten Reisebericht. Kurz vor dem Jahreswechsel erreichten wir die imposante Einfahrt nach Trinidad im Nordwesten der Insel. Zwei schöne Ankertage verbrachten wir in der völlig schwellfreien und damit erholsamen Scotland Bay gleich hinter der Einfahrt am Boca de Monos.


    Einfahrt in den Boca de Monos


    Ankern in der idyllischen Scotland Bay  



Marinas über Marinas in Chaguaramas, wohin geht man? Hier hilft nur die Information durch andere Segler, aktuell und umfassend. Coral Cove heißt die äußerste Ecke, in der wir festmachen, die Einreise- und Zollformalitäten (schon wieder) erledigen und den Silvesterabend absolut ruhig und ohne Feuerwerk neben einer rumänischen ARC-Yacht verbringen. Der Mitternacht-Champus ist alkoholfreier Fruchtsaft mit Kohlensäure, der echte astronomisch teuer. Selbst ein Fingerhut voll Bier kostet mehr als einen Euro.


    Der 2. Morgen des Neuen Jahres


Der Segler-Empfehlung folgend landen wir bei Peake, einer dieser Marinas mit Werft-Betrieb, die nicht riesig, die gigantisch sind. Nur einige Meter weiter müssen wir das Schiff verlegen und haben Glück, dass die Besatzungen der verwirrend vielen Landlieger die Feiertage noch in ihren Ländern verbringen. Wir erhalten bis zum Kranen einen schönen Wasserplatz - bisher der preiswerteste in ganz Südamerika. Hier bleibt kein Wunsch offen, selbst zum Einkaufen wird man kostenlos mit dem Marina-Shuttle gefahren.


    Unser Liegeplatz im "dock"


    Der Peake Travellift hebt 150 to  



Das karibische Bild wäre nicht ganz echt, würde man verschweigen, was Arbeit bedeutet. Wir wollen erst an Land nach Beendigung aller Wartungsarbeiten an der Maschine. Allein der Austausch der leckenden Wasserpumpe ist eine Tagesarbeit, wobei wir den täglichen Schweißverlust auf 5 Liter taxieren. Und bekanntermaßen bedeutet Yachtsegeln ‚Reparieren an den schönsten Orten der Welt'.

Dennoch die Zeit, bis der Riesenlift unser Spielzeugschiffchen aus dem Wasser hebt, wollen wir nutzen, um Port of Spain, die Hauptstadt des Staates Trinidad und Tobago, zu besuchen. Seit 1962 ist Trinidad von England unabhängig, und für die 350 Tausend Einwohner von Port of Spain gibt es außer einer Börse mindestens so viele Banken wie Kirchen. Die Altstadt am Hafen besitzt zahlreiche Zeugnisse der britischen Vergangenheit, selbst der Sitz der spanischen Kolonialregierung von 1777 wurde erhalten.


Börsen-Nachrichten gibt es nebenan



Kathedrale der fleckenfreien Empfängnis 1816 - 1836

Die britische Vergangenheit ist gegenwärtig


Der Marina Shuttle fährt uns am nächsten Tag zum Golfplatz, der mitten im tropischen Regenwald auf einer Hochebene angelegt wurde. Ein Trail, Wanderpfad, zweigt in einen Bambuswald ab und führt zu den Edith-Wasserfällen. Wir steigen aus und begeben uns in die grüne Hölle - sie ist grün, aber erträglich unter den Blätterdächern, der Weg als "easy" gekennzeichnet und mäßig schweißtreibend.

Trail zu den Edith Falls


Gedanken an norwegische Wasserfälle führen hier in die Irre. Es ist Trockenzeit und die Steilwand in der Ferne ohne Wasser. Außerdem verliert sich der Pfad in einem Geröllfeld, um das sich der Urwald wie eine Klammer schließt. Wir treten den Rückweg an und sind froh, dass auf der Landstraße ein Wagen hält, um uns mitzunehmen.

Es grüßen von der "Nadine"

Ilse und Uli (Quelle: mail vom Di., 22.01.2019, 18:30)

1.1.2019
Trinidad, Chaguaramas

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

schließlich hat es dann doch geklappt. Es regnet nicht und wir fahren am 14.12. flussabwärts, um mit "Nadine" in den Dschungel-Creek "Vaches" einzubiegen. Diese Creeks, französisch Criques stellen ein Netz von Wasseradern dar, das die großen tropischen Ströme begleitet oder miteinander verbindet. Sie sind teilweise sehr eng, aber immer ca. 8 bis 12 m tief. Man könnte an den Spreewald denken, aber hier rechts und links nur Urwald pur. Und auch die Warnung, sich gegen Mücken zu schützen, erweist sich als so gut wie überflüssig. Es gibt kaum welche. Dafür sieht man auf den Straßen von St. Laurent die toten Kakerlaken und daneben die verendenden Singvögel, die noch flattern und dann umfallen.


    Maroni Flussufer


    Fahrt über die Criques zum Crique Coswine;  


    


    ;  


    



Um eine Dschungelnacht zu erleben, die ungewohnte Geräusche und eine tiefschwarze Dunkelheit für uns bereithält, gehen wir im Crique Coswine am Dorf Ayawande vor Anker. Hier hat die Neuzeit nur mit einem schönen Anleger Einzug gehalten. Nur wenige Menschen leben hier ohne Wasserleitung und Strom - wahrscheinlich meistens Fischer.


    Maroni Flussufer


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  Dschungel-Anleger Dorf Ayawande  



Hat man die Flussmündung erreicht, wird es schwierig. Schon beim Einlaufen fanden wir die Tonnen-Bezeichnung des Fahrwassers nicht mehr. Alles ändert sich ständig, der Fluss lagert Sände ab, die Verlegung der Tonnen wird nicht kartographiert. Trotzdem: dieses Mal haben wir Glück und können die verlegten Tonnen sehen. Der Weg vom letzten Tonnenpaar zur Ansteuerungstonne ist mit einem gerade noch sichtbaren Fischernetz verlegt. Hier wurden bereits vor uns Yachten "eingefangen". Wir machen einen Umweg, die Wassertiefe beträgt überall schon ca. 5 Meter.

Nach weniger als vier Tagen tauchen in der Nacht die Lichter von Tobago an Steuerbord auf. Die bewaldete Insel ist fast nur an der Küste besiedelt. In der Storebay im Westen der Insel finden wir neben vielen anderen Yachten einen mäßig geschützten Ankerplatz. Wenn der Wind ungünstig steht, muss man sich im Schiff bei jedem Schritt festhalten. Und auch ein Stromkabel ist zu meiden.


    Vor Anker, Storebay, Tobago


    ;  


Der Versuch, die Landeswährung, den TT Dollar, einer Maschine der Scotia-Bank zu entnehmen, zieht tagelange Aktivitäten bei Polizei und Bank nach sich: wir haben Falschgeld der Bank erhalten. Leider ist im Grunde niemand zuständig, und die Bank weiß von nichts.


     Falschgeld


     Mainroad Charlotteville


Trotz dieser Schwierigkeiten und der üblichen, hier besonders langwierigen An- und Abmeldeformalitäten, können wir eine Busfahrt über die Insel zur äußersten Nordwestecke machen. Ähnlich wie in Madeira oder auf den Kanaren führt eine enge, gewundene Bergstraße bis nach Charlotteville, das auch viele Karibikfahrer als Ankerplatz gewählt haben.


    


    Letzter Ankertag;  



Auch der gute und teure Sundowner in Bagos Bar am Strand hält uns nicht länger, nachdem das Falschgeld offensichtlich in unserem Besitz verbleiben darf. Am 29. Dezember brechen wir nach Trinidad auf, um das Neue Jahr dort zu begrüßen und die notwendige Überholung des Schiffes in die Wege zu leiten. 60 Meilen schönes Segeln mit halbem Wind erwarten wir hoffnungsfroh - aber die Realität sieht aus wie Norwegen bei Kap Stad, nur wärmer. Segeln ist nicht, denn Wind, Strom und Wellen wechseln die Richtung immer wieder um ca. 90°, Schauerböen inbegriffen. Und das Einlaufen in den Sund, der an die westliche Inselecke führt, lässt das alte Jahr mit einem Wellenritt ausklingen, bei dem die Hand nicht von der Pinne genommen werden darf.


  Überfahrt nach Trinidad, Nordwest-Küste

In diesem Sinne wünschen wir uns allen ein gutes und nicht allzu stürmisches 2019.

Ilse und Uli, SY "Nadine" (Quelle: mail vom Mi., 02.01.2019 15:34)

12.12.2018
St. Laurent du Maroni/Frz. Guyana

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

noch immer liegen wir an der Boje von Davides Marina in St. Laurent du Maroni und wollten eigentlich schon nach Tobago unterwegs sein. Der Atlantik scheint in den Himmel aufgestiegen zu sein, um dann herunter zu fallen. Aber nicht wie eine Decke, sondern mit Millionen starker Spritzdüsen. 24 Stunden Dauerregen sind ein ungewöhnliches Premium-Erlebnis.


  "Nadine" liegt am Wrack der "Edith Cavell" -
  neue Insel oder Dschungelboot?


    Das Rathaus von St. Laurent;  


Davide ist inzwischen unser Freund geworden, durch ihn haben wir Einblick in das französische Sozialsystem, das ein negatives Lehrbeispiel für die Entwicklung der dritten Welt zu sein scheint, und in seine persönlichen Schwierigkeiten mit der Marina und einem kleinen Café.

Die schwarze Bevölkerung (französisch Créole) lebt fast ausschließlich von französischer Euro-Sozialhilfe und von üppigem französischen Kindergeld. Handel und landwirtschaftliche Produktion werden fast ausschließlich von Laoten (ex-Kolonie) und Chinesen betrieben. Es ist nicht möglich, ein Taxi in der Stadt zu bestellen, in ein Restaurant zu gehen oder ein Uhr-Armband zu kaufen. Busverbindungen gibt es nicht, es sei denn, dass schöne französische Busse, die überall stehen, für 2 Kinder Schultransport machen.

Will man eine Postkarte abschicken, muss man sich an den Schlangen in Doppelreihe der Sozialhilfe-Empfänger vorbeiquälen. Der Post-Angestellte wiegt dann die Postkarte mit 7 g und kann nach 4 Minuten die Entwertung vornehmen. Die nächste Karte muss wieder gewogen, und 7 g müssen bestätigt werden, usw. Die Straßen sind voll von tagsüber herumlungernden jungen Männern, sofern sie nicht im Supermarkt die Regale auffüllen, Frauen scheinen ausschließlich einzukaufen und Kinder zu tragen. Junge Mädchen müssen sich mit 14 Jahren schwängern lassen, damit das Kindergeld, das mit 18 endet, der Mutter weiter zugute kommt. Die Kinder in den Klassen werden zum Teil von den (weißen) Lehrern mit Kleidung und Nahrungsmitteln versorgt. Obwohl Französisch Guyana zu Frankreich gehört, Butter und Käse aus der Normandie und Wasser in Flaschen aus den Alpen kommt, wird Französisch kaum verstanden - alle Fragen und Suchen nach irgendetwas enden im Unverständnis.

Natürlich ermöglicht uns die schwarze Dame mit hellblauen Lippen und Fingernägeln im Tourismus-Büro eine Einladung zum Ariane-Start am 4. Dezember mit Busverbindung - nur nichts klappt. Tagelanges Suchen und erfolgloses Warten bringt Davide zu dem Entschluss, uns selbst mit dem Marina-Citroen nach Kourou zu fahren. Eigentlich müssen wir nur zum "Raketen-Hotel" in Sinnamary, wo alle Aufschriften auch in Russisch zu sehen sind, weil die Eingeladenen dort zum Start abgeholt werden: es erfolgt nach wenigen Minuten eine Absage, auch nachts können wir in dem riesigen Hotel nicht bleiben, alles ausgebucht. Davide vollbringt eine Meisterleistung und findet eine Bleibe für die Nacht in Kourou - es scheinen keine Hotels zu existieren. Dann sehen wir mit ihm wie viele Schaulustige den Start vom Strand aus. Das europäische Startgelände ist nicht zugänglich und wird von der Fremdenlegion bewacht.


  Ariane Triebwerk-Rückstoß


    Rückstoß-Spur;  


Nach einer wunderbaren Nacht in einem Golf-Hotel eines geschäftstüchtigen Clan-Oberhaupts mit Klimaanlage (!) holen wir am nächsten Tag den Besuch der berüchtigten Teufelsinseln (Iles du Salut) mit den bis 1946 existierenden Strafgefangenenlagern per Katamaran nach. 3 tropische Vulkaninseln waren hier das Zentrum für Sklavenarbeit und Folter französischer Bürger. Der Rundweg über die schöne Insel "Royale" mit ihrer tropischen Vegetation ist faszinierend und bedrückend zugleich.


  Blick zur benachbarten Ile du Diable, wo die politischen Gefangenen
  inhaftiert wurden, so auch Dreyfus


  Zellen der der sog. Wiedereingeschlossenen


Der verurteilte Lagrange malt Lagerszenen und
verschafft sich Erleichterung;  

200 km Rückweg von Kourou nach St. Laurent durch den Dschungel lassen als äußerste Notlösung nur einen Hilferuf an Davide, uns abzuholen, erkennbar werden. Aber der Hotel-Chef, für den viele Menschen arbeiten, hatte sich sofort unserer angenommen.


  Zurück nach St. Laurent


Ein kleiner total überladener Peugeot-PKW, in den 5 Personen gequetscht werden, bringt uns für 60 Euro zurück. Der Fahrer ist Mechaniker und brettert mit über 100 km/h durch den Dschungel, der sich rechts und links hinter Wasserwänden verbirgt.

Noch wenig weihnachtlich gestimmt wünschen wir allen Freunden und Lesern ein schönes Fest - und vielleicht sogar eine Herrlichkeit wie Schnee.

Ilse und Uli, SY "Nadine" (Quelle: mail vom Do., 13.12.2018 12:43)

29.11.2018
St. Laurent du Maroni/Frz. Guyana

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,


  Willkommen in Jacaré bei Francis Vergnaud

nach 9 Tagen und 6 Stunden sind wir in Französisch Guyana an den Teufelsinseln vor Anker gegangen, haben rund 1.400 Meilen von Cabedelo in Brasilien zurückgelegt und einem euphorischen TO-Bericht geglaubt, der uns mit Französisch Guyana den Mund wässerig gemacht hatte. Aber jeder Segler macht wohl andere Erfahrungen, ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Tobago war in jedem Fall ein verlockendes Angebot.

Die Marina Jacaré Village bei Cabedelo im Paraiba-Fluss war, wie man erst hinterher feststellt, eine 5-Sterne-Marina, die bei moderatem Liegegeld keinen Wunsch offen ließ.

Reichlich 2 Wochen sind wir hier in unserem letzten brasilianischen Hafen geblieben. Von hier gehen die meisten Yachten, vorwiegend Franzosen, entweder in den Süden oder in die Karibik. Wie vor Jahren bereits ertönt am Abend vor Sonnenuntergang der Bolero von Ravel über das Wasser, und - das war neu - Flussboote mit animierten Touristen präsentieren den tanzenden Gästen das allabendliche Schauspiel. Gegenüber, am anderen Flussufer, wird der Wald durch Brandrodung dem Ackerland geopfert.


  Tanz auf dem Flussboot


    Flurbereinigung   

Am 10. November laufen wir aus, müssen noch reichlich 100 Meilen bis Cabo Calcanhar an der Nordostecke Brasiliens zurücklegen, der Passat um Ost verhilft uns zu flotter Fahrt. Die lange Nordküste Brasiliens bleibt an Backbord mit zunehmend 100 Meilen Abstand. Die Überlegung, den Hafen von Fortaleza als Zwischenstopp anzulaufen, hat sich mit den Berichten über Überfälle auf Yachten erledigt. Wir befinden uns auf dem Großschiffahrtsweg Kapstadt - Karibisches Meer, haben aber auch (leider) ohne AIS keine Probleme.


  Auf dem Dampfer-Track

Am 15. November überqueren wir wieder den Äquator mit 8 Knoten Fahrt. Der Guayana-Strom ist ein zuverlässliches Transportband. Anders als im Flieger ist man gerührt: man fühlt sich begrüßt von seiner Heimat-Hemisphäre. Es gibt keinen Sekt wie auf dem Weg nach Süden, es gibt einen Willkommenskuss.


    Äquator-Passage am 15.11.18   

Als wir die gewaltige Amazonas-Mündung in der Ferne erahnen, verändert sich der Himmel: Die Passatwolken verlassen uns, wir nähern uns der Intertropischen Konvergenz-Zone (ITCZ). Starkwind in Schauerböen und ein Wolkenbild mit einer breiten Angebotspalette vertreibt die seglerische Lässigkeit. Segelwechsel ist wieder angesagt.


  Wolkenbilder der ITCZ

Nach 9 Tagen steuern wir die Iles du Salut, die Teufelsinseln, vor Kourou an und verpassen sie beinahe, weil der starke Oststrom einen ständig neuen Vorhalt erfordert - was unsere Windsteuerung natürlich nicht weiß. An der Insel Royale gehen wir am Nachmittag vor Anker, einen Schiffsanleger für Touristen neben uns, um für den nächsten Tag die Besichtigung der ehemaligen Gefängnis-Einrichtungen zu planen.


    Insel Royale der Iles du Salut   

Es sollte anders kommen. Um 15.45 Uhr teilt uns der Kapitän der "Iles du Salut" mit, dass wir um 16 Uhr die Inseln zu verlassen haben: "Militärisches Sperrgebiet. Es wird geschossen." Frustriert gehen wir Anker auf. Wir wollen zum Zielort St. Laurent du Maroni, ca. 100 Meilen weiter nach Nordwest, aufbrechen. Ilse meint, einen aus der Ostsee vertrauten Scheibenschlepper zu sehen, der als Zielscheibe dient. Der Scheibenschlepper ist ein Küstenwachboot, das uns den Kurs versperrt und anweist, nach Kourou, und nur dorthin, zu laufen. Wir haben keine Seekarte und müssen uns in Hast auf Navionics verlassen. Immerhin, wir laufen bei Dunkelheit in den Fluss ein und gehen vor Anker. Tröstlich, andere Ankerlieger zu sehen.

Um 22 Uhr, als im Salon uns das Abendessen erwartet, reißt uns ein tiefes Dröhnen wieder nach draußen. Da ist die Schießübung! Der Rückstoß der Ariane (oder Sojus) leuchtet wie eine weiße überdimensionale Halogenlampe. Die "Auspuffgase" - Wasser - sind als Schwaden dahinter matt erkennbar. Beeindruckend!

Am nächsten Tag laufen wir mit Hochwasser am Abend wieder aus, erreichen den Maroni-Fluss, die Grenze zu Surinam, kurz vor Niedrigwasser um 11 Uhr des nächsten Tages und stellen fest, dass die Betonnung nicht mehr stimmt. Bei angezeigten 1.30 m Wasser unter dem Kiel, hat Ilse mit Panik zu kämpfen. Dennoch: wir passieren die sich ständig verändernde Flussmündung und steuern die 14 Meilen entfernte Marina St. Laurent du Maroni (Marina SLM) im Süßwasser des breiten Flusses an. In dem Muringfeld der Marina nehmen wir erleichtert eine Boje.

Die nächsten Tage zerstören die Idylle, die in "Transocean. Die See im Herzen…" im April 2018 und in einem RCC Pilotage Foundation Cruising Guide geschildert wird. Für 12 Euro pro Tag liegt man an einer Muring, daneben vor Anker umsonst. Die Marina bietet weder einen Anleger - der ist mit abgerissenen Klampen öffentlich - noch Wasser oder Strom. Es gibt bloß ein kleines Café, wo ein (leckeres) Brötchen für 6 Euro erhältlich ist. Insgesamt sind die Preise doppelt so hoch wie in Deutschland, Brot, Käse, Butter, Milch direkt aus Frankreich aber exzellent. Der TO-Stützpunktleiter und Marina-Chef Davide ist nett und hilfsbereit, Internet erhält der Muringlieger manchmal auch. Und die Duschen im Flusswasser sind kostenlos.

Jetzt warten wir auf den nächsten Ariane-Start am 4. Dezember - ein Bus der Guyana-Touristik fährt die 200 km für Besucher kostenlos nach Kourou - und kämpfen mit Dauerregen, Windlosigkeit, Hitze und Feuchtigkeit, aber am schlimmsten mit den sich nicht mehr aufladenden Batterien, die vom Kühlschrank leer genuckelt werden. Von einem notwendigen Strom-Generator haben wir nie etwas gelesen.

Wir grüßen ins angenehm kühle winterliche Deutschland.

Ilse und Uli, SY "Nadine" (Quelle: mail vom Do., 29.11.2018 14:16)

24.10.2018
Cabedelo / Jacaré /Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

es ist schon eine Weile her, dass wir Berlin wieder verlassen haben. Am 9. September standen wir mit zwei Übergepäckstücken – wie könnte es anders sein – am Flughafen Tegel und hatten keine Information erhalten können, wie diese abzufertigen, d.h. zu bezahlen wären. Am Lufthansa-Schalter sagte man uns, dass das Personal auch keine Ahnung hätte und deshalb auch nichts berechnen könne. Also Freiflug für Extragepäck. In Salvador da Bahia nach nur 15 Stunden Flug fühlten wir uns fast schon wie zu Hause – wir kannten den Liegeplatz des Schiffes im Club, wir kannten den Flughafen, den Stadtteil dieser Megacity. Und wir wussten, dass die Brasilianer fast immer sehr nett sind. Die neue Windturbine, die wir mitschleppten, erregte originalverpackt im wohlverschnürten Karton aber dennoch die Neugierde des Zolls. Aufmachen? Eine freundliche Abhandlung in Spanisch über Stromerzeugung an Bord endete mit dem Durchwinken des Gepäcks, nachdem wir über unsere seglerische Reiseroute berichtet hatten. Der Zoll in Tegel hatte das Batterie-Sonderangebot 1,5 Volt von "Saturn", das ich freudig angenommen hatte, dagegen der Vernichtung zugeführt, in diversen Geräten die Batterien aber belassen. Es war schön, wieder an Bord zu sein, Freunde zu begrüßen und dem Busfahrer zu sagen, dass wir das (geringe) Fahrgeld doch bezahlen wollen, obwohl wir älter als 65 (erheblich!) nicht mehr bezahlen müssen. In Windeseile, soweit die Temperaturen Eile ermöglichten, haben wir ausgepackt, das neue Ladegerät installiert, verproviantiert und abends am 14.9., drei Tage vor Halbmond, über unserem Heck ein fast gleiches Azimut von Mond, Saturn oder Jupiter und Venus gesehen.


    Der fast halbe Mond über zwei Planeten

Für den Windgenerator hatten wir in Berlin eine Verlängerung des Standbeins auf dem Heckkorb anfertigen lassen, um den Flügeln nicht zu nahe zu kommen. Diese musste jetzt noch angeschweißt werden, eine perfekte Arbeit, die vom Steg aus durchgeführt wurde – schnell und preiswert. Danach folgte die Montage und der elektrische Anschluss.


    Anschweißen der Verlängerung Windturbine



Nach 14 Tagen waren wir auslaufklar und gingen in die Marina der Ferieninsel Itaparica. Die Fonte da Bica versorgt die Marina mit chlorfreiem Quellwasser, man füllt seinen Wassertank und braucht für den Kaffee keine Wasserflaschen zu kaufen und schleppen. Es ist so schön hier, in dieser tropischen Landschaft mit klarem Atlantikwasser, dass der Aufbruch schwer fällt.

Am nächsten Tag laufen wir aus, passieren einen Schwertransport vor Salvador und quälen uns unter Vollzeug hoch am Ostwind und gegen den Strom an der Skyline der endlosen Stadt entlang nach Nordosten.


    Marina Itaparica

Ernüchtert stellen wir fest, dass unser Schiff, obwohl noch einmal Unterwasser gereinigt, nicht mehr als drei Knoten macht.


    Schwertransport in der Baía de Todos os Santos

Wir waren trotz allem ohne Kreuz hart am Wind ca. 150 Meilen vorangekommen, als um 21 Uhr des nächsten Tages meine Geburtstagsfeier beginnt. Diese, zumal für einen runden Geburtstag, war eigentlich für Cabedelo vorgesehen, hätte aber für einen schönen Atlantiktörn ihre Würze haben können. Vermutlich der Kopfschäkel der Genua am Profilstag bricht, der Wirbel bleibt oben, die Genua rauscht nach unten in den bewegten Atlantik mit einer Schnelligkeit, mit der sie sich niemals niederholen ließ. Das Großsegel lässt sich kaum bergen, da wir quer zur See treiben mit der Genua um den Rumpf (Skeg) gewickelt. Ein ganz kurzer Versuch, mit der Maschine rückwärts zu ziehen und das Segel zu lösen, bleibt sinnlos. Vom Tauchen hält mich Ilse ab, weil sie befürchtet, dies wäre mein letzter Geburtstag. Mit einigen Tricks haben wir dann in fast zweistündiger Nachtarbeit die 56 m² Segeltuch an Bord gewuchtet und festgebunden. Eigentlich wollten wir weiterfahren, aber die Fläche am Wind war zu gering und wir liefen zurück. Unklar war außerdem, ob ein Bruch am Wirbel der Rollvorrichtung vorlag. Hier haben wir dann von Regatta-Seglern erfahren, was nicht in den Büchern steht, dass nämlich der zweitgrößte Fluss Brasiliens, der Rio São Francisco do Norte mit bis zu 5 kn nach Süden läuft. Er mündet nördlich unseres Umkehrpunktes in den Atlantik.


    Zurück nach Salvador, die Genua an Deck gezurrt

Zum Glück war der Wirbel der Aufhängung nicht gebrochen. Es war der bescheidene Schäkel, der eine viel zu kleine Bohrung im Wirbel hatte. Ich bin in den Mast gestiegen, habe den Wirbel runtergezogen, bin getaucht, ob unter Wasser alles klar war, und wir haben den Wirbel für einen größeren Schäkel aufgebohrt. Blieb noch die erneute Reparatur der mit blauer Antifouling verzierten Genua, die einen Riss abbekommen hatte. Leider war der Segelmacher Eduardo auf der Regatta nach Noronha – wir mussten warten. In der Zwischenzeit haben die Brasilianer den rechtsextremen ehemaligen Hauptmann Bolsenaro mit großer Mehrheit vor seinem linken Mitbewerber zum neuen Präsidentschaftskandidaten gewählt – eine Stichwahl, die er nicht gewinnt, will er nicht anerkennen. Auch die Schwarzen haben ihn gewählt, obwohl sie von ihm diskriminiert werden. Wie, fragt sich die deutsche Presse, ist das möglich? Wir denken an unser erstes Auslaufen aus Ribera an einem Sonntag: "Und an einem schönen Sonntag lag ein toter Mann am Strand..." Die Wirklichkeit übertrifft Brecht. Die Hände auf dem Rücken gefesselt, ein Sack über den Kopf gezogen, wurde ihm in den Kopf geschossen. Er lag halb im Wasser mit einer Leine um den Hals, die an der Mauer der Hafenpromenade neben dem Club befestigt war. Weder Polizei noch Passanten sahen hier einen ungewöhnlichen Vorfall. Nachdem uns die reparierte Genua an Bord zurückgebracht worden war, verlegten wir wieder an den Steg der Marina von Itaparica. Wir hatten die Taktik geändert, wollten jetzt nach Osten möglichst bis zum 35. Längengrad laufen und dann nordwärts halten. Dazu war vorübergehender nördlicher Wind erforderlich, bevor der Ostwind wieder dominant wurde. Noch mal eine Woche warten, dann konnten wir endlich los. Wir liefen nach Südost, 130 Meilen war der Abstand zur Küste auf diesem Kreuzschlag. Einen Tag später begannen wir mit dem Kreuzschlag nach Nordost: eine Ochsentour über 420 Meilen. Über Land, das sich nach Nordost unserem Kurs näherte, entluden sich die Cumulonimbus-Wolken, die uns immer wieder Winddrehungen brachten. Unter Deck wurde jede Tätigkeit zum Kraft- und Balanceakt. Ein ständiger Vorsegelwechsel förderte die hitzebedingte Transpiration. Gegen den Wind um die Welt (Erdmann) – nein, danke!


    Frühstück in der Plicht bei Lage


    Auch ohne zu angeln kommen die Fische an Bord

Erst kurz vor Maceió, dem Ende des 2. Kreuzschlages und empfohlenen Ruheplatzes, konnten wir einen Schrick in den Schoten fahren: aus 3,5 wurden 6,5 Knoten, das Schiff lief wie befreit. Kurz nach 18 Uhr war es dunkel, und die Ankerplatzsuche hinter der Hafenmauer zwischen Sperrzonen und der Flotte der ankernden Fischer war nicht einfach. Dafür lagen wir sicher und genossen die waagerechte Lage. Obst und Gemüse wurde uns an Bord gebracht, die Bezahlung war fürstlich, die Disco-Musik ab Freitagabend bis morgens 4 Uhr dagegen eine Qual. Wie halten die Stadtleute das ohne Hörschäden aus?


    Ankerplatz neben dem Hafen von Maceió

Nach drei Starkwind–Ankertagen segelten wir mit leichtem Südostwind auf das Etappenziel Cabedelo nördlich Recife zu. Wir hatten vergessen, wie schön Segeln sein kann.


    Segeln unter fast vergessenen Bedingungen

Vergessen hatten wir auch, was passiert, wenn der Wachhabende eines Frachters anstelle auf die See oder das Radar zu schauen, offensichtlich mit seinem Smartphone spielt: eine Beinahe-Kollision auf einem dicht befahrenen Weg in mondheller Nacht war die Folge. Kurz vor der Patenthalse und Erkennen der Lage des schwarzen Bugs vor uns, dessen Seitenlichter nicht sichtbar waren, rettete uns die Maschine mit Vollgas. Nach zwei Tagen liefen wir mit Sonnenaufgang in den Rio Paraiba ein und gingen vor der Marina Jacaré Village vor Anker. Viel hatte sich seit 2012 verändert: alles war größer, schöner - und voller geworden. Hier wollen wir bis zum erneuten Aufbruch Richtung Französisch Guyana einige Tage bleiben und grüßen nach dem nicht mehr so weit entfernten Deutschland.

Ilse und Uli, SY "Nadine" (Quelle: mail vom Do., 25.10.2018 18:26)

16.6.2018
Berlin

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Freunde, liebe Leser,

die Tropen im Winter sind in der Praxis doch völlig anders, als man sich das in seinem Bücherwissen so vorstellt. Wir sind wieder bis September nach Berlin geflogen, das Schiff liegt in Salvador auf 13° südlicher Breite. Die Sonne geht dort um kurz nach 17 Uhr unter, gegen 06 Uhr geht sie auf. Besonders die Nächte auf See halten die Mannschaft mit Black Squalls und kaskadenartigen Regenfällen im Stundentakt in angespannter Erwartung, tagsüber sieht man wenigstens, womit man beglückt werden soll. An Ruhezeiten ist nicht zu denken. Feuchte Wärme über 30° C und Luftfeuchtigkeit oft bis 90% lähmen die Initiative.

Doch dies ist kein Hindernisgrund, endlich äquatorwärts voranzukommen. Es war die Summe der Unannehmlichkeiten, die uns schweren Herzens zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Zwangspause einlegen ließ. Wir knüpfen an unseren letzten Reisebericht an.

Die Reparatur unseres Windgenerators war von nur mäßigem Erfolg gekrönt, eine nennswerte Leistung wollte er nicht mehr erbringen. Doch das unglaublich schnell bewachsende Unterwasserschiff, das nicht mit der wirksamen kupferhaltigen Antifouling gestrichen werden konnte, reinigte Airan in ca. 3-stündiger Arbeit in effizienten Tauchgängen.


    Unterwasserschiff-Reiniger Airan


    Die Kabel des Windgenerators werden verlötet

Für den Absprung von Salvador verließen wir unseren tidenabhängigen Club, um in den Stadthafen zu gehen. Neben letzten Einkäufen machten wir den Fehler, die am Stadteingang gelegene Festung Santo Antonio da Barra mit ihrem markanten Leuchtturm und einem Museum zu besuchen. Eindrucksvoll waren dort die abgeschlagenen Köpfe der Freischärler aus den dreißiger Jahren, wir aber nahmen einen grippalen Infekt mit an Bord, der uns mehrere Tage an die Koje fesselte. Erstaunlich schnell wurde unser Unterwasserschiff wieder zum Biotop.


    Festung Santo Antonio da Barra


    Nachgebildete Köpfe der Freischärler

Im Winter lässt sich von Salvador aus mit Südostwind nach Nordost steuern. Das heißt den richtigen Moment abzupassen. Wir liefen mit einer belgischen Yacht aus: der richtige Moment war der Falsche. Von der Küste mussten wir freikreuzen. Wir hoffen, dass die kleine Crew der Belgier Erfolg hatte, denn zu dieser Zeit strandeten zwei ausländische Yachten auf den Sandbänken. Wir kehrten um. Fortaleza an der brasilianischen Nordküste war so kaum zu erreichen. Später stellte sich heraus, dass die "sichere" Marina dieser Stadt nachts dicht macht. Eine einlaufende schweizer Yacht wurde vom Hafenkapitän (!!) angewiesen, im Hafen zu ankern. Kurz darauf wurde die Besatzung von einer mit Macheten bewaffneten Gang überfallen, die das Schiff ausräumte und der Crew die Eheringe von den Fingern zog. Das Handy wurde übersehen. So konnten sie noch die Polizei alarmieren, die nach Verschwinden der Bande einen Wächter schickte, der am nächsten Tag von den Überfallenen bezahlt werden sollte...


    Ankern vor Itaparica



Wir beschlossen, die anstehende Wartezeit an der beliebten Insel Itaparica gegenüber von Salvador vor Anker zu verbringen. Hier hatten sich die Holländer im 17. Jahrhundert für kurze Zeit niedergelassen, bis sie den Portugiesen wieder weichen mussten. Wir erfreuten uns an ein paar schönen und regenarmen Tagen vor der ehemaligen Siedlung. Die Brasilianer aus Salvador ankern an den Sänden der Insel bei Niedrigwasser, dem richtigen Ort für ein sonntägliches Picknick auf dem Trockenfall.

Picknick bis das Hochwasser kommt
Unser zweiter Auslaufversuch brachte uns mühsam voran, doch eine kleine Crew wie wir kommt bei diesen Wetterbedingungen an ein Limit: im Stundentakt mussten die Vorsegel gewechselt werden, die Windfahne steuerte unter doppelt gerefftem Großsegel. Bei Südost- oder Ostwind schien die Luft aus Wasser zu bestehen, und als die Nähte an den Vorsegeln aufgingen, eine Ruhepause nicht in Sicht war, fanden wir Segeln nicht mehr schön.

Wieder in Salvador fielen wir in Tiefschlaf, während die Muringketten im Hafen vom Schwell brachen. Dann verabschiedete sich unser Batterieladegerät, in Brasilien sind nur 110 Volt-Geräte erhältlich. Damit wurde die Ersatzteil-Wunschliste immer länger, und die lange Wartezeit und die hohen Zoll-Aufschläge für Geräte aus USA oder Deutschland brachten uns zu dem anfangs geschilderten Entschluss.

Wenn im September der Frühling beginnt, wenn die Heftigkeit der Luftmassenvermischung nachlässt, werden für uns die Karten neu gemischt. Ab August wären wir auch nicht die Einzigen, die Richtung Karibik aufbrechen wollen. Für 3 Monate müssen wir wieder Brasilien verlassen, um weiterfahren zu dürfen. Sie sind im September vorbei.

Wir genießen die angenehmen Temperaturen in Deutschland und grüßen aus Berlin.

Ilse und Uli, SY "Nadine" (Quelle: mail vom Do., 16.06.2018 17:53)

24.4.2018
Salvador da Bahia, Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Ende März sind wir erleichtert wieder in Salvador gelandet. Das Schiff lag wohlverwahrt und bewacht im Club "Angra dos Veleiros" zwischen den Katamaranen der Clubmitglieder und der Favela-Kulisse gegenüber. Für das Bier im Kühlschrank mussten wir nur noch den Strom einschalten...

Leider hinterlassen Reisen über längere Zeit in diesen Gewässern dennoch ihre Spuren: beide Selbststeueranlagen - elektrisch und Wind - erhielten die Ersatzteile, die wir aus Berlin mitgebracht hatten. Und hold war uns auch das Glück, denn die Schweißarbeit an der Pinne wurde von einem Meister seines Faches ausgeführt. Der 78-jährige Mr. Edgar hätte sich vor europäischen Kollegen nicht verstecken müssen.


    Mr. Edgar, ein Profi der Metallbearbeitung

Doch der Zahn der Zeit nagt hier auch an Schiffen, von denen die Eigner glauben, sie wären doch noch immer neu und taufrisch. Eines der besten auf dem Markt erhältlichen Bordklos, lt. "Palstek", mit doppelt wirkender Flügelpumpe hatte sich während unserer Abwesenheit in einen Kupfer-Niro-Bronze Korrosionsblock verwandelt, dem sich dann auch noch der Air Marine-Windgenerator angeschlossen hatte. Die ausgefallene Wind- und Geschwindigkeitsanzeige bedarf keiner Erwähnung, weil Yacht-Elektronik offensichtlich nicht für die Seefahrt entwickelt wurde. Aber das Wissen um Galvanik bei Metallen sollte zur Grundkenntnis der nautischen Produzenten gehören.

Kurz und gut, ein US-amerikanisches Pumpklo zum 3-fachen Preis eines deutschen, tut seine Dienste, und der Windgenerator ist (noch) in Arbeit. Den nächsten Hafen in Brasilien, Fortaleza, planen wir als Absprunghafen für die Ausreise aus Brasilien.


    Fischfang in der Bahia

Es waren die Deutschen Reinhard und Karin, die wie wir ihr Schiff in Salvador lassen wollen, um jetzt nach D zu fliegen, die meinten: Die 450 km westlich von Salvador gelegene Chapada Diamantina, ein Nationalpark, in dem früher Diamanten im Flusswasser gefunden wurden, solltet ihr euch aber doch noch ansehen! Das haben wir zum Glück getan.

Eine bequeme Tagesreise im Bus führte uns nach Lençóis, einem adretten vom Tourismus lebenden Landstädtchen zwischen Tafelbergen, Höhlensystemen und dem mit 340 m tiefsten Wasserfall Brasiliens (dessen Besichtigung per vielstündiger Wanderung uns überfordert hätte).

Die schöne Pousada Vila Serrano wird für zwei Ausflugstage unser Stützpunkt, von Schweizern geführt, die auch die Ausflüge organisieren.


    Bungalow-Pousada in Lençóis


Vor 800 Millionen Jahren hob sich hier der Meeresboden, in dem die Tafelberge als Inseln stehen blieben. Wir fahren mit unserem schwarzen Führer zum höchsten Berg, dem Morro do Pai Inácio, der mit 1.170 m Höhe eine großartige Aussicht über die Landschaft bietet. Der Aufstieg am Morgen mit kühlem Wind in der Höhe ist trotz mangelnder Bergsteiger-Leichtfüßigkeit der Hafenlieger gut zu bewältigen.

   Der höchste Berg der Chepada mit 1.170 m

    Auf dem Gipfel   

    Blick in den Nationalpark
Am Nachmittag des gleichen Tages besuchen wir die größte Höhle eines 42 km langen Kavernensystems, die Gruta da Lapa Doce. Unser neuer Führer Epaminandos, dessen Ur(?)-Großvater aus Griechenland eingewandert war, arbeitet auf dem Kartoffelfeld einer Fazenda und bekommt für 8 Stunden tägliche Arbeit 40 Reales, ca 10 Euro, d.h. 1,25 Euro die Stunde. Fast 1 km laufen wir mit ihm über den von Taschenlampen spärlich erleuchteten Sandboden, setzen uns in der Mitte der Höhle nieder, machen das Licht aus und lassen eine lautlose Schwärze auf uns wirken.


    Der "Engel" in der Lapa Doce Höhle

Eindrucksvoll ist auch noch zum Abschluss der Besuch der Kaffee-Plantage von Selma Nunez III. Hier stehen 600.000 Kaffeepflanzen, an denen im heißen Tages- und kühlem Nachtklima die Arabica-Bohnen wachsen. Im Fazenda-Hof steht eine gigantische Erntemaschine.

Am nächsten Tag begleitet uns der jugendliche scharze Führer Icaro auf einem Rundgang flußaufwärts am Lauf des Rio Lençóis, der mit rotem Wasser, das die eigentümliche Farbe von Pflanzenwurzeln erhält, ein Bett zwischen den Felsen eingegraben hat.


    Markthalle am Rio Lençóis

Wir ziehen die Schuhe aus, um den Fluß an einer flachen Stelle zu überqueren, und kommen zu der Attraktion eines kleinen Wasserfalls, der ein Jungbrunnen zu sein scheint: man geht alt rein und kommt jung wieder raus. Obwohl das verheißungsvoll aussieht, widerstehen wir der Versuchung eines Bades...


    Jungbrunnen am Wasserfall









Unverjüngt grüßen wir wieder an Bord zurück aus Salvador.

