Reisetagebuch der SY "FREYA" 2014
GB Peter Lühr

Seereise 2014 - Skandinavien Rund -


24.09.2014 Tromsø,
Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrueder,

Etappe 5 von Tromsø nach Neustadt
vom 01.08-23.09.2014


(Fotos 1-5-7 Wolfgang Eschenhorn)


Im Stadthafen von Tromsoe
Womit soll ich anfangen, und womit soll ich einen Bericht über eine Reise von 54 Tagen, 1.545 sm und 39 angelaufene Häfen/Ankerplätze beenden? Ich weiß, viele von Euch sind schon an der norwegischen Küste gesegelt. So lasse ich das Aufzählen der Häfen weg. Doch werde ich über einige für uns erzählenswerte Ereignisse berichten. Jytte kommt - wie bereits im letzten Bericht erwähnt - am 01.08.14 in Tromsø an. Unser Freund Eschi hat den Wunsch, noch eine Woche mit uns zu segeln. Das freut uns sehr. Im Hafenhandbuch haben wir eine nahegelegene Marina ausgesucht. Finnsnes (69°15`N-017°59`E) ist der Ort, der eine Waschmaschine vorweisen kann. Eigentlich suchen wir nicht die Häfen nach solchen Bedürfnissen aus. Es sei denn wir wollen gerne eine Sauna besuchen. Doch heute ist es das erste Mal, dass der Grund dafür das Waschen unserer Bekleidung ist.

Am 08.08.2014 verlässt uns unser Freund Eschi in Svolvær (68°14'N-014°34'E). Er hätte, wenn es nach uns gegangen wäre, noch länger an Bord bleiben können.

Wir haben in den letzten zwei Segelreisen nach Nordnorwegen schon zweimal Værøy (67°39`N-012°43`E) und Røst angelaufen. Von Reine (67°56´N-013°05´E) aus sind es nur 21 sm. Aber heute erleben wir den gefährlichen Mahlstrom. Anfänglich bei leichtem Wind. Selbst bei 3-4 Bft. können wir den Motor nicht abstellen. Die Wellen kommen aus allen Richtungen und sind teilweise 'eckig', wie ich es nenne. Der Engländer spricht von ' wave like a box'. Bei dem Raum-Wind-Kurs schlagen die Segel erbärmlich. Nach 9 sm frischt der Wind auf. Jetzt können wir bei 5 Bft. wenigstens mit 7kn segeln, wenn auch die Schiffsbewegungen immer noch ungemütlich sind. Als wir Værøy querab haben lässt der Wind plötzlich nach, und wir haben die gleiche Situation wie vorher beschrieben. Wir sind gerne auf dieser Insel. Der Ort erstreckt sich über mehrere Inseln die miteinander verbunden sind. Von der Landschaft sind wir immer wieder sehr beeindruckt. In der Nacht werde ich wach. Ich habe das leise Quietschen einer Schuhsohle gehört. Mein erster Gedanke ist, da ist jemand an Bord gestiegen. Jytte wird zufällig wach. Ach was Du so hörst. Kaum bin ich wieder eingeschlafen höre ich wieder ein nahes Geräusch. Nun schiebe ich das Luk hoch und sehe einen jungen Mann im Cockpit sitzen. Auf meine Frage was er hier sucht antwortet er: "Ich bin wohl auf dem falschen Schiff" und springt behände über die Seereling auf den Steg. Betrunken war er anscheinend nicht. Was war das denn?

Am nächsten Tag segeln wir nach Røst (69°31'N-012°04'E). Was wir gestern an Kreuzseen gesehen haben ist nichts gegen das, was wir heute erleben. Im Süden von Norwegen tobt ein Sturm und schiebt eine hohe Dünung zu den Lofoten. Ein starker Strom setzt von Westen, der Wind weht von Norden und die Ansteuerung von Røst erfordert Aufmerksamkeit. Die zwei Inseln haben etwas für einen Segler zu bieten. Für uns ist das der Reiz immer wieder dort anzukommen.


Klein ist er geworden der Svartisen Gletscher
Von Røst segeln wir direkt zum Svartisen Gletscher. Dieser Ort wird ebenfalls auf jeder Segelreise nach Nordnorwegen von uns angelaufen. Wir können seit 13 Jahren beobachten, wie schnell dieser malerische Gletscher schmilzt. Vom Gletschersee müssen wir jetzt länger aufsteigen, bis wir an der Gletscherzunge ankommen. Natürlich mit einem Schraubenzieher, zwei Gläsern und einer kleinen Flasche Whisky. Wir hören das Knistern des Eises im Glas und genießen den guten Geschmack des Getränkes. Echt, keine Einbildung. Doch der Anblick des Svartisen führt mir erneut die Zerstörung der Menschen vor Augen. Ich gehöre dazu und habe ein schlechtes Gewissen.

Skal!
Wir sind in der Vergangenheit schon vier Mal an der hoch aufragenden Felseninsel Tørghatten vorbeigesegelt. Aber heute wollen wir endlich eine Wanderung zu dem Loch im Berg machen. Es liegt in 160 m Höhe, ist 40 m hoch und nach unseren Schätzungen ca. 200 m lang, und in der letzten Eiszeit entstanden. Wir machen die FREYA in Tjøtta (65°49'N-012°26'E) fest. Um 1800 wandern wir bei schönstem Sonnenschein zum ‚Loch'. Der 3 km lange Weg und die dann noch folgende mühsame Krabbelei lohnen sich. Wer hat schon einmal in einem riesigen Loch im Berg gestanden? Nach beiden Seiten sehen wir Inseln und Berge. Ein Relikt aus der letzten Eiszeit.


Das Loch im Tørghatten
Natürlich müssen wir auch dieses Jahr zur Kuringsvågen (64°03'N-010°04'E). Dort ist das Hotel "Aquarius", das bis vor kurzem von unserem Freund Steiner geführt wurde. Heute bewirtschaftet es seine Tochter mit einem Koch aus Bayern. Vor 12 Jahren haben wir Steiner das letzte Mal gesehen. Dementsprechend gibt es viel zu erzählen. Wir sitzen gemütlich auf der Terrasse, als wir einen Elch sehen, der in der Bucht schwimmt. Er versucht vergeblich, eine Stelle zu finden, die es ihm ermöglicht, an Land zu kommen. Plötzlich schwimmt er auf eine kleine Insel zu. Er will sich dort wohl verstecken. In zwei Tagen endet die Schonzeit für Elche. Auf der Insel wird ihn sicher kein Jäger vermuten.

Es ist Samstag, der 23.08.14. Am frühen Nachmittag laufen wir in Finnøy (62°48'N-006°31'E) ein und finden einen Platz am Schwimmsteg. Einige Stunden später hätten wir keine Liegemöglichkeiten mehr in diesem kleinen schnuckeligen Hafen gefunden. Am Wochenende schwingen sich viele Norweger auf ihre Boote. Dann sind solche Häfen überfüllt. Fahrräder sind reichlich und unentgeltlich vorhanden. Hier unterbrechen wir unsere Reise für einen Tag. Wir schauen von der FREYA aus direkt auf ein kleines Museum. Hinter Glasscheiben steht ein großer Motor für ein Fischereifahrzeug und tuckert vor sich hin. Schnell sind wir im Museum. Diese, mit wenig Umdrehungen laufende Motoren, strahlen eine Ruhe und Sicherheit aus. Nils N. Finnøy baute von 1902 Schiffsmotoren bis 1975Schiffsmotoren,. 866 Motoren verließen bis die kleine Insel. Der Zweizylinder, der hier ausgestellt ist, soll nach Auskunft des "Museumsdirektors" über 100.000 Stunden gelaufen sein. Abgesehen von der schönen Insellandschaft ist schon das Museum einen Besuch wert.

Drei Jahre haben wir unsere Freunde Is und Arndt mit ihrer ARIS nicht gesehen. Da sie jeden Sommer in Norwegen auf ihrer Yacht verbringen, und wir immer Kontakt zu ihnen halten, treffen wir uns in dem kleinen Hafen Holmen, der der Segelvereinigung Ålesund (62°27'N-006°12'E) gehört. Wir haben die gesamte Anlage für uns. Vom dem idyllisch gelegenen Vereinshaus genießen wir den traumhaften Blick nach Ålesund. Wir verbringen einen netten Tag mit unseren Freunden. Es wird viel erzählt, gut gegessen und einige Drinks zu sich genommen, in denen das Gletschereis vom Svartisen schmilzt.

Die viel besungene und gefürchtete Umrundung von Stadlandet bereitet keine Schwierigkeiten. Obwohl der Schwell nicht angenehm ist segeln wir 49 sm plus 3 sm unter Motor von Kvamsøya (62°12'N005°25'E) nach Florø (61°36'N-005°02'E). Florø ist ein sehr schöner Ort, den wir uns merken wollen. Auf der nächsten Reise nach Norwegen werden wir hier länger verweilen.

Am 31.08.14 können wir a gut nach Bergen (62°24'N-005°19'E) segeln. Gegen Mittag setzt der Wind plötzlich aus. Jytte startet den Motor. Aber er macht nur einige Umdrehungen und streikt. Diesel ist im Tank, und das Manometer des Vorfilters zeigt keine Verstopfung einer Leitung an. Da muss ich dann doch eine Weile überlegen. Auf mein Zurufen schaltet Jytte nur die Zündung ein. Ich vermisse das leise Ticken der elektrischen Dieselpumpe. Unsere Tanks liegen teilweise über der Einspritzpumpe.