Uli Hering, SY "Nadine" (Quelle: mail vom Mi., 25.04.2018 14:07)

11.11.2017
Salvador da Bahia, Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Brasilien, Brasilien... heißt der bekannte Roman des brasilianischen Schriftstellers João Ubaldo Ribeiro. Er spielt genau dort, wo wir uns jetzt mit unserem Schiff befinden: in Salvador da Bahia. Es geht um die Geschichte dieser tropischen Landschaft, es geht um Krieg, Kannibalismus, Kolonialzeit, Verbrechen, Betrug, starke Frauen und gute Geister. Und dann gibt es einen Ausblick auf die Neuzeit – zwangsweise müssen wir diesen Ausblick überprüfen.

Etwa 7000 km brasilianische Küste in 3 Monaten abzusegeln und auch dann und wann etwas zu besichtigen ist eine kaum lösbare Aufgabe. Doch in der Vergangenheit konnte die Yacht-Crew ihre Aufenthaltsgenehmigung problemlos für sich und das Schiff um weitere 3 Monate verlängern. Der Tourist bringt dem Land schließlich Devisen.

Auf dem Weg von Argentinien nach Norden gegen den vorherrschenden Nordostwind glaubten wir vorsorglich in Cabo Frio – östlich von Rio – beim Zoll (Receita) vorsprechen zu sollen. Man muss wissen, dass hier Behörden unvorhersehbar reagieren. Bei der Einreise von den Kapverden vor einigen Jahren wollte eine energische Beamtin uns nur Zutritt zum Land gewähren, wenn wir von unserer Bank einen offiziellen Kontoauszug vorlegen. Wir kamen – ausnahmsweise – mit einem Kontostand-Download auf dem Laptop davon. Bei Nachfrage zu dieser Bestimmung in Rio meinte der Zoll-Chef lapidar: "The Lady had a bad day."

Freundlich, englisch sprechend und hilfsbereit empfing uns der Zoll-Boss in Cabo Frio auf dem Flughafen, um unseren Verlängerungswunsch anzuhören: "No problem!" Wir sollen morgen wiederkommen - alle Wege in Brasilien sind kleine Weltreisen – und bei seiner Kollegin zuerst im Pass ein neues Visum stempeln lassen. Hartes nächtliches Gesetzes-Studium brachte die Beamten am nächsten Tag zu der Erkenntnis: Nix geht mehr! Die Gesetze für Touristen wurden geändert, das Schiff darf noch (maximal 2 Jahre in einem Hafen mit allen Behörden vor Ort) im Land bleiben, aber die Besatzung muss mindestens für 3 Monate das Land verlassen: "I am sorry, you have to take that serious." Jeder überzogene Tag für die Besatzung kostet 100 Reales (ca. 27 Euro). Dies brachte uns nach Salvador da Bahia, um für uns einen Heimflug und das Schiff eine Bleibe zu suchen. Ein gütiges Geschick ermöglichte uns, bis zum Ablauf des Visums noch einige Tage Frist zu haben.

Der erste und uns bereits bekannte Hafen in Salvador nach dem morgenlichen Einlaufen ist der zentrale Terminal Nautico. Ein herbeieilender Funktionär wedelt mit dem Zeigfefinger: kein Zutritt, wegen Regatta geschlossen. Also nach nebenan in die Nobel-Marina "Bahia Marina" für reichlich 50 Euro umgerechnet pro Tag. Zum Bleiben ist das happig, aber wir fragen trotzdem nach 3 Monaten Verweildauer. Das ist auch wieder "no problem" – doch die Besatzung muss an Bord bleiben. Gleichzeitig muss sie natürlich das Land verlassen...

Mit der Taxe folgen wir den Empfehlungen der nautischen Führer. Recht weit außerhalb der Stadt in der Baia Aratu liegt der anscheinend ideale gastfreundliche Club "Iate Club Aratu". Der Pförtner, während er eine Saugevorrichtung nicht aus dem Mund nimmt, weist uns ab: keine Gäste!! Nicht mal die Stege dürfen wir sehen.

Uns überkommt eine leichte Panik, aber der Franzose Philippe von der Marina Ocema gibt Entwarnung. Vorwiegend Motorboote liegen an dem langen Steg, preisgünstig und geschützt. Er zeigt uns den Platz, den wir in 2 Tagen anlaufen dürfen. Ich möchte im voraus bezahlen, doch er will kein Geld annehmen, bevor wir nicht beim Zoll im Hafen von Salvador waren. Wir wissen aus Erfahrung, dass alle Schwierigkeiten beseitigt sind, weil wir als Beweis unserer gefordertenAusreise bereits die Flugtickets als Joker aus dem Ärmel ziehen werden.

Mit seinem Wagen und allen von ihm ausgefüllten Papieren treten wir den langen Weg zum Zoll an. Und nun warten wir, warten und warten. Die junge Frau, die uns die Papiere abgenommen hat, lässt sich nach 2 Stunden mal wieder blicken. Ich bekomme aber keine Anwort auf meine spanisch gestellte Frage, ob sie geschlafen hat. Kurz vor Dienstschluss dann die definitive Ansage: in dieser Marina dürfen wir das Schiff nicht lassen. Philippe rastet aus und ergeht sich in verschiedenen Spekulationen: dieser Zollchef hat früher seine brasilianische Frau angebaggert...Erneut beginnt mit Philippes Hilfe die Suche. Wir landen in der Marina "Angra dos Veleiros" in Ribeiro, von wo erneut der Abmelde-Parcours (Capitania, Receita) durchlaufen werden muss. Die Vereins-Sekretärin weiß nicht, was sie machen muss. Als "Experte" in Sachen Zoll lasse ich sie das Schreiben aufsetzen, in dem bestätigt wird, das der Verein das ausländische Schiff beherbergt.

Während der Abflugtermin immer näher rückt, hoffe ich, nur noch diesen Tag opfern zu müssen. Beim Zoll ist ein neues Gesicht, das nicht weiß, was zu tun ist. Der brasilianische Verbindungsmann zu den Regatta-Schiffen im Hafen (Jacques Vabre Regatta Le Havre – Salvador)klärt die Dame auf – und uns, dass das mitgeführte Vereins-Dokument prima ist, aber es muss noch einmal auf ein Formblatt geschrieben werden. Anheften geht nicht.

Am nächsten Tag überlegen wir, ob wir die Flüge sausen lassen und einfach ohne Abmeldung auslaufen. Ich widerstehe der Versuchung und opfere einen weiteren Tag. Dann quetsche ich in glühender Hitze meine Maschinen-Wartungsarbeiten in 13 Stunden zusammen, wobei mir das Getriebeöl in die Bilge läuft, und verfluche den Zollchef. Leider ist er keine Romanfigur...

Was bleibt als Fazit? Variante eins: unser gesetzestreuer Weg. Variante zwei: sich in keinem Hafen anmelden, bevor man nicht sicher ist, das Land in 3 Monaten wieder verlassen zu können. Risiko: wenn der Zoll seine Beute schnappt, sind 20% des im Formular eingetragenen US-Dollar Schiffswertes fällig. Ein mancher konnte sein Schiff nicht zurückkaufen. Variante drei: das Land vermeiden.

Nachsatz: Es gibt auch sehr nette und hilfsbereite Brasilianer.

Uli Hering, SY "Nadine", Salvador da Bahia, November 2017 (Quelle: mail vom Fr., 30.11.2017 18:56)

11.11.2017
Salvador da Bahia, Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Von hier kommen wir in Kürze per Flieger wieder nach Berlin. - Wie...? In Cabo Frio, von dem wir noch berichten werden, schien es uns angebracht, unsere Aufenthaltsgenehmigung für Schiff und Besatzung, die am 25.11. ausläuft, schon vorsorglich zu verlängern. Kein Problem, meinte der freundliche, gebildete Zollchef am Flughafen in der Sandwüste von Cabo Frio in gutem Englisch.

Kommen Sie morgen wieder und holen Sie sich erst die Visumverlängerung im Pass. Gesagt getan - aber nichts geht! Sein nächtliches Gesetzes-Studium ergab, dass Verlängerungen in Brasilien nicht mehr möglich sind. Aber: wie bewältigen Yachten 7000 km Küste in 3 Monaten?!? - Brasilien hat nach der Änderung der Einreisebestimmungen in die EU seine Gestze auch geändert. Sie müssen Ihre Yacht 3 Monate in einem Zollhafen lassen und ausreisen. Danach kann es weitergehen... - Einige Yachties ignorieren diese früher noch nicht vorhandenen Auflagen und riskieren damit eine Zollstrafe von 20% des Schiffswertes. Unklar ist, warum der Devisen bringende Tourist nur 3 Monate das Land besuchen darf. Schließlich will er nicht dauerhaft einreisen...

Paraty, südwestlich von Rio, zu verlassen, fiel uns nicht besonders schwer: wie so oft sind schöne Plätze irgendwo in der Welt beim zweiten Besuch nicht mehr das, was sie einmal waren. Liegt man am Steg, hat man alle Mühe, dass die Festmacher nicht brechen, weil die Motorboot-Kapitäne ihre PS-Wut eine Handbreit vom Steglieger austoben. Das muss ein besonderes Vergnügen sein...

Auf dem Weg nach Cabo Frio, nach dessen Umfahrung wieder ein deutlich nördlicher Kurs möglich ist, ankern wir noch einmal an einer besonders schönen Stelle der Ilha Grande, dem Himmelsauge - Saco do Ceu - , in dessen klarem Wasser in einem Vulkankessel sich die Sterne spiegeln konnten. Schön ist es noch immer, aber das mit den Sternen klappt nicht mehr: zu viele Häuser, zu viele Boote...


    Ankerplatz "Himmelsauge"

Wir passieren Rio im Dunst, nichts von den Reizen dieser wunderbaren Stadt will sich uns offenbaren – und es kommt noch schlimmer. Die Nacht ist nicht ganz dunkel, aber alles ist in ein weißes Bettuch gehüllt, die Seitenlichter reflektieren rot und grün an dieser Wand. Wir sind beide die gesamte Nacht in Aktion: eine/r starrt in die Suppe, eine/r starrt auf den Radarschirm. Fischer kommen uns wie Gespenster (viel zu dicht) entgegen. Bis sie vorbei sind, halten wir den Atem an. Das weit reichende Leuchtfeuer von Cabo Frio wird erst im Abstand von wenigen Meilen sichtbar.

Wir sind wieder zu schnell, um in die Flussmündung von Cabo Frio bei Helligkeit und auflaufendem Wasser einzufahren. Wir ankern vor dem felsigen Nadelöhr der Einfahrt in Strandnähe. Die großen Lampen der Strandpromenade bilden eine unwirkliche Kulisse. Ich bleibe beim Ankerwerfen an einem Stein hängen und verbiege die Kettensperre.


    Ankern vor Hafeneinfahrt Cabo Frio

Der Fluss Itajuru, an dessen Ufern die Stadt liegt, ist so flach, dass wir zum empfohlenen Liegeplatz, dem Club Nautico de Cabo Frio, schleichen. Es ist ein reiner Motorboot-Club, aber wir dürfen am Steg mit Heckboje festmachen, werden vom anwesenden Präsidenten begrüßt und mit zwei großen Badetüchern mit Club-Logo beschenkt. Das Gelände des Clubs ist ein Schmuckstück, Marineros rupfen selbst das Unkraut auf den Rasenflächen heraus. Aber: nichts ist perfekt. Die Heckbojen, unsere eingeschlossen, reißen bei aufkommendem auflandigen Wind ab, die Verankerung ist rott und unzureichend.

    Club Nautico Cabo Frio

    Club Nautico Cabo Frio   

    Ab 5 Uhr morgens fangen die Kanuten mit dem Training an

    Blick auf Rio Itajuru flussabwärts. Ganz hinten Club Nautico mit "Nadine"   
Wir bleiben einige Tage, bis uns ein Tief wieder Südwind beschert. Pünktlich zu Ilses Geburtstag um Mitternacht lösen wir in fliegender Hast die Leinen und gehen vor Anker. Der Bug war nur wenige Zentimeter vom Steg entfernt...

Als wir am Morgen des 1.11. nach dem Tanken auslaufen, können wir das Großsegel nicht zum Stehen bringen. Eine chaotische See wirft uns von einer Seite auf die andere. Mit Maschine und Genua warten wir auf die Winddrehung von Südwest auf Südost. An der nächsten "Ecke", dem Kap Sao Tomé, baut sich vor uns eine Mauer auf. Was ist das? - Es ist eine Armada von Fischerbooten, die exakt auf der flachen Bank vor dem Kap fischen. Die Nacht wird vom (beinahe) Vollmond erleuchtet, und der Südostwind verschönt uns unter Windpilot, was wir schon fast nicht mehr kannten: wunderbares ruhiges Segeln.


    Auf dem Weg nach Vitória

Als der Wind aus Ost auf eine Stärke abnimmt, machen wir die letzten Meilen nach Vitória wieder als Motorboot. Es ist das Weiterkommen "auf Kante", unsympathisch und hektisch, denn am 3. Seetag vermeldet der Wetterbericht über Satellit Prognose Nordost kräftig zunehmend.

Just in time mit Regenschauern von vorn gehen wir in Vitória im Schutz der kleinen Insel Fraude vor Anker, neben einigen Bojenliegern vor einem großen hellgelben Badestrand und der Hochhauskulisse der Stadt. Bis zum Abend ist es noch halbwegs ruhig, aber dann...

    Ankern vor der Stadtkulisse von Vitória

    Kloster Sao Francisco auf dem Morro da Penha   
Wir sind gut versorgt mit allem und können den kräftig wehenden Nordoster im Schutz der Insel während der folgenden 2 Tage gut überstehen. Dann kommt die nächste Chance. Wir müssen sie nutzen, denn der Zeitdruck sitzt uns im Nacken. Am 6.11. wollen wir vor dem Lossegeln im Yachtclub der Stadt noch nachtanken. Es geht nicht – Niedrigwasser Springzeit.

500 Seemeilen liegen vor uns, der Wind kommt kräftig von achtern und am Nachmittag beginnt der obligatorische Dauerregen. Wir segeln in einem Trog, der Wind dreht auf Süd 6, die See ist chaotisch. Von querab kommt die 2. Dünungswelle, wir kuppeln den Windpilot aus und steuern von Hand. Der fast noch volle Mond über den Wolken gibt in der Nacht Licht. Wir halten auf die Abrolhos zu, die Riffgruppe vor der Küste, Naturschutzgebiet, das bis November von Walen besucht wird. Wir sehen sie überall, nicht nur die Schwanzfluken, sondern auch die Brustflossen, mit denen sie uns "fröhlich zuwinken". In der Entfernung von einer Schiffslänge schießt eine Art U-Boot aus dem Wasser. Der Orca schwebt sekundenlang über dem Wasser und fällt dann klatschend zurück – zum Glück nicht in unsere Plicht. Abends passieren wir die Riffgruppe, die See wird gleichmäßiger und wir können etwas abfallen.

Am 3. Seetag liegt das Schiff so ruhig, dass Ilse frischen Filterkaffe brühen kann – die wahren Freuden der Seefahrt! Dafür beglückt uns die Flaute mit Dauerregen und wir stellen fest, dass unser Ölzeug nicht mehr dicht ist. Die Luft scheint aus Wasser zu bestehen. Mit Maschine und Genua müssen wir die zweite Hälfte der Distanz bis Salvador da Bahia rechtzeitig schaffen. Die Nacht ist wieder stockdunkel, aber jetzt erleben wir die erste Sternennacht seit Wochen. Im Osten steigt der Orion wie in einer Theaterkulisse aus dem schwarzen Wasser, sichtbar schnell – ganz großes Kino!

Die Windanzeige hat bereits seit längerem endgültig den Geist aufgegeben, als Zugabe bricht nun noch der Haltepin der Schubstange des elektrischen Autohelm. Wie in alten Zeiten beginnt das mühsame Steuern von Hand. Aber es sind nur noch 100 Meilen...


    Einlaufen in Salvador da Bahia



Am Freitag, 10.11., noch vor Ende des 4. Reisetags, laufen wir in Salvador da Bahia ein. Nun beginnt ein völlig neues Kapitel.

Es grüßen von der "Nadine" Ilse und Uli. (Quelle: mail vom Sa., 11.11.2017 16:10)

17.10.2017
Paraty, Brasilien,

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

wir verlassen den gastfreundlichen Yachtclub von Porto Belo am 7.10. mit gemischten Gefühlen. Ein Geschenk des Himmels mit Südwind ist angesagt, es gibt kein weiteres Warten. Wir machen flotte Fahrt unter Genua, der Wind kommt genau von hinten und der Windpilot steuert. Unsere Windanzeige fällt immer wieder aus - altersschwach? -, aber es ist nicht zu übersehen, dass die Reffs eingedreht werden müssen. Schon bald beginnt der Wind um ca. 60° zu schralen, wir müssen die Genua einnehmen. Und dann kommt die Überraschung: wir steuern von Hand, laufen (ohne Segel) vor Top und Takel mit 5 Knoten.

Ilse ist seekrank in der Schiffschaukel, und das Tief mit Südwind ist ohne Regen in bester norwegischer Tradition natürlich nicht zu haben. Reichlich 100 Seemeilen bis Paranaguá, wir sind so schnell, dass wir nachts in die betonnte Flussmündung einlaufen müssen. Hier waren wir bereits vor Jahren auf unserem Weg nach Argentinien und wissen die Warnung vor der Barre im Fluss zu schätzen. Doch auflaufendes Wasser und gleiche Windrichtung machen den Tanz erträglich.

Wir nehmen den ersten Ankerplatz im Fluss, nachdem wir schon kurz das Auflaufen im Mud wieder geübt haben, verstauen Berge von nassen Klamotten in Plastiktüten, trinken einen Rum und gehen in die Koje.

Die Außenstelle des Iate Club Paranaguá zwischen Mangroveninseln erreichen wir am Mittag, genießen den ruhigen Sonntag ankernd vor der Stadt, können sogar die Kleider trocknen und bleiben an dem schönen Platz auch am nächsten Tag.

    Die Bergkette hinter unserem Ankerplatz in Paranaguá

    Das typische Fortbewegungsmittel zwischen den Mangroven-Inseln    
Der Wetterbericht über Iridium verheißt keinen Südwind mehr, aber Schwachwind macht am Dienstag die Weiterfahrt nach Norden unter Motor möglich und empfehlenswert. Die Dünung nach dem Verlassen des Tonnenweges ist beachtlich.

    Auslaufen Richtung Santos ohne Wind aber starker Dünung

    Auslaufen Richtung Santos ohne Wind aber starker Dünung    
Der Kurs ist auf Santos, die Hafenstadt von Sao Paulo, abgesetzt. Weder am Tag, noch in der Nacht ist von der Küste etwas zu sehen, immerhin regnet es nicht. Wir nehmen die kleine Vulkaninsel Queimada Grande als Wegepunkt voraus. Ein Feuer wird uns an ihr vorbeiführen. Gegen 4 Uhr ist nur ein weißes Licht zu sehen, trotz abenteuerlicher Lichterführung in Brasilien kann das nicht die Leuchtturm-Kennung sein. Und auf einmal liegt wie aus dem Nichts gezaubert ein riesiger pechschwarzer Vulkanklops vor uns, ein dem Meer entstiegener Monolith. Nicht die Ahnung eines Lichtscheins ist zu sehen. Fest weiß war ein Fischer – wir danken ihm... Nach 2 Meilen ist der Spuk verschwunden.

Es ist bereits hell, als wir noch immer unter Maschine bei ruhiger Fahrt zwei Gäste aufnehmen: es dauert eine Weile, bis die Seeschwalben den idealen Reise-, Putz- und Ruheplatz gefunden haben.


    2 Seeschwalben genießen es, gefahren zu werden

Auf dem Weg zum 24. Breitengrad, von dem uns der Kurs nach Osten führt, passieren wir die Reede von Santos. Hier gibt sich der weltweite Seeverkehr ein Stelldichein.


    Auf der Reede vor Santos sind Parkplätze schwer zu finden    

Mit der letzten Helligkeit erreichen wir den Sund zwischen Festland und Insel Sao Sebastiao, der Ilha Bela des brasilianischen Segelmekkas. Nach einer Ankernacht streben wir unserem Ziel, der in 2012 besuchten und in Ausländerkreisen bevorzugten Marina do Engenho in Paraty, entgegen. Noch einmal ankern wir zuvor in einer wunderbaren, einsamen, durch einen Bergkreis geschützten Bucht. Am empfohlenen Wegepunkt stoßen wir mit einem unbeleuchteten Ankerlieger fast zusammen. Ilse zählt am nächsten Morgen 38 größere Ankerlieger in dieser "Einsamkeit". Der Wassersport boomt mit Charterschiffen.

Aber auch die Marina hat sich verändert: sie ist voll, es gibt keinen Platz (den wir benötigen, weil wegen eines Hörproblems ein Krankenhausbesuch ansteht). Wir werden an den benachbarten Verein verwiesen und dürfen festmachen. Ist es mein Hörproblem, dass ich statt 64 Reales 640 Reales Liegegeld pro Tag verstehe? Das sind ca. 180 Euro ohne Frühstück und Internet. Nein, ich habe mich nicht verhört, aber die Visa-Abbuchung funktioniert nicht, weil das Netz zusammengebrochen ist. Ich bekomme dann die Rechnung per Mail...

Die Bekanntschaft mit dem netten Luiz, der die Marina do Engenho leitet, verhilft uns am Ende bis zur Weiterfahrt dann doch noch zu einem bezahlbaren Liegeplatz am Steg.

Aus Paraty grüßen Ilse und Uli von der "Nadine". (Quelle: mail vom Fr., Di., 17.10.2017 22:05)

06.10.2017
Porto Belo, Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

wenn wir jetzt noch einmal zu Porto Belo etwas nachtragen wollen, so hängt das damit zusammen, dass wir der Wahrheit doch die Ehre geben wollen. Als wir den teuren Liegeplatz im Club verlassen und bezahlen wollten, hat man abgewunken. Wir haben noch nicht einmal die Bekanntschaft mit Familie Schürmann erwähnt, auch nicht den deutschen Fußball-WM-Sieg über Brasilien – es blieb dabei, alle Tage waren für uns frei. Zum Glück hatten wir einige Tafeln appetitlich verpackter Moser-Roth-Schokolade, die hier einer sinnvolleren Verwendung zugeführt wurden als ursprünglich gedacht.


Der schöne Liegeplatz und die unerwünschte Wartezeit mit Nordostwind haben uns immerhin ermöglicht, über die bizarre Halbinsel, an deren Landanbindung Porto Belo liegt, eine Wanderung zur nächsten Ecke zu machen. Aus den ehemaligen Fischerdörfern und Piratennestern wurden Ferien- und Tourismus-Ressorts, kaum anders als in Europa.

Es grüßen Ilse und Uli, SY “Nadine” (Quelle: mail vom Fr., 06.10.2017 22:45)

26.09.2017
Porto Belo, Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

ja, wir haben nun endlich den Absprung nach Norden geschafft – nicht so weit, dass uns Hurrikan Irma etwas hätte anhaben können!

Ende August waren wir von Berlin über Rio nach Porto Alegre in Brasilien zurück geflogen. Es war eine gute Idee, eine Nacht noch in Porto Alegre zu bleiben, denn stundenlang im Flieger eingequetscht zu sein, hat ein starkes Bewegungsbedürfnis zur Folge. Dem konnten wir nachgeben und uns die Hauptstadt der Provinz Rio Grande do Sul ansehen: eine schöne Altstadt, nach goldenen Kolonialzeiten heruntergekommen, Restaurants sonntags geschlossen bis auf den ehemaligen Bahnhof (?) und jetzt Restaurant "Eisenbahn".


   Restaurant "Eisenbahn" in Porto Alegre



Hier gibt es, was wir uns am meisten wünschen: Fassbier nach deutschem Reinheitsgebot gebraut und ein Labsal für Körper und Geist. Es folgen am nächsten Tag 5 Stunden Busfahrt nach Rio Grande, wobei ein Reifen platzt, wir aber dennoch wohlbehalten ankommen. Und dann die üblichen Reisevorbereitungen im unversehrt am sicheren Clubsteg liegenden Schiff und darauf warten, dass der permanente Nordostwind das tut, was die Monatskarten von ihm erwarten. Wir verabschieden uns von allen netten Leuten, unserem Wächtervogel, der jede Nacht auf dem Heckdalben sitzt, und klarieren aus.


   Der schönste Gummibaum unserer Reise in Rio Grande

Mit uns machen sich zwei weitere Yachten auf den Weg nach Norden, wobei die argentinischde Yacht "Vito Dumas" mit Sonja und Enrico auf Weltreise gehen will – argentinisch ungewöhnlich!


   Nur Behördengebäude sind in der Stadt restauriert



   Unser Wächter am Heck



Das von Südwest- auf Südostwind drehende Tief bringt dunkle Regenwolken mit schlechter Sicht und in der ersten Nacht, was man sich für den Anfang nie wünscht, aber in der Regel fast nie vermeiden kann: Ilses Seekrankheit, Regenschauer von hinten, eine Dunkelheit wie in einem fensterlosen geschlossenen Raum, aufkommende Containerschiffe und wild tanzende Fischer. Und natürlich sind verschiedene Gegenstände nicht ausreichend gesichert, poltern durch das Schiff und als ich sie sichern will, macht das Schiff einen Bocksprung und wirft mich unter Deck in eine unbequeme Ecke. Schon gegen Ende der ersten Nacht wird der Wind schwächer, behält aber auch in den zwei Folgetagen die Wunschrichtung bei – welche Gunst von Poseidon (wir haben die Auslauf-Rumspende vergessen...)! Nun muss die Maschine mithelfen, denn die Windstärke zwischen 2 und 5 produziert sehr unruhige See und ein Fitness-Programm in Form von Segel-ein und Segel-raus. Auch an Essen oder Schlaf ist kaum zu denken – das ist normal.

Wir haben an unserer Backbord-Seite die lange hafenlose Nehrung, die den Entensee, die Lagoa dos Patos, vom Atlantik trennt. Dieser Entensee ist immerhin etwa so groß wie die westliche und südliche Ostsee zusammen. Der erste nach diesem schwierigen Stück zu erreichende Hafen liegt auf Santa Catarina, einer bergigen Insel vor der Küste, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und durch zwei Brücken mit dem Festland verbunden. Ilse sieht die Insel in der Dunkelheit des dritten Tages und ist nicht mehr seekrank.

Die Einfahrt nach Porto Belo, dass auf einer fingrigen Halbinsel liegt, wo Peter Pans Captain Hook hätte auftreten können und Seeräuber Unterschlupf gefunden hätten, meistern wir in der Nacht mit Wegepunkten und der wunderbaren Navionics-Karte von Google. Der Unterschied zu früher: man fährt jetzt auf einer Autostraße, während man vordem auf seinem Pferd durch eine wegelose Dunkelheit ritt.

Es ist noch nicht hell, als in einem völlig geschützten Loch zwischen Fischern und Yachten vor dem Yachtclub der Anker fällt. Als wir geschlafen haben, erwartet uns ein Panorama, das uns klar macht, warum hier die Hafenpreise nach einer Woche steigen. Man ist versucht, zu lange zu bleiben...


   Die schöne Ankerbucht von Porto Belo

Mit uns machen sich zwei weitere Yachten auf den Weg nach Norden, wobei die argentinischde Yacht "Vito Dumas" mit Sonja und Enrico auf Weltreise gehen will – argentinisch ungewöhnlich!


   Die schöne Ankerbucht von Porto Belo



   Walfänger von den Azoren gründeten den Ort mit diesem idealen Hafen 1832



Wir liegen an der Außenseite des Clubstegs Porto Belo, die schönen Schwimmstege innen sind den Clubmitgliedern vorbehalten und leer. Nichts altert so schnell wie Preisangaben in nautischen Führern: 14 Euro soll der Tag kosten, 55 sind es. Aber zwei Tage sind frei. Wenn wir nicht Ilses Rat befolgen und sagen, dass wir mit Familie Schürmann 2014/15 in Patagonien Silvester gefeiert haben, sozusagen zur Familie gehören, dann werden wir übermorgen wieder vor Anker gehen.

Familie Schürmann ist die berühmteste Seglerfamilie Brasiliens mit mehreren Weltumsegelungen und einer Yacht, auf der selbst frisches Gemüse angebaut wird. Sie haben hier im Club eine Gedenktafel erhalten und werden sicher auch wohltätig in Erscheinung getreten sein. Es gibt einen Heli-Landeplatz hier und eine riesige Halle, unter derem geschwungenen Dach luftig die Megayachten aufgereiht stehen. Dass alle Stege mit bestem Teak gebaut wurden, versteht sich von selbst. Aber in den blitzblanken Sanitärräumen dominiert Edelstahl, Marmor und ebenfalls Teak. Selbst die einfachsten Möbel, Bänkchen, Frisiertische oder Kleiderhaken-Fundamente bestehen aus 40 mmTeak-Vollholz.

Eine ebenso sinnlose wie rhetorische Frage versuchen wir zu unterdrücken: Wie sähe die Erde aus, wenn 7 Milliarden Menschen so leben wollten...

Es grüßen Ilse und Uli, SY “Nadine” (Quelle: mail vom Fr., 29.09.2017 01:37)

13.06.2017
Rio Grande do Sul, Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

Ehnsucht nach Berlin?...Vielleicht auch, liebe Freunde. Aber die Abwägung aller Punkte brachte uns zu dem Entschluss, am Samstag, 17.6., nach Tegel zu fliegen und die Reise nach Norden im September fortzusetzen (Rückflug 27.8.). Über uns hat sich gerade mal wieder ein Tief mit 40 Knoten und mehr ausgetobt, und wir haben das Schiff mit Stahlfedern gesichert. Jetzt ist die Zufahrt zum Segelclub überflutet, der Strom abgeschaltet und beim Gang zum Schiff läuft das Wasser von oben in die Stiefel. Man kann im Wasser die Frösche über die Straße schwimmen sehen – aber noch keine Krokodile! Unser Bedarf an Regen, Kälte, Sturm und Dunkelheit ist vorläufig gedeckt.

Es grüßen aus Rio Grande do Sul, Brasilien, in den Sommer der Nord-Hemisphäre

Ilse und Uli, SY “Nadine” (Quelle: mail vom Di., 13.06.2017 19:37)

04.06.2017
Rio Grande do Sul, Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

und für alle, die es vielleicht noch nicht wissen: nichts strapaziert das psychische Gleichgewicht so sehr wie ein endloses Warten auf eine passende Wetterlage, um die Segelreise fortzusetzen. Oder, mit den Worten von Joseph Conrad: 'Wozu sind Häfen gut? - Schiffe verrotten, Menschen verkommen.'

Nach 6 Wochen Warten tut sich ein Wetterfenster auf in einem Seegebiet, das schwer zu besegeln ist, weil der Wind nicht durchsteht und Häfen rar sind. Am 30. Mai können wir endlich die Leinen in Piriápolis lösen, die australischen Segler winken, eine kurze Motorfahrt gegen den Südwind und wir segeln die Uruguay-Küste nach Nordost. Starker Schiffsverkehr verbindet den Rio de la Plata mit Santos/Sao Paulo, Brasilien. Ilse ist seekrank.

Da unsere Abreise so oft fehlgeschlagen war, haben wir aus Sicherheitsgründen den letzten Hafen an dieser Uruguay-Küste, La Paloma, als Zielhafen angegeben, um Wiedereinreise-Schwierigkeiten zu vermeiden. Als 20.30 Uhr die Lichter von La Paloma in der Dunkelheit auftauchen, rufen wir La Paloma Control auf Kanal 16, um unsere Weiterfahrt nach Brasilien anzukündigen. Wie bei unserem Einlaufen in diesen Hafen im November 2012 gibt es keine Antwort. Technische Probleme - vielleicht noch immer? Die Folgen können wir nicht einschätzen...

Die Fortsetzung der Reise erinnert recht stark an Patagonien: als uns am nächsten Tag der Südwind verlässt, kämpfen wir uns nordwärts voran, Segel rauf, Segel runter mit Ost- bis Nordost-Wind zwischen 1 und 6 Bf. Wir sind froh, dass unsere Maschine wieder ihre alte Verlässlichkeit besitzt. Mit ihrer Hilfe erreichen wir am 1. Juni die gewaltigen Hafenmolen von Rio Grande. Es empfiehlt sich nicht, hier einzulaufen, wenn der Wind mit mehr als 25 Knoten bläst. Wir haben fast kein Wind, aber einen mächtigen Strom gegen uns, der eine beachtliche Wellenhöhe erzeugt.


   Hafeneinfahrt Rio Grande ohne Wind



13 Meilen müssen wir landeinwärts fahren auf dem Wasserweg, der den Atlantik mit der Lagoa dos Patos - man könnte beinahe an die Ostsee denken - verbindet. Wir sind erstaunt, welche Schiffs- bzw. Hafen-Industrie hier entstanden ist. Vor der Hafeneinfahrt ankern 15 große Schiffe.

Der alte Hafen der Stadt und mit ihm der Segelclub liegt gut geschützt in einer Lagunen-Landschaft, die uns bei der Ankunft just in time am Abend zu der Charakterisierung verleitet: die Berliner Havel in Brasilien, nur nicht so voll. Wir werden zwischen die Pfähle des Clubsteges eingewiesen, moderates Liegegeld, aller Komfort, WiFi, Wasser und Landstrom inklusive.


   Rio Grande Segelclub



Am Abend gibt es ein Überraschung. Es klopft am Schiff: SY "Nadine" wird gesucht, weil nicht in La Paloma eingelaufen. Wir sollen morgen beim Hafenkapitän mitteilen, dass kein Seenotfall vorgelegen hat. Huch....

Der nächste Tag bringt die üblichen langen Wege zu den aüßerst freundlichen Behörden, wo unser Spanisch verstanden wird und Englisch manchmal möglich ist. Die meiste Zeit opfern wir für Gespräche über Politik, Weltgeschehen, Geschichte und Europa.

Und dann kommt der letzte Gang in der festgelegten Reihenfolge zur Capitania. Nach dem Ausfüllen der Formulare bitten wir um Aufhebung der Suchmeldung unseres Schiffes. Ein paar Erklärungen und ein uniformierter Marine-Offizier bittet uns, in das Rescue Coordination Center von Rio Grande zu folgen - ich bin noch unrasiert und wir beide ungeduscht.

Was folgt, bringt uns auf den Gedanken, dass wir im falschen Film sind: wir werden von verschiedenen Marine-Dienstgraden empfangen, die alle aufstehen, um uns die Hand zu reichen. Wir werden an einen Plot-Tisch geführt, auf dem das Seegebiet mit unserer möglichen Route erscheint, dazu eingeblendet Wetter- und Windverhältnisse der vergangenen Tage. Dann sehen wir ein Konvolut mit dem Deckblatt der Schiffergilde-Homepage, auf dem uns unsere Gesichter entgegenlächeln. Man versichert uns, dass man der Seenotrettung Uruguay mitgeteilt hat, dass wir erfahrene Segler wären, die lediglich günstigen Wind genutzt haben müssten. Wie wussten Sie das, frage ich. Der Text ist doch in Deutsch. - Kein Problem, wir haben alles übersetzt. An dieser Stelle sagen wir unserem Web-Master Ralf Krischker einen besonderen Dank.

Bevor wir entlassen werden, gibt es noch Kaffee und ein "Familienfoto". Ich lese aus Höflichkeit das Namensschild auf der Uniformjacke des Chefs und sage ihm, dass seine 4 goldenen Streifen in Deutschland einem Kapitän zur See entsprächen. Sicher, er ist es. Die Streifen sind an der Uniformjacke - ökonomisch - mit Klettverschluss angebracht. Ich bedeute ihm, dass ich es in der deutschen Marine nur zu 2 Streifen gebracht habe, nämlich als Oberleutnant zur See bei den Minensuchern. Daraufhin nimmt er sein Rangabzeichen ab und überreicht es mir: "Jetzt bist du Kapitän!" Als wir uns noch einmal entschuldigen wollen für das, was wir ausgelöst haben, sagt er freundlich: "But this is our job."

Für heute grüßen wir ein wenig beschämt nach Deutschland und verbleiben

Ilse und Uli von der "Nadine"


   Vergangene portugiesische Kolonial-Pracht



(Quelle: mail vom Mo., 05.06.2017 02:09)

18.05.2017
Piriápolis/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

...wie wir gedacht haben, dass wir im Südatlantik endlich auf Nordostkurs Richtung Nord-Brasilien schwimmen. Nix da – wird sind seit etwa fünf Wochen in Piriápolis, Uruguay, haben das Schiff wieder mal sturmfest gemacht, um im Hafen unsere wöchentlichen 41 Knoten plus (9 Bf.) zu erwarten. Woher? Aus Nordost. Woher denn sonst?

Bis zum Karfreitag haben wir mit Schwierigkeiten gekämpft, die wir bewältigen konnten – jetzt sind wir machtlos. Allen Nicht-Südamerikafahrern sagen wir, dass sämtliche Wetterkarten vorherrschender Windrichtungen und alle nautischen Bücher den Weg Buenos Aires – Rio ab Mai bis Oktober empfehlen, weil es keinen oder fast keinen Nordostwind gibt und der sog. Brasilien-Gegenstrom an der Küste nach Norden setzt, natürlich vom Südwind in Fahrt gebracht.

Doch dieses Wetter – kalt und ab 18 Uhr dunkel – kennt die Bücher nicht: es gibt NUR Nordostwind mit regelmäßigen Tiefs aus Brasilien, die mit Südwind stürmisch wüten und nach zwei Tagen wieder verschwunden sind. Zu wenig, um nach Norden aufzubrechen.

Was tun? - Warten, heißt die ständig wiederholte Antwort. Und neidisch auf den europäischen Frühling blicken...

Dies tun Ilse und Uli hinter der Hafenmauer, wo bereits die Lektüre aus der Bord-Bibliothek zu Ende geht.

Herzlichst Ilse und Uli Hering auf der "Nadine".



(Quelle: mail vom Do., 18.05.2017 23:22)

01.05.2017
Piriápolis/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

hier noch einmal ein kurzer Zwischenbericht von uns – leider noch immer aus Uruguay.

Eine Woche vor Ostern war unser neues aus Deutschland geliefertes Getriebe eingebaut worden. Die Schwierigkeiten bis zur Auslieferung in Montevideo waren größer als erwartet, aber für südamerikanische Verhältnisse haben wir es in der Rekordzeit von 3 Wochen erhalten.

Am Gründonnerstag – am Schifferessen hätten wir gern teilgenommen – liefen wir gegen Wind und Welle aus, um die entscheidende Probefahrt zu absolvieren. Es war eine Offenbarung, und wir erkannten unseren Motor fast nicht wieder. Der Austausch hatte sich trotz aller Schwierigkeiten wirklich gelohnt. Nach 120 Meilen liefen wir am Karfreitag in Piriápolis ein, um endgültig aufbrechen zu können.

Nun kündigte sich ein S turmtief an, das weiter im Süden das untere Ende der Barometerskala zu erreichen versuchte. Also beschlossen wir, die ruhige Zeit davor für eine Wanderung zu nutzen. Es lockte der zweithöchste Berg von Uruguay, der (nur) 430 m hohe Vulkankegel Pan de Azúcar.


   Pan de Azúcar hinter dem Hafen



An Bord hatten wir Wanderschuhe, Knieschützer und Wanderstöcke – aber die würden wir nicht brauchen, weil der Aufstieg nur 1,5 km lang ist und sicher einen Treppenweg wie z.B. auf Helgoland besitzt. Also leichte Kleidung und Sandalen. Am Eingangstor mussten wir Namen, Passnummern, Alter und Menge des mitgeführten Wassers (keins, geschwindelt) angeben. Hola! Und dann kam ein “Weg”, den man vielleicht mit dem Aufstieg zum Prekestolen in Südnorwegen vergleichen kann. Öfters dachten wir beim Gedanken an den Rückweg ohne Seil an Umkehren. Aber nach 2 Stunden hatten wir es geschafft – und die Jugendlichen, die gazellengleich von Stein zu Stein hüpfend uns überholt hatten, klatschten Beifall, als das erschöpfte Haupt von Ilse am Gipfelkreuz auftauchte...


   Nach 2 Stunden am Gipfelkreuz



Als dann das Sturmtief da war - hier im Hafen mit nicht mehr als 43 Knoten (9 Bf) - , dachten wir nicht mehr an Muskelkater, sondern nur noch an die Schiffssicherung. Die Hafenmole bot ausreichend Schutz, aber die fliegende Gischt verwandelte das Schiff nach kurzer Zeit in eine Saline.


   SW-W bis 43kn (9), 26.4.17


    


   Wird die Mauer halten?
Auch diese Zeit haben wir überstanden, momentan hat sich das Gegenteil eingestellt: totale Flaute. Also, während wir abermals warten, schicken wir unsere Grüße nach Deutschland, wo die Tage nicht immer kälter und kürzer wie hier werden.

Herzlichst Ilse und Uli Hering auf der "Nadine".



(Quelle: mail vom Mo., 01.05.2017 00:00)

16.04.2017
Piriápolis/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

Ein positive Ende scheint sich endlich bei uns eingestellt zu haben. Wir sollten 25 Stunden mit dem neuen Getriebe fahren und dann den Filter wechseln. 120 Meilen haben wir – absichtlich – gegen den Wind gebolzt mit der üblichen Montevideo-Welle vom Feinsten - die Schraube kommt fast aus dem Wasser -, es kracht und rumst, aber der Motor entwickelt eine Kraft und drückt das Schiff durch das Wasser, dass man seinen Augen nicht trauen möchte. Jetzt sind wir in Piriápolis – mal wieder – und hoffen, in der nächsten Woche die lange Wartezeit beenden zu können.

Herzlichst Ilse und Uli Hering auf der "Nadine".



(Quelle: mail vom So., 16.04.2017 17:21)

09.04.2017
Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

Hier in Uruguay wird es schon um 19 Uhr dunkel, Bäume verlieren ihre Blätter, andere blühen und im Supermarkt stehen die Schoko-Osterhasen. Aber das neue Getriebe wartete in einer wunderbaren zollplombierten Holzkiste im Schuppen der Hafenbehörde. Der zwangsweise eingeschaltete “despachante de aduana” musste auf dem Flughafen 4 Stunden auf die Übergabe warten. Mechaniker Ricardo wird seine Fehleinschätzung schwer bereut haben, denn er musste viele 100 km von BsAs mit dem Wagen über die große Brücke über den Rio Uruguay bei Fay Bentos fahren, um hierher zu kommen. Er ist jetzt auf dem Weg nach BsAs zurück, am Freitag war er 14.30 Uhr vor dem Schiff und hat die Getriebe ausgetauscht. Um 20 Uhr war er fertig, am Samstag haben wir Getriebeöl gekauft und hatten dann quasi eine neue Maschine. Am Nachmittag konnten wir mit seiner Frau an Bord Kaffee trinken, wobei ihr von den Schiffsbewegungen, die wir gar nicht merken, schlecht wurde. Morgen bekommt Nadine “Arschtritte” mit 40 Knoten aus Richtung Hafeneinfahrt, ich habe bereits die Leinen verdoppelt. Sobald wie möglich gehen wir dann die 120 Meilen nach Piriápolis und starten mit günstiger Wetterlage von dort nach Nordost. Also, wir haben gute Aussicht, uns nicht hier beerdigen lassen zu müssen. Die ganze Geschichte hat nicht nur unsere Tour nach Südafrika vermasselt, sondern sie war am Ende auch teurer als gedacht.

Wir wünschen Euch einen netten Schifferabend und ein noch netteres erfreuliches Osterfest.

Herzlichst Ilse und Uli Hering auf der "Nadine".



(Quelle: mail vom So., 09.04.2017 22:26)

03.03.2017
Pto. Sauce/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

ein neuseeländischer Segler hat einmal sehr treffend sinngemäß geschrieben: 'Es gibt drei Kategorien von Seglern weltweit, die sich wie folgt beschreiben lassen. Die Ersten sind die Glücklichen, die weitgehend ohne Probleme stolz ihr Ziel erreichen. Die Zweiten sind die Verbissenen, die sich an ihr Ziel durch lauter Schwierigkeiten kämpfen müssen. Die Dritten sind die Stummen, von denen man nie wieder etwas hört und die verschwunden sind.'

Wir kennen alle drei Kategorien. Uns selbst möchten wir im Augenblick zur Kategorie zwei zählen.

Es würde uns wirklich im Moment nichts mehr hier in Uruguay halten, zumal Ilse sich nach 4 Wochen von ihrem Gips verabschieden konnte: der heißeste Sommer seit 30 Jahren, das Süßwasser des Inneren Rio de la Plata von Grünalgen (?) bedeckt, dazu eine unglaubliche Fliegenplage – all das macht jede Tätigkeit am Tage zur Qual, und in der tropisch heißen Nacht veranstalten die Jugendlichen mit ihren Mofas, aus denen sie die Schalldämpfer ausgebaut haben, bis 4 Uhr morgens allnächtliche Rennen vor den Schiffen im Hafen.

Nein, die verminderte Geschwindigkeit unseres Schiffes, bei der Rückfahrt von Piriápolis nach Juan Lacaze trotz Propeller-Reparatur nicht zu übersehen, hat uns zur Korrektur der Ventileinstellung des Diesels geführt – leider ohne Erfolg. Und jetzt ließ sich die Erkenntnis nicht mehr verdrängen, dass unser zweifach herausgenommenes und repariertes Getriebe vergeblich repariert wurde. Wir müssen ein neues Getriebe kaufen und hier einbauen.

"Unser" Mechaniker in Buenos Aires ist ein guter Mechaniker, hat aber wie viele Südamerikaner die Macho-Krankheit: er macht alles, kann alles und ist der Größte. Gegen zahlreiche Warnungen, unser heißgelaufenes Getriebe durch eine Leine in der Schraube in Patagonien im Dezember 2014 auszutauschen und nicht zu reparieren, haben wir dem "no problem"-Spruch des Mechanikers geglaubt und ihn machen lassen. Billiger und schneller? Von allem das Gegenteil!

Wer sich vorstellen kann, was es bedeutet, ein in Deutschland bestelltes und bezahltes Ersatzteil in ein weit entferntes Empfängerland zu schicken, der weiß, dass etwa DB Schenker eine nicht einmal übermäßig teure Luffracht auf den Weg bringt, die auch ankommt – aber der Empfänger kann wochenlang herumzappeln, um sie dem dortigen Zoll zu entreißen. Coima heißt im Spanischen das Schmiergeld, und Korruption ist eine feste Einnahmequelle.

Zum Glück ist es in Uruguay nicht oder nicht ganz so schlimm. Es gibt kleine Unternehmen hier, die davon leben, dass sie Wassersportlern in Brasilien, Argentinien und Uruguay den "Dienstweg" über den Zoll glätten – legal.

Für uns bedeutete dies, nach einer avisierten Bestellung in Deutschland unendlich viele Mails an argentinische, brasilianische und uruguayische Stellen zu schreiben – 3 Tage Arbeit und Verbesserung unserer Spanischkenntnisse. Jetzt sind wir auf einem guten Weg, lassen den Kopf nicht hängen und grüßen vielmals nach Europa.

Herzlichst Ilse und Uli Hering auf der "Nadine".



(Quelle: mail vom Fr., 03.03.2017 20:53)

12.02.2017
Pto. Sauce/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

viel gibt es von uns nicht zu berichten, außer, dass wir ungeduldig das Verlassen des "Höllenloches" Rio de la Plata erwarten. Manchmal haben wir das Gefühl, nicht am 35. Breitengrad, sondern wieder in Patagonien am 50. Breitengrad zu sein. Unser Eindruck ist, dass das Wetter jedes Jahr gewalttätiger wird – eine subjektive Empfindung. 80 Tiefdruckgebiete, sagt das Seehandbuch, ziehen im Jahr über das feucht-tropische Delta des Rio. Sie kommen aus den riesigen Sümpfen Brasiliens und folgen den Megaflüssen Rio Uruguay, Rio Paraguay und Paraná. 75 solcher “Eier” haben wir bestimmt schon gehabt.

Im Januar, am Tag des geplanten Auslaufens aus Uruguay, wäre es schon voll zur Sache gegangen, aber vor der Rückfahrt nach Pto. Sauce / Juan Lacaze am 7. Februar, wo wir bis zur Gipsentfernung ausharren wollen, vereinigten sich ein Tief aus Brasilien und eins aus Patagonien quasi über unserem Masttop. Der Wind kam mit bis zu 50 Knoten (10 Bf) von der Seite oder von hinten.


   Der Hafen ist gut geschützt, aber manche Besatzungen werden seekrank.

Wir liegen an der Steinpier, nach achtern halten uns 2 Muring-Tonnen. Ich musste eine Dyneema-Halterung basteln, weil die Karabinerhaken eine zu kleine Maulöffnung haben. Einen Tag und 2 Nächte halte ich im Salon Hafenwache, eingedenk des Spruches "Jeder Skipper ist allein für sein Schiff verantwortlich." Wird alles halten...

Die Gleichgültigkeit eines Seelöwen, der unsere Hecktonne als bequemen Ruheplatz im Sturm ansieht, hinterlässt bei uns eine gewisse Ratlosigkeit.


   

Todo bien, sagt man hier, auch wenn nichts gut ist. Doch immerhin gibt es nach dem Dampf eine Atempause und wir segeln unter Genua und Gips die 120 Meilen nach Juan Lacaze zurück. Jetzt sind wir wieder im "Inneren Rio de la Plata" und grüßen aus der größeren (?) Sicherheit.


   Rückfahrt von Piriápolis nach Pto. Sauce



Es grüßen Ilse und Uli von der SY "Nadine"

(Quelle: mail vom So., 12.02.2017 17:52)
29.01.2017
Piriápolis/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
Liebe Freunde und alle, die uns in Gedanken begleiten,

fünfmal haben wir bisher versucht, Uruguay zu verlassen – Richtung Nordost, um die nördliche Hemisphäre irgendwann wieder zu erreichen. Wir haben von Seglern gehört, die achtmal umkehren mussten: ergo haben wir noch ein wenig Lose, die wir möglichst nicht in Anspruch nehmen wollen. Gute Ratschläge gab es inzwischen jede Menge: das Schiff per LKW in die Karibik bringen, mit einer Rolltreppe die Niedergangstreppe ersetzen – ach so, erwähnt sei, dass Ilse sich am Niedergang den Vorfuß gebrochen hat – oder den Altersruhesitz an den Rio de la Plata verlegen. Dies wäre angesichts der weltpolitischen Lage immerhin eine überlegenswerte Idee...

Zuletzt haben wir berichtet, wie wir Piriápolis erreicht haben, um unseren durch Müll beschädigten Propeller richten zu lassen. Piriápolis ist, was Mar del Plata in Argentinien darstellt: d a s Seebad für Uruguay. Große gelbe Sandstrände mit Seewasser, das hier das Rio-Süßwasser verdrängt, und im Hintergrund einige Vulkankegel, die das langweilige flache Agrarland unterbrechen. Und, wie bereits erwähnt, im Hafen ein Travellift, der zum Glück in Verbindung mit einem kompetenten Mechaniker eine schnelle Propellerreparatur ermöglichte.

   Der Hafen von Piriápolis wird von einem kleinen Vulkankegel überragt

   Der verbogene Propeller

Nach 3 Tagen an Land, wo das Schiff im Starkwind zitterte - und ich mit ihm - , sind wir wieder im Wasser. Erneut wird die Auslaufvorbereitung allein von der Wetterlage bestimmt. Ein Franzose, der mit einer 3-Mann-Crew auch nach Norden will, empfiehlt ein mächtiges Tief, das mit tagelangem Südwind am 24.1. uns erreichen wird. Wir wollen, ehe es da ist, auf See schon Abstand zum Land gewonnen haben. Und richtig: um 21 Uhr fällt die erste Bö mit 42 Knoten (9 Bf.) ein, aber wir sind immer noch im Hafen. Uli: Der Abschied von Argentinien fällt mir persönlich schwerer als Ilse. So viele angenehme und schöne Seiten hält dieses Land und seine Bewohner für den Besucher bereit.


   Ausgeglichene Wetterlagen sind am Rio eine Seltenheit

4 Tage zuvor nämlich verkündete Ilse: "Ich glaube, ich habe mir den Fuß gebrochen." Es folgte ein tägliches Frage- und Antwortspiel - ja oder nein -, wobei sich Klarheit erst durch verspätet einsetzende Schmerzen einstellte. Also entschlossen wir uns, einen Tag vor dem beabsichtigten Auslaufen, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Als Rentner haben wir hier natürlich keine Versicherung und zahlen cash.

Ein unvergesslicher Montag, 23.1., stand uns bevor: der erste 100 Dollar-Händedruck eines Arztes in Piriápolis erbrachte nur eine zusätzlich bezahlte Röntgenaufnahme, die bei der Überweisung in die Kreisstadt Maldonado ("Wir können hier keine Brüche behandeln!") verschwunden war. Im Krankenhaus von Maldonado der gleichen Firma, musste ich vor dem ersten Handschlag wieder dicke Geldbündel hinlegen – am Ende insgesamt 22.000 Pesos, etwa 700 Euro. Nach langer Überzeugungsarbeit, dass die Röntgenaufnahme bereits bezahlt war, begann der Traumatologe sein Werk. Mit Gehhilfen/Krücken sollte Ilse den eingegipsten Fuß zu belasten vermeiden. Krücken waren nicht zu bekommen: so saß sie mit nassem Gips auf dem Stuhl und sollte die Anstalt verlassen – mit Taxe und Bus ca. 40 km bis zum Schiff. Die Empfehlung des Doktors: Hüpfen! Wir waren nicht sicher, ob der Mediziner Zyniker oder unzurechnungsfähig war.

Passanten auf der Straße halfen schließlich, den Bus zu erreichen, ein Wächter im Hafen unser Schiff. Der Gips begann sich bereits wieder aufzulösen. Rettung brachte unser Freund Juan mit seiner Frau Cheli aus Buenos Aires. Juan ist Hematologe, Segler und fähiger Handwerker. Einen Tag lang werkelte er an und für Ilses Fuß, verstärkte den Gips und gipste eine Hacke ein, mit der sie sich wernigstens bewegen konnte.


   Juan und Cheli bei artfremder Arbeit

Als der stärkste Dampf (Südwind!) im Hafen vorbei war, startete ich im Priápolis-Krankenhaus eine Beschwerde. Als es laut zu werden begann, wurde ich in ein Büro geleitet und man organisierte für Ilse 2 Gehhilfen, die ich am nächsten Morgen für 6 Wochen und ca. 10 Dollar Leihgebühr in Maldonado abholen konnte. Also fuhr ich, dieses Mal allein, nach Maldonado/Punta del Este, das sich "Miami Südamerikas" nennen möchte und der internationalen Finanzwelt das passende Ambiente verschafft.


   Punta del Este an der Ecke zum Atlantik

Wir hoffen, die Wartezeit mit dem eingegipsten Fuß in Juan Lacaze verbringen zu können, wohin wir nächste Woche zurücksegeln möchten. Und dann? Wer als Segler nicht Optimist ist, hat schon verloren.

Es grüßen Ilse und Uli von der SY "Nadine"

(Quelle: mail vom So., 29.01.2017 22:05)
11.01.2017
Piriápolis/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

es ist ein Propellerschaden, der leider wieder einmal unsere Pläne durchkreuzt hat.

Als wir von Buenos Aires losfuhren, hatte ich Zahnschmerzen und bekam kompetente Hilfe angeboten. Da sie wieder vergingen, waren wir auf unserer nächsten Etappe nach Uruguay guten Mutes – aber in Juan Lacaze, wo wir glaubten, Fuchs und Hase sagen sich dort Gute Nacht, vereiterte ein Backenzahn und musste gezogen werden. Dies geschah ebenso preiswert wie kompetent und hätte in Deutschland nicht besser gemacht werden können. Also nochmals Verzögerung der Abfahrt. Als wir dann unseren nächsten Versuch starteten, war, wie geschildert, das Wetter nicht mehr auf unserer Seite. Hitze und Turbulenzen, die nicht zu umgehen waren, setzten uns übermäßig zu. Wir zogen in Erwägung, die 4000 Seemeilen bis Afrika zu streichen.

Mit einem fast perfekten Wetterbericht sind wir am 7.1. von Juan Lacaze dann schließlich losgesegelt – am Vortag kamen noch Yachten auf dem Weg nach Osten wieder zurück. Lächerliche 120 Meilen trennten uns vom atlantischen Absprunghafen Piriápolis, wo wir nur noch Diesel mit geringem Bioanteil aufnehmen wollten und mittlerweile dank eines Rabattes das Hafengeld auch bezahlen können. Natürlich stimmte der Wetterbericht nicht, die Nachmittagsflaute ging in wohlbekannte schwarze Wolken in Zigarrenform über. Wir standen nordwestlich von Montevideo und machten noch 1,9 Knoten über Grund. Ich fing an, auf unseren argentinischen Mechaniker zu schimpfen, weil wohl die Getriebe-Hydraulikpumpe muckte. Aber etwas stimmte nicht, denn langsam überholten wir (gegen den Strom) eine Segel- und eine Motoryacht. Dann gab es einen Schlag, als wäre der Rumpf in ein Wellental gefallen. Der Strom ließ nach, die Geschwindigkeit blieb niedrig. Die Legerwall-Küste war der Industriehafen von Montevideo, als die Wolken über uns bewiesen, dass sie jede Menge Power hatten. Segel rauf, Segel runter, Motor an, Motor aus in endloser Folge. Mit einem Etmal zum Schämen quälten wir uns nach 29 Stunden in den Hafen von Piriápolis. Kein Zweifel: es musste die reparierte Hydraulikpumpe sein! Um ganz sicher zu gehen, tauchte ich am nächsten Tag zur Welle und dem Propeller und glaubte nicht, was ich sah: 2 von den 3 Flügeln waren verbogen, einer sah wie ein abgeknickter Finger aus. Es “lebe” der Müll in den Weltmeeren!

Nun sind die Würfel endgültig gegen Afrika gefallen: die Elefanten müssen es ertragen, von uns nicht fotografiert zu werden – sie kommen sicher leichter als wir darüber hinweg. Wir werden hier in den zum Glück vorhandenen Travellift gehen und den Propeller richten lassen oder aus Bremerhaven einen neuen aus Aluminium-Bronze bestellen müssen.

Da wir Poseidon zu Silvester vom Achterschiff aus einen Rum geopfert haben mit der Bitte um ein erfolgreiches Jahr, besteht noch die Hoffnung, dass wir an der brasilianischen Ostküste endlich wieder nach Norden kommen. Manchmal hat die Kette von Missgeschicken schließlich auch ein Ende...

Wir beneiden Euch um die Winterkälte in Deutschland, hier im Hochsommer müssen wir uns immer über die fast 40° Hitze während des Tages kämpfen.

Also genießt den Winter und seid gegrüßt von

Ilse und Uli, SY "Nadine"

(Quelle: mail vom Mi., 11.01.2017 22:30)
23.12.2016
Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

für die Feiertage und zum Jahreswechsel abermals alle guten Wünsche. Möge das neue Jahr persönlich einen guten und weltpolitisch einen besseren Verlauf nehmen.

Wir sind auf unserem Weg nach Osten wieder in Uruguay gelandet: am Rio de la Plata befindet sich momentan eine turbulente Wetterecke, die uns das Vorankommen erschwert. Bei 40°C Luft-, 31°C Wassertemperatur und Wind gegenan kommt unsere kleine Rentner-Crew bald an ihre Grenzen. Taktisch günstige Ausgangshäfen erschweren die Wartezeiten mit horrenten Hochsaison-Preisen. Also müssen wir weiter die Kardinaltugend der Segler pflegen: Geduld.In unseren Köpfen haben wir außer für einen Ostkurs auch noch Platz für einen nach Norden (Brasilien).

Wir grüßen in nicht festlicher Stimmung.

Ilse und Uli

(Quelle: mail vom Fr., 23.12.2016 21:41)
21.12.2016
Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

trotz der schrecklichen Ereignisse in Berlin wünschen wir Euch ruhige und erholsame Feiertage. Wir sind auf dem Weg Richtung Osten. Drückt uns die Daumen.

Alles Liebe von

Ilse und Uli

(Quelle: mail vom Sa., 10.12.2016 15:42)
10.12.2016
Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Wir sind noch in Wartestellung in Juan Lacaze, mein vereiterter Backenzahn wurde gezogen und ich habe auch noch genügend Zähne, aber im Moment kachelt es aus allen Rohren. Es ist kein Ost mehr, aber wer möchte gern unter patagonischem Dampf starten?

Schöne Adventszeit wünschen

Ilse und Uli

(Quelle: mail vom Sa., 10.12.2016 15:42)
12.11.2016
Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Ilse: Mein 75.Geburtstag war zwar kein rauschendes Fest, aber mit Uli´s Hilfe und Fantasie wurde es ein schöner Tag: Wir haben uns in Tigre von allen Behörden abgemeldet, nachdem am Vortag (nach 10 Tagen!) der langerwartete Elektriker endlich kam und die Dreifarben-Toplampe untersuchte. Fazit: Nichts ist korrodiert, neue LED wurde installiert und trotzdem brennt die Lampe nicht. Da Nadine auch noch Positionslampen hat, werden wir das Kabel im Mast jetzt nicht auswechseln. Nach einem letzten Einkauf war alles für die Abfahrt am nächsten Morgen fertig. Das Wetter machte es uns nicht leicht... wir blieben noch 1 Tag, aber dann am 3.11. haben wir ohne großem Bahnhof, still und leise den Club Barlovento (nach beinahe 4 Jahren) verlassen und haben noch einmal im Delta auf unserem Lieblingsplatz geankert. Diesmal haben wir beobachtet, wie ab 0700 Uhr in der Frühe die Schulkinder mit einer Art Fjordbus abgeholt werden, am Nachmittag ab 1600 werden sie zurückgebracht.

    

    
Die Verbindung mit den Häusern im Delta von Buenos Aires erfolgt durch schöne alte Holzboote

Einen Tag später waren wir wieder in Colonia und nach einer knappen Woche segelten (!) wir weiter nach Juan Lacaze, einer kleinen staubigen Stadt mit einem geschützten Hafen, westlich von Montevideo. Alle Bewohner dieser Stadt scheinen in der einzigen Fabrik am Ort zu arbeiten: Papier und Zellulose-Herstellung. Wir haben bisher erstaunlich oft Westwind, und deshalb glauben wir, daß dieses Jahr ein normales Jahr wird und daß das Wetter keine Kapriolen schlägt. Ich denke mal, Ende November bis 1. Woche im Dezember sollte unser Start sein. Da jeder 3 Versuche (!) hat, könnte es diesmal klappen - hoffen wir. Auch ich wünsche mir nichts sehnlicher, als daß diese Tour endlich hinter uns läge. Wir werden uns vorher noch melden. Es grüßt euch sehr herzlich Ilse.

Uli: Der Abschied von Argentinien fällt mir persönlich schwerer als Ilse. So viele angenehme und schöne Seiten hält dieses Land und seine Bewohner für den Besucher bereit.


   Einlaufen eines Tankers in Puerto Sauce, Uruguay

Aber: Behördengänge nerven mit der Zeit, und “unser” Elektriker, der über eine Mastleiter an Land im Masttop bearbeiten sollte, was ich mit 2 Versuchen im Bootsmannsstuhl nicht geschafft habe, nervte ebenso: das Nichteinhalten von Terminen ist schlimmer als in Deutschland. Dies ist ein grundsätzliches Problem: unendlich viel Zeit verliert man in Argentinien durch schlechte Organisation.


   Mooring-Plätze

Und nun kommt noch die Inflation als Dauerproblem hinzu. Unser Club in Buenos Aires verlangte jetzt als Liegegebühr eine Monatsmiete, die für ca. 50 m² Wasserfläche höher war als eine Monatsmiete in Berlin mit 100 m² Wohnfläche. Im Moment ist der Peso total überbewertet – und die Exporteure von Agrar-Produkten haben das Nachsehen...

    

    
Liegeplätze an der Pier von Juan Lacaze / Pto. Sauce

Juan Lacaze oder auch Puerto Sauce gilt als einer der geschütztesten und preiswertesten Häfen Uruguays: sollte sich ein Gilde-Mitglied hierhin verirren – wir können den Ort empfehlen. Es ist nichts los hier, aber alles, was benötigt wird, ist vorhanden. Und die Busverbindungen nach irgendwo sind ausgezeichnet wie in Argentinien. Bis zum nächsten Bericht grüßt Uli.

Für heute verabschieden wir uns mit guten Wünschen

Ilse und Uli

(Quelle: mail vom Sa., 12.11.2016 17:32)
30.09.2016
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

unser Frühlingsgruß kommt aus Uruguay, wo wir eine neue Aufenthaltsgenehmigung für unser Schiff für die Wiedereinreise nach Argentinien erhalten können. Noch ist es winterlich kalt, aber die Laubbäume haben alle schon grüne Blätter. Wir liegen an der Muring-Boje von Colonia und versuchen, die Berliner Hektik der vergangenen Monate hinter uns zu lassen.

Wir sind am 13. September von Berlin abgeflogen und haben ein neues Schlauchboot als Sondergepäck mitgenommen. Die Preis-Auskunft der brasilianischen TAM, die uns nach Sao Paulo mitnahm, lautete auf zweimalige Nachfrage: bei Einhaltung bestimmter Maße und Gewichte 180 Euro. Aber wir hatten nicht mit dem Zubringer Lufthansa nach Frankfurt gerechnet, der Maße und Gewichte nicht anerkannte und uns 600 Euro abknöpfte. Die Nachfrage in Buenos Aires ergab: „Warum fliegen Sie denn mit der Lufthansa?!“

Aber unser Gepäck war vollzählig - in Tegel hatte man eine Tasche geöffnet ohne etwas zu entnehmen - und obwohl die Maschine in Sao Paulo nach Buenos Aires sich verspätete und wir 10 Stunden warten mussten. Wieder an Bord waren die Tage angefüllt mit der Vorbereitung der kurzfristigen Ausreise. Die Freude, in altvertrauter Umgebung zu sein, wurde durch die Tatsache der Super-Inflation getrübt. Allein unser Club-Liegeplatz wird inzwischen alle paar Wochen mit einem happigen Preis-Sprung bedacht, was uns vielleicht zwingt, die Warte- und Arbeitszeit bis zur endgültigen Abreise in Uruguay zu verbringen. Jetzt muss in Argentinien für die chaotische Finanzpolitik der ehemaligen Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner bezahlt werden. Die neue Politik zeigt sich manchmal von ihrer skurrilen Seite: Hohe Beamte in der Uniform der Prefectura stehen am Pförtner-Tisch und wissen nicht, was sie zu tun haben, bis eine niedrige Charge zu Hilfe kommt. Bekannt waren die beamteten Cristina-Günstlinge als Gehaltsempfänger, die nur zum Monatsende auftauchten. Und jetzt lesen wir in der Zeitung, dass Argentinien 3000 syrische Flüchtlinge aufnehmen will. Das könnte doch fast ein Vorbild für unsere europäischen Nachbarn sein…

Für heute verabschieden wir uns mit guten Wünschen für einen goldenen deutschen Herbst.

Ilse und Uli

(Quelle: mail vom Fr, 30.09.2016 18:31)
07.05.2016
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

wir haben nachgezählt: 13 Stolpersteine haben uns den Weg nach Südafrika in diesem Jahr versperrt. 2 waren echte Felsbrocken, die wir nicht wegräumen konnten: ein defektes Getriebe und ein irres Ninjo-Wetterjahr. Nun haben wir den Rückflug nach Berlin für den 15. Mai gebucht, hatten Glück, New York als Transit vermeiden zu können und zählen schon nicht mehr bis 14, weil nun auch der 2. Computer den Dienst verweigert. Nur mit gutem Zureden kann ich jetzt diese Zeilen schreiben...

Wenn wir im Frühling hier abermals starten wollen - wir müssen ja irgendwann mal wieder nach Europa -, dann gehen wir fest davon aus, dass sich die kumulative Mistbescherung der weihnachtlichen Sommerzeit nicht wiederholt. Denn mit dem Getriebe sind wir durch. Repariert und wieder rausgenommen, repariert, nämlich Öldruckpumpe neu eingeschliffen, und wieder eingebaut. Und dann kam die Probefahrt. Wenn man eine Vorstellung der Verhältnisse zu diesem Zeitpunkt vermitteln will, dann muss man ein wenig ausholen und diesem zweiten Ninjo-Jahr in Folge eine gebührende Würdigung erweisen. Über monatelangen Ostwind gegen jegliche Statistik hatten wir schon berichtet.

Das Ausbleiben des Humboldt-Stromes an der südamerikanischen Westküste hat eine kontinentale Klima-Verschiebung zur Folge gehabt. In Venezuela führte eine außergewöhnliche Dürre zur Stromkrise, weil die Stauseen der Wasserkraftwerke leer liefen – und Präsident Maduro forderte die Frauen im Land auf, nicht mehr ihre Haare zu föhnen und damit Strom zu sparen. In Argentinien dagegen traten in der sog. Feuchten Pampa, dem Anbaugebiet von Getriede und Ölsaat sowie der Viehzucht und Milchwirtschaft, katastrophale Überschwemmungen ein. Die Ernte konnte nicht eingefahren werden, weil die LKWs die überfluteten Straßen nicht passieren konnten, und die Rinder standen im Wasser und litten an Futtermangel, wie sonst nur zu trockene Jahre ihn verursachen.

Die Auswirkung dieser Verhältnisse bekamen wir auf unserer Probefahrt nach 3 Wochen Dauerregen zu spüren. Wir wollten gegen die Strömung auf dem Fluß Paraná, der, eine Art argentinischer Amazonas, gewöhnlich moderat ins Delta fließt, einen 2-Tage-Test durchführen. Eine Überraschung war uns sicher, als wir den Fluss erreichten – und nicht wiedererkannten. Der nächtliche Ankerplatz hatte sich in ein Sargassomeer verwandelt: meilenweit waren Fluss, Buchten und Ufersäume mit einem dichten grünen Teppich aus Camelotes/Wasserastern bedeckt, die eine Reise aus dem argentinischen Norden und Brasilien (?) angetreten hatten. Fahrwassertonnen waren nur schwer auszumachen, eine trügerische Ruhe lag über dem Wasser. Und dann ergriff uns eine bisher unbekannte Strömung. Ankern für die Nacht war gestrichen, wir mussten schnell über die Kanäle zurück, ehe die frühe Dunkelheit einsetzte. Jetzt musste das Getriebe die Bewährungsprobe bestehen: wir schätzten die Strömung in den Engen auf 6 bis 7 kn. Die Drehzahl der Maschine wurde immer weiter erhöht, und in bangen Minuten fuhren wir mit Fußgänger-Geschwindigkeit von 3 km/Std. gegen Strom und Zeit bis zum abzweigenden Kanal zurück. Dort standen die Wochenendhäuser bis zur Oberkante ihrer Stelzen-Beine im Wasser.

Nun liegen wir wieder sicher vertäut in "unserem" Verein, der inflationsbedingt recht teuer geworden ist, erledigen bis zum Abflug die letzten Arbeiten und grüßen Euch herzlich immer noch aus Buenos Aires.

Ilse und Uli

(Quelle: mail vom Sa., 07.05.2016 22:00)
08.04.2016
Colonia/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Erst zeigte der Atlantik vom Äquator bis zum 40. Breitengrad und noch südlicher Ostwind, wie wir eine solche Sch... noch nie gesehen haben, jetzt kommt aus Brasilien ein Ei nach dem anderen und es regnet wie in Norwegen. Man freut sich nach der unglaublichen Sommerhitze über jeden Sonnenstrahl. Noch ein paar Wochen Ninjo-Jahr, meinen hier die Wetterfrösche. Das Getriebe ist wie wir noch auf Warteposition, Mechaniker Ricardo glaubt das hinzukriegen, weil er meint, er wüsste, woran das liegt. Egal, wir schauen erwartungsvoll nach D und melden uns mit Neuigkeiten wieder.

Herzlich grüßen Ilse und Uli aus der Geisterbahn

(Quelle: mail vom Fr., 08.04.2016 16:56)
07.04.2016
Colonia/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Hier geht alles seinen vorgesehenen Gang: die Trolle lassen uns seit 14 Tagen links liegen, die Ninjo-Effekte lassen langsam nach (verheerende Wetteränderungen in Südamerika lt. Met. Potsdam), das Getriebe ist wieder ausgebaut und am Montag kommt ein Gutachter, um die Schäden in Augenschein zu nehmen, die durch die Ramming der argentinischen Ketsch entstanden sind. Es wird um eine Abfindung gehen, reparieren lassen wir nix. Sobald die Getriebefrage gelöst ist und wir wissen, wo unser Schiff während unseres Berlin-Aufenthaltes (sicher) bleiben kann, gehen wir die Suche nach bezahlbaren Flügen an. Langweilig ist es bei uns (leider) nie. Aber dieses Jahr werden wir uns tatsächlich sehen...

Herzlich grüßen Ilse und Uli aus der Geisterbahn

(Quelle: mail vom Fr., 07.04.2016 16:17)
20.03.2016
Colonia/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Wir versuchen jetzt, peu à peu alles in die Reihe zu bekommen, der Knackpunkt ist und bleibt das Getriebe, was aber wohl erst nach Ostern in Angriff genommen werden kann. Nach einer unvorstellbaren Hitze ist es hier (Uruguay) jetzt saukalt – Eisberge haben wir aber noch nicht gesehen.

Herzlich grüßen Ilse und Uli aus der Geisterbahn

(Quelle: mail vom Fr., 20.03.2016 15:04)
27.02.2016
Colonia/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

hier eine wahre Geschichte: Wir liegen an der Hafen-Muring von Colonia, vor uns an einer anderen Muring die argentinische Ketch “Tequila”. Recht plötzlich haben wir 35 kn Wind aus Nord – bis zum Ufer sind es von uns aus ca. 4 Kabel (700 m). Es steht eine lustige Welle über 3 bis 4 m Wasser. Nun beginnt die “Tequila” mit der Muring-Tonne zu treiben und kracht in unsere frisch gemalerte Bordwand. Dort bleibt sie wild tanzend liegen. Der Skipper ist allein und weigert sich, die Bojenleine zu lösen und voraus vor Anker zu gehen. Ich rufe 14 Uhr auf 16 die Prefectura (Coast Guard) um Hilfe – 3 mal. Um 14.55 Uhr kommen 3 Fuzzis im Beiboot und helfen dem Skipper der “Tequila”, sich von unserer Seite zu lösen. Eigentlich wollten wir am Wochenende noch einen Ausflug machen, vielleicht können wir uns das nun schenken.

Herzlich grüßen Ilse und Uli aus der Geisterbahn

(Quelle: mail vom Fr., 26.02.2016 21:34)
25.02.2016
Colonia/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

es ist schon vertrackt: wir haben den Eindruck, als läge die "Schattenlinie", wie der gleichnamige Roman von Joseph Conrad lautet, zwischen Afrika und dem südamerikanischen Kontinent. Wir können machen, was wir wollen, wir können die Linie nicht überqueren.

In Piriápolis Uruguay, waren wir reisefertig, und der Atlantik lag offen vor uns. Ausreichend Diesel, Wasser, Proviant, Klopapier und "erntefrisches" Gemüse, das nach 2 Tagen zu faulen begann, waren für angenommene 5 Wochen gestaut. Auf dem Übersegler war der Kurs nach Tristan da Cunha mit 116° eingetragen: 2100 Seemeilen bis dort, dann noch einmal 1500 bis Kapstadt. Wir wussten, dass dieses Jahr (mal wieder?) außergewöhnlich war. Die Monatskarten verheißen für Februar in dieem Seegebiet westliche Winde, die schnelles Vorankommmen versprechen. Aber die Windpfeile im per Internet abgerufenen "Passage Weather" zeigen wochenlang Ostwind über dem gesamten Südatlantik bis ca. 40° Süd. Und viel zu weit südlich liegt der Hochdruck-Kern, nämlich bei Tristan da Cunha mit riesigem Flautenloch. Die antarktischen Tiefs, die der Segler üblicherweise argwöhnisch beäugt, dass sie nicht zu weit nach Norden ziehen, scheinen dauerhaft in den Ruhestand gegangen zu sein. Die Yacht "Caramor" berichtet auf dem Weg von den Malvinen nach Süd-Georgien von gigantischen Eisbergen, die im Sommer dort nicht anzutreffen sind und die sie nachts zum Beidrehen zwingen. Egal, wir vertrauen auf unser Glück (?) und wollen nun endlich Südamerika verlassen.

Der Wetterbericht beim Auslaufen ist akzeptabel, doch kaum haben wir die erste Huk hinter uns, stimmt schon nichts mehr. Wir beginnen die Reise mit 3-fach gerefften Großsegel und der Kutterfock, dem kleinsten Vorsegel nach der Sturmfock, so hoch am Wind wie möglich, mit überspültem Vorschiff, und dennoch endlos weit vom Sollkurs entfernt.

Die nächste Überraschung kommt, als wir offensichtlich die "Schattenlinie" erreicht haben: Das Getriebe meldet sich wieder. Da wir das Wellenlager noch in Buenos Aires ausgewechselt hatten und unter Segeln alle Geräusche normal sind, bleibt als lauter Störenfried nur das Getriebe übrig. Wir segeln (mal wieder) zurück und nehmen an einem der nächsten Tage den Schweizer Ruedi von der „Galileo“ an Bord, um uns bestätigen zu lassen, dass wir noch keine Geräusche halluzinieren. Und dann kommt die Ölfilterprobe, die am Sieb grauen Abrieb bestätigt. Unser Mechaniker in Buenos Aires will das mit Ersatzteilen „reparierte“ Getriebe wieder aus dem Schiff nehmen.

Wie geht es weiter? Wir wissen es nicht und mussten den Schlag erst einmal verdauen, was in der fürchterlichen Hitze des Rio de la Plata nicht leicht war. Auf alle Fälle werden wir nicht erst später im Jahr wie geplant per Flieger nach Deutschland zurückkommen, sondern unsre Kraft in den Kampf mit den Investoren, die unsere Wohnung gekauft hatten, investieren. Wir hoffen, dafür eher wieder zum dritten Start nach Buenos Aires zurückkehren zu können. Vielleicht lacht uns dann das Glück und nach 2 Ninjo-Jahren ist kein drittes Jahr im Programm...

Mit gedämpften Optimismus grüßen von der „Nadine“

Ilse und Uli

(Quelle: mail vom Mi., 24.02.2016 23:57)
09.02.2016
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

von Piriapolis / Uruguay aus verlassen wir Südamerika. Morgen scheinen nach Durchzug des letzten Tiefs aus Brasilien die Bedingungen gut zu sein. Insgesamt 2.100 sm bis Tristan und dann noch mal 1.500 sm bis Kapstadt liegen vor uns. Wir melden uns in Abständen über Satellit.

Herzlich grüßen Ilse und Uli von der “Nadine”

(Quelle: mail vom Di., 09.02.2016 14:58)
26.01.2016
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

3 Wochen Werft-Liegezeit haben wir überstanden. Das Wellenlager wurde mit Erfolg getauscht, Vor- und Nachbereitung standen im Zeichen großer Hitze bei windloser Schwüle. Das Thermometer im Deckshaus zeigte am 22. Januar 44,3° Lufttemperatur und 49,1° auf dem Aluminium an. Noch in Berlin hatten wir gedacht, dass wir die Temperaturen der Teufelsinseln (Guayana) nicht ertragen könnten: wir mussten sie hier ertragen. Bevor wir am Sonntag, dem 24.1., den erneuten Aufbruch forcieren, überraschen uns die südatlantischen Trolle mit einem neuen Streich aus ihrer Spaßkiste: Die Wasserfläche des Yachtclubs ist mit “camelotes”, einer durch Luftblasen schwimmenden, von ihren Wurzeln abgerissenen, Blütenpflanze bedeckt.


   “Camelotes”

Der Hafeneingang wird durch eine Barriere abgesperrt, die zum Auslaufen kurz geöffnet wird – als führe man durch einen nach Minen abgesuchten Kanal. Kein Streich der Trolle ist es dann, dass ich mal wieder den Rat von Ilse ignoriere und 5 Stunden Umweg über den Delta-Tiefwasserweg vermeiden will – wir sitzen auf! 20 Minuten erhöhte Motor-Drehzahl, das “Kühlwasser” im Fluss hat über 30°, dann schleichen wir kurz vor der roten Temperatur-Marke ins 2 Meter tiefe Wasser.

Jetzt sind wir wieder in Uruguay in den Startlöchern, konnten nachts zum ersten Mal wieder richtig schlafen, weil keine Temperaturen von über 30° die windlose Nacht zur Qual machen, und erholen uns ein wenig vor dem erneuten Aufbruch. Alle Mutmacher-Mails, die wir von Euch erhalten haben, waren eine echte Psycho-Pille, die zum Durchhalten angespornt hat – danke! Unsere zuverlässige “Landstation” haben wir gebeten, unsere Positionsmeldungen per Satellit von See an Euch weiterzuleiten (Ralf Krischker für die “Homepage”). Ihr seid also meistens informiert. Die Bücher versichern uns gute Passage-Bedingungen bis Ende März.

Herzlich grüßen aus dem zweiten Nino-Jahr in Folge

Ilse und Uli von der “Nadine”

(Quelle: mail vom Di., 26.01.2016 21:25)
13.01.2016
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Bange Stunden wir seit Montag bis heute Mittwoch verbracht, weil wir befürchteten, Ersatzteile (Wellendichtung in Stevenrohr Aluminium) gäbe es nur per UPS aus D. Und auf Peter Feltz in HH in der Werft haben wir geflucht, weil das Lager der Welle, die gezogen werden musste, nachdem das halbe Schiff auseinandergebaut war, aus einer Art Holz/Karton/Kunststoff-Umhüllung bestand, die stundenlang aus dem Stevenrohr gepopelt werden musste. Doch Wunder über Wunder: diese Lager werden weltweit in Alu-Schiffe eingebaut und im BsAs-Spezialladen brauchte man nur ins Regal zu greifen: ein 38 mm Lager war minutenschnell auf 40 mm Welle gefräst. Jetzt wird der Baukasten wieder zusammengesetzt und morgen kommt Epoxy und Antifouling auf die Wunden. Fertig in 4 Tagen!!! Kannst Du nachvollziehen, wenn wir sagen, wir sind guter Hoffnung!?!