Unsere Lieblingsbeschaeftigung unter Motor
Alles Weitere ist schnell erledigt. Der verrottete, wasserdichte Stecker zur Verbindung der elektrischen Leitungen ist schnell durch zwei Lüsterklemmen ersetzt. Als ich mit der Reparatur fertig bin wehen wieder die heutigen 3 Bft. Um 1900 liegen wir längsseits der GOEDEKE MICHELS. Ein gemeinsames Abendessen mit Kerstin und Kurt beendet den schönen Segeltag. An dem folgenden Hafentag ist nur Bummeln angesagt. Wir sind das vierte Mal mit unserer Yacht in Bergen. Aber dieses Mal erleben wir Stadtviertel, in denen wir ein anderes Bergen sehen. Von 'elegant' bis ganz 'schräg'. Letzteres hätten wir nicht vermutet.

In den Handbüchern ist Bekkjarvik (60°00'N-005°13'E) als sehr hübscher Ort beschrieben. Und das ist nicht gelogen. In der engen Einfahrt liegt eine große Brigantine mit drei Masten - ein malerischer Anblick. Doch sie ist völlig heruntergekommen. Alle schmutzigen Rahsegel sind noch angeschlagen, und die Roststreifen auf dem Schanzkleid deuten an, dass dieses schöne Schiff schon lange nicht mehr bewegt wurde. Es ist Mittag, die Sonne scheint, wir essen im Cockpit und blicken auf die Brigantine ohne Namen. Plötzlich legt sie von dem Steg ab, nimmt rückwärts Fahrt auf. Wir springen auf und rennen zum Hafenausgang. Dort legt sie problemlos wieder an. Wir verstehen das alles nicht. Ein riesiges Fischereifahrzeug, um vieles größer als die Brigantine, geht nun längsseits. Wir fragen den neben uns stehenden Kapitän des Windjammers was hier vorgeht. Plötzlich kommen auch noch der Kapitän des Trawlers und der Eigner der Brigantine zu uns. Wir stellen uns gegenseitig vor. Sie haben unsere FREYA schon von der anderen Seite des Hafens bewundert. Nun stellen sie Fragen zu unserer Yacht. Danach bekommen wir viele Informationen über ihre GARDAR. Sie ist 1884 in England als Heringslogger gebaut worden. Ursprünglich hatte sie zwei Masten. Sie wechselte mehrmals den Namen, die Eigner, die Länge, die Motoren, die Flaggen und die Nutzung. 1985 wurde sie nach Deutschland verkauft, als Barkentine umgebaut, und 2002 in STÖRTEBEKER II umbenannt. Von Flensburg aus fuhr sie dann als Traditionsschiff bis 2008.

Die Barkentine Stoertebeker II
Dann bekam die STÖRTEBEKER II keine Genehmigung zur Beförderung von Passagieren mehr und diente bis 2011 als schwimmendes Café im Flensburger Hafen. Danach kaufte sie die Familie Halstensen aus Bekkjarvik zurück. Die GARDAR gehörte schon einmal von 1948 bis 1980 der Familie Halstensen, Und nun steht Herr Halstersen neben uns, und erzählt uns wie er als junger Mann mit diesem Schiff zum Heringsfang hinausfuhr. Nachdem die GARDAR gute zwei Jahre in Bekkjarvig am Steg gelegen hat wird sie nun - ausgerechnet heute - zu einer nahen Werft geschleppt, um in einigen Jahren wieder als Heringslogger mit zwei Masten in Norwegen zu segeln. Am Abend sehen wir die GARDAR wie Sie längsseits am Fischereifahrzeug, begleitet von zwei kleinen Schleppern, den Sund verlässt. Was für ein tolles Erlebnis. Das ist unser Gesprächsthema in der Sauna.

Am 04.09.14 ist unser geplantes Tagesziel Skudeneshavn (59°09'N-005°16'E). Von Åkrehamn (59°13'N-005°11'E) sind es nur 12 sm. Für die Sletta-Passage ist Wind aus südlichen Richtungen bis 15 kn vorhergesagt. Um 0800 klingelt der Wecker. Die Sonne scheint, und es ist windstill. Wir müssen bis 1100 warten, dann bewegen sich die Blätter an den Bäumen. Das ist für uns das Zeichen zum Auslaufen. Um 1200 erreicht der Wind schon mal in Spitzen 6 Bft. Jytte steht am Rad als plötzlich in einer starken Böe etwas an ihr vorbei auf das Deck fliegt. So einen Besuch hatten wir noch nicht an Bord. Vögel jede Menge, aber keine kleine Fledermaus die nun bewegungslos hinter der Fussreling Schutz sucht. Nach den roten Klecksen zu urteilen, die sie auf den Sailpacks hinterlassen hat, muss sie sich seit der Nacht an einem Lazyjack festgeklammert haben. Einer starken Böe konnte sie wohl nicht Widerstand leisten. Wir können die Furcht des Tieres fühlen. Die kleine Fledermaus robbt und zieht sich mit ihren Flügeln über das Deck zum Heck hin. Das sieht noch viel hilfloser aus als bei einem Vogel, der zu einer dunklen Ecke hüpft, um einen Platz zum Sterben zu finden. Unsere Fledermaus versteckt sich unter den Fendern, die am Heck stehen. Wir lassen sie dort, in der Hoffnung sie im Hafen in die Luft werfen zu können. Als wir in Skudeneshamn anlegen suchen wir sie vergeblich. Sie wird sicher nicht fliegend die FREYA verlassen haben.

Skudeneshamn ist einer der schönsten Orte dieser Reise. Das "Kleinste Café der Welt" ist einmalig. 12 Sitzgelegenheiten sind vorhanden. Als wir in das Café eintreten sehen wir sechs Erwachsene und ein Baby. Wir sitzen kaum, da werden wir auch schon von den Anwesenden in ein Gespräch verwickelt. Nach einer Stunde verlassen wir in guter Stimmung das Café und machen noch einen langen Spaziergang durch die alte Stadt mit ihren gut erhaltenen Holzhäusern.

Hier sollte man angeln
Ein Hafen, den man auf keiner Norwegenreise auslassen sollte, ist Farsund (58°05'N-006°48'E). Für heute ist Stiv Kuling angesagt, was uns nicht daran hindert, aus Egersund (58°27'N-005°59'E) auszulaufen. Der 'Steife Wind' kommt aus NW, also direkt von achtern. Was soll uns da schon passieren. Die Sonne scheint. Nur im Nordwesten sehen wir dicke schwarze Wolken, die mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Osten treiben. Der Wind weht in Lee der Landmassen mit 3 Bft. Kaum haben wir deren Schutz verlassen, steigert sich der Wind auf 7 Bft., und die See wird immer höher. Wir legen Schwimmwesten und Sicherheitsgurte an. Jytte hält die FREYA ganze fünf Stunden auf Kurs. Sie macht das toll. Erst als wir vom Vor-Wind-Kurs auf Raumen-Kurs wechseln möchte sie, dass ich das Ruder übernehme. Da sind wir dann auch mittlerweile bei 35kn Wind und einer 4m Welle angelangt. Die FREYA kommt des Öfteren ins Surfen. Dabei stehen mehrmals über 10 kn auf dem Speedometer. Wir hätten bei dem Wind auch noch an Kap Lindesnes vorbei segeln können. Aber die alte Stadt, die sich malerisch an einen Berg schmiegt, wollen wir unbedingt sehen.

Nach vielen Motor-Meilen erreichen wir am frühen Morgen in dichtem Nebel Skagen (57°43'N-010°35'E), die nördlichste Stadt Dänemarks. Obwohl ich nur eine Stunde geschlafen habe führt und unser Weg sofort zum Hafen. Nach alter Sitte kaufen wir frische Krabben, ein großes Stück geräucherten Aal und zwei Büchsen Bier. Zusätzlich noch ein Stück Marlin. Diesen Fisch hatten wir schon dreimal an der Angel, doch nur für kurze Zeit. Dann riss immer die Leine. Gegessen haben wir ihn noch nie. Mit gemieteten Fahrrädern radeln wir am Leuchtturm vorbei zu Grenen. Dorthin, wo der Skagerak und der Kattegat sich treffen. Wir legen uns in die Dünen, faulenzen, pulen die Krabben und essen alles Mitgebrachte. Zurück in Skagen setzen wir uns in den Garten des Skagen Bryghus. Dort findet heute am späten Nachmittag ein 'Singalong' statt. Ein guter Gitarrist spielt alte Rock-Songs. Zwei Stunden sitzen wir in der Sonne, trinken gutes Bier und singen mit. So, wie die meisten Anwesenden.

Weiter vier Häfen werden von uns angelaufen bevor wir in Rudkøbing (54°56'N-010°43'E) festmachen. Auf der Strecke von Skagen bis hierher haben wir herrlichen Segelwind. Wir kommen einem der besten Segelreviere auf der Welt immer näher. Es ist die Ostsee. Und Rudkøbing ist eine Stadt in der ich mich wohl fühle. Gut restaurierte Häuser und viele verschiedene Läden. Unter anderem Antiquitäten- und Trödelläden in denen wir uns lange aufhalten.

Am 20.09.14, kurz vor der Femarnsund-Brücke, übersegeln wir den Kurs den ich mit René am 12.05.14 gefahren bin. Somit habe ich nach 4.461sm Skandinavien umrundet. In Burgstaaken (54°25'N-011°11'E) angekommen bestelle ich wie immer einen Tisch im Restaurant "Zum Goldenen Anker". Die Speckschollen wiegen je 500gr und schmecken hervorragend. So satt waren wir schon lange nicht mehr. Am nächsten Abend sitzen wir in der "Haifischbar" und unterhalten uns mit betrunkenen Anglern.

Wie vorgesehen erreichen wir die Ancora Marina in Neustadt (54°05'N-010°52'E) am 23.09.2014 um 1315. Die Sonne scheint. Wir schaffen es, mit Hilfe eines Segelmacher-Lehrlings sämtliche Segel trocken in die Säcke zu bekommen und vom Segelmacher abholen zu lassen. Ein schöner Segelsommer ist beendet. Auf diesem Teil der Reise habe ich mit Jytte von Tromsø nach Neustadt 1.545 sm zurückgelegt und 39 Häfen/Ankerplätze angelaufen. Wir waren wie immer ein gutes Team. Jytte hat einmal mehr gezeigt, dass sie eine tolle Mitseglerin ist, auf die ich mich an allen Tagen und in allen Situationen verlassen kann. Ich freue mich schon heute auf die nächste Segelsaison.

Neun Gastlandflaggen unter der Bb-Saling
In diesem Jahr haben meine Crews und ich auf der gesamten Reise 5.064 sm zurückgelegt. Davon auf See 3.990 sm und Binnen 1.074 sm. Bedingt durch den Binnenanteil und den Windmangel in den nördlichen Breiten war der Motorenanteil 44%. Genau 100 Segeltagen stehen 47 Hafen/Ruhetage gegenüber. Insgesamt haben wir 85 Häfen/Ankerplätze angelaufen. Wir konnten einen großen Teil der Reise auf nicht "ausgetretenen Pfaden" segeln. An diesen - für uns kalten Sommer - werden wir uns lange erinnern. Er war gefüllt mit herrlichen Eindrücken von Landschaften, Menschen und ihren Ländern, ihre Geschichte, und alles was sonst mit dem Fahrtensegeln zu tun hat. Ich bin froh, diese Reise unternommen zu haben und kann sie jedem Fahrtensegler empfehlen.

Bis zum nächsten Klönend wünscht Euch alles Gute -

Jytte und Peter

von der FREYA

24.09.2014 Tromsø,
Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrueder,

Etappe 4 von Archangelsk nach Tromsø
vom 11.07. - 31.07.2014


(Fotos 1-2-4-5-7-8 Wolfgang Eschenhorn)

Am 09.07.14 begleite ich Jytte zum Flugplatz von Archangelsk. Da wir uns mit den russischen Verkehrsmitteln auskennen, nehmen wir einen klapperigen Kleinbus anstelle des teuren Taxis. Wenn man Probleme mit dem Rücken hat, sollte man auf jeden Fall vermeiden, auf einem Platz über der Achse zu sitzen. Nach vier Wochen verlässt Jytte am Nachmittag das in diesem Jahr sehr kalte Russland und fliegt am Nachmittag zurück in die Wärme, das heißt nach Berlin. Am Abend erwarte ich in der Wartehalle desselben Flugplatzes meinen Freund Wolfgang Eschenhorn. Beide Flüge waren pünktlich.

Mein langjähriger Mitsegler Eschi
Früh am Morgen des nächsten Tages kommt Dascha. Sie wird uns zum Zoll begleiten. Das wäre im Nachhinein nicht nötig gewesen. da alle Offiziere ein wenig Englisch sprechen und sehr hilfsbereit sind. Nach kurzer Zeit erhalte ich die Papiere zur Ausklarierung und den Stempel im Pass. Danach hat Dascha noch Zeit, Eschi das Niemetzki-Viertel, also das deutsche Viertel, zu zeigen. Die Fußgängerzone erstreckt sich zwischen gut restaurierten Häusern des 19. Jahrhunderts. Aus dieser Zeit ist in Russland kein Wort für 'Ausländer' bekannt. So nannte man alle Ausländer eben Deutsche. Am Nachmittag verabschieden wir uns von Dascha. Sie hat uns bei unserem Aufenthalt in Archangelsk sehr geholfen.

Mein Abschied von Russland
Am 11.07. legen wir um 0915 vom Restaurationsschiff "Paratowscht" ab. Daniel hat uns noch vor seiner Reise gesagt, dass wir - wenn niemand im Restaurant ist - auf "russische Art" ablegen sollen. Er meint damit, einfach abhauen. Wir finden um diese Uhrzeit sowieso niemanden dem wir unsere letzten Rubel geben können. Vor dem Ablegen müssen wir bei der Port Control um Erlaubnis bitten. Doch alle schlafen noch. Endlich um 1000 bekomme ich die Erlaubnis, die Dvina befahren zu dürfen. Zu dieser Zeit habe ich bereits 8 km auf dem Fluss in Richtung Weißes Meer zurückgelegt.

Daniel hat uns mehrfach geraten, unbedingt einen Agenten für das Ausklarieren in Anspruch zu nehmen. Das habe ich abgelehnt. So kommen wir ohne Agenten zu der Station "Economica". Bei einem sehr starken Wind dürfen wir nach vielem Hin und Her an einem sehr hochbordigen Rettungsschiff anlegen. Auch hier wird Englisch gesprochen. Nach kurzer Zeit haben wir die Erlaubnis, das Weiße Meer und die Barentssee zu durchqueren. Archangelsk liegt weit im Inneren des Landes. Von der "Economica" müssen wir noch 63 km auf der Dvina motoren. Dann haben wir die ca. 500 sm in der offenen See vor uns.

Die FREYA im Weißen Meer
Von allen Seiten ist uns abgeraten worden, Murmansk anzulaufen. Selbst Daniel macht einen großen Bogen um diese Stadt. Er erzählt uns gruselige Geschichten. So beschließen wir, direkt von hier Kirkenes anzulaufen. In den ersten 24 Stunden auf See erleben wir nur mäßigen Wind, eine hohe Dünung und Gezeitenströmungen zwischen 3 bis 4 kn. Wir haben beschlossen, außerhalb der russischen Hoheitsgewässer zu segeln. Von der Kola-Halbinsel bis zur nördlichen Grenze von Russland gibt es einige Kontrollstationen, bei denen man sich an- und abmelden soll. Das entfällt natürlich wenn wir uns außerhalb der Hoheitsgewässer befinden. Wir versuchen es etwas halbherzig und stellen das UKW Gerät ab. Am zweiten Tag auf See passiert nichts Außergewöhnliches. Doch um 1710 sehen wir von achtern ein großes Schlauchboot aufkommen. Unsere erste und richtige Vermutung stimmt. Es ist die russische Coast Guard. Ich schalte sofort mein Handhold UKW Gerät an. Drei Männer im Schlauchboot geben uns unmissverständlich zu verstehen, dass wir sofort aufstoppen müssen. Zwei Offiziere kommen an Bord. Ihre erste Frage ist, warum wir nicht das UKW Gerät eingeschaltet haben. Sie hätten mehrfach versucht uns anzurufen. Ich zeige ihnen mein kleines Handgerät. Aber ich müsste doch noch ein weiteres stärkeres Gerät an Bord haben. Natürlich habe ich das. Aber da wir seit Stunden motoren haben wir es abgestellt. Wir hören bei dem Motorenlärm den Sprechfunk im Cockpit nicht. Er spricht mit seinem Vorgesetzten über mein Funkgerät und erklärt ihm die Lage. Während sie einen Report mit uns ausfüllen wird viel gelacht. Nach einer halben Stunde verlassen sie die FREYA. Sie winken und geben ein Schallsignal während ich auf meinem Conch-Horn blase. Das war eine nette Unterbrechung in den zwei windlosen Tagen.

Dann setzt endlich der angekündigte SE ein. Und der wird uns nach der Wettervorhersage bis Kirkenes nicht mehr verlassen. Nun sehen wir die Sonne nicht mehr untergehen, und die ersten Papageientaucher flattern an der FREYA vorbei. Wir segeln im hohen Norden Europas. Seit Archangelsk gibt es keinen Schiffsverkehr mehr. In der noch verbleibenden Strecke von 160 sm wird der Motor nicht mehr angestellt. Wir haben einen konstanten Wind aus östlichen Richtungen mit der Stärke von 3 bis 7 Bft. Eine Auflage beinhaltet, vor dem Verlassen der russischen Gewässer die Coast Guard darüber zu informieren. In den letzten zwei Stunden machen wir das auch - in großen Abständen. Da wir 10 sm von der Küste entfernt sind, hören wir höchstens ein lautes Krächzen aus dem Lautsprecher. Eschi meint, den Namen FREYA gehört zu haben. Ich nicht. Oder will ich es nicht hören? Wir segeln die letzten der 498 sm durch eine schöne Fjordlandschaft und erreichen unser Ziel Kirkenes (69°44´N-030°03`E) nach 3t/7h. Heute Nacht liegen wir wohlig und zufrieden in unseren Kojen.

Pflichtbewusst wie wir nun einmal sind müssen wir natürlich am nächsten Morgen in Norwegen einklarieren. Per Telefon erfahren wir, dass wir uns mindestens 24h vor dem Erreichen der norwegischen Hoheitsgewässer bei dem Zoll hätten melden müssen. Wenn möglich in Form eines Formulars aus dem Internet. Aber das sei nicht so schlimm. Wir können das auch jetzt nachholen. Das 'Jetzt' zieht sich über eine Stunde hin, in der wir das Formular nicht ausfüllen können, da immer nach einer Reederei oder einem Agenten gefragt wird. Kurzentschlossen gehen wir direkt zum Zoll. Dort erzählen wir einem jungen Zöllner von unseren fehlgeschlagenen Bemühungen. Er lacht nur und holt aus einem Hinterzimmer das ausgedruckte Formular. Wir brauchen nur den Schiffsnamen und meinen Namen nebst Adresse einzusetzen. Auf unsere Frage, was mit dem Formular geschieht, sagt er: "Ihr seid nun registriert". Aber eigentlich doch nur ich. Und Eschi ist nun illegal eingereist? Wieder nur ein Lachen zur Antwort. Ja wohin geht denn nun das Formular? Lachend macht er eine eindeutige Handbewegung zu einem Stapel Papier. Meine Frage ob jemand noch zur FREYA kommt und die Alkoholvorräte an Bord sehen will, verneint er. Wird nicht mehr gemacht. Und ich hatte doch alles so gut versteckt. Hätte ich das gewusst wären noch einmal 100 Dosen Bier gebunkert worden.