P.S. Die Kosten sind wie alles an Schiffen: 100 Euro-Scheine unter der Dusche bzw. bei 43° C im Motorraum zerreißen.

Ganz herzliche Grüße von Ilse und Uli auf dem Werftgelände

(Quelle: mail vom Mi., 13.01.2016 21:15)
06.01.2016
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

reichlich 600 Seemeilen liegen hinter uns, auf dem Weg nach Südafrika hätten wir dann schon fast ein Fünftel der Strecke bewältigt – aber wir sind wieder in Buenos Aires und warten auf einen Krantermin in der Werft, um das Unterwasserschiff anzusehen und nach einer Instandsetzung eines Schadens erneut - hoffentlich erneut - aufzubrechen.

Wir hatten berichtet, wie wir nach Verlassen von Buenos Aires unsere Weiterfahrt gestaltet hatten: In Colonia del Sacramento in Uruguay warteten wir auf das passende Wetterfenster, das ein beständiger Ostwind durch eine Unterbrechung einmal öffnen würde. Wir näherten uns Weihnachten, die schöne Mittsommerzeit mit kürzeren Nächten machte Appetit auf den Weg nach Osten.


    Das Jahr geht zu Ende, aber die Sonne kehrt zurück. Hafenmole Colonia,
     Uruguay, 9.12.2015

Als die Wetterprognose günstig war, kamen wir gerade mal bis La Plata in Argentinien. Wir gingen vor Anker, ohne Einklarierung. Denn am nächsten Tag schickte uns der Satellit so gute Voraussetzungen, dass kein Zögern möglich war. Aber welcher Computer ist wirklich mit dem Hexenkessel Rio de la Plata vertraut? Wir hatten das Gefühl, das der Norwegenfahrer bestens kennt: wir befinden uns im Südrevier der norwegischen Trolle.

Kaum ausgelaufen, schienen sie auf uns zu lauern. Wir bissen an, machten noch Strecke gut und hofften auf die Umsetzung der Wetterprognose. Nix da, jeden Kurswechsel machte der Wind mit – gegenan, versteht sich. Und nachdem die Trolle den gesamten Rio de la Plata abgesucht hatten, fanden sie uns: 12 Stunden Gewitter mit einem Feuerwerk am Himmel, das von Brasilien über Uruguay bis Argentinien reichte. Wir auf dem Ausweichweg nach Montevideo über 4 Meter flachen Bänken mit Hagel-Wurfgeschossen und nachfolgendem die Sicht nehmenden Regen.

Da die Trolle bekanntermaßen ja nur spielen wollen, kamen wir gut in Montevideo im Morgengrauen an. Ein schöner (teurer) Stegplatz ließ uns nicht zögern, die Koje aufzusuchen. Wir fuhren vom Quietschen der Fender aus dem Tiefschlaf hoch: eine Vorleine hatte sich gelöst, als – wie man uns berichtete – ein Pampero über den Hafen zog. Diese freundlichen "Kollegen" kannten wir schließlich noch aus Patagonien...

Zu Weihnachten, während wir noch warteten, bot der Yachthafen einen schönen Anblick, und die Jugendlichen des Vereins hielten die Tradition hoch, die auf der Südhalbkugel wie eine Karikatur der Jahreszeit wirkt. Und das größte Feuerwerk erhellt auch hier den "Heiligen Abend".

   Yachthafen Buceo, Montevideo

    

   Weihnachtssegeln mit zu warmer Kopfbedeckung
Am 25. Dezember nahte ein wunderbarer Segeltag mit passendem Wind für die 200 Seemeilen bis Mar del Plata, von wo aus wir Südamerika verlassen wollten.


   Auf dem Weg nach Mar del Plata

Das Schiff lief mit 6 bis 7 Knoten unter Windfahne, normalerweise leise summend läuft die Propellerwelle mit, da sich das hydraulische Getriebe nicht arrentieren lässt. Das leise Summen verwandelte sich allmählich in ein infernalisches Kreischen, das der Alu-Rumpf des Schiffes willig verstärkte. Waren es die Austauschteile im Getriebe, war es das Wellenlager? Wir konnten das Geräusch nicht lokalisieren.

In Mar del Plata angekommen schrieben wir keine Neujahrsgrüße, sondern suchten ein Locutorio auf, um mit dem Mechaniker (unseres Vertrauens), der die Getriebeteile in Buenos Aires ausgetauscht hatte, zu telefonieren. Nur eine Lösung war möglich: zurück nach Buenos Aires an den Club-Kran, tan rápido que posible.

Mit gemischten Gefühlen verbrachten wir Silvester auf See, ohne Sekt aber mit winzigem Feuerwerkchen über der fernen argentinischen Küste, während das Schiff durch Regen und Nebelfelder voranpreschte. Immerhin ließ sich fast die gesamte Strecke segeln. Dass uns dann in der zweiten Nacht wieder die Trolle fanden, erschien uns nur natürlich, und am Ende schlichen wir unter Motor mit 2 Knoten über Grund gegen den auslaufenden Strom. Immerhin, wir waren wieder dort, wo uns das Land offensichtlich nicht loslassen wollte. Bei der Menge der argentinischen Einreisestempel in unseren Pässen wird man uns sicher auch noch die Staatsbürgerschaft anbieten. Wir werden berichten.

Ganz herzliche Grüße von Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Mi., 06.01.2016 04:38)
17.12.2015
Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Wir wünschen Euch ein schönes Fest und für das Neue Jahr nur - oder fast nur - positive Erlebnisse. Wir gehen am Sonntag nach Mar del Plata (Sturmtief passiert) und brechen dann von dort auf nach Kapstadt. Ihr werdet per Satellit regelmäßig von uns hören. Allen Gildemitgliedern und Freunden der Gilde unsere besten Wünsche zum Fest und zum Jahreswechsel, Dank an alle Mitglieder, die sich um das Wohlergehen des Vereins bemüht haben und für das Jahr 2016 einen weniger dramatischen Verlauf.

Ganz herzliche Grüße von Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Do., 17.12.2015, 15:21)
15.12.2015
Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Angesichts der Mails, die uns aus Deutschland erreichen, müssen wir wohl unsere Heimat-Vorstellung ein wenig korrigieren. Offensichtlich passiert mehr als in Adventskerzen schauen und Schoko-Herzen essen. Und wir fragen uns, ob trotz des "Wir schaffen es..." der Kanzlerin uns allen (Europäern) ein Happy End winkt.

Aber hier (noch in Uruguay) ist der Sommer mit Macht angekommen, die Nächte werden kürzer und das für Weihnachten unzeitgemäße Mittsommerfeeling erfreut uns an einer Boje liegend. Damit Ihr etwas zu lachen habt in dunkler Zeit, berichten wir einmal von unserer 2. Advent-Feier, die wir nicht absichtlich als Slapstick-Komödie arrangiert haben.

Samstag, 5.12.: Der Hafen ist übervoll, wie Dänemark in den Ferien. Die Argentinier nutzen das Adventswochenende, am Montag einen Brückentag und den Feiertag "Fleckenlose Empfängnis" am Dienstag. Fahren an Land, vom Außenborder bricht die Tank-Belüftungsschraube ab. An der Bank lässt sich unsere Visa-Karte nicht in die Maschine stecken. Nächste Bank akzeptiert andere Karte und zahlt Geld aus. Karte behält der Automat ein. Nette Frau hilft mit Handy: sollen bis zur Schalteröffnung am Montag warten. Gehen in Internet-Eis-Café und erhalten für das teuerste Eis unseres Lebens keinen Internet-Zugang. Beim folgenden Gemurkse bricht der Laptop zusammen, Systemreparatur ohne Netzanschluss. Frustriert an Bord nächster Arbeitsgang: Spi-Baum verklemmt, wollen ihn gängig machen. Wollen mit Leine über Winsch den Baum anheben. Leine bricht, trifft meine Brille, Brille fliegt an Deck, ein Glas raus. Wieder zur Bank zwecks Kontrolle. Maschine spuckt wieder Geld aus - aber wo ist unsere Karte?? Suchen die Polizei um zu berichten. Es ist spät, aber die gesamte Nacht bis morgens 7 Uhr (sic!) erzittert das Schiff im Disco-Gedröhn.

Sonntag, 6.12.: Wieder kein Internet, Kneipe geschlossen (Sonntag!), als wir ein schneckenschnelles Netz gefunden haben, macht der Laptop mal wieder dicht und verkündet "Windows kann nicht gestartet werden." Na, so was.

Montag, 7.12.: Dort, wo Internet immer funktioniert, verkündet der Kellner, nachdem er den Orangensaft gebracht hat: "Heute ist alles tot!" Und 220 V bekommen wir auch nicht, weil die Netzstecker in Uruguay den Argentinien-Adapter nicht mögen. Aber wir kommen zur geöffneten Bank, die unsere Karte sicher schon für uns bereit hält. Nada! Der coole Angestellte verkündet, dass die Karte vernichtet werden wird. Daraufhin verkünde ich eine Diebstahls-Anzeige: er schreibt für die Polizei seinen Namen auf und sagt "Si". Bei der Polizei wissen sie, wo wir die Anzeige loslassen können, aber sie kennen nicht den Weg dorthin. Ihre Skizze ist falsch, wir irren durch die Hitze, erhalten aber Hilfe von Hausbewohnern in Nachbarstraßen. Der Tag endet mit einer völlig unproblematischen telefonischen Sperre der Karte in Deutschland.

Das war´s, war´s das? Also, genießt die Vorweihnachtszeit, die Realität ist schrecklich...

(Quelle: mail vom Di., 15.12.2015, 07:02)
24.11.2015
Colonia del Sacramento/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Gruß aus der Orientalischen Republik...Uruguay, nämlich aus Colonia del Sacramento. Wir liegen an einer Boje, sind im Club Barlovento mit riesigem Bahnhof und Geschenken verabschiedet worden und haben am Sonntag abends schon eine SMS erhalten, dass Macri die Präsidentschaftswahl gewonnen hat. Wir freuen uns für Argentinien! Wir wollen mit einem Leihauto von hier nach Punta del Este fahren - 3 Tage 65 USD mit freien Kilometern - , dann werden wir Mar del Plata ansteuern und uns wieder melden. Wir hoffen inständig, dass Pantaenius Eure Probleme trotz Arbeitsaufwand und Eigenkosten gelöst hat und Ihr mit "Maimiti" erwartungsfroh den nächsten Törn planen könnt.

3 Tage vor unserem Auslauftermin (Ende der Aufenthaltserlaubnis für das Schiff) kam unser Freund Michael von seiner Exkursion aus Salta zurück, um seinen Riesenkoffer bei uns an Bord abzuholen. Beim Übersteigen vom Schlauchboot auf das Schiff verlor er das Gleichgewicht, kippte das Schlauchboot fast um und drückte mich außenbords, worauf ich mit meinem Rucksack zur Badeleiter schwimmen musste. Da er beim ersten Besuch an Bord in Barlovento auch schon mit seinem elektronisch gefüllten Rucksack ins Wasser gefallen war, war jetzt nach altem Marinebrauch 1 Kiste Champagner fällig. Ich kann mich in Berlin aber leider nur auf 1 Flasche freuen. Ilse hat nämlich eine Liste mit 5 Anlässen aufgestellt, bei denen sie schwierige Probleme gelöst oder vor großen Gefahren gewarnt hat. Ich habe diese dadurch entweder vermieden oder war beratungsresistent mit allen schrecklichen Folgen. Nun beansprucht sie für sich 5 Flaschen...

Herzliche Grüße von Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Di., 24.11.2015, 19:05)
30.10.2015
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

nachdem wir den Südwinter im angenehmen deutschen Sommer verbracht haben, laufen die üblichen Vorbereitungen für den nächsten Schritt, die Südatlantikpassage nach Südafrika. Unser ramponiertes Getriebe - eine Spätfolge der am Propeller in Süd-Patagonien eingefangenen Leine - ist noch immer nicht eingebaut, aber es grenzt fast an ein Wunder, dass die Hurth-Ersatzteile problemlos aus Italien gekommen sind. Und die Wetterlage im Frühjahr empfiehlt in der Regel einen Aufbruch Anfang Dezember, wenn die südlichen Sturmtiefs ordentlich unter dem 40. Breitengrad bleiben. Man hofft dann, dass sie sich auch daran halten...

Also können wir guten Gewissens unsere Berliner Freunde bestätigen, die uns fragten, ob wir eigentlich Segler oder Landausflügler sind: Ja, wir sind Touristen, die sich abermals 14 Tage Zeit genommen haben, um per Bus und Leihauto nochmals die Schönheiten des Landes zu sehen, das wir nun bald verlassen wollen und müssen. Wir sind in den Nordwesten gefahren und haben Mendoza, die Nationalparks von San Juan und La Rioja sowie Córdoba besucht. Wir wollen in aller Kürze davon berichten, denn eine Arbeitspause an Bord für ein solches Vorhaben lohnt allemal.

Wenn man in Argentinien eine Flasche Wein aufmacht, kann man sicher sein, dass sie aus Mendoza oder aus den anschließenden Provinzen wie San Juan oder La Rioja kommt. Die gewaltige Andenkette, die aus der trockenen Pre-Cordillera besteht, dann aus der verschneiten "Silberschnur" der Gebirgskette vor der zentralen Gipfelkette, die mit dem Aconcagua fast 7.000 m Höhe erreicht, ist der Wasserspender eines scheinbar endlosen Weinanbaugebietes.


   "Cordón de Plata", die Silberschnur der mittleren Andenkette

Von Mendoza aus können wir mit anderen (argentinischen) Touristen in einem Kleinbus auf der Ruta Nacional RN7 die Pass-Straße befahren, die auf der anderen Andenseite nach Santiago de Chile führt. Wir passieren das Dorf Uspallata am Rio Mendoza, das mit seiner Umgebung die Dreh-Kulisse für den Film "7 Jahre Tibet" bildete. Und natürlich gibt es hier außer der Möglichkeit, Bergausrüstung auszuleihen, auch eine Tibet-Bar und ein Meditations-Zentrum. Man passiert das Skigebiet "Los Penitentes" und erhält dann von der freundlichen, langsam und deutlich Castellano sprechenden Fremdenführerin die erfreuliche Nachricht, dass man sich die Straße nicht mit den 2.000 Lastwagen teilen muss, die täglich auf dieser Chile-Argentinien Route verkehren. Der Pass ist gesperrt, die LKWs hängen auf gigantischen Parkplätzen fest.


   Auf dem Weg zum Pass

Wir hatten Buenos Aires am 11.10. mit dem Bus verlassen und waren froh, nicht in die Haupt-Reisezeit zu geraten - ein Irrtum! Als wir das Besucherzentrum Aconcagua erreichen, hören wir, dass bis zum 15. November alles dicht ist. Der "leicht" zu besteigende Aconcagua - Quechuan für "Steinerner Wachtposten" - , wie die minimalistische Beschreibung des 7.000ers lautet, übt natürlich auch auf Segler eine Faszination aus. Fluch des Alters, keinen Ehrgeiz entwickeln zu dürfen, aber ein paar Kilometer auf dem Weg vom Besucherzentrum zum Mirador, wo man den Giganten in der Ferne erblicken kann, das wäre schon ein Wunsch für den nächsten Tag gewesen.


   Der Nationalpark ist geschlossen

Wir lesen, dass es auf dem 'Wanderweg' sogar einen Hubschrauber-Landeplatz gibt und für diejenigen, die den leicht zu besteigenden Gipfel nicht überlebt haben, auch einen dafür angelegten Friedhof...

Das Denkmal an der höchsten Stelle des Passes, der "Cristo Redentor" bietet uns der Busunternehmer erst ab Dezember an, am vorletzten Pass-Tunnel, an den alten und jetzt geschlossenen Kupfer-Minen, deren "Cuevas" die Eingänge zu den Stollen bildeten, ist endgültig Schluss: der Schneesturm, der durch die Straße fegt, lässt keinen Zweifel zu.


   Wer hier Kupfer abgebaut hat, hatte nichts zu lachen

Wie alle Besucher werden wir auf dem Rückweg zur Puente del Inca geführt, die eigentlich mit den Inkas nichts zu tun hat. Warme Quellen treten hier aus dem Gebirge aus und führen mit ihrem stark mineralhaltigen Wasser zu Petrifizierungen. Diese haben im Laufe der Jahrtausende einen Brückenbogen über dem Fluss hinterlassen, der lange Zeit begehbar war.


   Puente del Inca

Die Inkas kannten die Heilkraft des Wassers an diesem Ort und die Legende, die zur Namensgebung führte, berichtet von einer kranken Häuptlingstochter, die über den Fluss getragen werden musste. Die Träger standen dabei im Wasser, reichten das Kind über Kopf weiter, während sie selbst petrifizierten. Später bauten die Engländer hier ein Hotel und das Wunder setzte sich fort: Eine Lawine zerstörte das Hotel, während die Kapelle nebenan unversehrt blieb.

San Juan heißt unser nächstes Ziel. Die Stadt ist eher langweilig, nach dem schwersten Erdbeben aller Zeiten 1944 wie alle argentinischen Städte schachbrettmusterartig neu aufgebaut. Inmitten von Weinfeldern gelegen ist sie der Ausgangspunkt für die Weiterfahrt nach San Augustín, von wo sich 2 der berühmtesten Nationalparks des Landes erreichen lassen.


   Wein und Oliven bilden auch hier nach der Ölförderung die zweite
    Einnahmequelle

Ischigualasto, das Mondtal - Valle de la Luna -, und Talampaya gehören zum Weltkulturerbe, sind aber so schwer zu erreichen, dass sich der Tourismus in Grenzen hält. Die 250 Millionen Jahre alten geologischen Formationen aus der Trias, die hier zu Tage treten, sind eine Fundstätte fossiler Überraschungen. Und die Arbeit von Wasser und Sandsturm haben nach der Eiszeit einen skurrilen Formenpark entstehen lassen, der der Phantasie keine Grenzen setzt: man findet die Sphinx, das U-Boot, den Pilz und vieles mehr. Man fährt geführt in einer Kolonne durch den Park und erhält ab Mittag eine Ahnung, welche Kraft in den Sandstürmen steckt.


Erosion durch Wasser und Wind im Mondtal
Die Fahrt nach Talampaya findet am nächsten Tag statt. Auch hier fährt man in einer kleinen Gruppe mit einem Shuttle. Der Eingang zum Park ist ansprechend gestaltet, und die Jura-Zeit des Erdmittelalters erscheint unvermutet und täuschend echt.


   Der Dino-Park

Das Flusstal, die Quebrada, ist das eigentliche Park-Highlight, mit riesig hohen roten Sandsteinwänden, die ein phantastisches Echo vervielfacht zurückwerfen und schon 2.000 v.Chr. besiedelt waren. Wie in der Cueva de las Manos fand man Fels-Malerein. Auch hier hat die Erosion ein Figuren-Kabinett geschaffen.

   Die Kathedrale

   Hinter unserem Rücken steht "der Mönch"
Umständlich müssen wir am 20.10. nachts um 3 Uhr mit dem Bus nach San Juan zurückfahren, um den Anschluss nach Córdoba zu erwischen. Dies ist unsere letzte Station, deren Hauptattraktion die 1573 von Don Jéronimo Luis de Cabrera gegründete Stadt ist und ihre durch die Jesuiten vor ihrer Vertreibung aus Südamerika geprägten Bauwerke. Hier steht die älteste Kathedrale des Landes, eine 1782 fertiggestellte Barock-Kirche, die überall die Spuren der indigenen Erbauer erkennen lässt.

Der sog. Jesuitenblock, das logistische Zentrum für die umliegenden Estancias, die für den Unterhalt der Universität Córdoba sorgten, gehört wie diese heute zum Weltkulturerbe. Aber nicht nur rückwärts gewandt ist diese Stadt, in der das Fahren mit einem Leihauto zu Schweißausbrüchen führt, nein, in keiner anderen Stadt haben wir eine so ergreifende Aufarbeitung der Militär-Diktatur von 1976 - 1983 gesehen.

Berühmt im Südwesten der Stadt ist die Quebrada de Condorito, eine Schlucht in der die fast ausgerotteten Anden-Kondore noch brüten - wir haben keine Chance, denn beide Male, an denen wir am Parkeingang stehen, ist die Schlucht wegen Nebel geschlossen. So führt uns der Weg mit dem Leihauto nach Villa Belgrano, in der die deutschen Überlebenden des versenkten Kreuzers "Graf Spee" Asyl bekamen. Sie wurden in die Bevölkerung integriert, der Ort erhielt aber dennoch ein deutlich deutsches Gepräge. Man kann sich jedoch nicht des Eindrucks erwehren, als käme man nach Bayern vor fast 80 Jahren.

   Die Kathedrale von Córdoba

   Der Jesuitenblock

   Villa Belgrano: Oktoberfest, Gulasch und Zeppelin

   Kapelle Santa Catalina


Ein letzter Besuch gilt noch einer der berühmten Jesuiten-Estancias im Norden der Stadt. Die Estancia Santa Catalina mit ihrer Barock-Kapelle von 1732 gehört zum Weltkulturerbe, ist aber Privatbesitz und darf nur von außen besichtigt werden - in die Kapelle wird man geführt ohne Fotoerlaubnis.

Hier standen 5 Jesuiten-Brüder den Feldarbeitern und Handwerkern der Estancia vor. Dies waren 500 Negersklaven und 300 Indigene.

Wir fahren nach 14 Tagen nach Buenos Aires zurück und hoffen, uns das nächste Mal wieder als Segler melden zu können.

Bis dahin grüßen ganz herzlich Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Mo., 02.11.2015, 16:37)
05.04.2015
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

nun sind wir schon wieder seit einiger Zeit in Buenos Aires und bereiten unseren Werftaufenthalt vor. Wir hatten uns zuletzt aus Puerto Deseado, Süd-Patagonien, gemeldet und unsere Rückfahrt angekündigt. Aber mit den Ankündigungen dort ist das so eine Sache... Da erschien schon mal ein ausgeprägtes Sturmtief aus dem Süden, und die finnische Yacht, die ungeduldig auf unseren sicheren Platz am Werft-Ponton wartete, empfahl uns dringend, nun auszulaufen. Natürlich sind 9 Windstärken von hinten im Rennen rund um die Welt ein Glücksfall – für uns eher nicht. Beim Besuch der deutschen Freunde, die uns mit Antibiotika ausgeholfen hatten, zeigte Ilse stolz das Bordgeschirr und meinte: "Nichts ist bisher zu Bruch gegangen!" Wie zur Bestätigung erschien eine der hübschen patagonischen schwarzen Wolken, in Sekundenschnelle fiel die Bö mit über 50 Knoten (10 Bf.) über das Schiff her. Nun sprang ein großer Teller in einem Satz vom Tisch über die Rückenlehne der davor befindlichen Bank und landete zielgenau auf den Bodenbrettern dahinter. Zur Erinnerung hinterließ er im Holz den Abdruck seiner bisher unversehrten Form.

Anstelle eines Wartekollers, der nach zu langem Hafenaufenthalt droht, lenken wir uns noch einmal mit einem Ausflug in die Darwin-Berge ab. Die bereits geschilderte 40 km lange Ria geht landeinwärts in den Fluß, das "Flüsschen", Rio Deseado über. Darwin ließ sich hier 1833 von Kapitän Fitz Roy mit der Lancha absetzen, um an Land zu gehen und verschiedene Entdeckungen zu machen.

Eigentlich könnte man sagen, Freitag, der 13. (Februar), ist kein Auslauftermin. Aber es lässt sich mit gleichem Recht sagen, dass hier immer Freitag, der 13. ist. Da es keine Liegeplätze gibt und die Prefectura (Küstenwache) mit ihren Schiffen bei Starkwind auch am Werft-Ponton Schutz sucht, müssen wir, um auslaufen zu können, erst mehrmals bitten, den Weg frei zu machen. Bis dahin hat es sich der Südwind dann auch anders überlegt und sich verabschiedet. Macht nichts, die Prognose für das schwierige Seegebiet des Golfo San Jorge (120 Seemeilen) verheißt segelbaren Ostwind. Also motoren wir in einen grauen windlosen Morgen hinein.


   Los Miradores de Darwin

   Guanacos überqueren in brütender Hitze das Trockenfallgebiet

Steht man nicht sehr weit entfernt von der Küste, eventuell sogar noch jenseits des unangenehmen breiten südamerikanischen Küstenschelfs, gehört das Beidrehen zum Standardprogramm für eine kleine Crew. Mit mehreren Unterbrechungen sind es jetzt für uns 15 Stunden. Als schließlich der Nordwind, 'unvorhersehbar' wie er war, auf Nordwest gedreht hat, zieht uns ab Mitternacht der Klüver endlich durch die See. In der Caleta Horno, dem von Felswänden eingefassten Canyon, den wir auf dem Hinweg besucht hatten, gehen wir abermals vor Anker. Es ist Sonntag, der 15. Februar, wir sind ganz allein, kein Raubvogel kreist über uns und ein Hauch von Herbst liegt über dieser menschenleeren Landschaft.

Dieses Loch wieder zu verlassen, braucht seine Zeit: die Leinen müssen von den Felsen genommen und das Beiboot verstaut werden – und dann muss auch noch die Tide stimmen, wenn der Wind halbwegs günstig ist. Vor der Caleta liegt der Canal Leones, den man gegen den Tidenstrom besser nicht befährt. Also gehen wir in der gleichen Bucht, San Gregorio, wie auf der Fahrt nach Süden wieder vor Anker und auf Warteposition. Wir sind nicht allein: ungeheuer vorwitzige Delphine springen fast auf den Anker, als dieser für einen zweiten Halte-Versuch aus dem Wasser kommt. Kurz nach Sonnenaufgang können wir wieder segeln.


   Sonnenaufgang in der Ankerbucht San Gregorio

   Die karge Küste des “Patagonian Sailing Ground”

Dank der Erkundungen der Hinreise wissen wir die Ankerbucht Puerto Santa Elena, die Schutz vor allen Winden außer Ostwind bietet, zu schätzen. Eigentlich ist es die letzte geschützte Bucht, die man als Warteposition nutzen kann. Der lange Weg an der Halbinsel Valdez vorbei, bis man Patagonien hinter sich gelassen hat, steht unter dem Motto "Da musst du durch!" Der Anker fällt auf empfohlenen 7 Metern Wassertiefe mit 50 Metern Kette. Ich würde gern ein Bier trinken, aber Ilse nörgelt permanent: Wir haben Neumond, Springtide und der Tidenhub liegt bei 5 Metern. Nun wird es bereits – und das schon deutlich früher – dunkel und ich werde von der Sorge angesteckt. In schwarzer Nacht muss ich unter dem Licht der Stirnlampe werfen und wieder werfen, bis der verdammte Haken endlich fasst. Ich bin völlig blind, aber Ilse hält das Schiff neben dem in der Dunkelheit nur für sie sichbaren Riff. Natürlich lassen die Böen aus Nord nicht lange auf sich warten, bange Minuten, ob alles hält, verbringt man dann statt in der Koje auf Ankerwache.


   Neben Caleta Horno eine der besten Ankerbuchten

Wir haben Glück, dass wir nach kurzer Motorzeit und dem obligatorischen Beidrehen endlich Südwind in der Stärke 4 bis 6 bekommen, eine Ausnahme in diesen permanenten Nordlagen. Wir machen schnelle Fahrt in pechschwarzer Nacht, die Windfahne steuert und ein einmaliges Schauspiel hält der Himmel über uns bereit: Kugel-Galaxien werden neben der Milchstraße sichtbar, und der größte tiefschwarze Fleck des Universums, der sog. Kohlensack, taucht wie auf einem Foto im Kreuz des Südens auf. Weit entfernt liegt die Küste, aber die Lichter von Rawson, der Hauptstadt der Provinz Chubut, bilden eine schwache Lichtinsel am Horizont.

Am Sonntag-Vormittag, dem 22. Februar, taucht der Eingang zum Golfo Nuevo der Halbinsel Valdez auf. An seinem Ende liegt die walisische Gründung Puerto Madryn – da wollen wir auf keinen Fall wieder hin, auf der Hinfahrt schnappte die Falle mit einem zünftigen Pampero zu. Um 12 Uhr ist der Wind weg, und das übliche Szenario von Motorfahrt, Segel rauf, Segel runter, Beidrehen geht seinen üblichen Gang. Inzwischen ist es deutlich wärmer geworden, wir kommen in eine andere Klimazone, die Luft ist feucht und rötlich-brauner Patagonienstaub zieht in Bändern und Schwaden über den Himmel.

Am 4. Seetag nach Pto. Santa Elena, das Wasser ist glatt, der Wind fast verschwunden, kommt eine Delphinschule zum Boot, um nie gesehene Kunststücke vorzuführen: sie "laufen" über das Wasser, springen senkrecht in die Höhe und machen sogar Saltos – unglaublich!



Delphine beim Wasser-Ballett

Aber die Erfahrung lehrt uns, dass Delphin-Besuche meist (immer) die Vorboten von Starkwind sind. In der Tat: die Perfektion der Kunststücke verhält sich proportional zum nachfolgenden Wetter. Wenn man über das Seegebiet El Rincón, den "Winkel", die "Ecke", nach Norden steuert, um Mar del Plata anzulaufen, ändert sich der Nordkurs um eine ausgeprägte Ost-Komponente. Süd- bis Südostwind 6 bis 7 von der über Satellit empfangenen Prognose lassen uns bereits die Ankunftzeit für die letzten paar hundert Meilen ausrechnen. Die Wirklichkeit heißt Ostwind bis 45 Knoten (Stärke 9) und ab 21.30 Uhr mal wieder "Atlantischer Parkplatz". Zum Glück, entgegen der Empfehlung in der nautischen Literatur, stehen wir nicht dicht unter der Küste, denn der Ausnahmefall stürmischen Ostwindes, der aus dem Atlantik auf die flacher werdende Küste trifft, birgt die Gefahr der Strandung. Freikreuzen? Wir wissen es nicht...

Ich zitiere aus dem Tagebuch: "5. Seetag: Wellen hochseemäßig, immer steiler werdend. Schiff knallt in die Löcher. Der gesamte Rumpf zittert. Treiben unterschiedlich schnell (Strom) nach Nordwest – nach kurzer Zeit 30 Seemeilen. Ilse hat Angst vor Strandung. Schlimmste Schiffsbewegungen, die wir je erlebt haben. Kann Windfahne der Selbststeueranlage nicht bergen, Gestänge verbiegt (lieber Anlage kaputt als Mann über Bord). Über Kurzwelle Anruf bei Mar del Plata Control. Empfehlen Ablaufen nach Bahia Blanca."

Zum Glück erwischen wir keinen 3-Tage-Sturm, haben außer Navionics-Karten auch eine (kopierte) Seekarte von dem abseits des üblichen Seglerweges liegenden Industriehafen Bahia Blanca und segeln am Nachmittag auf die Ansteuerungstonne des Großschiffahrtweges zu. Wir erwischen das Niedrigwasser vor Sonnenaufgang und motoren reichlich 40 Seemeilen mit der Tide in dem gewundenen Fahrwasser bis zum Hafen Engeniero White, einem der zahlreichen Bahia Blanca Häfen.


   Marsch-Landschaft bei Bahia Blanca

"Hier kennt uns keiner. Wenn wir im Hafenbecken des Fischereihafens fest sind, können wir endlich ungestört pennen", versichert mir Ilse. Weit gefehlt! Die Prefectura / Küstenwache zeigt sich auf ihrem in Hamburg gebauten Schiff nicht von ihrer erwartungsgemäß deutsch-korrekt reservierten Seite. Wir sollen längsseits kommen, können auch Wasser und Strom von ihnen erhalten, und ich muss das müde unrasierte Gesicht vor das Objektiv des Hafenfotografen halten. Mit Hilfe des spontan erschienenen Präsidenten des örtlichen Yachtclubs können wir an die gegenüberliegende Hafenmauer "entkommen", doch kaum in der Koje erscheint das Regional-Fernsehen und bittet um ein Interview mit Aufnahmen an Bord unseres Schiffes. Wir können 2 Schlafstunden Aufschub erwirken. Das hat man davon, wenn man als Segler vom üblichen Wege abweicht...

Jede Art von Hilfe wird uns hier zuteil. Der Präsident Oscar zeigt uns in seinem Wagen die ansprechende Stadt Bahia Blanca, organisiert die Reparatur unserer undichten Kühlwasserpumpe, die ich ausbaue und gegen eine Reservepumpe austausche, und fährt uns mit seinen eigenen großen Diesel-Kanistern zur Stadt-Tankstelle, um an Bord unseren Diesel nachzufüllen. Auf der Suche nach dem Supermarkt bitten wir eine Passantin um Auskunft. Nach ihrer üblichen Frage nach dem 'Woher?' und unserer Antwort 'aus Patagonien' und 'aber zuerst Berlin' küsst sie uns ganz "argentinisch" auf beide Backen.

Wir bleiben 7 Tage in Bahia Blanca, haben trotz 5 Meter Tidenhub eigentlich einen komfortablen Liegeplatz an der Hafenmauer – nur Tausende von Fliegen erlauben keinen Aufenthalt in der Plicht. Die Stadt wird peinlich sauber gehalten, doch mit dem großen Umschlag von Getreide und Ölsaaten ist die Fliegenplage wohl unvermeidlich.

Am 5.3. laufen wir mit günstiger Prognose abends aus. In der Nacht kommt der Lotse längsseits, fordert uns auf, das Fahrwasser zu verlassen, worauf wir uns erschrocken nach einem Dickschiff umdrehen, und verabschiedet sich stolz mit "Auf Wiedersehn!" Viele Stunden Segelwind entlang der Dünenküste ohne Haus, Baum oder Strauch ostwärts verwöhnen uns. In der Karte vor dem Land überall Wracks. Als ein Scooter uns umkreist, um das Schiff zu fotografieren, schauen wir auf das Echolot: nur noch 10 Meter! Der Autopilot (elektrisch) konnte von dem auf die Küste setzenden Strom nichts wissen.

Für den Zielhafen Mar del Plata kommt bald die Ankündigung auf Navtex Nord 4 bis 6 mit Böen. Schaffen wir es? Ja, gerade noch rechtzeitig, unter Segel, unter Motor, unter Motor und Vorsegel. Die letzten Meilen vor der Hafenmole bolzen wir gegen die vom Nordwind aufgeworfene See. Geschafft: wir liegen wieder an der Mooring-Boje des argentinischen Yacht-Clubs.



Fischereibecken Eng. White, Bahia Blanca

Da das Liegegeld am Clubsteg im Hafen fast das Niveau der Cote d'Azur erreicht hat, außerdem Luft-Temperaturen von über 40°C unseren Wärmehaushalt durcheinander bringen, versuchen wir, die Zeit hier abzukürzen. Wir gehen nach ein paar Tagen wieder an die Club-Boje vor dem Hafen und laufen am nächsten Morgen mit dem seltenen Südwind aus. Die See ist wie immer kurz, steil und durcheinander laufend, doch bis Colonia in Uruguay (erneuerter Pass-Stempel) wird es eine sehr schnelle Fahrt von 48 Stunden (270 Meilen). Hier sind wir beinahe wie "zu Hause", und nach (argentinisch) La Plata segeln wir noch mal ein Stück zurück, um dem Schiff 8 Monate Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen. Endlich haben wir nach mehrmaligen erfolglosen Versuchen, in der Provinz-Hauptstadt La Plata die imposante Kathedrale zu besichtigen, Erfolg.


   La Plata die größte Kathedrale Amerikas


Der letzte Segeltag der Reise ist der Schönste – wenn man nur das Segeln im Blick hat. Frischer achterlicher Wind aus Süd, blauer Himmel, kleine Cumuli, angenehme Temperaturen und dank eines mitlaufenden Stromes überraschende Geschwindigkeiten. Das braune Flusswasser des Rio de la Plata ist nicht blau, doch wer wollte jetzt widersprechen, wenn man behauptet, hier in einem herrlichen Segelrevier zu sein? Nur der Himmel über Patagonien – der ist wirklich unverwechselbar und einmalig!

Herzlich grüßen Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom So., 05.04.2015, 13:46)
27.03.2015
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Wir sind wieder in Buenos Aires, die Rückreise war recht schwierig und anstrengend (Bericht folgt demnächst) und wir waren froh, in der Ruhe “unseres” Vereins relaxen zu können. Aber, wie das Leben so spielt, Ruhe gibt es nicht, und kaum angekommen hatten wir schon wieder lauter Frustverursacher auf dem Zettel. Am 22. Mai müssen wir persönlich in Berlin vor Gericht erscheinen, weil der norwegische Investor unserer Wohnung nun sicher annimmt, dass er uns an diesem Termin endlich aus der Wohnung herausklagen kann. Die nächste Hürde war, dass sich auch in Buenos Aires im Segelverein die Verhältnisse ändern: eine Kommission eines neuen Vorstandes hat beschlossen, dass der Ausländer nur noch 15 Tage sein Schiff im Club lassen darf. Das ist besonders hübsch, weil wir nach Ostern dort in die Werft gehen wollen (Anstrich Bordwände, Unterwasser, Motorcheck) und dann nach Berlin fliegen müssen – ohne Schiff. Vor Schreck bekam ich bei der Ankunft im Club gleich einen Hexenschuss...

Aber wir stellen uns den Schwierigkeiten und grüßen Herzlich grüßen Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Fr., 27.03.2015 13:05)
02.03.2015
Bahia Blanca

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Wir melden uns jetzt aus Bahia Blanca – noch immer nicht aus Mar del Plata – weil wir bei Ost 8 – 9 beigedreht hatten, krachend in die Wellenlöcher fielen und nach 20 Stunden nach Bahia Blanca abgelaufen sind. Wir liegen an der Hafenmauer, hatten das Lokal-TV an Bord und träumen von schönem Segeln.

Herzlich grüßen Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Mo., 02.03.2015 20:01)
17.02.2015
Caleta Horno, Nordausgang Golfo San Jorge

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

endlich wieder in unserem Felsenloch, Caleta Horno, Nordausgang Golfo San Jorge, bläst es mit 8 Windstärken. Aber wir liegen sicher vor Anker. Wir grüßen Euch und wünschen Euch und uns eine erfolgreiche Woche. Herzlich grüßen Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Mo., 16.02.2015 16:53)
01.02.2015
Puerto Deseado, Provincia Santa Cruz, Provincia Santa Cruz, Süd-Patagonien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

die Sivesterparty mit den netten Brasilianern ist nun schon lange vorbei, und wir haben nach dem Auslaufen der Megayacht auf Weltreise ihren Platz eingenommen - den einzig Sicheren am Werftponton in diesem Hafen, in dem die Yachten der Franzosen, Belgier und Holländer als letztem Aufenthalt vor Feuerland bis jetzt in endloser Folge erscheinen und der dennoch nichts, absolut nichts bietet, was eine Yacht braucht. Einkaufen, Wasser oder Diesel besorgen wird zum windabhängigen Organisationsproblem. Hafenbau wäre hier viel leichter als in Norwegen möglich, doch die Argentinier sind - wie ein Einheimischer versicherte - nicht auf das Meer ausgerichtet. Und auch die riesige Fischereiflotte, die u.a. in diesem Hafen überholt werden muss, gehört keiner argentinischen Gesellschaft, sondern einer spanischen.


   In Puerto Deseado finden Yachten wenig Schutz

Da - wie für die meisten Yachten - der Zielhafen Tahiti nicht auf unserem Programm steht, wir Ushuaia bereits kennen, haben wir während der Wartezeit auf den günstigen Wind für die Rückfahrt nach Buenos Aires Gelegenheit, das patagonische Argentinien besser kennenzulernen. Öde und leer, wie es scheint, bietet es unglaubliche Überraschungen. Die Stadt Pto. Deseado liegt am seewärtigen "Flaschenhals" eines 40 km langen Fjordes, Ria genannt, an dessen westlichen Ende im Landesinnern das Rinnsal des Flusses Rio Deseado versickert. An der Ria gibt es mehrere Canyons, die mit den Gezeiten leer oder voll laufen.


   An den Kormoranfelsen Red Leg Cormoran

Der starke Gezeitenstrom ermöglicht in der Ria einen enormen Fischreichtum, der wiederum die Grundlage für die biologische Vielfalt ist. Der Argentinier Ricardo, der in seinem Unternehmen "Darwin Expeditions" 2 schnelle Schlauchboote für Exkursionen bereithält, fährt Touristen an die Stellen, die wahrhaftige Attraktionen sind.


   Westlich der Stadt der "Canyadon &Torcido"


   Harems-Pascha und Blue Eye Cormoran

400 PS lassen das Schlauchboot den Weg zur Pinguin-Insel vor der Küste selbst bei 4 bis 5 Windstärken noch mit einer Geschwindigkeit zurücklegen, die an die Beschleunigung eines Fliegers beim Start denken lässt. Noch vor der Insel wird die Fahrt gedrosselt, weil eine furchtlose Delphingruppe das Schlauchboot besucht.


   Schwarz-weiße Tonina-Delphine

Von Riffen umgeben ist diese Felseninsel ein Refugium für unzählige Tierarten.