Der nächste Hafen, den wir anlaufen, ist Vardø (70°22`N-037°06´E). Jedes zweite Haus wird hier zum Kauf angeboten. Eine sterbende Stadt obwohl die Hurtigruten hier anlegt. Sehenswert ist das Vardøhus Fortress. Die erste Festung wurde bereits 1307 von Håkon V. Magnusson errichtet. Ihre sternförmige Form erhielt sie aber erst im 18. Jahrhundert. Da kein Krieg zwischen Russland und Norwegen stattgefunden hat, ist die Festung in einem hervorragendem Zustand. Weiterhin besichtigen wir das eindrucksvolle Denkmal für die 80 angeblichen Hexen, die hier zwischen 1601 und 1692 verbrannt wurden. Eine von der Art und Architektur einmalige Anlage.

Nach einem kalten Segeltag ist Båtsfjord (70°38`N-029°44`E) ein geschützter Hafen für die Nacht. Der darauf folgende Hafen Berlevåg (70°51`N-029°06`E) feiert heute den 100sten Geburtstag. Die wenigen Einwohner der Stadt scheinen sich alle im großen Saal der einzigen Kneipe versammelt zu haben. Wir trinken ein Bier 0,4l das etwas über 8,- € kostet. Als man uns auffordert, 30 € für die um 2300 aufspielende Band zu zahlen, ziehen wir uns auf die FREYA zurück. Wir versuchen, bei leichtem Wind so viel wie möglich zum Sandfjord (71°01`N-027°38`E) zu segeln. Dreimal ziehen wir den Spi und einmal den Genaker. Der Anker fällt in einer schönen Bucht. Ich fange nach zwei Fehlversuchen eine Rødsprette (Scholle), die so groß ist, dass sie nicht mehr in unsere größte Pfanne passt. Nach dem Abendessen können wir aus dem Cockpit die nicht untergehende Sonne genießen. Am 21.07.14 wollen wir Bergfest feiern. Von da an geht es dann nur noch bergab. Aber dieser Tag wird uns nicht leicht gemacht. Der Wind zwingt uns, volle Garnitur zu setzen. Sogar das Besanstagsegel muss ran. Und das auch noch in dichtem Nebel.

Wer hat das schon einmal am Nord Kap gesehen?
Bei hoher Dünung tasten wir uns an das Nord Kap heran. Die Sichtweite beträgt unter 100 Meter. Aber irgendwie müssen wir den Felsen erreichen und ihn sehen. Wir hören ganz in der Nähe die Brandung. Der Plotter zeigt noch einen minimalen Abstand an, als wir vorbereitet - und trotzdem ganz plötzlich - vor einer Felsenwand segeln und schnell den Motor starten, um mit killenden Segeln, parallel zu der Wand uns im Abstand von 50m fortzubewegen. Wir schauen enttäuscht nach oben, nach hinten und zu der Seite, nur dichter Nebel. Soll das alles gewesen sein? Wider Erwarten scheint plötzlich die Sonne, und wir können das Nord Kap in seiner gesamten Höhe erblicken. Und dann bildet sich auch ein von uns noch nie gesehener "weißer Nebelbogen" neben dem Kap. Das haut ja nun glatt den stärksten Seemann um. Doch nur ein kurzes Schauspiel, dann sind wir wieder vom Nebel umhüllt. Wir kommen zu dem Schluss, dass wir eines der eindrucksvollsten Naturschauspiele erlebt haben. An diesem Abend - in dem hübschen Hafen Gjævær (71°06`N-025°23`E) - sprechen wir noch lange über die Einmaligkeit des heutigen Tages. An den Hafen Havøysund (71°00`N-024°40`E) werden wir uns im Nachhinein sicher nur noch an die Sauna eines Hotels erinnern, wo wir unsere Kleidungsstücke auf den Boden legen müssen. Es gibt keine Kleiderhaken oder Stühle zum Ablegen. Dafür aber im Vorraum zur Sauna ein für alle Benutzer einsichtbares Pinkelbecken. Am darauffolgenden Tag bringt uns endlich einmal ein guter Wind zu der schönen Ankerbucht Neverfjorden (70°26`N-028°47`E). Sie ist in keinem Hafenhandbuch vermerkt. Wir sollten öfter einmal einen Ankerplatz aus der Seekarte auswählen.

Das ist Norwegen pur
Auf der Strecke nach Alta können wir in den schmalen Fjorden bei Starkwind nicht aufkreuzen. Ca. 3 sm vor Alta klingelt mein Handy. "Ihr seid ja schon so früh in Alta", stellt Jytte fest. "Woher weißt Du denn das?" frage ich verblüfft. "Na, ich sehe Euch". Ich verstehe die Welt nicht mehr. Jytte verfolgt unsere Reise nicht nur, indem sie uns den Wetterbericht bestätigt, sondern auch über Web-Kameras, die auf Bergen stehen. Wie in diesem Fall in Alta. Was werden wohl noch alles in den nächsten Jahren für Überwachungsmöglichkeiten entwickelt werden?

Wir verbringen einen Hafentag in Alta/Bossekop (69°58`N-023°15`E). Rune ist ein netter Norweger, der als Fischereiaufseher für den Bereich um Alta arbeitet. Er und seine Crew fahren für die Behörden mit einem großen Motorboot durch die Fjorde und suchen nach illegalen Stellnetzen und deren Besitzer. Er ist vor einigen Jahren um die Welt gesegelt und sehr aufgeschlossen für Segler, die sich in dem kleinen Hafen verirren. Er nimmt sich den ganzen Tag Zeit, um uns beim Einkaufen zu helfen. Geduldig fährt er uns von Laden zu Laden und auch noch zu dem 5 km entfernten Freilichtmuseum. Hier sehen wir Petroglyphen aus der Steinzeit. Rune lebt auf seiner Yacht im Hafen wie auch die Einhandseglerin Guro. Am Abend sitzen wir gemütlich bei ihr an Bord, trinken Bier und schnacken worüber Segler so schnacken.

Der Bekkarfjorden
Alle Norweger dieser Gegend erzählen uns, dass wir zum Bekkarfjorden (70°20`N-023°18`E) segeln müssen. Dort soll man nur auf einen kleinen Berg steigen, und man steht vor einem Gletscher, der noch vor kurzem bis ins Meer reichte. Das klingt gut. Da müssen wir hin. Aber nach einem zweistündigen anstrengenden Aufstieg können wir leider nur den Gletscher in ca. 5 km Entfernung sehen. Auf jeden Fall war der Besuch der herrlichen Bucht sehenswerter.

Bei leichtem Wind kreuzen wir im Varosund. Der anschließende Sjernsund erlaubt längere Schläge. Und das bei 3 Bft. ohne Welle. Da segelt die FREYA schon mit 42° über Grund ihre 5-6 kn. Bergsfjorden (70°15`N-021°48´E) ist ein kleiner Hafen für die Nacht. Wir machen an einer Fischerboje fest. Für den nächsten Tag ist schlechtes Wetter angesagt. Doch wir verleben einen sonnigen Tag. Gegen Mittag kommt von achtern die "Goedeke Michels" auf. Wir empfehlen Kerstin und Kurt, zu dem Øxfjordjøkelen Gletscher zu fahren. Als wir nach Stunden in den Jøkelfjord einbiegen kommen uns die beiden entgegen und bestätigen, dass sich der 12 sm Umweg lohnt. Dieser Gletscher reicht fast bis zum Wasser. Wir nähern uns der Endmoräne bis auf 100 m. Ein herrlicher Anblick, die durch einen Wasserfall getrennte Gletscherzunge im Schatten der Berge zu sehen, während der obere Gletscher noch in der Sonne liegt. Der abendliche kalte Wind, der vom Gletscher zu uns herüber weht, lässt uns nach einer halben Stunde in den sonnigen Fjord zurückfahren. Wir machen für die Nacht an einer privaten Mole im Jøkelfjord (70°03`N-021°58`E) fest.

Die Goedeke Michels hat uns überholt
Nach weiteren 45 sm legen wir in einem sehr kleinen Molenhafen zwischen den Fischereifahrzeugen an. Wir hoffen, dass uns hier in Nordeidet (69°55`N-019°47`E) kein Fischer von dem Liegeplatz am frühen Morgen vertreibt. Nein, das tut niemand, und so können wir gut ausgeschlafen die letzten Meilen der 4. Etappe nach Tromsø (69°46`N-019°04`E) zurücklegen. Wir legen uns in den Stadthafen. Dort liegen wir in unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums. Am nächsten Tag machen wir einige Einkäufe - ich mache kleine Reparaturen an der FREYA. Am Abend sitzen wir im "Skaven" und trinken in der warmen Abendsonne ein Bier zu 12,50 € das 0,5l Glas. Die Stadt ist im Olympia-Rausch. In den kommenden Tagen findet hier die Schach-Olympiade statt. Die Hotels sind ausgebucht. In dem Hotel, in dem wir vor Jahren die Sauna benutzen durften, und wo man unsere Wäsche gewaschen hat, entschuldigt sich die nette Dame an der Rezeption: "wir sind mit unseren Gästen so beschäftigt, dass wir das zur Zeit für Sie nicht machen können". Wir bedauern es sehr, nicht in die Sauna gehen zu können. Aber in der einzigen Wäscherei in Tromsø für 8 kg Wäsche 130 € zu bezahlen, grenzt ja schon an Wucher. Die Wäsche muss dann wohl noch warten.