   Magellan-Pinguin mit Jungtier


   Skua Raubmöwe


   Rock Hopper Pinguin-Kolonie


   Rock Hopper Pinguin mit Jungtier


   Junggesellen-Kolonie der Seelöwen

Ein Landausflug mit einem Off-Road führt uns ganz in der Nähe von Pto. Deseado - nur 250 km - zu einer Sehenswürdigkeit aus der Jura-Zeit. Vulkan-Ausbrüche haben vor 150 Millionen Jahren das damalige Leben vernichtet und einen versteinerten Wald, Bosque Petrificado, zurückgelassen. Es fällt schwer, hier nicht zum Sammler zu werden. Auf dem Rundweg müssen die Rucksäcke am Museum bleiben.


   150 Millionen Jahre alte versteinerte Bäume


   Die Vulkanlandschaft des Bosque Petrificado

Da die Rückfahrt noch nicht drängt und der Wind offensichtlich die Nordrichtung bevorzugt, liegt es nahe, die an dieser Stelle des Kontinents kurze Entfernung von "nur" 500 km bis zur chilenischen Grenze zu nutzen und unser Visum für Argentinien mit Hilfe eines Abstechers nach Chile zu erneuern. Chile Chico liegt an dem vielgerühmten Lago Gen. Carrera, der vor der chilenischen Grenze Lago Buenos Aires heißt. Im Hintergrund sieht man die schneebedeckten Gipfel der Anden, auch vom patagonischen Wind wird das Mikroklima mit seinen Kirschen-Plantagen verschont. Doch neben der Visa-Erneuerung ist das Weltkulturerbe "Cueva de las Manos" unser Ziel. Wieder fahren wir mit einem Off-Road über die Nationalstraße 40, die legendäre "Cuarenta", ins Flusstal des Rio Pinturas.


   Das Flusstal des Rio Pinturas


   Der Eingang zu den Felsmalereien


   Die beruehmten vielfarbigen Haende der Jaegervor 7000 Jahren













Hier haben nacheiszeitliche Jäger Felsmalereien von Händen, später auch Tieren und Menschen, hinterlassen, deren jeweilige Bedeutung noch nicht vollständig aufgeklärt ist. Die Hände sollen wohl den Kontakt mit Mutter Erde symbolisieren.

Nach so viel Geschichte hoffen wir nun, den nächsten Bericht nach geglücktem Seetörn übermitteln zu können.

Herzlich grüßen Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Mo., 02.02.2015 22:49)
01.01.2015
Puerto Deseado, Provincia Santa Cruz, Süd-Patagonien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

wer mit seiner Frau nach Süd-Patagonien segelt, muss sich nicht wundern, wenn sie im nächsten Hafen die Scheidung einreichen will. Ich bin erleichtert, dass Ilse noch nicht davon gesprochen hat. Wir liegen an einem unruhigen Platz an der Seite eines Schleppers in diesem Hafen ohne wirklichen Schutz, haben kein Internet und warten auf das Auslaufen einer Mega-Yacht aus Brasilien, um ihren Platz einzunehmen. Deshalb verspätet all unsere guten Wünsche zum Neuen Jahr, die sicherlich in eine ruhigere Zeit fallen, als sie Patagonien zum Jahreswechsel präsentiertt: Windstärken bis 35 kn (8 Bf.) auf die Nase.

Wir hatten uns das latzte Mal mit einem Bericht aus Punta del Este – Uruguay gemeldet und waren froh, endlich in Fahrt auf dem Weg nach Süden zu sein. Auch hier bekamen wir wieder einen Vorgeschmack auf den Süden, als wir vor Mar del Plata nicht gegen den Wind beidrehen konnten, weil er uns auf die Küste versetzte. Am 16.11. haben wir endlich eine Mooring vor dem Hafen aufnehmen können, um einen stillen Sonntagmorgen zu genießen. Hier fand nun die letzte Versorgung statt, denn mit weiteren Yachthäfen kann der Segler nicht rechnen. Mit der Schubkarre wurden Diesel-Kanister von der Tankstelle zum Schiff geholt - zum Glück hat Shell biofreien Diesel-Kraftstoff! - und die Genua gegen den Klüver getauscht. Das Zusammenlegen des Segels fand auf dem Rasen des Club-Geländes statt, in Shorts und knieend. Böse Folgen der Arbeit haben mich bis jetzt heimgesucht: Ein Insekt muss so oft gestochen haben, dass beide Hände und das rechte Knie nach einigen Tagen wochenlang mit großen Eiter-Pusteln bedeckt waren und die Arbeit an Deck behinderten.

Erst am 2.12. verspricht die Wetterlage eine Möglichkeit, entgegen hiesiger Segler-Erfahrung auf direktem Weg und nicht unter der Küste auf die Halbinsel Valdez zuzuhalten. Wir laufen mit zwei anderen Yachten zusammen aus. Schon am zweiten Seetag machen wir eine Patenthalse, weil der Wind in Sekundenschnelle um 180° gedreht hat. Also das Übliche: Beidrehen. Am fünften Seetag haben wir es fast bis Valdez geschafft und wollen im Golfo Nuevo der Halbinsel einen Ankerplatz gegen den über Iridium angekündigten Südwind aufsuchen.


   5.Seetag, wir überschreiten den 40. Breitengrad und werden ab jetzt
     von Albatrossen begleitet

Als wir mit auflaufendem Wasser in den Golf fahren, ist von Südwind nichts zu spüren, im Gegenteil, der Nordwind macht den Ankerplatz zur Legerwall-Küste. Wir beschließen, in der Nacht weiter bis zum Golfende auf Puerto Madryn zuzuhalten. Viele Möglichkeiten hat man hier nicht, und Madryn ohne den Schutz eines Hafens ist eine Notlösung. Ein freundlicher Taucher vom örtlichen Segelclub – einige kleine Yachten liegen an meterlangen Mooringleinen – kontrolliert den Halt unseres Ankers unter Wasser: o.k. Als wir mit dem Beiboot vom Einkauf und den Behörden zurück zum Boot fahren wollen, hat der Wind gedreht und steht auf die Küste.


   Puerto Madryn, HI Valdez, ohne Anlegemöglichkeit für Yachten

Ein junger Mann vom Club schiebt uns durch die Brandung, nur die Schiffspapiere bleiben in einer Plastiktüte trocken. Aber es kommt noch besser. Als wir gerade das Beiboot wieder verstauen wollen, ist über der Stadt eine schwarze Wand erschienen. Blitzartig ist der mit Sand und Staub gefüllte Pampero über uns. Bei 50 Knoten Wind (10 Bf.) reißt der Anker aus dem Grund, wir schleppen ihn mit einem Kubikmeter Kelp hinter uns her. Die Maschine schluckt das Fünffache der normalen Dieselmenge, aber die Ankerkette bricht nicht. Nach anderthalb Stunden ist der Spuk vorbei und wir wieder vor Anker. Am nächsten Morgen müssen wir 2 Stunden lang Biomasse von Anker und Kette schneiden.

Wir nähern uns dem sog. "Patagonian Sailing-Ground", das sind kleine Buchten an der offenen Küste, die mehr oder weniger Schutz vor ablandigem Wind bieten. Lange kann man nicht bleiben, und die Winddrehungen sind mit patagonischer Geschwindigkeit da. Wenn man vor 70 Meter Ankerkette bei 30 Knoten Wind Karussell fährt, macht man in der Nacht ohnehin kein Auge zu. Und dann muss Ilse mir auch noch immer wieder neue Verbände anlegen, nachdem sie die einzige Antibiotikum-Salbe aufgetragen hat, die sich in der Bordapotheke befindet: eine Augen-Salbe.


   Typischer Ankerplatz an der patagonischen Küste, Puerto Elena

Eine Naturschönheit erreicht man am Nordausgang des Golfo San Jorge mit der wohl berühmtesten Ankerbucht Patagoniens, der Caleta Horno. Steile Felswände bieten Schutz nach allen Seiten, der Ankergrund ist wie Klebstoff. Aber, um nicht zu viel Schwoikreis zu haben, muss man Leinen an den Felsen befestigen.


   Caleta Horno: berühmtester Ankerplatz Patagoniens mit Leinen zu den Felsen

Diese mindestens 100 Meter langen Leinen erwirbt man in Buenos Aires oder in Mar del Plata, natürlich schwimmfähig. Und nun beginnt sich eine Nachlässigkeit verhängnisvoll auszuwirken. 100 Meter "flotante" von einem Schiffsausrüster in Buenos Aires waren höchstens "semi-flotante" – und ich habe nicht die Leine zurückgebracht. Der zweite Fehler bestand in der irrigen Annahme, bei einem Ankermanöver die Leinen, die schon an den Felsen hingen, nicht außer Schiffsreichweite schicken zu müssen. Es kam, wie es kommen musste: die Leine wurde von Propeller und Welle magisch angezogen. Ich musste tauchen und sah etwas, was ich als hoffnungslos einschätzen wollte. Mein dritter Fehler war, keinen Nasstaucheranzug an Bord zu haben. Ein alter Faserpelz-Overall und ein französisches Opinel-Messer haben uns schließlich gerettet. Unter Wasser Leinen freischneiden ist kein Spaß. Gegen die Kälte habe ich den Kopf immer wieder unter das warme Kühlwasser des Auspuffs gehalten. Der Motor lief zur Sicherheit im Leerlauf.



Guanacos beäugen die Yacht vor Anker

Und wieder einmal haben wir das zusätzliche Quäntchen Glück, das in dieser verlassenen Weltgegend unbedingt erforderlich ist. Meine Hände und mein Knie sehen so übel aus, dass Ilse mir bereits die Amputation ankündigt. Wir könnten über Kurzwelle Comodoro Rivadavia rufen, die einzige größere Stadt im Golf... Aber die deutsche Yacht "Kamiros" mit Hans und Eva und ihren beiden Kindern ist der Glücksbringer. Sie ankern neben uns und überreichen uns für 10 Tage ein Breitband-Antibiotikum, das sofort hilft.

Der nächste Nordwind stellt sich nach langer Wartezeit als Weihnachtsgeschenk am 24. ein. Also nichts wie los! Auch hier nehmen wir den direkten Weg, nur lächerliche (?) 120 Seemeilen quer über den Golf. Doch Patagonien wäre nicht Patagonien, wenn wir nicht im Morgengrauen gegen Südwestwind wieder beidrehen müssten, und bei Annäherung an die Küste mit drei verschiedenen Strom-Varianten zu kämpfen hätten. Wenn man mit 10 Knoten und kleiner Segelfläche einen freundlichen Strom erwischt, befindet man sich auf der Schnellstraße. Doch dann das Gleiche gegenan...


   Zielhafen Puerto Deseado, Santa Cruz

Am 26.12. mit dem ersten Tageslicht laufen wir in den Rio Deseado ein – just in time, denn das Wasser beginnt gerade erst abzulaufen. Dann sind 5 Knoten Strom gegenan ein Problem. Wir sind froh, den Zielhafen der Reise - wie wir nun beschlossen haben -, erreicht zu haben, auch wenn alle Angaben in der nautischen Literatur nicht mehr aktuell sind.

Der Club Nautico besitzt weder eine 24 Stunden-Hörwache, noch Mooring-Tonnen, weil sie den Stürmen zum Opfer gefallen sind, nein nicht einmal einheimische Segelboote, die sich im Härtetraining bewähren könnten. Und bei Südwind muss man über den Fluss verlegen, hat dann aber ein kleines Problem, in die Stadt zurückzukommen. Wir legen uns nach einiger Suche vor Anker bei der Stadt mit einer 100 Meter Leine zur Pier, die am Ende fast trockenfällt. Wir haben ja in Caleta Horno geübt.

Inzwischen sind wir an der zu Beginn des Berichts beschriebenen Stelle, haben mit den Brasilianern an Land mit heißen Tanz-Einlagen und gemeinsamen Dinner Silvester gefeiert und werden von hier aus einige Ausflüge machen, über die wir dann wieder berichten wollen. Jetzt haben wir das Heulen des patagonischen Windes in den Ohren und denken an die vielen Windkraft-Anlagen, die hier stehen müssten. Es gibt keine einzige. Armes Argentinien...

   Auch hier: kein Yachthafen, liegen vor Anker und mit Leine zur Pier

   An der Seite eines Schleppers an der "Gipsy-Werft". Bei Hochwasser (5 Meter)
   ist hier Landunter


Herzlich grüßen Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom So., 04.01.2015 20:54)
17.12.2014
Argentinien auf 45°Süd

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

wir befinden uns vor Anker in der schoensten und beruehmtesten Ankerbucht Argentiniens auf 45°Süd. Wir haben dramatische Stunden hinter uns und werden nicht weiter in den Sueden gehen als bis Puerto Deseado. Im Januar denken wir dann an die Rückfahrt nach Buenos Aires. An Bord ist alles o.k., langsam heilen auch die Eiterpusteln (von den Insekten in Mar del Plata?) an Haenden und Knie ab.

Frohe Vorweihnachtszeit wuenschen Ilse und Uli

(Quelle: mail vom Di., 17.12.2014 15:12)
13.12.2014
Madryn/Argentinien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

17:56:32 wir stehen kurz vor Halbinsel Valdez, haben kein Wind, recht schwieriges Revier. Wir w nschen Euch bis zum Rand gefüllte Nikolausschuhe.
(Quelle: mail vom Fr., 12.12.2014 17:56)
21:05:21 wir liegen in Puerto (geschmeichelt) Sta. Elena auf 44° 31' S vor Anker: alles o.k. Das Revier ist grenzwertig, einen Pampero haben wir schon vor Madryn überstanden. Unser nächstes Ziel ist Caleta Hornos und dann Puerto Deseado. Nomen est omen.
(Quelle: mail vom Fr., 12.12.2014 21:05)


Herzlich grüßen Euch Ilse und Uli

09.12.2014
Madryn/Argentinien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Ihr Lieben, wir liegen vor der patagonischen “Wüstenstadt” Madryn vor Anker, es gibt keinen Hafen. Der Anlaufpunkt war alternativlos, trotz auflandigem Wind: eine Schiffschaukel, aber Ankerkontrolle durch einen Taucher vom Segelclub. Es geht uns gut, 3 eiternde Insektenstiche beginnen dank Annettes sorgfältig gepackter Medizinkiste abzuheilen. Morgen geht es weiter südwärts – wenn die Gribfiles es sich nicht anders überlegen.

Herzlich grüßen Euch Ilse und Uli

(Quelle: mail vom Di., 09.12.2014 16:57)
02.12.2014
Punta del Este/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

...Ihr Lieben. Der Kurs führt zur Halbinsel Valdez (400 sm) und dann an der Küste entlang mit Schutzmöglichkeiten im “Patagonian Sailingground” (Buchten, Caletas). Drückt uns die Daumen!

Alles Liebe von Euren Nadines.

(Quelle: mail vom Di., 02.12.2014 15:22)
11.11.2014
Punta del Este/Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Haben wir das Segeln verlernt? Das fragen wir uns im südamerikanischen Frühling, liebe Gildemitglieder, liebe Leser. Der Flieger hatte uns schon Ende August nach Buenos Aires zurückgebracht, doch jeder, der fern der Heimat seinen schwimmenden Untersatz in Schuss halten muss, weiß, dass Yachties sich selten wie auf einer Urlaubsreise fühlen.

Wir wollen unseren Kurs südwärts absetzen und in der dortigen Gegend ist man ohne Beiboot verloren. Wir hatten natürlich gut vorgesorgt und für sehr viel Geld ein franzözisches Produkt erworben. Noch im Club in Buenos Aires brachen beim Ruder-Fitness-Training die Dollen: sie waren aus Plastik statt aus Edelstahl. Und dann löste sich die Bodenverklebung von den Trageschläuchen und überstand mit Tesa-Gewebeband nur eine Fährfahrt. Ach, hätten wir doch noch ein chinesisches Boot gekauft... Das ist keine Witz, sondern die Veränderung der Weltwirtschaft.

Als wir Ende Oktober (fast) alle Probleme gelöst, den Waldboden vom Deck geschaufelt – wir liegen mit dem Schiff unter Casuarinen-Bäumen – und der Vogelwelt ihre Lieblings-Toilette entzogen haben, schlägt noch einmal das Delta mit Urgewalt zu: Ein Tief vor der Küste staut mit Ostwind die beiden riesigen das Delta speisenden Flüsse und lässt das Wasser steigen und steigen und steigen.




Einkaufen gehen wir noch einmal in Gummistiefeln, aber dann ist die Prognose – die Gribfiles des Seewetterberichts – günstig, und wir werden von unseren schwedischen Bootsnachbarn am 5.11. mit dem Horn aus Barlovento verabschiedet. Das erste Etappenziel lautet Punta del Este am Eingang des Rio de la Plata. Doch schon bald zeigt der Rio, dass er sich nicht an den Wetterbericht hält. Starker Gegenwind über dem braunen im besten Fall 4 Meter tiefen Wasser mit entsprechend kurzer und steiler Welle fordert den Geldbeutel durch hohen Dieselverbrauch. Also Ausweichhafen für die zweite Nachthälfte Colonia del Sacramento – der argentinische Ferienhafen in Uruguay. Dann ist die Prognose wieder günstig - und wieder falsch. Der herrliche Westwind, der uns nach Osten blasen soll, fällt in der ersten Dunkelheit als Bö mit 6 Windstärken aus Südost ein. Wir halten dagegen, denn wir wollen ja raus hier. Es folgt eine Art See-Rodeo, bei dem das Boot bockt, als wollte es uns abwerfen. Einige Stunden geht die Fahrt durchs Wasser auf knapp 2 Knoten zurück, und als in der Morgendämmerung der Gedanke an Segeln aufkommt, halten uns die Wellen aus 3 verschiedenen Richtungen noch eine Weile von der Durchführung ab.

Immerhin: wir können noch segeln und haben auf auf den letzten 50 Meilen bis Punta del Este kaum glauben können, dass es so schön sein kann... Punta del Este hatten wir in sehr angenehmer Erinnerung, und nicht zuletzt der Erwerb eines großen Vorrats eingeschweißten deutschen Schwarzbrots bringt uns an eine Mooring bei der Hafenmauer. Doch nichts bleibt, wie es war. In dieser Stadt der 'Schönen & Reichen' ist für Gäste die Mooring verboten und ein recht (europäisch) teuerer Platz an der Betonpier Pflicht. Die Yachten, die hier liegen, haben etwas mit den Hochhäusern gemein: alles ist unbewohnt, eine Art Millionärs-Friedhof. Eine englische Yacht am Eingang hat im Masttop ein Hubschrauber-Warnlicht, denn sie kann in der Masthöhe mit der "Gorch Fock" (45 Meter) konkurrieren. In den leeren Straßen fast ohne Geschäfte - außer Souvenirläden - findet sich in jedem zweiten Haus ein Immobilien-Maklerbüro und in jedem dritten eine Bank. Am Sonntagabend haben die Maschinen dort die letzten Dollar-Reserven ausgespuckt.

Nun warten wir hier ohne Wasser und Strom, denn das wird auf die Liegegebühr aufgeschlagen, auf den günstigen Wind, der uns unter Segeln nach Mar del Plata (Argentinien) bringen soll. Von dort oder weiter südlich melden wir uns wieder und grüßen ganz herzlich nach Deutschland.

Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Do., 11.11.2014, 22:19 Uhr)

02.10.2014
Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

nach Buenos Aires zurückgekehrt möchte die "Nadine"-Crew einen letzten Gruß vom Rio de la Plata nach Deutschland schicken. Die Fortsetzung der Reise duldet keinen endlosen Aufschub, zumal wir gerade von einem unvergesslichen Ausflug zurückgekommen sind. Wir konnten in Luján in der Pampa, dem riesigen fruchtbaren und platten Weideland hinter Buenos Aires, an dem teilnehmen, was zu verpassen ein schwerer Fehler gewesen wäre: dem traditionellen Gauchotreffen vor der Kathedrale von Luján. Dutzende von Gruppen mit Hunderten von Pferden defilierten an der Ehrentribüne, auf der auch der Priester Pferd und Reiter segnete, und präsentierten die schönsten Schmuckstücke von Gauchos und Gauchitas. Sogar von Córdoba, 700 km entfernt, waren Reiter gekommen.







Diese tief verwurzelte Tradition hat ihren Ursprung in der Bewirtschaftung der Estancias, eine der größten in der Ausdehnung von Luxemburg. Gaucho ist das Synonym für den freundlichen und hilfsbereiten Argentinier, der schon als Kind das Reiten lernt. Die angereisten Gruppen kampieren auf den Flusswiesen des Luján, die Pferde grasen neben Zelten, Feuerstellen und mitgebrachten Kühlschränken.

Ein Höhepunkt vor dem Defilé war die Einladung einer Gruppe zum Asado. Dort werden auf dem Grill, der parrilla, die Fleischmengen zubereitet, die die europäischen Vorstellungen von einer Grillparty weit hinter sich lassen. Es fällt schwer, danach wieder auf unsere Maßstäbe zurückzuschalten... Beim Spaziergang zwischen den Holzfeuern konnten wir sogar ein aufgeschnittenes halbes Schwein auf dem Rost entdecken. Eingeladen wurden wir von Marcello, der seinen nicht allzu reichlich bemessenen Lohn als Marinero "unseres" Segelvereins bei Gaucho-Veranstaltungen aufbessert.

Für Samstag haben wir noch eine Tango-Veranstaltung auf dem Zettel, aber dann heißt es sich sputen, die letzten Wartungsarbeiten beenden und das Schiff zum Auslaufen nach Süden klar zu machen. Der Sommer steht vor der Tür.

Es wünschen allen einen schönen Segelherbst und ein frustfreies Boote-Einwintern

Ilse und Uli von der "Nadine"

(Quelle: mail vom Do., 02.10.2014, 21:15 Uhr)

15.03.2014
Barlovento, Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

"Patagonien satt", möchten wir nach über 5.000 Buskilometern und etwa 1.000 Seemeilen mit einer Fähre rufen!

Obwohl die Reisebusse in Argentinien bequemer als jeder Flieger sind, nun reicht es uns, und an den Anblick einer grenzenlosen Steppenlandschaft oder der Pampa, die mit Viehweiden und Ackerflächen wie Dithmarschen mal 1.000 - nur ohne störende Deiche - aussieht, haben wir uns gewöhnt. Entfernungen sind relativ.

Wir sind froh, Rio Gallegos im Süden von Patagonien wie im letzten Jahr ohne die, von uns so genannte, "Touristen-Strafsteuer" nach etwa 2.500 km zu erreichen. Diese Steuer, die nur für Ausländer gilt und von Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner eingeführt wurde, verteuert unsere Flugtickets nach Berlin am 5. Mai immerhin um jeweils 400 Euro. Ein neues Gesetz, aber die Busunternehmen halten sich nicht dran.

Die Fahrt über die Nationalstraße 3 entlang der Atlantikküste dauert knapp 40 Stunden, nach der Pampa erreicht man am Rio Negro Patagonien. Hier und dort hat Regen einige grüne Grashalme sprießen lassen. Einen Sonntag lang können wir uns in Rio Gallegos umsehen: ein Reisebus-Knotenpunkt, aber gottverlassener kann man sich ein Städtchen an einem Fluss in einer Mondlandschaft nur schwer vorstellen. Für Segler wirklich kein Muss! Abends geht es weiter, in geringer Entfernung von oder an der Magellanstraße. Warum die grenzüberschreitenden Buslinien nach Chile wie Geheim-Abkommen behandelt werden, wissen wir nicht. Sie zu finden, ist Internetarbeit. Und wir sind nicht sicher, ob das Fahrzeug nach Punta Arenas an der Magellanstraße vor dem 1. oder dem 2. Weltkrieg gebaut wurde. Chilenische Reisebusse im Allgemeinen scheinen gerade vom Band gelaufen zu sein.

Punta Arenas, in unmittelbarer Nähe des ehemaligen "Hungerhafens" (Puerto del Hambre) am Ende der Welt, lässt an Modernität nichts zu wünschen übrig. Wie alle Orte, die wir in Chile gesehen haben, haben wir das Gefühl, in Skandinavien oder auch in Deutschland zu sein: Städte ohne den allgegenwärtigen Müll wie auf den argentinischen Straßen, Gehwege ohne Fußgängerfallen und aufgebrochenes Pflaster und Geldscheine, die nicht wie der argentinische Peso nur zerfetzte Lappen sind... Kleine Holzhäuschen in bunten Farben vermitteln Pionieratmosphäre. Aber auch hier: kein Hafen für Segler!


Rio Gallegos: hier ist das Nichts zu Hause


Punta Arenas:eine moderne Stadt aber kein Hafen für Segler

Nach einem Tag in der Stadt kommt das eigentliche Reiseziel in Sicht: Puerto Natales, an den patagonischen Kanälen des Pazifik. Das Land, durch das wir fahren, ist Siedlerland, das heißt im Gegensatz zu den großen Nationalparks der unbewohnten Inseln wird rigoros der nacheiszeitliche Wald beseitigt, um Platz für Weideflächen zu schaffen, auf denen Viehherden, besonders Rinder, grasen – mit einer deutschen Rinderherde nicht vergleichbar. Es gab ein Gesetz, dass derjenige, der das Land vom Wald "befreit ", Eigentümer dieses Landes wird.


Estancia auf dem Weg nach Puerto Natales


Puerto Natales: hübsche Holzhäuser aus dem vergangenen Jh.
prägen das Stadtbild

Puerto Natales mit dem herausragenden Hostal "Casa Cecilia" des Schweizers Werner ist unser "Basislager" für den Nationalpark Torres del Paine. Ehrgeizige Pläne, zwecks Wanderungen im Park zu übernachten, scheitern an den Preisen. Im "Refugio" schläft man im Etagenbett einer 6-Personen-Unterkunft für 85 US-Dollar, aber man bekommt auch Logis für 5.000 US-Dollar pro Nacht.


Die Torres vor dem salzigen Bittersee - Laguna Amarga


Gletscher Grey im Torres del Paine Nationalpark


Wir mieten ein Auto und fahren an 3 Tagen 2 Stunden bis zum Park hin und abends zurück. Der Park ist eine weltbekannte Attraktion mit vulkanischen Basalttürmen, von denen das Eis der Eiszeit die umgebenden Sedimente weggeschliffen hat. Die Landschaft im "schönsten Nationalpark Südamerikas" mit Seen, Gletschern, Wäldern, Wasserfällen und Bergschroffen ist wahrhaftig überwältigend – aber: Wanderwege müssen geschlossen werden, weil Touristenfüße den Hang zertrampeln und abrutschen lassen.

Unsere Wanderschuhe und Stöcke haben wir von Bord mitgebracht und begeben uns auf den immer bergauf führenden Pfad zum Mirador "Base de Las Torres", von wo sich die Türme aus nächster Nähe betrachten lassen. Aber: Wir müssen feststellen, dass wir nicht mehr die Kondition wie vor 10 oder 20 Jahren haben, d.h. wir sind als Langsamgeher ein echtes Verkehrshindernis.

Aus dem anfänglichen "Grüß-Gott-Pfad" wird schon bald eine Rennstrecke jugendlicher Athleten mit gigantischen Rucksäcken. Diese Rennstrecke zu diversen Camps muss auch den Gegenverkehr bewältigen, und wir fragen uns, wann die Parkverwaltung Verkehrsampeln einführen wird. Am Wegesrand ein erschöpfter Berliner, der uns versichert: "Mir reicht's!"

Ganz anders dann die Straßen außerhalb des Parks. Mit dem Leihwagen fahren wir über kaum benutzte Schotterstraßen, die in keiner Karte verzeichnet sind. Hier befindet sich das wirkliche Patagonien Chiles mit seinen riesigen Estancias, gerodeten Berghängen, aber auch Neuanpflanzungen von Wald. Eine Überraschung ist der Seno (etwa "Fjord") Consuelo, an dem 1893 der deutsche Kapitän Eberhard seine Latifundien erwarb.


Landstriche ohne Touristen zeigen das wahre Patagonien


Ankernde Yachten vor der Estancia von Kapitaen Eberhard


In der geschützten Bucht vor den Wirtschaftsgebäuden liegen 4 Yachten vor Anker. Eine der beiden deutschen Yachten ist – wir glauben es kaum – der "Sposmoker", Gerd Engels erster Katamaran. Auch in Puerto Natales liegt eine (!) Yacht ohne Nationale an einer Dickschiff-Mooring.


Das Versorgungsschiff von Puerto Natales nach
Puerto Montt

Nach der abermaligen Besichtigung der auf Kapitän Eberhards Grund und Boden gelegenen Cueva del Milodón, der Höhle eines Urviehs der Megafauna, die das Eiszeitende nicht überlebt hat, nähert sich der Abfahrtstermin der "Eden". Dies ist eine in Frankreich gebaute Autofähre, zwischen Marseille und Korsika eingesetzt, 18 Knoten schnell, dann nach Mexiko verkauft, schließlich von dort nach Chile überführt, um die einzige Wasserstraße zwischen Puerto Natales und Puerto Montt am Ende der patagonischen Kanäle zu befahren. In diesem Gebiet der vergletscherten Süd-Anden gibt es keine chilenische Durchgangsstraße. Transportiert werden Lastwagen, Fischfutter, Rinder, Versorgungsgüter für Puerto Eden (etwa in der Mitte der Straße) und eine begrenzte Anzahl von Touristen. Wer diesen Weg nicht auf eigenem Kiel machen will oder kann, hat hier eine Chance, diese Gewässer 'gefahrlos' zu befahren.

Die Abfahrt verzögert sich, weil die Fähre verspätet aus Puerto Montt ankam, aber die Touristen können schon an Bord schlafen. Wir erhalten eine Kabine der gehobenen Preisklasse mit eigenem Bad und Außenfenster, weil das Türschloss der reservierten Kabine defekt ist. Und dann geht es am nächsten Morgen los. Der Weg ist befeuert und erinnert in den langgezogenen Fjorden stark an Norwegen. Die grünen, bewaldeten Inseln sind Natur-Reservat, menschenleer und ohne Häfen oder Ankerplätze direkt am Weg. Kleine Kümos kommen uns entgegen, ein Wrack liegt mitten im Fahrwasser, das ein Grieche vor Jahren zwecks Versicherungsbetrug hoch und trocken gelegt hatte (2 Jahre Knast). Yachten sehen wir keine. Das riesige Gletscherfeld der Anden, Campo de Hielo Sur, versteckt sich in Nebelnässe, Dunst und Wolken.


Fahrwasser der Patagonischen Kanaele


Fahrwasser der Patagonischen Kanaele


Puerto Eden, das einsamste Dorf Südchiles, liegt an einer kleinen Bucht und wurde Ende der 30-er Jahre als Basis der chilenischen Luftwaffe angelegt. Die letzten der inzwischen ausgerotteten Alacaluf-Indianer versuchen in dem wenige 100 Seelen-Nest zu überleben und mit den 'Errungenschaften' der Zivilisation des weißen Mannes fertig zu werden.

Noch bevor der Anker der Fähre fällt, kommen die Einwohner in zahllosen kleinen Booten uns entgegen. Am Heck der Fähre wird die Rampe, die das Vonbordfahren der Lkws im Hafen ermöglicht, ins Wasser herabgelassen, so dass die kleinen Boote an ihr festmachen können. Nun wird umgeladen: Dieselfässer, Farbeimer, Bauholz, Gasflaschen und Kartons mit Lebensmitteln. Alle packen mit an, die Boote legen ab, Winken, schon ist die Fähre wieder unterwegs.


Ausladen in Puerto Eden


Ausladen in Puerto Eden

In der Nacht erreichen wir mit dem "Kummer-Golf", dem Golfo de Penas, den offenen Pazifik. Hier verlässt der Seeweg vorübergehend den Schutz der Inseln. Wir schätzen den Wind auf WSW Stärke 3, aber das Schiff beginnt zu rollen, dass wir uns auf "Nadine" zurückwünschen. Bis zu 35° nach jeder Seite, wird uns am Folgetag beim Besuch der Brücke erklärt. Der Lärm ist unbeschreiblich, niemand kann schlafen. Höhepunkte sind das Zerschmettern des Bordgeschirrs, das Fallen der riesigen Kochtöpfe, das Kippen der Vorratsregale, das Knallen schwerer Schotttüren. Aber die Lastwagen-Zurrings halten. Am Morgen zum Frühstück gibt es nur kaltes Wasser, weil die Kaffeemaschine über Stag gegangen ist. Wir haben Mitleid mit den eingepferchten Rindern.

Unsere Fahrt war die meiste Zeit, obwohl sich kein Starkwind einstellte, auf 8 bis 9 Knoten beschränkt. Doch noch im Kummer-Golf, kurz vor der erneuten Einfahrt in den Schutz der Inseln, etwa 1,5 Seemeilen in Luv von einer Felsenküste, die man für Kap Stad in Norwegen halten könnte, wird es sehr still und wir treiben bei NW-Wind etwa 4 Bf. Die Maschinen stehen, das Gebläse macht keinen Mucks, der Generator liefert keinen Strom, nur noch die kleine der beiden Radarantennen scheint sich mit Saft aus der Batterie zu drehen, beide Anker werden klar zum Fallen gemacht – es ist hübsch tief hier. Von der Brücke keine Information. Als wir vom Vorschiff in die Kabine zurückeilen, überlegen wir, was in einer solchen Situation mit sich zu nehmen wäre. Zuerst packen wir die Rucksäcke, schaffen auch noch die Reisetaschen. Dann ein schneller Kontrollgang aufs Vorschiff – das Röhren des Gebläses setzt wieder ein. Wir bohren beim WO auf der Brücke: Hier gibt es sehr viel Krill. Der setzt die Filter zu. Sagt er. - Wer weiß? Aber Wale und Albatrosse können wir überall beobachten. In unserer Kabine hängt ein Schild in Französisch: "Ferry Qualité. Nous nous engageons."

Am 4. Seetag, südlich der Insel Chiloe, laufen wir bei ruhiger See 10 Knoten und gehen in der Nacht bei Puerto Montt vor Anker. Am Morgen ist dann die interessante Fahrt beendet, die lt. Fahrplan 3 Nächte und 2 Tage dauern sollte. Daraus sind dann 5 Nächte und 4 Tage geworden. Oder, wie die Schiffsführung verkündete: "Bedingt durch ungünstige Wetterverhältnisse mussten wir unsere Geschwindigkeit reduzieren..."

Einen Tag in Puerto Montt, dem Hafen, in dem unsere deutschen Yachten aus Buenos Aires, die sich vor uns auf diesen Weg gemacht hatten, relaxen können, nutzen wir, um die 3 dortigen Yachtclubs abzulaufen. Die Menge der Yachten an den Schwimmstegen macht uns sprachlos. Aber deutsche Bekannte finden wir nirgendwo.


Yachthafen in Pto. Montt: Im Vordergrund ein alter Lastensegler

Über die Anden fahren wir am Folgetag bei Regenwetter mit dem Reisebus nach Bariloche in Argentinien zurück. Die sauber eingefassten Felder und Weiden in Chile weichen auf der anderen Bergseite den Wäldern der argentinischen Gletscherseen und, von dort nach Buenos Aires, den regenarmen Steppenlandschaften. Wieder an Bord bereiten wir uns jetzt darauf vor, noch einmal für ein paar Monate nach Deutschland zu fliegen und dann... Na, schaun' wir mal!

Herzlich grüßen aus dem argentinischen Herbst

Ilse und Uli Hering von der "Nadine".

P.S. Wir haben in unserem letzten Reisebericht von einer kleinen Yacht aus Österreich berichtet, die auf dem Weg nach Kap Hoorn war und von der wir annahmen, man hätte ihr die Passage durch den Nord-Ostsee-Kanal verweigert. Diese Yacht ist nach 3 problemlosen Wochen wohlbehalten in Ushuaia angekommen. - Die kanadische Yacht "La Rose" ist am 4. Dezember nördlich von Rio Gallegos, vor Comodoro Rivadavia, in schwerer See durchgekentert und gesunken. Die Besatzung wurde von Rettungsschwimmern, die ein Helikopter aus der Luft abgeseilt hat, aus der See geborgen.

(Quelle: mail vom Mi., 19.03.2014 15:39)

16.02.2014
Barlovento, Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

manches kommt doch anders als erwartet. Als Segler ist man gewöhnlich weniger vor Überraschungen sicher als ein Normaltourist. Damit kann man leben. Und Segeln in dieser Weltgegend heißt "Probieren" – nur nicht um jeden Preis. Wer nicht warten kann, läuft aus und zerreißt seine Segel (holländische Yacht) oder läuft an dieser Küste südlich von Mar del Plata, die kaum Schutz für Yachten bietet, auf Grund, verliert dabei beinahe ein Auge und muss zur Behandlung ins Krankenhaus (ein europäischer Brasilianer). Horrorgeschichten? - Nur für den, der als Glückspilz von Poseidon ein ideales Wetterfenster geschenkt bekommt...

Wir möchten aber in unserem Bericht dort fortfahren, wo wir kurz vor Weihnachten stehen geblieben waren. Wir lagen mit dem Schiff in Colonia, Uruguay, verbrachten das Weihnachtsfest eher langweilig als spannend und warteten auf unseren Mitsegler Jorge, der am 25.12. mit der Fähre aus Buenos Aires kam. Auch hier war es so ungewöhnlich heiß, dass unser Freund, der im Salon schlief, in der Nacht kaum ein Auge zu bekam. Das Auslaufen am 27.12. brachte eine gewisse Erleichterung, doch schon in dieser ersten Nacht mussten wir zwischen Sandbänken beiliegen. Es ist unglaublich, welche Kapriolen in dieser Gegend die Isobaren schlagen: kräftiger Wind aus einer Richtung, kurze Pause, kräftiger Wind aus der Gegenrichtung. Die Empfehlung eine Seglers aus dem "tiefen" Süden lautet: Spürst du auf deiner Haut einen kleinen Temperaturabfall, nimm dein Segel ein!

Die Distanz bis zum argentinischen Hafen Mar del Plata, dem letzten eigentlichen Yachthafen, beträgt ca. 270 Seemeilen, gewiss keine erwähnenswerte Strecke. Aber es bleibt eine Illusion für uns, das normale Etmal des Schiffes, die abgelaufene Distanz, mit der man rechnen kann, vorherzusagen. Immerhin: unser Mitsegler möchte vor Silvester wieder bei seiner Familie sein, und wir laufen am 29.12. abends gegen starken Südwind in das riesige Hafenbecken von Mar del Plata ein.


Jesus begrüßt auf der Südmole von Mar del Plata die einlaufenden Schiffe


Der riesige Fischereihafen

Rio de Janeiro mit seiner Christus-Statue hat hier offensichtlich eine begeisterte Kopie auf die Mole gesetzt.

Wir finden für sehr viel US-Dollar einen Platz im winzigen Yachthafen-Becken, das sich mehrere Clubs teilen, das aber vollständigen Schutz und Service bietet. Unser Freund fährt noch in der Nacht mit dem Bus zu seiner Familie zurück. Für ihn war der Törn Hochseesegeln. Und für uns beginnt jetzt die Wartezeit auf ein Wetterfenster. Sollen wir schon die dreimal 110 Meter schwimmfähige PP-Leinen, die man im Fischerhafen kaufen kann, erstehen, um für das Festmachen an Bäumen in den Caletas von Patagonien gerüstet zu sein? Ein Interview, um das man uns für die argentinische Zeitung "Página 12" gebeten hatte und das wir in Spanisch bestreiten müssen, lässt uns hinsichtlich unserer Fahrt in den Süden lavieren: vieleicht oder vielleicht nicht.

Charteryachten fahren immer. Die allgemeine Meinung der "locals", der Segler, die hier zu Hause sind, ist, auf einen kurzen Nenner gebracht, die Auffassung, bis November sollte man nach Feuerland aufgebrochen sein. Dennoch fährt die polnische Charteryacht mit Crew-Mitgliedern, die das Handwerk erst lernen müssen. Und eine kleine Yacht aus Österreich will jetzt nach Kap Hoorn und würde sicherlich nicht mal die Erlaubnis bekommen, durch den Nord-Ostsee-Kanal zu fahren.

Wir setzen uns eine Frist von 14 Tagen, denn wir müssen wegen unseres Fluges nach Berlin wieder zurück z.B. vor der Halbinsel Valdez, die wir passieren müssen, erscheint uns wenig attraktiv. Dann fällt die Entscheidung, nicht mehr südwärts zu fahren – schweren Herzens. Und dann setzt ein fast zweiwöchiger Nordwind ein...

Mar del Plata bietet mehr als nur ungeduldiges Warten im Yachthafen. Der Fischereihafen ist eindrucksvoll, obwohl die beste Zeit für die Flotte vielleicht schon vorbei ist. Offensichtlich lebt aber eine Seelöwen-Kolonie im Hafen noch von deren Fängen.


Lobos-Kolonie im Hafenbecken

Und auch architektonisch hat dieses größte Seebad Argentiniens einiges zu bieten: stilvolle alte Häuser aus den vergangenen Jahrhunderten halten die Stellung gegen die Hochhaus-Betonburgen. Und als wir in ein Konzert eingeladen werden, in dem ein in Deutschland ausgebildeter Maestro den Taktstock führt, vergessen wir beinahe, wo wir uns befinden...


Ganz Argentinien trifft sich im Sommer an den Stränden von Mar del Plata

Ein südatlantisches Tief bringt schließlich den gewünschten Südwind. Am 24.1. wollen wir abends auslaufen, wenn die Windstärke das Manövrieren in dem engen Yachthafen bereits ermöglicht. Die Prefectura Naval (Coastguard) kündigt ein Auslaufverbot für Fischer an. Wir können überzeugen, warum wir gerade auf diesen Südwind warten, und laufen 19.30 Uhr aus. Versehentlich habe ich das Großsegel statt zweimal dreimal gerefft. Mit 7 Knoten sind wir dennoch nicht langsam.

Ein Aha-Erlebnis ist die Routen-Überwachung durch die Prefectura. Die Meldung beim Ein- und Auslaufen aus einem Hafen blieb meistens ohne Antwort, weil wir sie in Englisch abgesetzt hatten. Jetzt – und das heißt wohl an allen Meldestellen südlich von Mar del Plata – geht es wie auf einem Flughafen zu. Nach kurzer Wartezeit kommt ein Gespräch in Englisch zustande: Position, Kurs, Fahrt, nächster Hafen und in einer Stunde wieder auf Kanal 16 melden, am nächsten Morgen dann die Position auf Kurzwelle. Das Schiff rollt stark im Seegang, und ein Dwarslöper hat mich in der Plicht durchnässt. Im Salon werde ich fast seekrank, als ich die nassen Unterhosen ausziehen will und gleichzeitig an der Funke die Fragen beantworten muss. Und dabei fährt Ilse ausgeglichen von Hand.


Endlich Südwind! Zurück in den Rio de la Plata

Die Kurzwelle am nächsten Morgen schenken wir uns. Vielleicht haben die Jungs lange Weile... Weit gefehlt! Zielhafen Colonia in Uruguay – wird uns berichtet – ruft "Nadine" am 26.1. mehrfach am Nachmittag auf 16. Wir laufen erst eine halbe Stunde nach Mitternacht ein. Und dann bekomme ich eine e-mail aus Mar del Plata mit einer eindeutigen (höflichen) Aufforderung. Ich bestätige meine Ankunft – genauso höflich.

Einige Tage Wartezeit in Colonia an der Mooring, interessante Gespräche und gegenseitige Einladungen an Bord, die Kontakte zu den Argentiniern sind von großer Herzlichkeit. Dann brechen wir bei heftigem Regen – Hitze und Starkregenfälle haben uns die Treue gehalten – nach Buenos Aires auf. Im Delta laufen wir auf einen Sandhaufen, wo nach der Karte mit dem augenblicklichen Hochwasser 4 Meter Wassertiefe sein müssten. Man lernt, damit umzugehen. In "unserem" Club werden wir freundlich begrüßt, nur der Landstrom ist wegen der Regenmengen zzusammengebrochen. Ohne Sonne und ohne Wind hilft dann nur die Batterieladung über den Diesel.

Die Besorgung der Flugtickets nach Berlin am 5. Mai ist eine eigene Geschichte, oder, wie ein Clubmitglied sagte: "Du bist in Südamerika!" - wir wollen die verbleibende Zeit nutzen, statt auf eigenem Kiel doch wenigstens auf Rädern per Bus zum chilenischen Nationalpark Torres del Paine zu fahren.

Bis zu unserer Rückklehr grüßen vielmals Ilse und Uli Hering von der "Nadine".



(Quelle: mail vom So., 16.02.2014 15:14)

22.12.2013
Mar del Plata, Argentinien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Wir werden von Mar del Plata aus nicht weiter in den Süden fahren, sondern die Möglichkeit des Zurücksegelns nach Uruguay abwarten. Morgen wäre die letzte Chance, mit “günstigem” Nordwind 600 Meilen bis zum ersten passenden “Loch” in Patagonien zu segeln, aber Nordwind bis 52 Knoten (Bf.10) ist keine Perspektive für uns – und wie kommen wir zurück? Die Locals, die mehr Erfahrung in diesem Revier haben als wir, meinen einhellig: Dieses Jahr knallen Hochs (Hitze) und Tiefs heftig aufeinander und ‘Ihr seid zu spät dran’, letzter Termin wäre November gewesen, was aus Gründen des Werftaufenthalts nicht klappte. Schade, aber unvermeidlich. Dass dieses Revier zu den schwierigsten der Welt gehört, ist eine Binsenweisheit. Immerhin haben wir die Chance, jetzt mal ins Museum zu gehen...

Es grüßen Ilse und Uli Hering von der "Nadine".



(Quelle: mail vom So., 12.01.2014 16:12)

22.12.2013
Colonia del Sacramento, Uruquay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Ein wunderschönes europäisches Weihnachtsfest und für das Neue Jahr die allerbesten Wünsche in allen Lebenslagen, Fair Winds für die Segler und sturmfreie Monate an Land für alle Freunde und Bekannten – diese Grüße senden von der "Nadine" im Hitzehoch dieses Sommers aus Uruquay Ilse und Uli.


Yachtanleger Colonia del Sacramento

Natürlich würden wir unsere guten Wünsche per Mail lieber weiter südlich, etwa von Patagonien oder Feuerland, abschicken - Wind und Temperatur wären auf unserer Seite. Aber fast wie immer beim Segeln: der Wind kommt von vorne, und aus diesem Riesendelta des Rio de la Plata herauszukommen ist offensichtlich so schwierig wie das Hereinkommen vor einem Jahr. Nicht umsonst waren nur eine Handvoll Argentinier in ihrem schönen südlichsten Clubhafen Mar del Plata. Dies ist unser nächstes Ziel.

Nachdem wir im Oktober aus Uruquay zurückgekommen waren, eine erneuerte Aufenthaltsgenehmigung für Argentinien und die für die Überholung benötigten US-Dollar bekommen hatten, konnte das Schiff mit dem Werftkran des Clubs an Land gesetzt werden. Ich hatte schon erwähnt: In diesem Segelclub ist alles


Das Deck des Schiffes verlangt neue Anstriche

vorhanden, was benötigt wird, um sein Schiff auf Vordermann zu bringen. Wir denken an die Gildemitglieder Claudia und Wolfgang B., die nach ihrer Havarie in Feuerland diese wunderbaren Möglichkeiten hier vor Ort noch nicht kannten. Mit uns und hauptsächlich für uns arbeiten der auf seine Indio-Vergangenheit stolze Jorge H., sein Sohn Mauro, der tagsüber schleift und pinselt und nachts Speiseeis verkauft, und der Student Leandro, der Kleider verkauft, wenn das Wetter die Arbeiten an "Nadine" unmöglich macht.


Schiff mit neuer Farbe in Uruguay

Alles würde sehr schnell gehen, doch die Temperaturen und die sintflutartigen Regenfälle zwingen zum Pausieren. Da man während der Werftliegezeit nachts nicht an Bord schlafen soll, hat uns ein Clubmitglied und unser Freund Jorge F., dessen Vorfahren nach dem 1. Weltkrieg aus Österreich eingewandert waren, großzügig sein Wochenendhaus zur Verfügung gestellt. Er wohnt in der Stadt näher an seinem Arbeitsplatz. Dieses Haus mit Pool, Garten, Grillplatz und Klimaanlage in schöner Umgebung lässt keine Wünsche offen. Aber es ist gesichert wie ein Sicherheitstrakt und nach einem Einbruchversuch wie ein Hochsicherheitstrakt. Wehe uns, wenn wir vergessen würden, die Alarmanlage auszuschalten...

Als das Deck vorbereitet und neu gestrichen wird, fliehen wir tagsüber in das Refugium unseres Freundes, denn die Temperaturen pendeln zwischen 38 und 45° C. Wenn Ilse Töpfe aus dem Schapp holt, glaubt sie, die Heizplatte nicht ausgeschaltet zu haben. Nach 13 Uhr werfen selbst unsere fleißigen Jungen das Handtuch.

Aber dennoch gibt es Lebewesen, die mit Hitze und Schleifstaub gut klarkommen. Nachts klettern sie die Holzstützen, mit denen das Boot abgepallt ist, hoch, naschen an den kleinen Näpfchen mit Borsäure-Köstlichkeiten, die vor dem Niedergang stehen, und versuchen, in den Salon des Schiffes vorzudringen. Zum Glück ereilt sie dann doch der Tod. Aber als wir gegen Ende der Überholung die Cockpit-Grätings hochheben, wimmelt es trotzdem: Kakerlaken! - Ach so, noch einige Besucher verdienen, erwähnt zu werden. Schlafen wir nachts aus Zeitgründen an Bord und haben alle Öffnungen des Schiffes mit Gaze-Netzen gesichert, hören wir im Schiff ihre penetranten Fluggeräusche wenn sie ausgehungert zum Tieffliegerangriff starten: Mosquitos!


Ankern im Delta beim Durchgang der Front



6 Wochen bis zum 3.12. steht das Schiff an Land, die Ausländer, die nach Süden gehen, machen sich zur Abfahrt klar. Wir aber müssen für die deutsche Versicherung noch zwei Gutachten für die Weiterfahrt erstellen lassen: Rigg und Maschine müssen gewartet und überprüft worden sein. Und die Rettungsinsel, die gewartet und mit einem Notfall-"Grab Bag" versehen sein muss, trifft wieder bei uns ein, aber äußerlich nicht so recht wiederzuerkennen...


Wasser- und Stromanschluss bei Hochwasser



Wieder im Wasser geht es im Schneckentempo voran. Nicht einmal ein kühlendes Gewitter lässt das gewaltige Hitzehoch zu, das Wasser im Schwimmbad des Clubs lässt den deutschen Warmbadetag eiskalt erscheinen. Als wir vor unserem windlosen Aufbruch am 18. Dezember das Sonnensegel abnehmen, lesen wir am Thermometer des Deckshauses: 50,2° C !! Wie aus der Tülle einer Gießkanne läuft unter Deck das Wasser aus unseren Körpern heraus.




Frühling in Buenos Aires, Straßenbäume
Und jetzt gilt es, die nächsten Schwierigkeiten zu meistern. Unser Freund Jorge F. möchte mit uns nach Mar de Plata segeln – eine Art Sylt für Portenos (Buenos Aires Einwohner). Doch Weihnachten gehört der Familie. Also warten wir jetzt auf seine Ankunft in Uruquay und ein Wetterfenster nach Südosten, von dem wir annehmen, es in Uruquay eher als in Buenos Aires zu erhalten. Wir werden berichten.

Es grüßen Ilse und Uli Hering von der "Nadine".



(Quelle: mail vom Mo., 23.12.2013 19:05)

05.10.2013
Buenos Aires, Argentinien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Der Flug nach Buenos Aires erhielt seinen ersten Höhepunkt, als ich im Flieger die Zollerklärungen für die Zwischenlandung in San Pablo (Sao Paulo) ausfüllen musste. Keine pflanzlichen und tierischen Produkte dürfen eingeführt werden, usw. Ich dachte an unsere Vergehen mit der Einfuhr eines Apfels und zweier Pfirsiche in Chile und gab an, dass Roggenmehl und Kanaren-Mehl (Gofio) sowie eine Hartwurst der Freunde aus Kassel im Gepäck verstaut wäre. Schaun wir mal... Aber Brasilien hat sich modernisiert – obwohl europäische Yachten jetzt wie die “verfeindeten” französischen auch nur noch 3 Monate Aufenthaltsgenehmigung erhalten – und im Transit läuft alles ohne Kontrolle. Dann same procedure in Buenos Aires. Freundliche Zöllner fragen nach dem Woher in Deutschland, während die kluge Ilse in dieser Zeit die ausgefüllten Zollformulare wieder in ihre Tasche steckt. Dann aber die Durchleuchtung von vier Taschen. Wir schreiben alle Mehlsorten ab. Freundlichst wird gefragt, ob wir eine Tasche zu öffnen bereit wären – die Wurst ist in einer anderen. Unwahrheitsgemäß sagen wir: “Aber gerne!” Als wir erklären, wie gut Gofio auf See schmeckt, ist alles ok., und die Entschuldigung lautet: “Ich sah auf dem Bildschirm so viele gleich große Kilo-Tüten!”

Als wir das schmutzige aber unberührte Schiff betreten, ist bald Schluss mit lustig. Es gibt keinen Strom, weil ein Kabelbrand im Club eine Kabelneuverlegung erfordert. Dazu kommt bald Regen und winterliche Kälte von 4 bis 6° C am Morgen – aber kein Schnee! Die Vögel singen und wir frieren, denn die Dieselheizung benötigt Strom. Den liefern auch nicht die Batterien, denn sie sind zusammengebrochen. 4,5 Jahre alte (teure) AGM-Verbraucherbatterien sind am Ende. Die 10 Jahre alte Starterbatterie würde es noch tun, aber sie ist leer. Für den Abend haben wir noch Petroleumlampen.

Dreimal muss ich zum Zoll nach Tigre fahren, um zu hören: “Am 3. Oktober müsst ihr raus und mit dem Schiff das Land verlassen.” Wie soll man ohne (Starter) Batterien aber das Land verlassen? Zum Glück kann ich die Auffassung widerlegen, neue Batterien könnten ja sofort mit dem Flieger aus Deutschland gebracht werden. Immerhin: man gewährt uns Bleiberecht bis zum 15. Oktober. Die Suche nach Batterien ist auch erfolgreich – dass alle Angaben der Maße nicht stimmen, ist eher nebensächlich, denn sie lassen sich mit der Flex auf kleiner trimmen.

Also können wir – Strom und Internet funktionieren wieder – in einigen Tagen nach Uruguay segeln (hoffentlich können wir es noch...) und nach dortiger Ein- und sofortiger Ausklarierung wieder unseren Club-Liegeplatz einnehmen. 3 Monate Aufenthaltsgenehmigung sind uns und dem Schiff damit sicher. Aber nun folgt die Werft-Zeit, die mindestens den Unterwasseranstrich ermöglichen soll. Seit den Kanaren musste sich der Unterwasserleib mit Kratzen begnügen. Doch Ilses Schönheitsempfinden verträgt nur wenige Kompromisse: 10 Jahre ist es her, dass die bankrott gegangene Firma in Lübeck das kaum entfettete Deck (Aluminium) mit Farbe zugedeckt hatte. Diese fällt jetzt in tellergroßen Placken ab. Das sieht furchtbar aus. Damit habe ich alles gesagt – es gibt gute Handwerksbetriebe auf dem Club-Gelände, und das Weitere muss sich finden. Probleme sind dazu da, um überwunden zu werden, und wir wollen keine Bürger Argentiniens werden, obwohl das Land einen unglaublichen Reiz auf uns ausübt.

Für heute alle guten Wünsche ins herbstliche Deutschland. Wir waren froh, dass unsere Tochter uns wenigstens per SMS die Wahlergebnisse mitteilen konnte. Das Handy war nicht ausgefallen.

Es grüßen Ilse und Uli Hering von der "Nadine".



(Quelle: mail vom Sa., Sa 05.10.2013 13:54)

15.5.2013
Flughafen São Paulo, Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

wir warten auf dem Flughafen von São Paulo auf unseren Weiterflug nach Berlin und haben unser Schiff trotz der allgemein üblichen Aufbruchshektik sicher unter den Bäumen des schönen Yachtclubs Barlovento in Buenos Aires zurückgelassen. Die Bäume dort verlieren ihre Blätter, ein kalter Südwestwind fegt über den Fluss und die Nässe im Delta bleibt auch dann ständig gegenwärtig, wenn die häufigen Starkregenfälle pausieren. Jetzt denken die Yachties, wenn sie nach Norden segeln wollen, an die Weiterfahrt - wir denken an die Weiterfahrt nach Süden, wenn im September der Frühling kommt.

Argentinien ist, wie auch Brasilien, ein so riesiges Land, dass der Segler, der sich ausschließlich auf die Küstenstädte oder die "große Herausforderung" Kap Horn beschränkt, Entscheidendes verpasst.

Die Empfehlung unserer österreichischen Nachbarn, die ihr Schiff kindgerecht umbauten, weil in Buenos Aires ein kleines Mädchen die Besatzung verstärkt hat, lautete: Ihr müsst nach Salta in den Nordwesten fahren und dort in der Nähe der bolivianischen Grenze die Anden-Hochtäler besuchen. Das lässt sich per Leihauto machen, und bis Salta sind es ja nur etwa 1.500 Kilometer.

Wer wie wir nicht fliegen will, kann den Törn per Bus mit Liegesessel ("cama") und Vollverpflegung in knapp 24 Stunden für 65 Euro machen. Salta ist die Provinz-Hauptstadt einer namhaften Wein-Provinz wie auch Mendoza. 1200 m hoch gelegen ist das Klima angenehm und in der unmittelbaren Nähe des Wendekreises noch immer warm.


Iglesia San Francisco

Die barocke Iglesia San Francisco knüpft an die spanische Tradition der Conquista an, während überall der indigene Einfluss spürbar ist - dies ist das touristische Pfund, mit dem man wuchert. Und die technische Pioniertat hier ist der "Zug in die Wolken" (Tren a las Nubes): Von Salta aus beendete man Ende der vierziger Jahre eine Eisenbahnstrecke, die auf über 4.000 m Höhe in die Anden führt, um dort Kupfer abzubauen und abzutransportieren. Heute transportiert man nur noch einmal in der Woche Touristen.

Wir fahren die Strecke mit dem gemieteten Kleinwagen am Folgetag ab. Unmerklich und deshalb für den Normal-Null-Anwohner gefährlich steigt die Straße neben den Bahngleisen aufwärts, ein leichter Regen weicht dem ewig blauen Himmel der Andengipfel. Die Asphaltstraße weicht der Schotterpiste - wir haben Mitleid mit dem kleinen Chevrolet und beneiden die Berliner Off Road Fahrzeughalter. Hier wachsen nur Kakteen und Dornensträucher. Nach dem ersten 4.000 m Pass erreichen wir San Antonio de los Cobres, knapp 3.800 m hoch auf dem Altiplano gelegen.


Viadukt La Polvorilla

Nur noch wenige Kilometer bis zur eigentlichen Attraktion, dem in 4.220 m Höhe errichteten Eisenbahn-Viadukt La Polvorilla, der die Schmalspurbahn 64 m über der Schlucht auf seiner Stahlkonstruktion trägt.

Mit sanften Augen schaut ein Lama durch das Autofenster. Ilse will wegen des Luftmangels nicht aussteigen, für ein Foto kann ich einen kurzen Weg noch ganz gut ab. Die Wende kommt auf dem Rückweg. Das einzige Hotel in San Antonio kommt für uns wie gerufen, doch ein bequemes Bett und eine heiße Dusche lindern die starken Kopfschmerzen nicht: wir sind höhenkrank. Von den Einheimischen werden Cocablätter empfohlen, sie sind nicht als Droge nachzuweisen, aber hier sind sie für uns nicht erhältlich.


Salzsee auf dem Altiplano

Eine endlose Strecke auf dem Altiplano, an Salzseen entlang und vorbei an ärmlichen Hirtensiedlungen, verläuft Argentiniens berühmte Ruta Cuarenta, die Nationalstraße 40, die sich hier als Schüttelpiste mit eingelagerten Sandverwehungen erweist. Die Sonne sticht, der Wind von den Andengipfeln streicht über gefrorene Bachläufe. Wer hier um sein Überleben kämpft wie die nicht-europäischen Nachkommen der Indios scheint auf einem anderen Planeten zu leben.


Farbkulisse von Purmamarca

Auf einer Asphaltstraße steigen wir in engen Serpentinen auf 2.200 m ab. Die Berge von Purmamarca leuchten in allen Farben, die digitale Manipulation suggerieren: grün, rot gelb, schwarz. Noch ein Stück nach Norden führt uns die RN 9 in die Quebrada (Schlucht) de Humahuaca. Erwähnenswert auf dieser Fahrt ist die Kirche von Uquia, in der den Betrachter ungewöhnliche Gemälde von Engeln erwarten. Es sind dies Darstellungen der Cusco-Schule aus dem 17. Jahrhundert, die Engel in spanischer Adelskleidung zeigen und als "Arcabuceros-Engel" zeitgemäß europäisch bewaffnet sind. Cusco / Cuzco war die Hauptstadt des Inka-Reichs bis zur spanischen Eroberung 1533.


"Kampf-Engel" von Uquia

Die Zeugnisse der vorspanischen Bevölkerung lassen sich in der teilweise restaurierten großen Festung von Pucará besichtigen: aus dem Puzzle der Steintrümmer hat man seit 1908 in archäologischer Kleinarbeit Teile eines mitterlalterlichen Festungsdorfes wieder hergestellt. Und in geringer Entfernung von der Festung liegt der neuzeitliche Friedhof von Maimará, der wegen seiner "atemberaubenden Kulisse der Quebrada" in keinem Reiseführer fehlen darf.


Friedhof von Maimará

Durch das Verkehrschaos ohne Straßen-Ausschilderung in Salta kämpfen wir uns nun nach Süden, um wieder in die Berge aufzusteigen. Auf der Schotterpiste mit engen Serpentinen in der Schlucht erreichen wir mit dem allerletzten Büchsenlicht eine einsame Biker-Unterkunft, die sich vollmundig "Parador" nennt. Bett und Essen entsprechen fast der Ankündigung, aber Maria hatte leider vergessen, das Licht am Haus brennen zu lassen. Häuser stehen hier auf hohen Steinsockeln, die in der Mitte eine ganz schmale Zugangstreppe haben. Auf der Suche nach dem Sternenhimmel in der stockdunklen Gebirgsnacht verpasse ich die Treppe um einen Meter und falle vom Sockel. Die vorher von mir gewarnte Ilse fällt hinterher, als sie mich nicht mehr sieht. Maria aber war das sehr peinlich, obwohl wir verschwiegen haben, was uns hinterher wehtat.


Nationalpark Los Cardones

Unser Ziel hinter der Gebirgskette lautet Cachi, das am Ende des Nationalparks "Los Cardones" liegt. Die cardones sind eine Kaktusart, die über Jahrhunderte als Holzersatz genutzt wurde und vor der Ausrottung stand. Es ist unglaublich, was sich aus dem porösen Holzskelett der Pflanze alles herstellen lässt: Dachsparren, Möbel, Gebrauchsgegenstände, Bilderrahmen... Der Kaktus ist jetzt geschützt und steht wie eine Wächterarmee im Hochland des Parks.


Der 6.720 m hohe Nevado de Cachi

In der Morgensonne, die auf den Nevado de Cachi fällt, lässt seine schneebedeckte Spitze nur ahnen, in welche Höhe der Gipfel ragt: 6.720 Meter! Das schöne Bergdorf Cachi ist sauber und adrett herausgeputzt, wie man es sich für die argentinische Großstadt immer wieder wünschen würde. Tourismus und Landwirtschaft (auf den Feldern rote Pfefferschoten) sind die Erwerbsgrundlagen.

150 Kilometer auf der nicht asphaltierten Ruta 40 sind es bis zum Weindorf Cafayate. Natürlich halten wir in einer Staubwolke, als wir gebeten werden, zwei alte Frauen in ein entferntes Dorf mitzunehmen. Darüber gibt es hier keine Diskussionen. Die Straße führt durch die Valles de Calchaquíes, 15 bis 20 Millionen Jahre alte Sandsteinformationen, die in unnatürlichem Rot und Gelb eine unwirkliche Kulisse bilden. In Cafayate ist der Wein auf den endlosen Feldern - alles ist hier endlos - bereits abgeerntet, die neuen Ranken hochgebunden.


Weinstöcke vor Cafayate in den Valles de Calchaquíes

Am nächsten Tag treten wir die Rückreise an. Ein letzter Höhepunkt ist die (bequeme) Straße, die abermals einem Flussbett folgt, in dem sich das Wasser durch den Sandstein gefressen hat. Am Wege stehen die steinernen Zeugnisse, die man in der Quebrada de las Conchas mit Namen versehen hat: der "Garganta del Diablo", der "Obelisco", und andere. Die Natur hat hier ein Freilichtmuseum geschaffen.


Der Rio de las Conchas auf seinem Weg durch
das Sandsteingebirge

Am Busbahnhof von Salta endet die Reise. Wir sind froh, auf der Rückfahrt nach Buenos Aires gefahren zu werden. Bis zum europäischen Herbst und zum südamerikanischen Frühjahr sagen wir jetzt "A luego, Argentina!"

Es grüßen Ilse und Uli Hering von der zurückgelassenen "Nadine".



(Quelle: mail vom Di., 21.05.2013 12:24)

13.04.2013
Club de Veleros Barlovento, Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

noch einmal möchten wir uns aus Argentinien melden, bevor wir unser Schiff der Winterruhe überlassen und wir einer für uns nicht mehr gewohnten Kälte nach Deutschland entfliegen.

Unser Segeltörn auf dem braunen und flachen Flusswasser des Rio de la Plata nach Colonia del Sacramento


Colonia del Sacramento: Die Südamerikaner
haben eine große Vorliebe für Oldtimer.
Warum also auch nicht darin essen?

in Uruguay war notwendig geworden, weil unsere 3-monatige Aufenthaltsgenehmigung in Argentinien für unser Schiff abgelaufen war. Bei der Wiedereinreise erhält das Schiff je nach Gutdünken der hiesigen Zollbehörde abermals 3, andernorts 6 oder 8 Monate Aufenthaltsgenehmigung.

Der Weg nach Uruguay ist nicht weit, und das hübsche alte Kolonialstädtchen Colonia ist ein Lieblingsziel argentinischer Wochenendsegler. Der Hafen hat keine Zäune und ist an Feiertagen so überfüllt, dass die Yachten am Steg hintereinander - Bug am Heck des Vordermanns - festmachen. Päckchenliegen ist unbekannt.


Anziehungspunkt Yachthafen, der frei zugänglich ist.

Attraktiv ist hier auch der Geldwechsel, der darauf beruht, dass der uruguayische Peso an den Devisenmärkten frei gehandelt wird, während die argentinische Regierung ihren Peso willkürlich und viel zu hoch im Kurs festgesetzt hat. Für einen in der Bank getauschten Euro beispielsweise erhält man nur reichlich 6 Pesos, auf dem legalen Schwarzmarkt dagegen fast 10. Der übliche Weg der Ausländer sieht dann so aus: Man zieht vom Euro-Konto in Uruguay Dollar oder Uruguay-Pesos, die man in Dollar tauscht, und tauscht in Argentinien auf dem Schwarzmarkt den Dollar wiederum gewinnbringend in den argentinischen Peso um. Auf diese Devisenzufuhr ist die Regierung von Cristina Fernández de Kirchner dringend angewiesen, denn das Staatsdefizit wird immer größer, die Weltbank vergibt keine Kredite mehr, private Banken erst recht nicht, und der Export ist rückläufig. "Argentinisches" Rindfleisch kommt jetzt aus Brasilien, und in Mendoza werden die Oliven an den Bäumen nicht mal mehr geerntet, da sie sich zum überhöhten Pesoskurs nicht mehr verkaufen lassen. Die Inflation liegt bei 25 bis 30 %, und ein Finanz- und Wirtschafts-Crash wie 2001 erscheint nicht mehr undenkbar. "Cry for yourself, Argentina" sollte man in Abwandlung des auf Evita Perón bezogenen Trostliedes "Don´t cry for me, Argentina" sagen. Wir sind jetzt lange genug in Argentinien, um bereits vorher zu wissen, was unser Gesprächspartner auf eine diesbezügliche Frage antworten wird. Ebenso so groß wie der Frust der Argentinier ist aber leider auch ihre Resignation.

Nach Abwicklung der Formalitäten und einem Stadtrundgang segeln wir mit wenig Wind wieder nach Argentinien zurück. Wir machen einen Umweg über die südlich von Buenos Aires gelegene Provinzhauptstadt La Plata. Dort hat man uns 8 Monate Aufenthaltsgenehmigung für das Schiff versprochen. Wir haben nicht mit der schlimmsten Feiertags-Sequenz des Jahres gerechnet: Gründonnerstag, Karfreitag, Brückentag Samstag, Ostersonntag, Montag Tag des Touristen, Dienstag Tag der Malvinen. Und obwohl die Regierung bereits ein überdimensionales Beamtenheer beschäftigt und trotz leerer Kassen um weitere 5000 Stellen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit erweitert hat, ist jetzt jede Amtsstube geschlossen - was macht bloß ein einlaufendes Containerschiff?! 30 Riesenschiffe liegen vor dem Hafen auf Reede.

Am Ostersonntag gehen wir erfolglos wieder ankerauf. Wir steuern das immense Flussdelta nördlich von Buenos Aires an, denn der direkte Weg zu unserem Club-Liegeplatz ist uns - wahrscheinlich - durch Niedrigwasser versperrt. Der Weg führt über Kanäle und einige der zahllosen Flussarme und Nebenflüsse.

Mit dem letzten Licht erreichen wir unseren Ankerplatz auf dem Rio Paraná de las Palmas, am Himmel eine bedrohliche "Zigarre", die von Horizont zu Horizont reicht. In den Folgetagen wird sie mit dem "schlimmsten Hochwasser" Buenos Aires und dann La Plata unter Wasser setzen und 59 Tote fordern.


Haus im Delta: nicht wegen des Hochwassers stehen
viele Häuser zum Verkauf, sondern wegen der enorm
gestiegenen Grundstückspreise

Wir ankern außerhalb des Fahrwassers gut in Leeschutz des Flussufers. Um 23 Uhr werden wir von der "Prefectura Naval" (Grenzschutz, Coastguard) angeleuchtet und zum Ankeraufgehen aufgefordert. Wir sollen ihnen folgen, obwohl unsere top-aktuelle Seekarte keinerlei Anhaltspunkt für dieses Vorgehen bietet. Wir weigern uns, geben aber schließlich nach.

So irrlichtern sie vor uns über die engen Wasserwege in stockdunkler Nacht, um uns zu einem "besseren Ankerplatz" zu führen. Unsere Lektion lautet: Nie wieder! Vom Canal Honda biegen sie in den Canal de Este ab und fahren vor uns unter einer Stromleitung durch. Obwohl wir diese im allerletzten Moment erkennen, bleiben wir mit dem Mast hängen. Wir kehren um, nehmen einen anderen Weg und gehen nach Mitternacht wieder vor Anker. Der Behörden-"Lotse" kommt an unsere Seite und verlangt für seine "Dienste" eine Flasche Whisky... Wir verschweigen unsere Antwort.


Fliesenkarte des Rio de la Plata im 16. Jahrhundert.
Ein Geschenk der argentinischen Menem-Regierung an Uruguay.

Am nächsten Tag erreichen wir unseren Club-Liegeplatz, bekommen trotz Schilderung der Umstände beim Zoll nur unsere obligatorischen 3 Monate und werden im Zusammenhang mit unserem Mast an die Prefectura Naval verwiesen. Wir schreiben einen spanischen Bericht, landen schließlich auch im "Allerheiligsten" bei Fregattenkapitän K. mit deutschem Großvater. Gottseidank, er ist nicht zuständig - gleichwohl von ausgesuchter Höflichkeit.


Transportmittel Delta-Barkasse

Da mich in der Folgezeit eine bärenstarke südamerikanische Grippe in die Koje verbannt hat, konnte ich noch nicht auf den Mast steigen, um den Top zu untersuchen. Zum Glück scheinen keine Schäden feststellbar (die teure elektronische Windanzeige).

So werden wir nun weiter mit den Behörden kämpfen, Wartungsarbeiten an unserem Schiff durchführen und die große Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Argentinier genießen.

Mit allen guten Wünschen für einen Frühlings-Durchbruch in der anderen Hemisphäre bleiben wir

Ilse und Uli von der Nadine



(Quelle: mail vom So., 14.04.2013 03:11)

06.03.2013
Club de Veleros Barlovento, Buenos Aires

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Ostern und damit der Höhepunkt im Vereinsleben der Schiffergilde, der Schifferabend, naht und wir schauen aus Argentinien mit ein wenig Neid auf die großen Teller mit Eisbein und Sauerkraut im VSaW. So wünschen wir aus der Ferne nicht nur guten Appetit, sondern auch einen Sommer, in dem das Segeln Spaß macht.
Hier macht sich bereits deutlich der Herbst bemerkbar und man überlegt, ob man morgens Socken anziehen sollte. Am 15. Mai wollen wir nach Deutschland zurückfliegen, damit unsere Kinder und Freunde noch wissen, wie wir aussehen. Das Boot bleibt hier im schönen Yachtclub, bis der Südfrühling naht und wir unsere Reise südwärts fortsetzen können - die Zustimmung des Wettergottes und der sich göttlich darstellenden Behörden vorausgesetzt.

Wir hatten während des letzten Monats Besuch von einem Freund aus Berlin und haben den Besuch zum Anlass genommen, Argentinien südlich und westlich von Buenos Aires auf dem Landweg per Bus kennenzulernen. Wir verraten sicher kein Geheimnis, wenn wir behaupten, solche Reisen ins Innere des riesigen Landes sind auch für Segler ein Muss. Doch zuvor noch einige Worte zur 12 Millionen Stadt Buenos Aires, die wir vorzugsweise sonntags besichtigt haben.

Mit den "Trenes de Buenos Aires" fährt man ca. 1 Stunde für umgerechnet 40 Eurocent in die City, wochentags bekommt man in der Regel keinen Sitzplatz. Manches in dieser großen Stadt erinnert an Berlin, unendlich viele Parks bieten Freizeitmöglichkeiten, und selbst zwischen den obligatorischen Hochhäusern sind die Straßen von Baumreihen durchzogen. Zu entdecken gibt es weit mehr, als sich hier schildern lässt, zwei Orte sollen hervorgehoben werden.

Die allgemein als Zentrum angesehene "Plaza de Mayo" mit der "Casa Rosada", dem ehemals mit Ochsenblut angestrichenen Regierungssitz, ist - hinter der Bannmeile - noch immer der Versammlungsort für Bürgerprotest. Hier demonstrieren die "Madres de la Plaza de Mayo" für die Rehabilitation von Regierungsgegnern und Bürger mit Bildern ihrer Angehörigen für die Aufklärung der Verbrechen während der Militärdiktatur.

Plaza de Mayo mit Casa Rosada

Noch immer werden die Opfer der Militärdiktatur
gesucht

Tango (gestellt) in La Boca
Da Argentinien als das Geburtsland des Tangos bekannt ist, entstand in dem ehemaligen Hafenviertel La Boca, in dem die ersten Siedler ankamen, eine Tourismus-Fassade, hinter der Armut und Verfall der Bausubstanz unübersehbar sind. Der Tango, der auf der Straße getanzt wird, ist ausschließlich auf die Touristen zugeschnitten, und gegen Bares kann der Besucher oder die Besucherin sich mit einem oder einer einheimischen Tänzer/in bei den ersten Schritten fotografieren lassen. Aber auch ein Fußball-Trikot mit der Aufschrift "Maradona" lässt sich hier erwerben.


Der Reisebus nach Ushuaia

Obwohl der Flieger in Argentinien relativ preiswert ist, machen wir uns per Reisebus auf den Weg in den Süden. Nach 3.100 Kilometern bis Ushuaia tat unserem Freund zwar der Achtersteven weh, aber der Service der großen Überlandbusse ist eine Erwähnung wert. Man sitzt in bequemen Sesseln, die sich fast in die Horizontale verstellen lassen ("cama" oder "semi-cama"). Große Panoramascheiben können mit Vorhängen abgedunkelt werden (macht der Stewart), und verköstigt wird der Passagier in folgender Reihenfolge: 1. Frühstück mit Kaffee, Tee oder Wasser 2. Mittagessen in der Regel kalt 3. Kaffe und kleine Kuchen am Nachmittag 4. Eine Süßigkeit vor dem Abendessen 5. Zum Abend ein Horsd'oeuvre mit Empanadas und einem Schluck Wein 6. Warmes Abendessen (Fleischgericht).

Der Bus folgt der Küstenstraße am Atlantik durch Patagonien. Ilse macht in der Nacht den Fenstervorhang wieder auf, um von ihrem Liegesessel aus das "Kreuz des Südens" am wolkenlosen, nachtschwarzen Himmel als unseren Begleiter zu sehen. Die endlose Trockensteppe wird von Küstenstädten unterbrochen, wobei der traditionelle Fischfang zunehmend von Öl-Erkundung und -Ausbeutung abgelöst wird. Unser "Sehnsuchtsort" Magellanstraße mit einer Fährverbindung an der ersten Enge ("estrecho") liegt auf chilenischem Staatsgebiet, d.h. nach Ushuaia in Argentinien kommt man nur per Transit durch den chilenischen Teil von Feuerland. Dies sollte für uns ein denkwürdiger Transit werden.
Nur mit Mühe konnten wir der Bestrafung oder Inhaftierung von Ilse als Gesetzesbrecherin entgehen. Hatte sie doch amtlich gewogen und 5-fach dokumentiert 0.500 kg Birnen, 0,350 kg Äpfel und 0,100 kg Pfirsiche im Handgepäck illegal nach Chile eingeführt - der Gepäckraum war verplombt worden. Ich hatte auf allen diesbezüglichen Formularen zuvor "no" angekreuzt, weil ich mich an einen Karnevalsscherz erinnert fühlte, sie aber musste bei der Durchleuchtung ihres Rucksackes meine umstürzlerische Gesinnung ausbaden. Mit sehr viel Beschwichtigung in stammelndem Spanisch und zerknirschter Demutshaltung konnten wir das Verhängnis abwenden. Die Businsassen konnten in dieser Zeit nicht weiterfahren - gebückt schleichend sind wir wieder eingestiegen...

Erste Enge der Magellanstraße

Ushuaia sollte man nicht mit norwegisch
Sandnessjön verwechseln!

Yachthafen Ushuaia

Tourismusboom in Ushuaia
Ushuaia am Beagle-Kanal war dann aber ein großes Erlebnis, und viele Yachten lagen am Steg des Club Nautico. Die Einwohnerzahl Ushuaias hat sich in den letzten 20 Jahren vervierfacht auf 60.000. Der Tourismus boomt, die Ausflugsangebote sind ansprechend und zahlreich wie die Outdoor-Geschäfte in den Straßen und die Verbindung zur "argentinischen" Antarktis wird von hier aus aufrechterhalten. Natürlich fehlt in der Stadt auch nicht das Mahnmal für die "Gefallenen Helden des Krieges um die Malvinas" (Falklands).


Magellan-Pinguine

Von der Segel-Literatur über dieses "Ende der Welt" beeinflusst haben wir uns warm angezogen und unsere Mützen starkwindgesichert. Aber die erwarteten Stürme sind ausgeblieben, frischer kalter Wind stellte sich dann beim Besuch der Pinguin- und Seelöwen-Kolonien ein. Unter Maschine fuhr eine Yacht gegenan von Ost nach West. Beim Wandern im Nationalpark durch das Siedlungsgebiet der ausgestorbenen Yámana-Indianer zeigte sich auch ein springender Buckelwal. Geschützte Buchten am Beagle-Kanal werden von sub-antarktischen Urwäldern eingefasst. Die Ruta 3, der wir von Buenos Aires aus gefolgt sind, endet hier.




Ruta 40 - Die einsamste Straße der Welt führt durch
Patagonien nach Bariloche und weiter nach Norden

Wir sind dann per Bus über die berühmte Ruta 40, die an der Gebirgsgrenze entlang im Westen des Landes verläuft nach Calafate gefahren, um die Gletscher am Lago Argentino zu bewundern. Mit dem Katamaran fährt man während eines Tages alle Gletscher, die in diesen größten See Argentiniens münden, ab. Die Eindrücke sind beinahe noch überwältigender als in Spitzbergen, weil der Gegensatz von weiß-blauen Eisbarrieren und dunkelgrüner Vegetation am Gletscherrand so extrem ist. Hatten wir mit unserem Schiff in Spitzbergen Sorge, dem Eis zu nahe zu kommen, war man auf dem Katamaran völlig sorglos. Gegenüber dem Gletscher "Perito Moreno" hat man Laufstege gebaut, die mit etwas Geduld die lautstarken Eisabbrüche zu beobachten erlauben.

Nationalpark Feuerland

Gletschertour auf dem Lago Argentino
in Calafate

Gletschertour auf dem Lago Argentino
in Calafate

Gletscher Perito Moreno, Calafate, vom Ufer
des Lago Argentino

Das Herz jedes Bergsteigers schlägt höher, wenn die Sprache auf unser nächstes Reiseziel kommt: den 3.405 m hohen Cerro Fitz Roy, dessen unwirkliche Steilwände sich meistens in den Wolken, die über die Anden ziehen, verstecken. Man fährt nach Chaltén und kann verschiedene Wanderwege ablaufen. Dies können wir jedem Segler nur empfehlen, denn alles Weitere ist Profi-Angelegenheit, und der Ausspruch eines deutschen Touristen, er wolle dieses Mal den Fitz Roy endlich "knacken", erscheint wie eine Lachnummer.

Chaltén, Herbstlandschaft am Fitz Roy

Der 3.405 m hohe Cerro Fitz Roy
Weiter nach Norden geht unsere Reise über die erwähnte Ruta 40. Sie führt entlang der Anden über die Trockensteppe, die das Markenzeichen Patagoniens ist. Meistens schnurgerade läuft sie wie die meisten Straßen von Horizont zu Horizont. Bestenfalls niedriges Dornengestrüpp kann sich trotz der ständigen Wasserabflüsse von den Bergen halten. Ab und zu folgen der Straße die Strom-Überlandleitungen oder riesige Felder von Ölpumpen mit dezentralen Auffangtanks.