Oexfjordjoekelen Gletscher
Ich habe mit Eschi in den letzten drei Wochen 1.008 sm zurückgelegt und dabei 14 Häfen und Ankerplätze angelaufen. Auch wenn wir in der Zeit zügig segeln und motoren müssen, ist es mit ihm eine sehr stressfreie und harmonische Zeit gewesen. Wie Ihr merkt teilt mein langjähriger Freund Eschi mit mir die Freude am Segeln. Am 01.08.14 werde ich die Reise mit Jytte fortsetzen. Bis dahin wünsche ich Euch allen eine schöne Sommerzeit.

Der Peter grüsst Euch

von der FREYA

03.09.2014 Bekkjarvik/Norwegen,
Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrueder,

Etappe 3 von St. Petersburg nach Archangelsk vom 16.06.-06.07.2014

In St. Petersburg bin ich nur einen Tag alleine. Dietrich hat die FREYA und mich am 04.06.14 verlassen. Jytte wurde von einem Volonteer (freiwillige, unentgeltliche Helferin der AR 80) am Flughafen begrüßt. Sie holt Jytte ab, um mit einem russischen Taxifahrer den Fahrpreis bis zur Marina auszuhandeln. Anderenfalls hätte er einen weit überhöhten Preis verlangt. Fast zeitgleich mit Jytte kommt auch Arty mit seiner Exfrau, die ein gutes Deutsch spricht. Er will uns unbedingt etwas zeigen, was er nicht verrät. Nach ein paar Kilometern parken wir vor einem Biergarten mit dem Namen "Karl und Friedrich". Diese beiden Mönche sollten in der Nähe von St. Petersburg missionieren. Aber berühmt wurden sie durch ihre Braukunst. Ihnen zu Ehren wird dieser Biergarten nebst Windmühle und historischem Gebäude erstellt, wo noch nach dem deutschen Reinheitsgebot Bier gebraut wird. Hier werden wir von vollbusigen jungen Frauen im Dirndl und Männern in Krachledernen bedient. Die Schrammelmusik darf natürlich auch nicht fehlen. Und dann erst das Helle. So ein scheußlich schmeckendes Bier habe ich noch nie getrunken. Alles in allem hat es Arty gut gemeint. Und wir haben uns köstlich amüsiert. Danach fahren uns Arty und seine Exfrau in das Zentrum der Stadt. Dort spazieren wir zwischen den historischen Gebäuden umher. Es ist schon weit nach Mitternacht als wir in der Marina absetzt werden. Arty hätte sicher noch die ganze helle Nacht mit uns verbracht. Aber Jytte ist schon seit 0300 auf den Beinen. Und nun ist Schluss.

In den folgenden Tagen erkunden wir die Umgebung. In Russland gibt es angeblich keine Waschsalons. Hier wäscht Frau/Mann die Wäsche zuhause. So tut es Arty für uns. Da sein Trockner kaputt ist hängt in den kommenden Tagen unsere nasse Wäsche an der Reling und im Salon. Geld muss gewechselt werden. Das können wir nur in den Banken. Aber auch nicht in jeder. Wir säubern die FREYA bevor wir Lebensmittel und Getränke bunkern. Ich habe die Absicht den Propeller zu demontieren. So verholen wir die FREYA in eine in unmittelbarer Nähe liegende Werft. Sie gleicht mehr einem Schrottplatz, besitzt aber den einzigen Kran in St. Petersburg. Als wir am Steg liegen begutachtet der Kranführer das "Objekt", das er an Land stellen soll. Der Großbaum muss demontiert werden, das Achterstag, die Hydraulik und die Lazy Jacks. Dann soll ein aus Stahlträgern geschweißtes Kreuz mit Heissgurten zwischen Großmast und Besan gequetscht werden. Die FREYA wiegt leer knapp 10 t. der Kran hebt 10 t. Der Kranführer ´meint das klappt schon´. Wir bedanken uns freundlich, doch verzichten. Wir wollen nicht riskieren, dass unsere Reise schon in St. Petersburg endet. Bevor wir die FREYA wieder an ihren Liegeplatz bringen füllen wir unsere Tanks an einer sehr gepflegten Bunkerstation. Leider gehen nur 65 l Diesel hinein, zum Preis von 0,70 €/l. Hätte ich das gewusst. Ich hatte doch in Helsinki 167 l zu 1,75 €/l getankt. Nach Adam Riese und Eva Klein wäre das eine Ersparnis von 175…wenni dann hätti.

Am 09.06.14 kommen Kerstin und Oliver aus Schweden angereist. Die Besatzung der FREYA ist vollständig.

Meine Crew durch Russland
So langsam erscheinen auch die weiteren gemeldeten Yachten. Wir lernen die deutschen Besatzungen kennen.

Da sind auf der Motoryacht GOEDEKE MICHELS Kerstin und Waldemar (der sich aber Kurt rufen lässt), auf der FLOREANA Marianne, Hero-Jan und Tochter Insa, auf der PETER 1 Daniel, Organisator der AR 80 die Freundin und Geschäftsführerin Elena, sowie Serge, Skipper auf der ALTER EGO. Die Crews der zwei russischen Yachten sind hauptsächlich Chartergäste, die erst am letzten Tag an Bord gehen und während der Reise oft wechseln. Ich steige bis zum Schluss der Veranstaltung nicht durch, wer zu welcher Yacht gehört. Die LAZY LADY kommt erst am letzten Tag. An Bord dieser Yacht sprechen alle nur Russisch. Die Verständigung ist gleich Null.

Ich bin seit zwei Wochen in St. Petersburg und habe eine ruhige Zeit, in der ich den Stress des letzten Monates etwas abbauen kann. In den kommenden drei Wochen werden sehr viele Eindrücke auf uns zukommen. Ich will versuchen, erst einmal den Ablauf dieses Reiseabschnittes in Kurzform aufzuzeigen:

13.06.   Die sechs Yachten verholen nach Lenexpo. Es ist der bessere Ausgangspunkt zur nächtlichen Fahrt durch St. Petersburg.
14.06.   Tagsüber eine private Besichtigungstour durch die Stadt. Am Abend findet der Begrüßungsabend der AR 80 in einem netten maritimen Restaurant statt. Das Büfett ist ausgezeichnet. Die Skipper stellen sich und ihre Mannschaft vor.
15.06.   Kerstin und Oliver laden uns zum Mittagessen in ein georgisches Restaurant im Zentrum von St. Petersburg ein. Anschließend wird eingekauft. Am Abend kurze Skipperbesprechung und Warten auf den nächtlichen Aufbruch.
16.06.  

Die Schluesselburg
Kurz nach Mitternacht kommt der Lotse zu uns an Bord. Um 0045 legen wir ab. Eine unvergessliche Fahrt durch das erleuchtete St. Petersburg beginnt. Fast alle an der Niva gelegenen Gebäude sind angestrahlt, und ein fast voller Mond lässt die Ufer zum Teil kitschig wirken.

Um 0400 schließen sich wieder alle Brücken. Für uns die Durchfahrt beendet. Nach den folgenden 80km110 legen wir in Schlüsselburg (59°57`N-31°002`E) an.
17.06.   Am frühen Morgen besichtigen wir die Schlüsselburg. Um 1245 Leinen los. Nach 120 km im Ladoga See legen wir um Mitternacht an einem Steg auf den Konovets Islands (60°52`N-30°037`E) an.
18.06.   Um 1200 soll ausgelaufen werden. Die Führung durch das sehenswerte Kloster findet aber erst um 1000 statt. Uns werden viele Ikonen erklärt. Vier Mönche singen für uns Choräle.