Der Nationalpark am Lago Nahuel Huapi
ähnelt einer Schweizer Seenlandschaft

Hier wächst der einzige Myrtenwald der Welt

Vulkanlandschaft mit Canyons in der Nähe
von San Martín de los Andes
Wir erreichen Bariloche, das Feriengebiet der Portenos, der Buenos Aires-Einwohner. Bariloche liegt am Lago Nahuel Huapi, der sich im gleichnamigen Nationalpark mit einer ganzen Seenkette fortsetzt. Wunderbare Nadelwälder, klare kühle Luft und ein Myrtenwald mit zimtfarbenen Baumstämmen erwarten dort den Besucher. Auf der Rückfahrt von einem Ausflug nach San Martín de los Andes wechselt die Landschaft von bewaldeten Berghängen zu trockenen Canyons mit bizarren Lavaformationen. Der Übergang nach Chile, wo in relativ geringer Entfernung das dem Segler vertraute Puerto Montt am Pazifik lockt, scheitert an der langwierigen und mit allen nur denkbaren Schwierigkeiten versehenen Einreise und Unterkunft in Chile. Die Frage, ob Argentinien und Chile befreundete Länder wären, wurde sehr ausweichend beantwortet. Wieder mal waren wir froh, Europäer zu sein...
Die Rückfahrt durch die Pampa nach Buenos Aires dauerte dann nur noch 22 Stunden und ging über 1.600 km. Hier in der Pampa, die die Trockensteppe ablöst, wird Landwirtschaft betrieben. Hier sehen wir die riesigen Viehherden und die mit den Namen der Saatgutfirmen versehenen Umzäunungen der großen Felder. 50 Kilometer vor der Stadtgrenze von Groß-Buenos Aires beginnt die Verstädterung der Pampa.
Zum Monatsende müssen wir nun mit unserem Schiff das Land verlassen, um "gegenüber" nach Uruguay zu fahren. Nach einem Tag dürfen wir wieder in Argentinien mit dem Schiff einreisen, um dann - hoffentlich - die längere Aufenthaltsgenehmigung für das Schiff zu erhalten, während wir nach Berlin fliegen. Wir lassen uns überraschen.

Bis zum nächsten Bericht grüßen herzlich von der "Nadine" aus dem Land der Gegensätze

Ilse und Uli



(Quelle: mail vom Do., 07.03.2013 13:01)

02.01.2013
Yate Club Barlovento, Buenos Aires - Argentinien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

dass man als Segler keine Zeit und Muße haben könnte, ein paar Weihnachtsgrüße zu versenden, hätten wir nicht geglaubt. Auf einem schönen Liegeplatz am Hafeneingang eines idyllischen Yachtclubs in der Flusslandschaft des Paraná-Deltas nördlich von Buenos Aires angekommen, finden wir endlich Zeit, wenigstens noch alle guten Wünsche zum Neuen Jahr zu übermitteln. Mögen alle Freunde "fair winds" auf See oder an Land und in allen Situationen haben. Seit unserer Ankunft in La Paloma, Uruguay, am 28.


Westernstadt" La Paloma

November haben wir von "fair winds" wenig zu spüren bekommen. Das Flussdelta der großen Flüsse Paraná, Rio Uruguay und unendlich vieler anderer scheint eine Wetterküche erster Güte zu sein mit tropischer Heißluft aus dem Norden und sehr kalter Luft aus dem Süden und von den Cordilleras der Anden. Das macht sich auch in diesem Hafen mit dem schönen Namen La Paloma, der keinen guten Liegeplatz für Yachten bereithält, bemerkbar. Starke Winde aus wechselnden Richtungen drücken das Schiff unter die Abweiser der hohen Betonpier, und die liebevoll mit Steinplatten aus dem Vorgarten ausgelegte Pierkante erweist sich als der perfekte Leinenfresser mit messerscharfer Sägezahnwirkung. Der Ort selbt, der sich zum bezahlbaren Ferienzentrum Uruguays entwickeln möchte, hat den Charme einer Westernstadt der Gründerzeit mit einer längst aufgegebenen Eisenbahnlinie von Montevideo. Aber das Klima ist angenehm, der Deutsche Rudi betreibt ein Internetcafé mit Boutique und möchte nicht mehr weg, während wir uns an Südschweden erinnert fühlen. Am 4. Dezember laufen wir mit dem ersten Tageslicht aus in Richtung Punta del Este, unserem eigentlichen Zielhafen in Uruguay, in dem wir einen Einreise-Stempel in den Pass erhalten müssen. 2 Windstärken aus Nordost erfordern die volle Segelfläche, doch als der erste Zeising vom Großsegel entfernt werden soll, ist der Wind mit 7 Stärken in Böen schlagartig zur Stelle. Die doppelt gereffte Genua lässt uns die etwa 50 Seemeilen bis Punta del Este schnell zurücklegen. Der Wind steht so, dass wir in den Hafen nicht einlaufen können und an einer der zahlreichen Mooring-Tonnen festmachen müssen.

Stadt der Reichen und Schönen

"Nadine" an 2 Mooringtonnen
Nach dem 6. Anlauf gelingt das schließlich, blaue Flecken an Arm oder Bein inbegriffen. Am nächsten Tag erwartet uns ein freier Platz zwischen den zahlreichen Regatta-Teilnehmern Buenos Aires - Punta del Este. Nette, hilfsbereite Argentinier begrüßen uns auf deutsch: "Gut, dass Sie hier sind, es kommt Sturm." Der lässt aber noch auf sich warten und schickt am nächsten Tag als Vorläufer eine Himmels-Schleusenöffnung, dass wir tatsächlich die seit Norwegen vergrabene Regenpersenning in die Pflicht nehmen. Als dann in der Nacht 8 Windstärken voll in den Hafen hineinstehen, kann man Motorboote so tanzen sehen, als wollten sie sich auf den Kopf stellen. Alle Besatzungen gehen Wache, und der Versuch, den Bug von der Pier abzuhalten - Wind von hinten - , ist nicht immer erfolgreich. Das war aber, so hören wir, noch kein Pampero, denn der ist viel stärker. Gegen 18 Uhr laufen die Regatta-Teilnehmer aus, um nach Buenos Aires aufzukreuzen. Nur die Hälfte der Teilnehmer erreicht das Ziel. Harte Burschen! Wir verlegen in ein inneres Hafenbecken, können ein wenig unsere Nerven glätten, schwitzen unter der Sonne, während in Deutschland Schnee gefallen ist, und erkunden diese "Stadt der Reichen und Schönen", in die das Geld der Argentinier strömt. Hier werden die Eigentumswohnungen in den sauberen und modernen Hochhäusern gekauft, so dass die Baukräne in der Ferienstadt nie wieder zu verschwinden scheinen. Hier machen die Maxi-Racer auf ihrem Törn um die Welt Station, denn nicht einmal Montevideo besitzt einen Yachthafen, der den Namen verdient. Hier gehen die Kreuzfahrtschiffe vor Anker, booten die Touristen aus und bieten eine geführte Stadtrundfahrt auf bordeigenen Mountain-Bikes an. Als wir auslaufen wollen, kommt über Navtex, das von Uruguay und Argentinien betrieben wird - Brasilien enthält sich - die Meldung "...possible rain with storm". Der findet dann auch als die übliche Mitternachtsvorstellung statt. Am nächsten Tag, dem 15.12., ist es endlich soweit, dass wir unseren Weihnachtsliegeplatz in Buenos Aires ansteuern können. Schwacher Wind gegen an, unter Maschine wollen wir keine Zeit verlieren. Das erleuchtete Montevideo passieren wir in der Nacht, die Stadt wollen wir auf der Rückfahrt besuchen. Ab hier wird der Rio de la Plata mit 4 bis 6 Metern Wassertiefe wirklich flach, die Großschifffahrtswege sind nur unwesentlich tiefer. Der 16. Dezember ist ein Sonntag. Sonntage haben bei uns unter dem Namen "Sonntagnachmittags-Kaffeefahrt" eine gute Starkwind-Tradition. Ab 11 Uhr dreht der Wind mit 6 bis 8 Stärken auf Nordwest, d.h. er kommt von dort, wohin wir wollen. Vor Topp und Takel, also ohne Segel, laufen wir im starken Regen über die schmutzig-braune brechende Flachwassersee unseren mühsam erkämpften Weg zurück. Wir verlieren 5 Seemeilen und starten erneut. Vor Erreichen des Hauptfahrwassers geht der Tanz abermals los. Auf Navtex liest sich das als "isolated storms". Die Ankündigung erfolgt mit einem Himmel voraus, dessen Farbe von einem tiefen Blaugrau zu einem unwirklichen Grün changiert. Wir haben Angst vor der Grundsee über den Flachs und laufen über die markierte Schifffahrtsstraße zwischen Containerschiffen nach Montevideo zurück. Hier in El Buceo, Stadtteil von Montevideo, gibt es für Ausländer einen Yachtclub, der Gäste aufnimmt - es sei denn, er ist, wie bei uns, voll. Zum Glück hilft uns in der Nacht ein Marinero an die vorletzte freie Mooring genau in der Hafeneinfahrt. Wir staunen über den Leinendurchmesser des Festmachers an der Tonne. Kein Wunder, dass das Frühstücksgeschirr am Morgen vom Tisch fällt. Aber Glück im Unglück: die freundlichen Lotsen, die geschützt an der Mole innen liegen, offerieren uns eine Mooring-Tonne für vorn und eine für hinten neben ihren Schiffen. Da können wir halbwegs beruhigt das nächste Südstürmchen abwettern, auch wenn bei 10 Windstärken auf dem Aneometer die Verkleidung vom Windgenerator wegfliegt. Erstaunlich, wie wenig Qualität man für viel Geld im Yacht-Zubehörhandel erhält... El Buceo ist keine Empfehlung, bei den Banken funktionieren die Kredit- oder Sparkarten nicht und die Behörden mit einer wahren Fotokopie-Manie, der der Besucher nachzukommen hat, stellen den Segler auf eine harte Geduldsprobe. Dies in Sonderheit, wenn der Steam vorbei ist und wir am 20.12. entscheiden müssen, ob ein neuer Anlauf auf Buenos Aires erfolgen soll. Die Yachtclub- Mitglieder empfehlen, eine Woche bis nach Weihnachten zu warten, der Seemann, der auf dem Lotsenschiff fährt, hält dagegen: "Nur morgen könnt ihr fahren!" Wir haben, wie sich herausstellt, ein Wetterfenster von 24 Stunden, verlieren durch die Behörden-Schikanen 3 Stunden, schaffen es aber unter Segeln und gleichzeitig Motorunterstützung in 25 Stunden. Den gebaggerten Kanal in den Nordhafen von Buenos Aires fahren wir unter Maschine mit 30 Grad Vorhaltewinkel gegen den frischen Nordwind. Der Kanal ist eng, große Schiffe überholen uns, doch es ist nicht so gemütlich wie auf dem Nordostseekanal. Gegen 10 Uhr am 22.12. haben wir es geschafft und laufen in das ruhige Wasser des Antepuerto ein. Ein wenig müssen wir auf die Öffnung der Brücke zum Stadthafen - mehrere alte Hafenbecken wie in Hamburg - warten und erhalten noch vor dem Festmachen die Information, dass der Tag über 80 Euro Liegegeld kostet und wir mindestens 5 Tage im Yachtclub Puerto Madero bleiben müssen. Egal, wir sind endlich da...

Buenos Aires

"Stadthafen Puerto de Madero
Die große Stadtbesichtigung steht nun noch aus, der Liegeplatz mitten in der Stadt überzeugt mit einem langen Schwimmsteg und bietet somit einen längst vergessenen Luxus mit Wasser und Strom. Und dass man trotz Müllsperren in einem Teppich von Plastikresten, Präservativen und sonstigem Abfall schwimmt - na ja... Und am 24. können wir seit langer Zeit wieder das Weihnachtsessen in der Plicht am Cockpittisch einnehmen, ein großes Feuerwerk Punkt 24 Uhr über der Stadt bewundern und die "Weihnachtslieder" kurz darauf in Form eines prasselnden Tropengewitters hören.


Weihnachten in Argentinien

Unsere Suche nach dem von anderen Seglern wärmstens empfohlenen Yachtclub Barlovento in Groß-Buenos Aires, Stadtteil San Fernando, erweist sich als ziemlich schwierig, weil am ersten Weihnachtsfeiertag keine Taxen fahren und niemand etwas Genaues weiß. Aber Rudolfo hilft schließlich. Dieser hilfsbereite ältere Herr, dessen Vater Däne aus Hamburg ist und dessen Mutter aus Zürich kommt,


Fluss Luján, Paraná-Delta

fährt uns mit seinem Auto nicht nur zu den Behörden, sondern begleitet uns als Lotse am 29.12. über die Flachstellen des Deltas zu einem Liegeplatz, dessen Umgebung das Segel-Mekka von Buenos Aires genannt werden kann. Am Fluss Luján fühlt man sich wie am Sonntag auf Berliner Gewässer versetzt. Hier können wir nun


Barlovento Yachtclub am Fluss Luján, Paraná-Delta
zusammen mit anderen europäischen Seglern, mit denen wir am Grill das Neue Jahr begrüßt haben, einige Zeit bleiben. Anders als in Berlin empfing uns der Silvestermorgen um 8 Uhr mit 34° C in der Plicht, tagsüber weit über 40° C und am 1. Januarmorgen um 8 Uhr mit 14° C.

Bis zum nächsten Bericht grüßen herzlich von der "Nadine" aus dem Land der Gegensätze

Ilse und Uli



(Quelle: mail vom Mi., 02.01.2013 22:48)

06.12.2012
Punta del Este - Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

Wir sind endlich in Punta del Este gelandet und haben endlich wieder Internet-Zugang. Der Silberfluss (Rio de la P.) ist ein hartes Revier. Wetterbericht spricht von "gentle breeze", ich mache das Großsegel vor La Paloma fertig und in 3 Minuten werden aus 2 - 3 Windstärken 7. Kein Einlaufen in den Hafen vorgestern (Dienstag) war möglich, wir brauchen 6 Anläufe, um eine Mooring vor dem Hafen zu grabschen, dazu einige neue blaue Flecke - aber jetzt bleiben wir erst mal ein paar Tage in diesem europäisch-modernen Hafen.

Mit herzlichen Grüßen von Ilse und Uli Hering auf der "Nadine".



(Quelle: mail vom Do., 06.12.2012 13:35)

29.11.2012
La Paloma - Uruguay

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

im Südsommer, so liest man in der einschlägigen Literatur, lässt es sich mit Nordwind gut nach Süden segeln, während der umgekehrte Weg nur im Winter zurückgelegt werden sollte. Aber das Wetter scheint in diesem Monat die Literatur nicht zu kennen. Bis Rio Grande, unserem nächsten und letzten brasilianischen Hafen sind es ein paar hundert Meilen. Also, heißt es, warten – für den Segler eine vertraute Situation.

Aber ein Höhepunkt dieser Gegend läßt sich noch einschieben: Nur noch am Wochenende fährt ein Zug durch das Küstengebirge von Curitiba bis nach Morretes oder Paranaguá. Dieser lange, von zwei Lokomotiven gezogene Zug ist eine Touristenattraktion, und wir bekommen am 11.11. gerade noch Plätze im zweiten Zug, der nur bis zum Kolonialstädtchen Morretes fährt.

Mit der Eisenbahn durch die Serra do Mar



Ansonsten ist diese Bahnlinie Bestandteil des südamerikanischen Gütertransportweges. Die gegen Ende des 19. Jahrhunderts angelegte Pionierstrecke gilt als ein "mit Blut bezahltes Meisterwerk" (Dumont), denn etwa 5000 Männer kamen bei Unfällen, Schlangen- und Insektenbissen ums Leben. Die 73 Kilometer lange Strecke bis Morretes führt an Steilhängen entlang und über abenteuerliche Brückenkonstruktionen durch die Serra do Mar und erschien zur damaligen Zeit als nicht realisierbar. Von überall stürzt das Wasser von den Felshängen in die Tiefe, und der nur noch zu 5% bestehende Regenwald Brasiliens ist hier intakt.

Da unsere Aufenthaltsgenehmigung für Brasilien Ende des Monats abläuft, beschließen wir, hier und nicht wie vorgesehen in Rio Grande auzuklarieren, um das Land auf dem Seeweg zu verlassen. Somit müssen wir den Zoll aufsuchen, der sich im Industriehafen befindet. Wir laufen die völlig verschmutzte und vefallene Prachtstraße zum Hafen entlang, auf der Hunderte von schweren Lastzügen den Reichtum des Landes zum boomenden Hafen schaffen. Gruppen von fleißigen Fußgängern kommen uns entgegen und fragen auf deutsch: "Wollen Sie schon zurück zum Schiff?" - Im Hafen liegt ein Aida-Kreuzfahrtschiff. Beim Bezahlen im schönen Iate Clube fragen wir, warum diese steuerlich gesegnete Stadt so unvorstellbar verdreckt und mit Müll übersät ist. Hilfloses Schulterzucken und "Das ist unsere Stadtverwaltung..." An einer Hauswand in der Nähe des Zentrums steht "Dinheiro Corrompe" und an einer Anderen "Vote Nulo".


Letztes Ankern in Paranaguá

Am 17.11. können wir endlich an die Mooring des idyllisch gelegenen "Subsede", der Außenstelle des Yachtclubs, verlegen und am nächsten Tag mit ablaufendem Wasser die Flußausfahrt ansteuern. Ein frischer Ostwind belehrt uns eines Besseren: Wir haben keine Chance, über die Barre der Einfahrt zu kommen, obwohl dort ein chinesischer Bagger Tag und Nacht Dienst tut. Damit ist eindeutig klar, dass auch Rio Grande mit seiner problematischen Einfahrt zum riesigen Binnenmeer für uns ausfällt. Wir laufen zurück und gehen mit auflaufendem Wasser vor unserer Waldidylle, die jetzt überall violett blühende (Jakaranda?) Bäume aufweist, abermals vor Anker.

Am folgenden Tag sind die Bedingungen besser: Mit ablaufendem Wasser ohne Wind über die Barre ist dennoch eine Wildwasserfahrt, die Respekt einflößt. Bald setzt sich der angekündigte Nordostwind durch und wir machen flotte Fahrt nach Süden. Es ist dennoch recht mühsam, denn der Wind schralt um 60 bis 70 Grad, und die Windfahnen-Selbststeueranlage kommt kaum nach. Doch unangenehmer ist, dass die Wetterprognosen nicht stimmen, denn bereits nach einem Tag ist das Windglück zu Ende und ein zunehmender Südwestwind lässt uns alt aussehen. Was nun mit 600 Meilen vor dem Bug? Häfen gibt es kaum noch, und brasilianische Segler nennen die flache Dünenküste Südbrasiliens die "längste Küste der Welt". Aber ein letzter "Hafen" ist noch in 20 Meilen Entfenung zu erreichen. Imbituba hat eine lange Mole, hinter der man ankern und den Südwind aussitzen kann. Außerdem entsteht hier ein neuer Container-Terminal, wo 100 Meter Containerschiff vor den ankernden Fischerbooten hautnah auf der Stelle drehen.

Die nächste Prognose über das Iridium-Satellitentelefon verheißt für ein paar Tage kräftigen Nordwind. Am 22. November nutzen wir die Chance und müssen bald das dritte Reff in das Großsegel einbinden. Wir düsen mit Rumpfgeschwindigkeit die Seen herunter, müssen die Windfahne von Hand unterstützen und erwarten das beste Etmal der Reise. Aber am zweiten Seetag ist die Freude zu Ende, der Wind ist fast weg und die See läuft chaotisch durcheinander. Und jetzt beginnt die "Kette".


Vor Sonnenaufgang

Zuerst zerreißt die in Ehren ergraute und schon lange nicht mehr benutzte Ölhose. Dann verhakt sich das Großfall beim Ausreffen. Dann kuppelt die Windfahnenanlage in den querlaufenden Wellen aus und das Boot macht eine Patenthalse. Das Großsegel knallt zur anderen Seite, wobei ein Umlenkblock und der Karabinerhaken des Bullenstanders abreißen und die Seereling an ihrer bereits lädierten Seite wieder verbiegt. Beinahe im Stundentakt folgen jetzt Fahrt unter Maschine oder Segel erneut gesetzt.

Am dritten Seetag begeben wir uns auf den "Parkplatz Südatlantik", denn der wohl nur kurz aussetzende Südwind nimmt bis auf 30 Knoten (7 Bf.) zu. Wir liegen ohne Segel bei, die Pinne festgelascht, treiben mit bis zu zwei Knoten nach Lee – d.h. auf dem Weg zurück – und "genießen" das Schauspiel gigantischen Wetterleuchtens weit entfernt über dem Kontinent. Gegen Abend wird Ilse von unserem Rodeopferd aus dem Navigationssitz gegen die Pantrytür katapultiert, was mit einigen Prellungen abläuft und mich zur Eintragung in das Tagebuch veranlasst: "Wann hat die Sch... ein Ende!?! In vier Wochen ist Weihnachten."
Am vierten Seetag beginnen wir, gegen den abflauenden Südwind zu dieseln – eine endlose Geschichte, die unseren Treibstoffvorrat strapaziert und oftmals durch Segeln mit 2 Windstärken unterbrochen wird. Das Hoch hat uns jetzt voll im Griff, die See wird glatt und die Grenze zwischen Brasilien und Uruguay rückt am fünften Seetag näher.


Über Land entstehen schwere Gewitter

Der sechste Seetag bringt keine Änderung: wolkenloser Himmel und helle Vollmondnacht. Der Schiffsverkehr in den flachen Gewässern vor der Küste ist beachtlich, wir liegen noch voll im Verkehrsweg.
La Paloma, Uruguay 29.11.2012
Diesen ersten "Port of Entry" haben wir statt Punta del Este gewählt, als uns am 28.11. (7. Seetag) noch einmal vor Augen geführt wird, dass die schöne Zeit des Passatsegelns in niedrigen Breiten endgültig vorbei ist. Wir haben eine andere Wetter- und Klimazone erreicht. Gegen 5 Uhr morgens läuft ein Gewitterszenario mit Himmelsfeuerwerk und sintflutartigem Regen ab – und das wenige Meilen vor der Hafeneinfahrt. 6 Windstärken stehen gegen uns aus Südwest, und der Leuchtturm der Ansteuerung verschwindet unter einem grau-schwarzen Tuch, das in Nordnorwegen Ehre eingelegt hätte. Um 07.30 Uhr passieren wir die Hafeneinfahrt von La Paloma und machen im Schutz einer Mole mit der freundlichen Hilfe eines Hafenangestellten im strömenden Regen fest.
Ein Freund hatte uns vor langer Zeit eine Flasche "Linie Aquavit" geschenkt, die mit uns das dritte Mal den Äquator überquert hat. Zeit, sie zu öffnen: Willkommen in Uruguay...

Mit herzlichen Grüßen von Ilse und Uli Hering auf der "Nadine".



(Quelle: mail vom Fr., 30.11.2012 23:52)

05.11.2012
Paranaguá - Brasilien

Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrüder,
liebe Leser,

vier Monate Berlinaufenthalt sind wie im Fluge vergangen, die Fülle der anstehenden Aktivitäten und Besuche ließ uns nicht allzuviel Muße, die Schönheiten Deutschlands zu genießen. Und dann stand für mich noch ein Ersatzteil in Form einer Hüft-Endoprothese auf dem Programm: ein kurzfristig erhaltener Termin ließ mir keine Wahl, sollte die Reise mit "Nadine" erfolgreich fortgesetzt werden.

Das Schiff war in Paraty, im Staate Rio de Janeiro, in der Marina do Engenho des Extrem-Seglers Amyr Klink geblieben und erwartete uns, entgegen allen Unkenrufen der Brasilienkenner, wohlbehalten und unversehrt. Auch der Rückflug mit der "Iberia" nach Rio klappte mit unseren vier 20 kg schweren Taschen hervorragend - nur die Sicherheitskontrolle in Tegel meinte, eine Tasche öffnen zu müssen, konnte aber nichts Relevantes finden, obwohl die Inhalte von der Elektro-Kochplatte bis zum Diesel-Additiv bemerkenswert waren.

4 Wochen haben wir noch in Paraty verbracht, die Marina und das historische Kolonialstädtchen waren uns fast heimatlich vertraut geworden. Dazu kam, dass die körperliche Fitness noch einige Zeit zur Wiederherstellung benötigte und der Oktober mit Dauerregen, Hitze und Kälte im Wechsel dem deutschen Aprilwetter entsprach. Der inzwischen ansehnliche Bewuchs am Unterwasserschiff wurde, wie es die meisten Segler vor Ort machen, von einem Taucher in zweistündiger Arbeit entfernt. Mit dem Travellift an Land zu gehen, ist hier beinahe unbezahlbar.

Als wir Paraty am 25. Oktober verlassen, sind die Wettervorhersagen besser als die Wirklichkeit. Nur der Zeitdruck bringt uns dazu, die ca. 300 Seemeilen bis Paranaguá zu dieseln - Ende November müssen wir Brasilien verlassen haben.

Die Segeleinlagen sind nicht der Rede wert und in Santos, dem Hafen von São Paulo, auf Wind zu warten, stellt keine Alternative dar. Wie auch auf der Reede von Paranaguá fährt man zwischen den Ankerliegern vor Santos Slalom. Die Kulisse der beleuchteten Schiffe vor den Lichtern der Stadt, macht diese unsichtbar. Man fragt sich, wie die Häfen mit diesen gewaltigen Warteschlangen fertig werden. Wetterleuchten und Blitze, die von einem Ende des Horizonts bis zum Nächsten reichen, geben den Nachtfahrten die entsprechende Würze.

Am Sonntag, dem 28.10., halten wir gegen 5 Windstärken auf die Flusseinfahrt von Paranaguá zu. Wir drosseln die Fahrt, um von der ersten Helligkeit zu profitieren. Unnötig, denn das mit großer Geschwindigkeit ablaufende Wasser läßt uns ohnehin nur kriechen. Auf einem Maersk-Containerschiff öffnet sich die Tür zur Brücke, und ein Weißgekleideter zeigt Ilse am Ruder ausdrucksstark seine Freude, eine deutsche Yacht zu sehen. Über ein Nebenfahrwasser zwischen Mangroven-Inseln erreichen wir die Aussenstelle des Paranaguá Iate Clubes und gehen an eine Mooring. Wir werden am Montag vom Hafenmeister des Clubs in einem schnellen Langboot abgeholt und erledigen den Papierkram ungewohnt schnell. Einer der beiden freundlichen und hilfsbereiten Beamten der Policia Federal kommt aus Rußland, ein Anderer aus Nordbrasilien mit indigenen Vorfahren. Jetzt können wir unser Schiff in den Yachtclub holen, nicht ohne in dem spärlich bezeichneten Nebenfahrwasser einmal auf Grund zu laufen. Wir wollen das Schiff am Steg des Clubs lassen - nicht ganz preiswert, aber deshalb sind wir hier, nämlich um per Bus nach Iguazu zu fahren. Das ist nur 12 Stunden von Paranaguá entfernt.

Pluma, die Feder, nennt sich das Unternehmen, das am Dienstagabend mit einem direkten Nachtbus nach Foz de Iguazu fährt. Und federleicht bleibt der Bus mit defektem Kompressor (?) schon bald auf der Autobahn stehen. Der Nachtverkehr brandet an uns vorbei. Aber der Ersatzbus naht: er hat noch exakt so viele freie Plätze wie von den Umsteigern benötigt werden. So landen wir in einer "Catchergruppe", deren jeweilige Körpermasse 3/4 der beiden nebeneinander liegenden Plätze beansprucht. Wir fühlen uns, wie in die Wurstpresse gesteckt.

Am Morgen versteht man meine spanische Frage nach dem korrekten Busbahnhof nicht und macht ein ratloses Gesicht, als wir uns in Paraguay, Cidade del Este, an der Paßkontrollstelle befinden. Da wollen wir aber nicht wie die brasilianischen Billigeinkäufer hin, also geht es mit der Taxe zurück.

Unserem jugendlichen Alter gemäß landen wir in einem schönen Internationalen Jugendhotel in der Nähe unserer Ausflugspunkte, mitten im Dschungel und in einer schönen "nordischen" Doppelzimmer-Hundehütte.

Warum sind wir hier? Foz de Iguazu sind die größten Wasserfälle der Erde, in einem Nationalpark mit Zugang von der brasilianischen und der argentinischen Seite. Ein gigantisches Schauspiel erlebt der Besucher: auf der brasilianischen Seite, so sagt man, befindet sich die Bühne, auf der argentinischen Seite findet das Drama statt. Hier kann man über Brücken und Stege bis zum "Teufelsrachen" (Garganta de Diablo) gelangen, wo die Wassermassen scheinbar von der Erde verschluckt werden. Auch an einer Bootstour in die Wasserfälle hinein nehmen wir teil: als Segler fühlt man sich da eher an hartes Wetter erinnert als an Badespaß.


"Foz de Iguazu"

"Foz de Iguazu"

"Foz de Iguazu"
2 Tage bringen wir hier zu und fahren - weil alles in Brasilien gigantisch ist - dann mit dem Bus zum größten Wasserkraftwerk der Welt. Hier wurde der Rio Paraná über eine Länge von 8 km zum Lago de Itaipu aufgestaut. 10 brasilianische und 10 paraguaysche Siemens-Turbinen und Generatoren können 14.000 MegaWatt produzieren und decken damit 17% des brasilianischen und 73% des paraguayschen Energiebedarfs. Eine eindrucksvolle Rundtour wird mit dem Werksbus angeboten.

"Das größte Wasserkraftwerk der Welt Itaipu"

"Das größte Wasserkraftwerk der Welt Itaipu"

"Die Brücke über den Iguazu"
Noch am gleichen Tag besuchen wir einen im tropischen Wald angelegten Vogelpark, der sich besonders der bedrohten Tierarten annimmt - Privatinitiative! -, und fahren am Samstag mit einer anderen Buslinie nach Paranaguá (sehr bequem) zurück. Diesmal klappt es mit einer Fahrt am Tage, was uns endlich einmal ermöglicht, etwas von der brasilianische Landschaft jenseits der Küstengebirge zu sehen.


"Die Hochebene als Megafarm"


Auch das ist nicht weniger eindrucksvoll: eine schnurgerade Straße durchschneidet das hügelige Hochland, das fast keinen Wald mehr besitzt, aber die Voraussetzung dafür bietet, dass Brasilien zum weltgrößten Lieferanten von Soja, Mais, Kaffee, Zucker, Orangensaft, Rindfleisch und Biotreibstoff aufgestiegen ist. Jetzt bereiten wir unsere Weiterreise vor und wollen in Rio Grande, 550 Seemeilen entfernt, ausklarieren. Wir hoffen, dass uns ein günstiger Nordostwind voranbringen wird.


"Die Hochebene als Megafarm"

Mit herzlichen Grüßen von Ilse und Uli Hering auf der "Nadine".



(Quelle: mail vom Di., 06.11.2012 13:20)

13.05.2012

Paraty - Brasilien
Urlaub von Brasilien
...denn für das Monatsende sind unsere Flüge nach Berlin gebucht, ist das Schiff sicher am Schwimmsteg in der Marina do Engenho vertäut und sind die meisten Schwierigkeiten, die nicht unbedingt mit Segeln zu tun haben, überwunden. Die Marina liegt wenige Kilometer vom "historischen Nationalerbe" (Dumont), dem unter Denkmalschutz stehenden Kolonialstädtchen Parati entfernt. Hier wird nicht nur der beste Rum Brasiliens gebrannt, sondern auch das Haus der Großeltern (mütterlicherseits) von Heinrich und Thomas Mann befindet sich auf dem Gelände der Marina. Damit nicht genug: Die Marina gehört Amyr Klink, dessen "Paraty II" gegenüber von "Nadine" am Steg liegt. Mit der ersten "Paraty", einer von einer Stahl-Firma gebauten Alu-Yacht (!), machte Klink eine spektakuläre Reise in die Antarktis.


"Paraty II"

Und wenige Meilen entfernt liegt die mit tropischen Regenwald bedeckte Ilha Grande, eine Insel im Einzugsgebiet von Rio de Janeiro und São Paulo, die für Yacht-Crews viele Ankerbuchten, gelbe Sandstrände und Wanderpfade an Land bereithält.

In Rio de Janeiro haben wir Hunderte von Kilometern in Bussen zurückgelegt, denn die Stadt ist riesig, und 3 oder 4 Stunden Busfahrt kosten ca. 5 Euro. Nicht so preiswert fährt man in den komfortablen Reisebussen mit Liegesesseln, Kopfkissen und Decken für die Nacht. Die Decke braucht man auch. Auf der Fahrt in das Barock- und Goldgräberstädtchen Ouro Preto sank das Thermometer in der Nacht im Gebirge auf (schreckliche) 11° C. Wie bereits erwähnt haben wir einen zweiten (Tages-)Ausflug in die alte Kaiserstadt Petropolis gemacht. Hier wimmelt es von deutschen Namen, man könnte beinahe glauben, am Rhein zu sein. Der deutsche Architekt und Baumeister Friedrich Köler aus Koblenz baute dem brasilianischen Kaiser Mitte des 19. Jahrhunderts einen Palast auf dem von ihm an die kaiserliche Familie verpachteten Land.

Wir verlassen den gastfreundlichen Club Naval Cháritas am 6.5. - Schwierigkeiten bereitet es, die Heckleinen durch die sehr einfachen Club-Festmacher unter Wasser zu ziehen, weil unsere Leinen bereits nach 3 Wochen dicken Pocken-Bewuchs vorweisen. Aber zu erwähnen bleibt, dass der Club selbstverständlich ein Schwimmbad mit Wasserrutsche, eine Sauna, einen Kinderspielplatz, ein Volleyballfeld, Grillplätze, einen Frisör und einen Baby-Wickelraum mit Microwelle und Flaschenwärmer besitzt.

Der sonntägliche Anblick Rios von See her ist noch einmal beeindruckend. Endlos zieht sich die Stadt nicht nur ins Land hinein, sondern auch an der Küste entlang. Diese Küste wird Costa Verde, die grüne Küste, genannt, denn 97% des Küsten-Regenwaldes wurden abgeholzt, doch hier findet man noch den Wald im (beinahe) ursprünglichen Zustand. Wir erreichen eine Ankerbucht der Ilha Grande nach Einbruch der immer noch gewöhnungsbedürftigen frühen Dunkelheit.


Radar und Wegepunkte ermöglichen das Einlaufen auch unter schwierigen Verhältnissen. Früher musste man warten, bis es hell wurde...

In diesem Küstenabschnitt mit hohen bewaldeten Bergkämmen erinnert die Landschaft sehr stark an Norwegen. Nicht umsonst findet sich hier ein Yacht-Club neben dem anderen. Und auch die norwegischen Schwachwind-Verhältnisse der Fjorde trifft man hier an - wärmer ist es allerdings!

Ein weiterer Reisetag bis in die Paraty-Bucht unter Maschine liegt vor uns, abermals ankern wir und ziehen Anker und Kette am Morgen aus einem klebrigen Kreideschlamm, dann sind wir am vorläufigen Endpunkt der Reise angekommen.

An Land schließlich werden wir stärker gefordert als auf See. Die Verlängerung unserer Aufenthaltsgenehmigung im Land ist eine Sache endlos langer und falscher Wege, ratloser nur portugiesisch-brasilianisch sprechender Beamter und undurchsichtiger Gesetze - für Franzosen z.B. anders als für Deutsche.

Das Haus der Grosseltern von Thomas Mann auf dem
Marina-Gelaende

Das Kolonialstaedtchen Paraty diente als Kulisse
fuer zahlreiche Filme und TV-Serien
Doch die Besorgung der Flug-Tickets entspricht einem Sturm auf See. Einen Tag habe ich Zeit, um ein gewaltiges Bündel Geldscheine zu besorgen, am Folgetag in der Nacht durch den Wald zu tragen, vorbei an einem vor dem Fernseher in Tiefschlaf versunken Wächter, und bis 11 Uhr in einer 2,5 Busstunden entfernten Stadt in einem Reisebüro, das um 9.30 Uhr öffnet, cash auf den Tisch des Hauses zu legen. Ein brasilianisches Gesetz verpflichtet den Flugpasssagier im Auslandsflug zur Barzahlung. Geleitschutz für Geldtransporte mit Körperkontakt wird nicht gestellt.

Vom Wendekreis des Krebses grüßen

Ilse und Uli auf der "Nadine"
(Quelle: mail vom Mo., 14.05.2012 17:08)

29.04.2012

Rio de Janeiro - Brasilien
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

Nach der Besichtigung einiger interessanter Plätze in Rio de Janeiro planen wir, während das Boot im "Club Naval de Charitas" liegt, einen Ausflug in das Barock- und Goldgräberstädtchen Ouro Preto und in die alte Kaiserstadt Petropolis. Der spätere brasilianische Kaiser war aus Furcht vor Napoleon aus Lissabon geflohen.
Die Christus-Statue auf dem 704 m hohen Corcovado
Blick vom Corcovado auf den Zuckerhut (li) und die
Copacabana (re)
Der "legendäre" Strand der Copacabana
 

Am Ende der Woche wollen wir unseren ca. 80 Seemeilen entfernten "Winterliegeplatz" in Parati einnehmen - und dann, hoffentlich, für einige Monate per Flieger das frühlingshafte Berlin wiedersehn.

Herzlich grüßen aus einem wolkenverhangenen Rio de Janeiro

Ilse und Uli auf der "Nadine"
(Quelle: mail vom So., 29.04.2012 18:42)

21.04.2012

Rio de Janeiro - Brasilien
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

"Einmal noch nach Rio, einmal nach Schanghai..."

Dieser von Hans Albers gesungene Uralt-Schmachtfetzen sitzt wie ein Ohrwurm in unserem Kopf, denn nicht ohne Grund schrieb Stefan Zweig 1941 sein schwärmerisches Buch "Brasilien", in dem es über Rio heißt: "Es gibt ... keine schönere Stadt auf Erden." Wir liegen mit dem Boot am Kopfsteg eines Yacht-Clubs, der für seine Mitglieder außer den Segeleinrichtungen alles bereithält, was einem luxuriösen Freizeitpark wohl ansteht.


Candelária, die groesste historische Kirche Rios ist
dem Petersdom nachempfunden

Nicht mal die Sauna fehlt. Und dieser Club mit eigener Bushaltestelle liegt in einer dieser geschützten Buchten von Rio, die von weißen und sauberen Sandstränden gesäumt sind.

Nur 285 Seemeilen liegen vor uns, als wir am 13.4. (einem Freitag!) aus Vitória auslaufen. Für Sonntagnacht prognostizieren die Gribfiles Gegenwind aus Süd. So beginnen wir mit frischem Ostwind, müssen in den beiden folgenden Tagen aber immer wieder die Maschine zu Hilfe nehmen. Im Gegensatz zum Segeln in großem Abstand zur Küste ist dieses Fahren sehr anstrengend und das nächtliche Hörbuch-Hören während der Wache unmöglich. Neben uns riesige gesperrte Gas- und Ölfelder, Versorger querlaufend und Fischer mit unvorhersehbaren Kursen...

Während ich das Tagebuch schreibe, führt Ilse das Logbuch, aus dem ich für den dritten Tag, Sonntag, zitieren möchte: "Heute Morgen gab es einen blutroten Sonnenaufgang. 1200 Dunst über dem Land. Noch ca. 30 Seemeilen, es wird knapp mit der Zeit, und der Tag endet schon um 1800. Wir müssen dieseln. Mache uns gemischten Salat mit Putenfleisch, alles gut gekühlt, schmeckt hervorragend. ... 1445 Maricás-Inseln passiert. Voraus sehen wir eine geparkte Ölplattform..., dort liegt unser Wegepunkt. Diese 12 Seeemeilen werden unsere härteste Probe auf diesem Törn.


Unser Liegeplatz in einer geschuetzten Bucht in Rio

Wieder zunehmender Wind von vorn und Strom gegenan. Himmel verdunkelt sich, es ist wie in Norwegen. Der Felsen Ido Pai ist ein harter Brocken. Die aufrollenden Wellen brechen sich an ihm, und der Strom verringert unsere Fahrt auf unter 2 Knoten. Wir ´kriechen´ an ihm vorbei, und gegenüber die Copacabana - so hatte ich mir die Ankunft in Rio nicht vorgestellt. Wetterleuchten über dem Zuckerhut, und um 1800 stockdunkel!"

Wir bleiben einen Tag an dem von uns in der Nacht angesteuerten Ankerplatz, gehen dann in den "Club Naval Charitas". Wir verbinden erste Besichtigungen der Stadt mit den Gängen zu den Behörden. Eine unendlich hilfsbereite Susi, deren Vater Ire, die Mutter Kolumbianerin und der Mann Brasilianer ist, unterstützt uns in Englisch und nimmt uns in ihrem Auto auf den Aussichtsberg des Stadtteils mit.