Das Kloster Valaam
Dann warten wir auf Daniel. Er - lustig und alkoholisiert - erscheint mit seiner Mannschaft und die der ALTER EGO. Wir legen um 1530 ab, eine Stunde vor den anderen Yachten. So können wir endlich einmal wieder die Segel setzen. So lange bis PETER 1 uns unter Motor einholt. Auf allen Yachten wird Wasser aus dem Ladoga See gebunkert - Trinkwasserqualität. Das kann man von dem Trinkwasser in den Städten nicht behaupten (Auskunft von Daniel). Gegen 2230 laufen wir in eine fjordähnliche Bucht ein. Von weitem sehen wir die Zwiebeltürme des Klosters von Valaam (61°22`N-030°58`E) über dem Wald auftauchen.
19.06.   Daniel hatte uns versprochen um 0900 einen Guide zur Besichtigung des Klosters zu finden. Auf der PETER 1 schlafen zu dieser Zeit noch alle. Wir besorgen uns selbst eine Dame die gutes Deutsch spricht und uns das Kloster zeigt. Um 1415 sind die Leinen los. Es ist ein Meeting Point von Daniel angegeben, an dem wir uns am
20.06.   um 0600 treffen sollen. Nach 128 km, von denen wir 72 km - zum Teil unter Spi - segeln können, lassen wir eine Stunde vor dem Eintreffen der anderen Yachten den Anker fallen. Kurze Zeit später geht es in den Fluss Swir. Vor den Schleusen und Brücken müssen wir mitunter lange warten. Um 1800 erreichen wir Mandrogi (60°54`N-33°041`E). Nicht unbedingt sehenswert dieser von Kreuzfahrtschiffen angelaufenen touristische Ort, der als Freilichtmuseum angepriesen wird. Der von Daniel angekündigte Saunabesuch findet nicht statt.
21.06.   Heute ist schon um 0700 Aufbruch. Durch herrliche Flusslandschaften, an urigen Dörfern vorbei, durch karelische Wälder windet sich die Swir. Nur hin und wieder ist ihr Lauf unterbrochen von Schleusen und Brücken. Nach 151 km erreichen wir um 2100 Voznesenye (54°48`N-34°019`E). Hier feiert heute die Stadt die Ankunft des Erlösers. Er erschien den Menschen durch einen hellen Schein auf dem Wasser. Das nimmt Daniel zum Anlass die Yachten mit Leuchtgirlanden auszustatten. Um 2200formieren wir uns mit gesetzten Segeln zu zwei Kreisen. Im Uhrzeigersinn PETER 1, ALTER EGO und die FREYA, linksherum die anderen drei Yachten. An Land jubeln die Dorfbewohner und zünden ein Feuerwerk.
22.06.   Das Badehaus des Ortes öffnet um 1000. Es hat die Möblierung des beginnenden 20igsten Jahrhunderts. Die Sauna (hier Badstu genannt) ist nicht so heiss wie wir es gewohnt sind. Dafür wird permanent Wasser auf die Steine geworfen. Wir sind nun im Onega. Daniel gibt wieder einen Meeting Point aus. Wir starten um 1500 - zwei Stunden vor der Gruppe. Von den 93 km können wir wenigstens 33 km segeln. Um 0000 fällt unseren Anker in der Bay Cap Besov Nos in den Sand. Daniel teilt uns mit, dass um 0200 ein gemeinsames Barbecue am Strand stattfindet. Wir von der FREYA lehnen dankend ab.
23.06.  

Das Kloster Kishi
Am Vormittag pumpen wir unser Beiboot auf, mit dem wir zum Strand fahren. Wir besichtigen einen zerfallenen Leuchtturm und zahlreiche 5000 Jahre alte Petroglyphen auf roten Felsen. Daniel erlaubt uns, bereits drei Stunden vor den anderen Yachten loszufahren. Bei 3 Bft. kreuzen wir 60 km bevor uns Peter 1 überholt. Das bedeutet für uns: Segel bergen, Maschine an. Die FLOREANA und GOEDEKE MICHELS sind kurz nach uns aufgebrochen. Sie laufen unter Motor und sind dadurch 2 Stunden vor der PETER 1 am Treffpunkt und werfen den Anker in der Bay. Um 2200 will selbst Daniel nicht mehr weiter segeln. Der eigentliche Plan nach Kishi zu motoren wird aufgegeben,
24.06.   Nach 1 1/2 Stunden Fahrt machen wir um 0800 in Kishi (62°04`N-35°014`E) fest. Es regnet und stürmt. Ein deutschsprachiger Guide zeigt uns stundenlang das Freilichtmuseum. Zum Schluss stürzen wir zurück zur FREYA. Die Heizung läuft und niemand geht mehr freiwillig an Land.
25.06.   Um 1000 ist Skipperbesprechung. Die Weiterfahrt ist erst nach dem Nachlassen des Sturmes geplant. Wir machen einen Motorservice. Um 1545 Aufbruch nach Petrosawodsk. Starker achterlicher Wind in Böen bis 6 Bft. Ich lasse den Spi im Sack. Daniels Spi fliegt aus den Lieken. Diesel bunkern um 2100. Leinen fest im Petrosavodsk Yacht Club um 2145.
26.06.   Hafentag. Nach einem Spaziergang werden wir von Daniel auf die PETER 1 zum Bier eingeladen. Wir duschen in einer unfertigen, dreckigen und stickigen Dusche. Eben russisch. 1800 verholen wir die Yachten nach Petrosawodsk (61°47`N-034°021`E). Auf der Pier ist für uns von der Stadtverwaltung ein tolles Büfett angerichtet. Köstliche Happen der karelischen Küche. Dazu Vodka, Multebeeren- und Cranberrielikör. Es werden Reden gehalten. Ein sehr gelungener Abend.
27.06.   Hafentag in Petrosawodsk. Unsere freiwillige Helferin aus der Stadt kommt um 1000. Katharina hilft uns beim Bunkern von Lebensmitteln. Am Nachmittag bringen uns drei Kleinbusse zu einem Freund von Daniel. Er züchtet Huskies und ist selbst schon zwei mal mit Hundeschlitten am Nordpol gewesen. Nach der Besichtigung der Gehege verschwinden wir Vier von der FREYA in der Sauna. Danach findet ein einfaches Büfett statt. Um uns herum wird viel Vodka getrunken. Ich werde in einem von Huskies gezogenem Gefährt durch den Wald kutschiert.
28.06.   Um 1100 kommt Katharina. Es ist ein Feiertag - besser gesagt ein Volksfest - in Petrosawodsk. Katharina zeigt uns die wichtigen Gebäude der sehr sehenswerten Stadt. Anschließend essen wir gemeinsam in einem kaukasischen Restaurant. Die Zubereitung der Speisen dauert zwei Stunden. Um 2330 verlassen wir mit lichtergeschmückten Yachten den Liegeplatz und erreichen den Festplatz der Stadt um 0000. Wir drehen wieder Kreise mit unseren Yachten wie vor einer Woche in Voznesenye.
29.06.   Ende der Parade ist um 0100. Dann beginnt eine Fahrt über 379 km. Der Treffpunkt ist an der Einfahrt zum Eismeerkanal. Daniel versucht uns zu überreden, alleine mit der PERTER 1 zu einer Insel zu fahren, die er noch nie besucht hat. Dort sollen es herrliche Petroglyphen geben. Wir ziehen es vor, ohne Stress zu fahren. Während der Fahrt füllen wir unsere Tanks mit dem Wasser des Onega Sees. Nach unseren Berechnungen muss Daniel zwei Stunden nach uns am Meeting Point eintreffen. Wir werfen den Anker und warten etwa entfernt vom Treffpunkt. Daniel ist jedoch nicht zu den Petroglyphen gefahren und trifft kurz nach uns ein. Unser unerlaubtes Ankern hat eine von Daniel gehaltenen Standpauke zur Folge. Wie er immer so sagt: die FREYA ist "speziell". Wir fassen das als Kompliment auf. Die ersten Schleusen, einer Treppe von sieben, befahren wir um 1830.
30.06.   Nach der 16. Schleuse (in Russland werden Doppelschleusen als eine Schleuse gezählt. Ich zähle jede Schleuse für sich) erreichen wir einen See. Hier machen wir eine fünfstündige Schlafpause. Sämtliche Schleusen befahren wir längsseits der PETER 1 im Päckchen. Auch die anderen Yachten lassen sich im Zweierpäckchen schleusen. Das ist natürlich für uns eine große Erleichterung. In den Schleusentreppen bleiben wir zusammen, wie auch in den kurzen Distanzen zwischen den Schleusen. Meine Maschine läuft immer mit den gleichen Umdrehungen, so als würde ich alleine fahren. In den Schleusen helfe ich mit meinem Bugstrahlruder beim Manövrieren.
01.07.   Um 0230 finden wir nach der Schleuse 25 eine Stelle an der wir anlegen können. Weiterfahrt um 1100. Um 1700 legen wir in Wodnikow, einem Vorort von Belomorsk (64°32`N-034°46`E), an. Hier erhält Daniel von den Behörden die Genehmigung zur Weiterfahrt ins Weiße Meer. Am Abend werden wir mal wieder zum gemeinsamen Grillen um 0200 eingeladen. Wir ziehen unsere Koje vor.
02.07.  

Ankerplartz Nemetzki Islands
Um 0900 nehmen wir den klapprigen Kleinbus nach Belomorsk. Die 30.000 Einwohner zählende Stadt sieht erbärmlich aus. Wir fahren nach kurzem Spaziergang wieder zurück. 1600 verlassen wir die Schleuse Nr. 31 und sind endlich wieder im Salzwasser. Bei 6 bis 7 Bft. rasen wir zur Nemetzki Insel (64°56`N-025°10`E), eine der Kuzova Inseln.

Als wir vor Anker liegen kommt um Mitternacht Daniel mit dem Beiboot und will uns im strömendem Regen zu den Sehenswürdigkeiten der Insel bringen. Wir vertagen das gut gemeinte Angebot auf morgen früh.
03.07.   Es regnet noch immer. Um 1000 Beginn die Wanderung. Ein Crewmitglied der PETER 1 bringt uns zu zwei eigentümlich geformten Felsen, die auf dem rötlichen Gestein der Insel stehen, dann weiter zu eine kreisrunden großen Granitkugel, ca. 1 Meter im Durchmesser, die in einer Felsspalte liegt, die so eng ist, dass die Kugel nicht von oben hereingerollt sein kann. 1200 Anker auf. Daniel will uns auf der Nachbarinsel weiteres Interessantes zeigen. Er findet jedoch nach längerem Suchen keinen geeigneten Ankerplatz. Weiterfahrt zu den Solovetski Islands (65°02`N-035°42`E). Wir genießen von unserem Liegeplatz den imposanten Anblick der Zwiebel- und Wehrtürme des Klosters genießen. Um 2100 gemeinsamer Saunabesuch der FLOREANA-und FREYA Crew. Nach uns gehen die Mannschaften der russischen Yachten in die Sauna.
04.07.   Individueller Rundgang durch das Dorf und um das Kloster. Eine dreistündige Führung durch die Klosteranlage beginnt um 1400. Die Frau spricht ein unverständliches Deutsch. Ich bin zufrieden mit den Informationen, die sie uns gibt - die Besatzungen von FLOREANA und FREYA dagegen nicht. Oder waren es Ihre schönen braunen Augen? Um 2000 legen die Yachten ab. Treffpunkt vor der Mündung der Dvina.
05.07.   Auf See
06.07.  