Hier wird nicht nur gesegelt

Überhaupt ist die Freundlichkeit und Höflichkeit der Bewohner dieser Riesenstadt erwähnenswert. Immer wieder steht in einem der übervollen Busse jemand für Ilse auf, um ihr seinen Platz anzubieten. Sie macht ein säuerliches Gesicht und fragt mich, ob sie so alt aussieht. Ich mache auch ein säuerliches Gesicht, denn ich stehe mir die Beine in den Leib, während jeder Busfahrer zu beweisen versucht, dass an ihm ein Rennfahrer verlorengegangen ist. Dass die Busse das aushalten...!


Das beruehmte Museum fuer Moderne Kunst des
Nationalarchitekten Oscar Niemeyer

Von unserem Boots-Liegeplatz erreichen wir die Altstadt mit einer Katamaran-Schnellfähre, einer Normalfähre oder per Bus über eine (verstopfte) 14 km lange Brücke. Wenn wir bei Grün über die Straße gehen und von der Gegenseite kommen gleichfalls Passanten, beschleicht uns das Gefühl, wir könnten in dieser 1000-köpfigen Menschenmasse "ertrinken". Das ist normal, aber gewöhnungsbedürftig.

Mit Freude haben wir 2 Wochen Aufenthalt in dieser vielfältigen Stadt und ihrer Umgebung vorgesehen. Wir werden weiter berichten und grüßen unsere Leser in Deutschland herzlich.

Ilse und Uli auf der "Nadine"
(Quelle: mail vom Mi., 21.04.2012, 17:11)

11.04.2012

Vitória - Brasilien
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

Bevor wir Vitória Richtung Rio de Janeiro verlassen, möchten wir noch über einige Eindrücke aus dieser Stadt berichten.


Blick über die auf einer Insel gelegene Stadt

Die Stadt mit der Yacht anzulaufen ist wirklich lohnenswert, denn sie ist schön, modern und sehr sauber mit herrlichen Stränden und einem interessanten historischen Zentrum. Die Schwierigkeit besteht darin, dass es keinen Yachthafen gibt - im Iate Clube do Espírito Santo, in dem wir liegen, sind Gäste im Grunde nicht willkommen. Reparaturen durchzuführen will oder kann man nicht, und das neuerdings neben der Eingangskontrolle nur über den gespeicherten Fingerabdruck zu betretende Gelände lässt auf ein fast neurotisches Verhältnis zu den Mitmenschen schließen.


Einer der schönen Strände von Vitória

Gleichwohl ist es lästig, wenn man im Waschsalon, der nicht mit Gittern gesichert ist, neben seiner Waschmaschine um Geld angebettelt wird. In diesem Waschsalon kosten 15 kg Wäsche über 30 Euro (umgerechnet) und verlassen die Maschine schmutzig wie zuvor. Aber hier ist alles unverhältnismäßig teuer, qualitativ nicht besonders gut - und befördert sicher die Trennung der Gesellschaft in Unter- und Oberschicht.


10. Platz im Welt Skyline-Ranking

Dazu mag außerdem beitragen, dass nur sehr gebildete Brasilianer eine andere Sprache als ihre Muttersprache sprechen. Selbst Spanisch, in ganz Südamerika verbreitet, kann oder will man nicht verstehen. Und ein Brasilianer in Lissabon hat gleichfalls Mühe mit der Konversation.


Feiern zu Ehren der N.S. da Penha beim Eremitenkloster
von 1558


Vitória wurde 1551 von den Portugiesen besiedelt und erlebte durch den Kaffee-Export seit dem frühen 19. Jahrhundert eine wirtschaftliche Blüte. Ab 1942 wurde die Stadt durch den Ausbau der alten Eisenhandelsstraße nach Minas auch Hauptexporthafen von Eisenerz. Wie früher im Ruhrgebiet ist die Nacht von den Hochöfen erhellt und das Deck nach dem Regen am Morgen schwarz. Doch der Bauboom beförderte - im Vergleich zu anderen brasilianischen Städten - eine attraktive Skyline von gepflegten Hochhäusern mit Bäumen in den Straßen und überall intensiv genutzten "Shopping"-Zentren.


Vom Hügel des Convento da Penha konnte man rechtzeitig
Piratenüberfälle ankündigen


Einen weiten Blick über die Stadt und das Hinterland hat man von einem vorgelagerten Hügel, auf dem das Franziskanerkloster "Convento da Penha" militär-strategisch bevorzugt errichtet wurde. Heute, bei den Feierlichkeiten zu Ehren von "Nostra Senhora", strömen die Gläubigen von überall auf den Hügel. Ihr melodischer Gesang ist weit zu hören.

Wir grüßen unsere Leser und beneiden sie um den in den Tropen unbekannten europäischen Frühling.

Ilse und Uli auf der "Nadine"
(Quelle: mail vom Mi., 11.04.2012, 19:01)

01.04.2012

Vitória - Brasilien
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

Viele Bilder tauchen bei diesen Worten auf - Bilder, die der Normaltourist nicht sehen kann. Der Reihe nach!

Die Altstadt von Salvador da Bahia ist eine kunsthistorische Sehenswürdigkeit. An der Bucht von Todos los Santos, 1503 von Amerigo Vespucci entdeckt, wurde Salvador zur "Stadt der Schwarzen", denn die Vorfahren der hier mehrheitlich schwarzen Bevölkerung kamen zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert als Sklaven aus Afrika. In der Altstadt Pelourinho, schön auf einem Hügel gelegen, findet sich eine Ansammlung von barocken Bauwerken und - hauptsächlich - sakralen Gebäuden, die mittlerweile Kreuzfahrt-Touristen in Scharen anzieht.


Salvador, in der "goldenen" Kirche der Franziskaner. Etwas
ungleichzeitig umarmen sich beide Personen

Während früher der Taxifahrer bei der Fahrt mit dem Touristen Schweißausbrüche bekam, lässt sich heute alles problemlos besichtigen. An jeder Ecke ein Militärpolizist. Als Ilse sich die Haare schneiden lassen will, finden wir im 6. Stock eines Hochhauses einen Salon, müssen ankündigen, was wir wünschen, dann wird ein Stahlgitter auf- und hinter uns wieder zugeschlossen. Obwohl über das Weltkulturerbe Gelder in die Stadt fließen, halten sich Restauration und Verfall die Waage. Wir bleiben 11 Tage in der Marina der Stadt und machen auch einen Badeausflug zur gegenüber gelegenen Insel Itaparica.

Wir klarieren am 21.3. aus - Polizei, Hafenbehörde des Militärs - und laufen am nächsten Tag bis zum Wegepunkt der Hafenansteuerung. Kein Wind, wir warten, um am Ende mit einem Hauch Südwind, den die Gribfiles nicht verkündet haben, bei Itaparica vor Anker zu gehen. Der Ankerplatz, von Ausländern bevorzugt, ist idyllisch mit einem Dorf aus holländischer Gründerzeit und einer Trinkwasserquelle nahebei. Am 23.3. kurz nach 7 Uhr ankerauf - und wieder kein Wind. Wir helfen uns, indem wir bis zur Marinaeinfahrt dieseln und neue Gribfiles über WiFi abrufen. Dann kommt der Ostwind, bald mit einer Stärke, dass wir beide Segel reffen müssen. In der mondlosen Nacht rollen wir in einer scheußlichen, durcheinander laufenden See. 151 Seemeilen Etmal versöhnen uns aber.


Die letzten Meilen vor Vitória

Etwa 500 Meilen sind es bis zum nächsten Hafen Vitória, den der neue von Imray herausgegebene "Cruising Guide Brazil" wärmstens empfiehlt. Vielleicht können wir von dort zum Barockstädtchen Ouro Preto im Inland fahren. Am dritten Seetag erwischt uns wieder die Flaute: die Segel schlagen, wir schleichen und rollen. Abends, nach Einbruch der Dunkelheit um 18 Uhr, starten wir die Maschine und haben die Abrolhos Inseln und Riffe, die meilenweit in die See hinausragen an Steuerbord querab. Die Riffe sind Naturschutzgebiet. Dieses suchen die Buckelwale aus der Antarktis auf, um zu "singen" und sich zu paaren. Da unsere Seekarten nicht auf dem allerneusten Stand sind und die Elektronischen auch nichts Neues verraten, sind wir in der Nähe dieser gefährlichen Flachs, deren deutsche Übersetzung lautet "Öffne die Augen!", von der Menge der ausliegenden Tonnen mit Kennung Funkellicht stark irritiert. Während ich noch die Kennung auszähle, meint Ilse: "Die Tonnen fahren!" Es sind kleine Fischerboote ohne ein anderes Licht als eine weiße Kfz.-Warnlampe.


Tagestemperatur auf See im Deckshaus

Der vierte Seetag vergeht wieder mit einem Wechsel aus Segeln und Maschinenfahrt. Die Nacht wird von uns begrüßt, denn statt tagsüber 42° C im Schatten des Deckshauses haben wir nur noch angenehme 25° C und ziehen gegen Morgen die Faserpelzjacke über. Am 27.3. kommt plötzlich zunehmender Nordostwind auf, wir können die letzten Meilen auf eine schöne Küste mit Bergen im Hintergrund unter Genua zuhalten. Vor dem riesigen Industriehafen Vitória, dem zweitgrößten Eisenerz-Exporthafen der Welt, liegen die Schiffe in so großer Zahl vor Anker, dass die Reede in der Nordsee zwischen Helgoland und Cuxhaven dagegen verwaist erscheint.

Ab 13 Uhr laufen wir unter Maschine zur empfohlenen "Iate Clube Marina". Leider stimmen die Angaben im Buch nicht, die Marina existiert nicht, Gästeplätze sind von "Locals" belegt, Gäste-Moorings sind verschwunden, der geschützte Ankergrund hinter dem Club ist zu flach - und es bläst immer frischer. Marineros im Schlauchboot weisen uns eine Mooring-Tonne im etwas geschützten Vorhafen zu, wir machen mit zwei Leinen fest und lehnen uns beim kalten Einlaufbier erleichtert zurück. Dann Ilses Ruf: "Guck mal, wir fahren wieder!"

Die Festmachertonne ist in zwei Hälften zerbrochen und wir nehmen Fahrt auf in Richtung Steinschüttung der Hafenmauer. Das war wirklich das kürzeste Bier! Am nächsten Tag - es bläst noch immer - erhalten wir nach einer provisorischen Bleibe einen Platz an Festmachern vor der Hafenmauer zwischen zwei Motoryachten. Wir halten vor dem starken achterlichen Wind genau auf die Mitte der Lücke zu und stoppen auf. Die Marineros halten unsere Achterleinen, um sie an der Mooring zu befestigen. Doch sie kommen mit ihrem Boot nicht klar, sie wollen nach Backbord und fahren nach Steuerbord, sie wollen vorwärts und fahren rückwärts - und haben eine Leine in der Schraube und ziehen die "Nadine" unter den hohen ausgestellten Bug des einen Motorschiffes. Der Wind tut ein Übriges: 4 Relingsstützen und 2 Relingspforten verbiegen, 2 Stege der Fußhülsen für die Stützen reißen ab.

Wie es nun weitergeht, wissen wir nicht genau. Sicher ist nur die Aussage des Club-Managers: "Wir haben keine Versicherung!" Und: "Jeder Kapitän ist für sein Schiff allein verantwortlich." Damit hat er recht, auch wenn der "Kapitän" deshalb nicht der Dümmste sein muss. Die Fähigkeiten und technischen Möglichkeiten zur Reparatur sind beschränkt - immerhin bleibt das Schiff seetüchtig und wir wollen als Nächstes nach Rio de Janeiro. Also warten wir ab, was sich ergibt, und bewundern die Damen der Clubmitglieder, die am herbstlichen und gleichbleibend warmen Club-Schwimmbad vorbeilaufen und auf ihrem Kopf Hasenohren tragen.

Damit verabschieden wir uns bis zum nächsten Bericht und wünschen: Frohe Ostern!

Ilse und Uli auf der "Nadine"
(Quelle: mail vom Di., 03.04.2012 16:22)

13.3.2012

Salvador de Bahia
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

3 Wochen Ruhezeit haben wir der "Nadine" gegönnt, bis wir sie wieder dazu gebracht haben, das zu tun, wofür sie gebaut wurde. In dieser Zeit hat sie trotz intensiver Antifouling-Vorsorge einen fetten grünen Biomasse-Gürtel im Wasserpass angelegt, dem ich schwimmend zu Leibe rücken musste. Doch das war erst vor der Weiterfahrt.

In der einfachen, aber mit allem Notwendigen versehenen Fluss-Marina Jacaré des Franzosen Francis haben wir uns einer Sammelfahrt im Kleinbus zum Karneval, einmal nach Olinda und einmal nach Recife, angeschlossen. Dieser Karneval ist neben den teuren Veranstaltungen in Rio und in Salador de Bahia ein Höhepunkt, nicht kommerziell und langfristig organisiert, aber spontan und mit der typischen Frévo-Musik, einer eigenartigen europäisch-afrikanischen Mischung mit Trommeln und Blasinstrumenten. Und erstaunlicher Weise im katholischen Brasilien auch genug Kirchensatire. In Olinda waren wir beim Rundgang durch das schön restaurierte Kolonialstädtchen einmal so in der Menschenmasse eingekeilt, dass wir mit einer gewissen Ängstlichkeit an die letzte Love-Parade in Deutschland denken mussten.


Straßenkarneval in Olinda

Will man von der Marina aus an das andere Ufer des Flusses Paraíba übersetzen, so benutzt man ein Flusstaxi, das für 85 Eurocent und eine halbe Stunde Fahrzeit zu einem Dorf fährt, wo zwischen Plantagen die ärmere Bevölkerung lebt, die Hochhausmieten nicht bezahlen kann. Die Hauptstadt des gleichnamigen Staates ist das etliche Kilometer entfernte und mit Bus oder Eisenbahn zu erreichende Joao Pessoa, eine Stadt, die wenig Sehenswertes bietet, obwohl sie die drittälteste Stadt Brasiliens ist. Hier wird von der Bevölkerung aus Stadt und Umland eingekauft, was die moderne Industriegesellschaft zu bieten hat, vom Autozubehör über Kleidung und Schuhe bis zur Haushaltselektronik. Hier bekommen wir unser neustes und wichtigstes Bordzubehör, einen großen Ventilator. Die Läden in der Stadt sind zunftmäßig angeordnet, jeweils nur eine Branche pro Straße.


Mit dem Wassertaxi über den Fluss

Vieles ist gewöhnungsbedürftig, und die erwartete Zunahme des Mondes am Nachthimmel für die geplante Weiterfahrt irritiert erst einmal, denn der Mond scheint abzunehmen: man sieht ihn hier spiegelverkehrt. Und die Sonnenseite der Häuser ist nicht die Süd-, sondern die Nordseite. Und gewöhnunmgsbedürftig ist auch, dass der Ausländer kein Portemonnaie mitnehmen darf, vielmehr das Kleingeld zerknüllt aus der Hosentasche ziehen muss. Wir haben es gelernt, als am Schalter der Eisenbahn beim Bezahlen der Fahrkarten eine Frau mir das (gut gefüllte!) Portemonnaie zu entreißen versuchte. Steigt man in einen Bus ein, zwängt man sich durch vergitterte Sperren.

Nach dem Ausklarieren - in jedem Hafen neu - am Montag, dem 5.3., verließen wir am Dienstagmorgen unter dem Abschiedsklang der Schiffshörner der zurückbleibenden Yachten den Fluss. Die Gribfiles versprachen Ostwind, doch diese östlichste Ecke Brasiliens scheint eigene Gesetze zu haben. Bis südlich von Recife mussten wir kreuzen, mühsam und anstrengend für den vom Passat verwöhnten Segler. Doch dann fing das Schiff zu laufen an, so dass wir in der letzten Nacht vor der Ankunft in Salvador de Bahia das Großsegel refften, um nicht vor Sonnenaufgang anzukommen. Die Küste ist bis weit auf See hinaus flach, große Schiffe liegen überall vor Anker, riesige Plattformen erkunden Öl- oder Gasvorkommen und der Güterverkehr auf diesen Schiffahrtsrouten wird dem Einhandsegler kaum die Möglichkeit zum Schlaf bieten.


Frévo-Karnaval in Recife

Nach 4 Seetagen plus reichlich 3 Stunden und 503 Seemeilen können wir am Samstag in der Stadt-Marina von Salvador festmachen. Salvador liegt am Eingang der großen Bucht Todos los Santos mit unzähligen Inseln. Hier treffen sich die Yachten auf dem Weg nach Süden wie auch die Yachten, die von Kapstadt kommen und durch die Piraterie gezwungen sind, den Suezkanal zu meiden. Nach deren Berichten gibt es immer noch Besatzungen, die vor den Risiken einfach die Augen verschließen. Und erstaunlich ist auch, dass die deutsche Regierung Lösegeldforderungen nachkommt, ohne die Betroffenen zur Kasse zu bitten.

Salvador de Bahia ist eine Stadt des Weltkulturerbes, die Erkundung liegt noch vor uns. Der erste Eindruck ist ein wenig ernüchternd, denn die schönen alten Gebäude aus der Kolonialzeit verfallen, die mit Ornamenten angelegten gepflasterten Bürgersteige, die man aus Portugal kennt, werden mit Beton, der nach kurzer Zeit wieder aufbricht, zugeschüttet. Die Straßen riechen überall nach Urin, und die autogerechte Stadt betrachtet den Fußgänger als Freiwild. Will man beispielsweise in unserem letzten Hafen den französischen Supermarkt Carrefour besuchen, so steigt man an der Bushaltestelle der Autobahn aus. Doch der Supermarkt liegt auf der anderen Fahrbahnseite. Man benutzt also den "Wildwechsel" und zwängt sich zwischen den Betonklötzen des Mittelstreifens durch - ein hartes Stück Arbeit für eine schwangere Frau. Und beim Rennen über die Gegenfahrbahn beweist man, dass man mehr drauf hat als das Rotwild am Rande bundesdeutscher Autobahnen.

Wie auch immer: wir sind neugierig auf das Kommende und grüßen unsere Landsleute im beschaulichen Europa.


Liegeplatz der Nadine vor der historischen Altstadt in Salvador



Bis zum nächsten Bericht verabschieden sich

Ilse und Uli auf der "Nadine"
am 13. südlichen Breitengrad
(Quelle: mail vom Di., 13.03.2012 20:34)

17.2.2012

Cabedelo-Jacaré, Brasilien
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

Am Sonntag, dem 12. Februar 2012, sind wir nach 12 Seetagen, 6 Stunden und 1606 Seemeilen in Cabedelo, Brasilien, angekommen und auf dem Fluss Paraíbo vor der Marina Jacaré vor Anker gegangen. Die Reisedauer war nicht übermäßig lang, bedenkt man, dass andere Yachten für die gleiche Strecke 16 bis 19 Tage gebraucht haben. Nur am letzten Tag haben wir die Geschwindigkeit ausgereizt, da wir noch im Hellen ankommen wollten.

Wie Dieter und Karla von der "Nautica" in Lanzarote sagten, war das Losfahren das Schwerste, und wir ergänzen, das Ankommen das Schönste. So verging der erste Tag vor Anker auf einem tropischen Fluss mit einem Urwaldgürtel am fernen Ufer in Muße.

Zurück zu den Kapverden, wo der Fortschritt schwer erkämpft werden muss und Wasser das Kostbarste ist, wo die meist jungen Menschen gerne lachen und immer freundlich sind, wo alle gut aussehen und ordentlich gekleidet sind, während der europäische Tourist dagegen oft wie heruntergekommenes Prekariat erscheint, und wo man im Sammeltaxi, dem Aluguer, beim Einsteigen sich vielleicht sogar zur Begrüßung die Hand gibt, die 50 cm lange Zucchini des Nachbarn aus Platzgründen auf den Schoß nimmt oder eins der beiden kleinen Mädchen der Nachbarin. Diese Bevölkerung muss man einfach mögen.

Wir haben die Zeit auf Sao Vicente in der Marina Mindelo verbracht und konnten unser Schiff beruhigt am Steg liegen lassen, als wir mit der Fähre zur Nachbarinsel Sao Antao gefahren sind. Doch nach Weihnachten stand noch das Silvester-Highlight bevor: ein gigantisches Feuerwerk - und wir als Berliner sind durchaus anspruchsvoll -, wie wir es noch nie erlebt haben und das in unserer Plicht, sozusagen in der ersten Reihe, den Himmel über uns ausfüllte.


Kinder aus Sao Antao

In Sao Antao haben wir bei Manager Marcel im Hotel gewohnt und er hat uns wie Freunde behandelt, mit denen er endlich wieder deutsch sprechen konnte, das er auf der Uni gelernt hatte. Er organisierte ein Taxi, das uns zum Vulkankrater Cova fuhr. Wir stiegen dann zum Pass auf und in steilen Serpentinen in das Ribeira Grande-Tal hinab. Hier, an der Passatseite der Insel, regnen die Wolken das Wasser ab, und auf kleinen Felsterrassen kann Gemüse, Zuckerrohr und Mais angebaut werden. Wie auch auf den Kanaren gleicht keine Insel der Anderen, besonders im Süden, bei der Fahrt entlang eines gewaltigen Canyons nach Cha de Morte, der Ebene des Todes, fühlt man sich angesichts der Bergschroffen in einen Fantasy-Film versetzt.

Auch in Sao Vicente mussten wir noch den höchsten Berg, den Monte Verde, besteigen mit schönem Blick über die gesamte Insel. Ilse hatte inzwischen eine neue Abstiegsversion mit Erfolg ausprobiert, nämlich sich gegen Ende der Wanderung auf eine Mauer zu setzen und zu sagen: "Ich warte auf den nächsten Aluguer!" Der kam nicht, doch ein schöner Pickup hielt, und der gutgelaunte Fahrer mit seiner jungen hübschen Freundin nahm uns unter viel Gelächter mit (wir verstehen kein Crioulo/Kreolisch!). Viel Gelächter gab es auch am Traumstrand von Sao Pedro, in der Nähe des Inselflughafens, als beim Baden ein Hai auftauchte und die Wette galt, ob der Bursche nur spielen wollte...

Die Abfahrt nach Brasilien am 30. Januar verzögerte sich, da Behörden weltweit oft sehr langsam arbeiten (Ausklarieren). Die Routen-Empfehlung des DWD (Dt. Wetterdienst Hamburg) lautete, die westliche Länge von 30° nicht zu unterschreiten, da sich dort die ITC (Kalmen am Äquator) am besten passieren ließe. Das entsprach in etwa dem Großkreis-Kurs nach Cabedelo. Am Dienstag, dem 31. Januar, verschwand "das Antlitz" (la Cara), ein Bergrücken in der Form eines in den Himmel schauenden Gesichts, im Kielwasser, während in unseren Ohren noch die unvergessliche Stimme der großen Kapverden-Sängerin Cesaria Evora nachhallte: "Cabo Verde, terra estimada ... terra querida ..."

Sieht man von der Temperatur ab, die kontinuierlich steigt, könnte man meinen, man befände sich unter einem beständig grauen Ostsee-Himmel. Die Wolken in zwei Schichten lassen bei Tag die Sonne so eben und bei Nacht den zunehmenden Mond kaum durch. Aber der Wind aus Nordost, manchmal so stark (6. Seetag), dass unser Windpilot bei den von hinten heranrollenden Kaventsmännern im Winkel von ca. 60° auskuppelt, der Wind hat wenigstens die richtige Richtung, und das Schiff "rollt" dem Ziel entgegen.

Ein wenig dramatischer gestaltet sich unser vierter Seetag. In der mondlosen Schwärze gegen 0400 Uhr taucht ein mitlaufender Kümo an Steuerbord auf , der im spitzen Winkel unseren Kurs schneiden wird. Wir haben die vor dem Wind bei Seglern üblichen Probleme, d.h. viel Arbeit, auszuweichen. Zwei Anrufe auf Kanal 16 bleiben unbeantwortet, das Anleuchten der Segel erfolglos - es ist niemand auf der Brücke. Als Manöver des (vor)letzten Augenblicks Genua einrollen, Bullenstander los, Großsegel dicht, Maschine Start, Windpilot Bremse los und Anlage übersteuern mit Hart Hauptruder und Vollgas nach Luv... Hinter uns ein schwarzes Raubtiermaul mit einem roten Auge (Seitenlicht). In 20 bis 30 Meter Entfernung gleitet die Wand vorüber, Ruder und Hecksee werden sichtbar. Wir kommen überein, dass dies heute unser gemeinsamer und gleichzeitiger Geburtstag war und ist. Und hier ist der Atlantik kein enges Fahrwasser!

Aber auch der Abend (5. Seetag) hält noch eine Überraschung bereit. Die Würstchen in der Erbsensuppe sind so stark gewürzt, als hätte der Fleischer damit etwas kaschieren wollen. Hat er auch, denn Bauchkrämpfe und Durchfälle halten mich die ganze Nacht auf dem Boden des Salons in Stand-by-Montur fest. Ilse hat keine Wurst gegessen und geht dafür die gesamte Nacht Wache.

Ab dem siebten Seetag verkündet das Logbuch "Passatsegeln" mit See, Himmel und Wind erwartungsgemäß entspannt und schön. Das Deck ist morgens übersät von den Leichen der (fliegenden) Selbstmordfische.


Äquator Passage

Am 9. Seetag naht der Äquator und 86 Seemeilen dieseln, weil der NE-Passat sich ausgeweht hat. Zur Taufe von Ilse muss Poseidons Stellvertreter, der schon 1964 getauft wurde, seines Amtes walten, den Schmutz der Nordhalbkugel vom Kopf des Täuflings spülen, während die Maschine Leerlauf macht und die Uhr (noch Cabo Verde-Zeit) 23.30 Uhr und der GPS 31°47' West anzeigt. Natürlich gibt es für Poseidon einen Cabo Verde-Rum und für die Nadine-Besatzung ein Glas gekühlten Vinho Verde.


Ilses Äquator-Taufe

Mit dem Südost-Passat auf "der anderen Seite" beginnt ein wunderbares Segeln am Wind, denn das Schiff rollt nicht mehr. Doch der Kurs zum brasilianischen Helgoland oder Sylt, nach Fernando do Noronha, ist nicht zu halten. Das hat keine Bedeutung, denn die "Schicki-Micki-Insel" (Heide Wilts) ist unvorstellbar teuer geworden. Dafür kann Ilse in der Nacht den Blumenduft von der Insel in Luv riechen.

Der letzte, 12. Seetag vermittelt uns eine Einführung in nächtliche tropische Gewitter vom Feinsten, nachdem etliche Regengüsse bereits zuvor einen Teil der braunen Afrika-Kruste vom Schiff abgewaschen hatten. Wenn der schwarze Vorhang über dem Schiff zugezogen wird, sollte man schon mal die Genua weggenommen haben...

Doch auch jetzt in der Marina Jacaré ist das Wetter ungewöhnlich: es ist sehr heiß - Baden bringt keine Abkühlung - und regnet mehrmals täglich stark, was für den Februar nicht zu erwarten ist.


Ankerplatz auf dem Paraiba-Fluss

Wir dagegen erwarten jetzt den brasilianischen Karneval, nachdem wir die letzten Tage mit den Behörden gekämpft hatten. Die "Bundespolizei" (Policia Federal) verlangt von Yachties seit kurzem einen Vermögensnachweis (30 Real pro Person und Tag), wenn sie 3 Monate im Land bleiben wollen. Dies scheint eine Reaktion auf EU-Gesetze zu sein. Brasilien ist selbstbewusst geworden!

Für heute grüßen wir Euch alle ganz herzlich und schicken Euch ein wenig brasilianische Hitze in die deutsche Kälte.

Eure Ilse und Uli von der "Nadine"
(Quelle: mail vom Sa., 18.02.2012 16:05)

17.01.2012

Sao Vicente/Mindelo/Cabo Verde
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

Noch in Mindelo sind wir bis Monatsende. Dann wollen wir mit Jacare die Ostecke von Brasilien, nördlich Recife, ansteuern und südwärts halten. Susi und Tom (Thom) Mallunat (Anmerkung Webmaster: Katamaransegler, die im Januar einen Gildevortrag halten) haben wir in Lanzarote kennengelernt und sie zum Einkaufen zu Lidl gefahren. Sie überführten damals einen Kat, während ihr Schiff hier in Mindelo vor Anker liegt. Wir haben jetzt 3 Tage ohne Schiff in Sao Antao verbracht und bestätigen die Meinung, dass man die Kapverden nicht gesehen hat, wenn man nicht auf dieser Insel war. Ich schicke für die Gilde zwei Fotos.
Hafen von Mindelo

Bergwanderern in Sao Antao. Die Wanderung wäre - mit Pausen
- auch für die Winterwanderung der Gilde empfehlenswert!
Euch wünschen wir ein gutes Durchhalten bis zum Aufbruch in den Norden - Ausbruch aus der Ostsee - im Mai und für Ralf weiterhin eine positive Entwicklung im "Kampf" mit dem Arbeitgeber. Vielen Dank auch noch für Eure letzte Mail mit den fröhlichen Fotos und herzliche Grüße an Euch und alle Gildemitglieder.

Eure Ilse und Uli von der "Nadine" in Mindelo.
(Quelle: mail vom Di., 17.01.2011 13:25)

25.12.2011

Sao Vicente/Mindelo/Cabo Verde
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

Es ist schon etwas Besonderes, Weihnachten auf seinem Schiff in der einzigen Marina der Kapverden zu erleben. Die Marina liegt in einem ehemaligen Vulkankrater, einem idealen Naturhafen. Dennoch scheinen die Passanten auf den Schwimmstegen volltrunken zu sein, wenn sie torkelnd geradeaus zu laufen versuchen. Ilse hat das schöne Holsteiner Rapsfeld-Bild im Salon mit einem gestickten Weihnachtsbaum und "Feliz Navidad" zugehängt und das in Weihnachtspapier eingeschlagene Präsent meines alten Marine-Crewkameraden Hermann aus Hamburg lässt eine gewisse Sentimentalität aufkommen, denn, so schrieb er, "...mögen Euch die Hände abfallen, wenn Ihr vor Weihnachten an das Päckchen geht!" Dann aber weinen wir nicht, sondern lachen Tränen über die "Handbücher des Verhörens" mit dem weißen Neger Wumbaba ("der weiße Nebel wunderbar") aus dem Kunstmann-Verlag.

Nun will ich aber das Bisherige ganz kurz zusammenfassen – nicht zuletzt für die Freunde, die lange nichts von uns gehört hatten und meinten, wir wären unter die afrikanischen Piraten gefallen... Der Reisestart liegt schon lange zurück: im Mai 2010 haben wir Cuxhaven, das Tor zur Welt, verlassen. Die Kanaren-Insel Lanzarote erreichten wir am 2.September. Dort konnten wir der wunderbaren Marina auf der großartigen Vulkaninsel nicht widerstehen und fingen an, die Insel wandernd zu erkunden. Im Januar und Februar 2011 mussten wir uns noch überzeugen, ob der Heimathafen unseres Schiffes, Berlin, unverändert vorhanden ist, dann folgte im Sommer der Besuch aller weiteren Kanaren-Inseln (außer das vom Vulkanausbruch bedrohte El Hierro) – mit dem Rother-Wanderführer und dem Schiff im Hafen. Dies war eine so schöne Zeit, dass es nicht schwerfällt, ein halbes Jahr dafür zu veranschlagen, als knapp bemessen anzusehen. Zwischenzeitlich hatten wir viermal Besuch von Freunden aus Berlin bekommen, was eine anregende Abwechslung mit sich brachte – und das Gefühl, nur wenige Flugstunden von zu Hause entfernt zu sein. Das ist hier schon anders!

Im Oktober haben wir die Werft in Lanzarote, bekannt als die Beste auf den Kanaren, aufgesucht und bei 36° C ohne Schatten das Schiff überholt. Ein dicker Bewuchspanzer hatte sich gebildet - obwohl wir noch 6 Knoten segelten - und musste entfernt werden. Leider konnten wir keine kupferhaltige Antifouling (bewuchshindernde Farbe) verwenden, ein Zugeständnis an die Tatsache, dass wir ein Aluminiumschiff haben. Die Überholung dauerte etwas länger als in Lübeck, wo es bekanntlich geringfügig kühler ist.

Der abermalige Aufbruch von Lanzarote in diesem November war ein Abschied von Freunden, die man vermisst, denn eine längere Liegezeit bringt es mit sich, dass einem versichert wird: "You belong to the family!" Wir segelten über Tenerife und blieben bis zum 7. Dezember in Las Galletas, wo wir jeden Morgen vom Schiff aus sehen konnten, ob der Teide mit seinem über 3.700 m hohen Vulkangipfel uns betrachtet oder die Wolkengardine zugezogen hat. Natürlich war, nachdem wir ihn schon einmal in "Angriff" genommen hatten, die Versuchung, ihn zu erklettern, riesig – schließlich hat uns unsere Tochter Annette mit ihrem Mann und unsere Wanderfreundin Renate infiziert. Aber wir kommen von der Meereshöhe... So haben wir nur einen Tagesausflug nach Masca gemacht, eine Kammwanderung im Westen von Tenerife, bei der Ilse lautstark und für mich unüberhörbar mit ihrem Fersensporn kämpfte. All das sollte man machen, wenn man 25 ist...

Die Lübecker Yacht "Resolute" war im letzten Jahr zur gleichen Zeit von La Palma nach Sal / Kapverden gesegelt und hatte für die ca. 800 Seemeilen 11 Tage gebraucht. Wir hatten am 7.12. mehr Glück, denn der Passat zeigte uns, was er kann. Kaum war zur gerefften Groß die Genua gesetzt, ging es mit 7 Knoten voran. Wenn es mehr wurde, nahmen wir die Genua weg. Beeindruckend war die Einsamkeit: kein Schiff, kein Tier, die Sonne verborgen. Nur der Mond, zunehmend, erhellte in der bewölkten Nacht tröstlich Himmel und See. Im Zenit war tagsüber ein blauer Fleck, waren nachts Sterne zu sehen. Ringsum waren wir wie in eine etwas von uns entfernte helle Nebelwand eingehüllt – was uns verwunderte, da Kondenswasser nicht feststellbar war. Dieser "bruma seca" (Trockennebel) verwandelte das Schiff bald an seiner der Sahara zugewandten Seite in ein rot-braunes Tarnfarben-Fahrzeug. Dies war der mikroskopisch feine klebrige Staub des Harmattan ("Bruder des Passats"). Die Edelstahlteile des Schiffes sahen aus, als wären sie braun eloxiert worden.

Atlantiksegeln heißt natürlich auch mit querlaufenden Wellen beträchtlicher Höhe zu rechnen. Für die Windfahnen-Selbststeueranlage gibt es dafür eine Sicherheitsabschaltung bzw. -trennung in den Kegelrädern. Das passierte in dunkler Nacht zweimal, und ich musste auf die Badeplattform absteigen und die Anlage wieder einkuppeln. Die LED-Stirnlampe meines Schwiegersohns veranlasste mich, in diesen hochgehenden Momenten viele freundliche Gedanken an ihn zu richten.

Ein schweizer Katamaran-Skipper zur gleichen Zeit auf gleicher Piste meinte: "Mein elektrisch-hydraulischer Autopilot hatte über 100mal ausgekuppelt, und ein Schwimmer drohte mehrmals in der Welle unterzuschneiden."

Noch vor Ende des 6. Tages standen wir vor Sal – und sahen nichts. Wie hätte ich den GPS korrigieren sollen – ohne Sonne und dem fast vollständig vergessenen Sextanten-Wissen (der trotzdem an Bord ist)? Aber es war wieder nur der Trockennebel, der uns mehr an die Bäreninsel in der Barentssee als an die Tropen mit kleinen Passatwölkchen erinnerte. Und sieht man von den Temperaturen ab (nachts dennoch mit nordischem Seeparka), so tauchte in wenigen Meilen Entfernung bald eine Wüsteninsel auf, deren Topographie der Hochpolaren nicht unähnlich war: kein Baum, kein Strauch. Doch fliegende Fische an Deck, dass es bei der Landung knallte und wir dachten, es wäre etwas aus dem Mast gefallen.

Wir blieben 8 Tage in Palmeira auf Sal vor Anker. Die Hafenbucht, die sehr geschützt ist, wird außerdem durch eine Mole begrenzt, und man kann neben zahllosen Yachten außerhalb des Hafenfahrwassers auf 5 Meter in Lehm vor Anker liegen. Der Landgang ist ein wenig schwierig, doch für 1 Euro – das beliebteste Zahlungsmittel – passte Rafa den ganzen Tag auf unser Dingi mit AB-Motor auf. Nein, zur Schule würde er nicht gehen, meinte er auf meine Frage. Doch das ist eine Sache der Eltern... Wir befinden uns in einem anderen Kulturkreis, die Menschen sind unglaublich freundlich und hilfsbereit. Wir bewundern ihre Fähigkeit, nach der portugiesischen Kolonialzeit, während der nichts im Land entwickelt wurde, mit geringsten Mitteln Anschluss an die Neuzeit zu finden. Der Süden der Insel entwickelt sich zum Touri-Traumstrand-Dorado (Santa Maria), und die alte Vulkankrater-Saline Pedra do Lume ist ein weiterer Anziehungspunkt. Seewasser löst das Steinsalz im Krater – man schwimmt dort in einer Salzlake wie im Toten Meer.

Gut 120 Meilen bis Mindelo, der mit Sao Antao westlichsten und durch den Hafen entwickelten Insel mit der Marina, in der wir bis Ende Januar bleiben wollen. Hier haben wir WiFi-Anschluss, Landstrom und Süsswasser (100 Liter = 2 Euro). Die Marina wurde von einem Deutschen eingerichtet und wird von ihm mit einem Partner betrieben. Alles ist deutsch (im positiven Sinne)... Auch "Supermärkte" gibt es, wobei die Waren teuer und meist aus Portugal eingeführt sind. Am 23.12. ertönte auf der Plaza unter dem imitierten Weihnachtsbaum heiße Samba-Musik und in mehreren super-ordentlichen Kreisen sassen etwa 100 bis 120 Kinder, die wie auf einem Schulausflug oder Sommerfest mit einem Getränk und einem Sandwich verköstigt wurden. Wir durften auf eine Tafel "Frohe Weihnachten" schreiben und erfuhren, dass dies die (Waisen) Kinder von Sao Vicente waren, die hier in einem SOS- Kinderdorf leben und zur Schule gehen.

Für heute wollen wir schließen mit allen guten Wünschen für das Neue Jahr – Gesundheit, Frieden und Wohlstand. In der Ferne wird sehr deutlich, wie kostbar diese Dinge sind.

Herzlich gruessen Euch Ilse & Uli Hering von der "Nadine".
(Quelle: mail vom So., 25.12.2011 23:19)

13.07.2011

Las Galletas/Tenerife
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

anbei ein Bild von uns unter dem Teide-Gipfel (3.718 m) bei den sog. "Teide-Eiern". Wenn Segler zu Bergsteigern mutieren, sind sie noch langsamer!

Herzlich gruessen Euch Ilse & Uli Hering auf der "Nadine".
(Quelle: mail vom 12.07.2011 15:47)


Die segelnden Bergsteiger



06.07.2011

Las Galletas/Tenerife
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

Wir haben in La Gomera zum Abschluss noch die "Paradetour der Insel" gemacht, einen Steilabstieg über insgesamt 1000 m, wo ein Wasserfall aus einem Hochtal in die Tiefe stürzt. Dann haben wir uns von der wunderschönen Insel und den Kakerlaken-Besuchen von unserem Bootsnachbarn verabschiedet und sind in der "Düse" zwischen den Inseln mit 7 Windstärken an das Segeln erinnert worden. Wie mit dem Messer gekappt war es nach 1,5 Stunden vorbei, und gemächliche 3 Windstärken erinnerten daran, dass wir bald das Unterwasserschiff pönen müssen. Die Westküste von Tenerife mit den Wohnburgen im Betonklotzstil ist ein Alptraum, die Insel hat dennoch viel Schönes zu bieten - und natürlich lockt der Teide mit 3.718 m.

Herzlich gruessen Euch Ilse & Uli Hering auf der "Nadine".
(Quelle: mail vom 06.07.2011, 17:39)



02.06.2011

San Sebastian /Gomera,
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

Hier ein Foto von unserem Liegeplatz in San Sebastian

Herzlich gruessen Euch Ilse & Uli Hering auf der "Nadine".


Unser Liegeplatz



26.04.2011

Santa Cruz de La Palma,
Liebe Gildeschwestern, liebe Gildebrueder,

Wir haben am 26.4.2011 Lanzarote verlassen und dachten an einen gemütlichen 2-Tages-Törn bis La Palma. Dem war überhaupt nicht so - bei West 6 liefen wir in Santa Cruz de Teneriffe ein. Wartezeit bei kräftigem Tiefdruck und 2 schöne Bergwanderungen. Dann gerade noch rechtzeitig Santa Cruz de La Palma, denn am übernächsten Tag schwebte der nächste Besuch ein. Leider waren wir dadurch an diesen Hafen gebunden, in dem man wegen des Schwells am Steg seekrank werden kann. Und nachts laufen die Generatoren des Fähren nonstop. Wir denken, dass es am 22. weiter nach La Gomera geht, von wo wir uns wieder melden werden.

Herzlich gruessen Euch Ilse & Uli Hering auf der "Nadine". .