FLOREANA wartet auf die Schleusenoeffnung
Um 0030 fällt unser Anker auf der Reede vor der Mündung der Dvina. Von den 189sm konnten wir 142sm segeln. Bis 0300 treffen die übrigen drei Yachten ein. Die FLOREANA fährt von den Solovetzki Islands zurück nach St. Petersburg. Um 0600 Leinen fest in Archangelsk (64°31`N-040°33`E) an einem Restaurantschiff.


Kloster und Festung auf den
Solovetzki Islands

Heute Abend soll hier die Verabschiedung der Teilnehmer der AR 80 stattfinden. Ab 2000 kommt der Diesel in 200l Fässern. Mit einer kleinen Batteriepumpe wird der Treibstoff in die Tanks befördert. Gegen 0000 ist die Aktion beendet. Es treffen sich noch einige Crewmitglieder zu einem kurzen Umtrunk. Das ist das offizielle Ende der AR 80.
Schon am nächsten Tag verabschiedet sich Daniel mit der ALTER EGO in Richtung Bodö. Er will von dort aus zwei Chartertörns in den Lofoten fahren. Seinen Plan "Spitzbergen" hat er wohl aufgegeben. In den vergangenen Jahren folgte nach Archangelsk eine Reise zu dem Franz-Joseph-Land (daher AR 80 Degress North). Dieses Jahr hat er keine Genehmigung erhalten. Die PETER 1 wird von Skipper Serge zurück nach St. Petersburg gefahren. Kerstin und Kurt motoren in Etappen über die Barentssee zum Nord Kap, die norwegische Westküste nach Süden und weiter nach Stralsund.

In den Tagen bis zur Abreise meiner Crew am 09.07.14 erkunden wir Archangelsk mit Hilfe von Dascha, der freiwilligen Helferin. Ich hatte eine sehr schöne Zeit mit einer tollen Crew, mit der ich jeder Zeit gerne wieder segeln würde.
Anmerkung zu der Reise:

Seit langer Zeit versuche ich Seereisen durchzuführen die nicht auf "ausgetretenen Pfaden" stattfinden. Ich verstehe darunter in Gebieten zu segeln, die entweder zu der Jahreszeit nicht übervölkert sind oder von den Seglern nicht bereist werden. So kam ich zu der Planung, dass ich im Mai durch die Nord- und Ostsee, vom Juni bis Mitte Juli in Russland, bis Mitte August in Nordnorwegen segeln, und Ende September in Deutschland ankommen werde. Für die Fahrt durch Russland habe ich nur zwei Möglichkeiten: entweder ich nehme einen Lotsen an Bord, den ich drei Wochen lang beköstigen und eventuell ertragen muss, oder ich schließe mich der AR 80 an. Der Preis, den ich für den Lotsen oder den Veranstalter der AR 80 zu bezahlen habe, ist der gleiche. Meine Entscheidung fällt auf die AR 80. Ich habe in den sechs Wochen Aufenthalt in Russland nur eine individuell reisende Yacht getroffen. Der Lotse auf der Charteryacht ALDARION des schottischen Skippers John machte einen sehr sympathischen Eindruck. In den Yachtforen wird aber auch von Trinkern und weniger angenehmen Lotsen berichtet. Was habe ich nun bei der von mir bevorzugten Variante vorgefunden? Auf jeden Fall empfinde ich ein gewisse Individualität. Diese wird jedoch bei dem Veranstalter der Reise, dem Russen Daniel, zum Teil nicht toleriert. Es sind in diesem Jahr mehr Russen als Deutsche Segler auf den Yachten. Daniel ist ein junger Mann und "macht sein Ding". Das vorliegende Programm der Reise wird oft nicht eingehalten. Die Termine werden ohne eindeutige Gründe verschoben. Da bei der Vielzahl der jungen Russen die Nacht zum Tag gemacht wird, ergibt das oft keine Übereinstimmung mit den Lebensgewohnheiten der bei weitem älteren deutschen Seglern. Das bedeutet für uns lange Wartezeiten bis die russischen Crews ausgeschlafen haben. Außerdem nehmen wir nicht an den vom Veranstalter angekündigten Besichtigungen oder gemeinschaftlichen Unternehmungen zu nächtlicher Stunde teil. Das wiederum erzeugt Unzufriedenheit. Eine daraus resultierende Gruppendynamik ist unausweichlich. Nach der ersten Woche ist der anfängliche Zusammenhalt der drei Deutschen Besatzungen aufgehoben. Die Kommunikation wird auf ein Minimum beschränkt. Informationen, die Daniel nur einzelnen Seglern gibt, unterscheiden sich. Am Ende kommt dann doch alles anders als gedacht..

Sollte mich ein Segler danach fragen, worauf er sich einzustellen hat, wenn er an dieser AR 80 teilnimmt, dann würde ich ihm folgendes raten:
  • mache diese Reise mit einer Mannschaft von vier Seglern an Bord. Es ist sonst sehr anstrengend, da viel nachts gefahren wird.
  • Es muss mit Daniel im voraus geklärt werden, dass soviel Zeit wie möglich zum Segeln auf den Seen eingeplant wird.
  • Darauf drängen, dass das Programm eingehalten wird. Wenn es das Wetter erlaubt.
  • Im Voraus auf die Möglichkeit hinweisen, dass man anstelle von teuren Liegeplatzgebühren auch ankern möchte.
  • Die Yacht sollte Diesel für mindestens 1.000 km an Bord haben. In St. Petersburg, Petrosawodsk gibt es sauberen Diesel an Bunkerstationen. In Archangelsk muss man sich den Treibstoff an einer Tankstelle besorgen.
  • Die Yacht sollte in einem Zustand sein, dass sie über 4.000 sm problemlos übersteht.
  • Die Yacht sollte mindestens eine Marschfahrt von 7 kn erreichen. Wenn nicht, ist der Ärger unter den Skippern vorprogrammiert.
  • Daniel behauptet, dass jedes teilnehmende Schiff Seekarten an Bord haben muss. Meine elektronischen Seekarten werden nicht akzeptiert. Wenn möglich russische Seekarten neuesten Datums mitbringen. Oder bei mir alte zum halben Preis erwerben. Ich habe für die drei Atlanten ca. 280 € bezahlt, die Motoryacht Goedeke Michels viel mehr und die FLOREANA viel weniger. Ich wollte Daniel die Karten zum halben Preis zurückgeben. Er lehnte es ab. Seine Begründung, die Karten seien zu alt.
  • Die Russen trinken nur Ihr Leitungswasser wenn es vorher abgekocht wird. Entweder man hat große Tanks an Bord und benutzt sein Wasser nicht zum Duschen. Wir fügen der Wassermenge entsprechend Aqua Pur hinzu. Es gibt auch in jedem kleinen Laden Mineralwasser zu kaufen.
  • Die Körperpflege kommt sehr kurz wenn man keine Duschmöglichkeiten an Bord hat. Bis auf von uns nahezu erzwungene Saunabesuche und das Duschen mit der Deckwaschanlage oder dem Eimer gibt es kaum eine andere Möglichkeit. Waschlappen nicht vergessen.
  • Auf der gesamten Strecke findet man nur vier Städte mit guten Supermärkten. Tagesbedarf gibt es in den kleinen Orten bei "Tante Emma".
  • An Bord sollten viele warme Kleidungsstücke sein. Wir haben fast die gesamte Reise über gefroren.
Es gäbe noch vieles mehr anzumerken. " Aber, so weit so gut", wie der Bundestrainer zu sagen pflegt.
Fazit dieser Reise:

Ich kann die Fahrt mit der AR 80 jedem empfehlen, der mit den vorgenannten Gegebenheiten keine Probleme hat. Keiner von uns auf der FREYA hat es bereut, dieses Unternehmen mitgemacht zu haben. Die herrliche Landschaft Kareliens trägt ihren Teil dazu bei. Die Geschichte Russlands, Finnlands und Schwedens erfahren wir aus der Geschichte der Burgen und Klöster, die wir auf dieser Reise besuchen. Ich war zur Zeit der Perestroika zwei Monate in Sibirien. Es hat sich seit dieser Zeit in den ländlichen Regionen nicht viel verändert. Wenn man eine Veränderung spürt, dann nur in den großen Städten. Hier sind jetzt die Reichen die neuen Machthaber. Die freundliche Bevölkerung der Arbeiter und Bauern hat noch nicht die Unterwürfigkeit zu den Obrigkeiten abgelegt. Sie leben noch in den selben für uns ruinenartigen Häusern wie vor 60 Jahren. Es wird noch sehr lange dauern, bis man eine wirklich demokratische Veränderung im Volk verspürt. Das alles zu sehen und zu erleben ist auch ein Teil dessen, was den Reiz dieser Reise ausmacht…….. und dann noch in einem Fortbewegungsmittel, das uns viel bedeutet.

In diesem Sinne, freundliche Grüsse von

Peter und Jytte!

14.08.2014 Norwegen,
Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrueder,

Vor fast einem Jahr lerne ich Dietrich kennen. Für den Reiseabschnitt von Warnemünde nach St. Petersburg findet sich bis einen Monat vor der Abreise noch kein Mitsegler. Bei einer Tasse Kaffee frage ich Dietrich, ob er nicht Lust hätte, mit mir nach St. Petersburg zu segeln. Spontan sagt er zu. Als Eigner einer Yacht weiss er, was bei so einem Überführungstörn auf ihn zukommt. Nun fehlt mir noch immer der dritte Mann. Ich telefoniere mit Daniel. Er ist der Veranstalter der AR 80 - "Adventure Race 80 Degrees North"-. Er findet einen, wie er sagt, "erfahrenen Segler" aus St. Petersburg. Es stellt sich bald heraus, dass Artyom - wir taufen ihn sofort in Arty um - ein lern- und kritikfähiger junger, unerfahrener Segler ist. Er ist lustig, hat fast immer gute Laune und erfreut uns mit Gesängen und Stepptanzvorführungen, wobei ich Angst um meine sich biegenden Bodenbretter habe. Eine gute Zusammenstellung der Crew. Aber zwei Skipper an Bord führt hin und wieder zu Meinungsverschiedenheiten. Es entstehen keine Belastungen der Stimmung an Bord, da sie umgehend aufgelöst werden. Soviel zu der Besatzung der "FREYA".
Etappe 2 von Warnemünde nach St. Petersburg

Es ist Freitag, der 16.05.2014. Meine Schwester winkt vom Steg im Alten Strom. Ich blase noch einen langen Ton auf der Conch (grosse Schnecke aus den Bahamas) und langsam verschwindet Warnemünde aus unserem Blick. Auf Grund der Wettervorhersage - mässiger Wind aus nördlichen Richtungen - haben wir uns vorgenommen, möglichst viele Meilen in östliche Richtung gutzumachen.


FREYA verlässt Warnemünde


Meine Crew nach St. Petersburg

Die übliche Einweisung der Crew wird von mir vorgenommen. Flauten und leichter Wind wechseln sich ab. Kurz nach Mitternacht liegt Kap Arkona an Stb. querab. Um 1000, als wir die Südspitze von Bornholm querab an Bb lassen, legt der Wind so zu, dass wir das Grosssegel streichen und nur mit Genua und Besan segeln. Es ist Mitternacht als es zu schweren Gewittern über uns kommt. Dietrich hat Wache. Ich schlafe meine obligaten zwei Stunden und bekomme von alldem nichts mit. Nach dem Gewitter liegen wir wieder in der Flaute. Ein Anlass, Pause zu machen. Wladyslawowo/Grossendorf (54°42'N / 018°25'E) wird angelaufen. Im Morgengrauen, nach 247 sm legen wir uns zwischen zwei Fingern, Heck am Steg. Als erstes kommt der Hafenmeister und fordert uns auf, den nächsten etwas breiteren Liegeplatz zu belegen. Für uns unverständlich. Kaum ist er ausser Sichtweite, kommen zwei Soldaten zum Steg. Sie geben uns lauthals zu verstehen, dass wir unverzüglich den Hafen verlassen müssen. Nach langer, auf beiden Seiten unverständlicher Diskussion kommen wir zu folgendem Schluss: sie denken wir haben die Nacht in der Marina gelegen. Von 1000 bis 1600 ist eine militärische Übung in und um den Hafen geplant. Sie wollen uns nur davon in Kenntnis setzen, dass, wenn wir nicht sofort den Hafen verlassen, dies erst fünf Stunden später möglich ist. Die Soldaten und wir haben glücklicherweise Hände und Füsse um uns verständlich zu machen.

Es ist Sonntag. Ich mache einen längeren Spaziergang im Regen durch Wladyslawowo. Kein Mensch ist auf den Strassen. Hässliche Bauten aus den Jahren kurz nach dem Krieg. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Während ich mich für zwei Stunden schlafen lege macht Arty seine Runde. Er kommt mit 100 Sloty zurück. Wir können duschen und es reicht sogar noch für zwei Biere in der nahen Taverna.

Als wir am nächsten Morgen auslaufen kommt eine schreiende Frau auf den Steg gerannt. Sie spricht einige Brocken englisch. Wir müssen für denn zweiten Tag bezahlen. Hier ist der seltene Fall eigetreten, nicht für die Nacht, sondern für den Tag zu berappen. Wir verholen rückwärts an den Finger und reichen ihr 15 €. Ihr Kollege hat gestern 71 Sloty haben wollen. Als wir ihm sagen, dass wir nur Euros besitzen hat er 14 € verlangt. Und nun steht die Frau auf dem Steg und schreit uns immer "71 Sloty, 71 Sloty" nach. Wir winken nur ab und verlassen Wladyslawowo. Wir hätten doch besser nach Danzig fahren sollen. Aber das hätte einen Umweg und einen Hafentag bedeutet. Es liegt noch eine lange Strecke vor uns. Unser nächstes Ziel wird festgelegt. Klaipeda/Litauen (55°42'N / 021°07'E) soll es sein. Hier wollen wir wieder in den frühen Morgenstunden eintreffen. Der Wind spielt mit. Von den 108 sm müssen wir nur 6 sm im Fluss "Die Dange" unter Motor zurücklegen. Erst fahren wir zu der Marina, in der ich im Jahr 2000 gelegen habe. Sie ist geschlossen. Über Kanal 16 fordert uns der Hafenmeister auf, eine Marina anzulaufen, an der wir bereits vorbeigefahren sind. In einem kleinen Seitenkanal motoren wir zu einer alten Drehbrücke, die uns zwei starke Männer öffnen, indem sie ein Spill in der Mitte der Brücke drehen. Nach weiteren 200 Metern fädeln wir uns rückwärts in einen engen Liegeplatz ein. Hier warten schon zwei Damen auf uns, die die Einklarierung vornehmen. Nach einem kurzen Schlaf gehe ich mit Dietrich zum Theaterplatz. Wir nehmen ein Frühstück im Freien ein und werden von dem "Ännchen von Tharau" gequält. Den warmen Abend geniessen Dietrich und ich im Freien bei einem guten Essen in einem netten Restaurant. Lange sitzen wir noch im Cockpit. Eine Nacht in der wir einmal nicht frieren!


Heute ist der Genaker dran



Für die 114 sm nach Ventspils/Lettland (57°24'N / 021°32'E) benötigen wir 22 h. Wind von 0 bis 12 kn. Und das auch noch bei der geschenkten Stunde. Wir haben die Zeitumstellung gestern verschlafen. Auf der Strecke begegnen wir einem Nato-Konvoy in sechs Gruppen, je vier Kriegsschiffe. Das AIS-Gerät zeigt uns einen Abstand zu ihnen von maximal 300 m. Nach den vielen Flaggen zu urteilen waren fast alle Nato-Staaten an dem Manöver beteiligt. Säbelrasseln zu den Vorkommnissen in der Ukraine.


Die NATO lässt grüßen...



Ich habe in der Nacht drei Stunden geschlafen, was für mich lange ist. Erinnern kann ich mich nur daran, dass ich schon einmal in Ventspils war. Doch dass es ein so hässlicher Hafen ist, daran erinnere ich mich nicht. Wir sind die einzige Yacht in der Marina. Teuer ist sie, hat keine Duschen und liegt in einem wüsten Industriegebiet. Nach einer guten halben Stunde Fussweg sind wir in der Stadt. Sie hat einige nette Bauten und Plätze. Wir essen gut in einem passablen Restaurant, blicken auf die Vesta und auf die zerfallenen Industriebauten am anderen Ufer. Wir haben nicht vor, lange in Ventspils zu bleiben.


FREYA alleine in Ventspils



Fast fluchtartig verlassen wir schon um 0735 Ventspils. Gefrühstückt wird draussen. Das heisst bei uns: während der Fahrt. Eigentlich war unser Plan, die Kuressaare Inseln an Bb. zu lassen und eventuell Tallin anzulaufen. Aber der gute Wind dreht nach 34 sm auf Ost. Kurzentschlossen ändere ich den Kurs. Wir segeln an der Westseite von Kuressaare nach Norden. Am Abend frischt der Wind auf. Er erreicht bis zu 6 Bft. Das bedeutet wieder: Gross weg, und weiter geht es mit Genua und Besan bei unverminderter Geschwindigkeit. Bei diesen optimalen Bedingungen ist Tallin aus unseren Köpfen. Helsinki (60°11'N / 024°53'E) liegt voraus! Der Wind steht nicht ganz bis zu unserem Ziel durch.


So schoen kann Flaute sein



Ganz unerwartet verabschiedet er sich 45 sm vor Helsinki, um sich dann nach 20 sm unter Motor zurückzumelden. Mein Freund Pekka hat uns in seinem Yachtclub einen Liegeplatz reserviert. Das Anlegemanöver klappt leider nicht sehr gut, bedingt durch den nicht richtig funktionierenden Rückwärtsgang. Dadurch, dass die Mole mit einem Holz geschützt ist und mein Anker sich "sanft" an ihn schmiegt, entsteht kein Schaden an der FREYA. Aber trotzdem sind diese Vorkommnisse immer ärgerlich. Von den in 38 Stunden gesegelten 224 Seemeilen müssen wir nur 20 sm motoren. Müde aber zufrieden fallen wir in die Kojen.

Nach einem Duschgang und dem Frühstück versuchen wir, das Problem an der Gasanlage zu lösen. Das neue magnetische Ventil will nicht ganz öffnen. Obwohl die Gasflasche gefüllt ist kommt nicht genügend Gas zum Brenner. Als gegen Mittag meine Jugendfreundin Hedi auf der Bildfläche erscheint, vertage ich das Problem. Wir haben uns das letzte Mal vor 15 Jahren gesehen. Erinnerungen an die Zeiten vor 50 Jahren werden wach. Sie fährt mich zu dem wunderschönen an einer Bucht der Ostsee gelegenen Haus. Hier ist sie aufgewachsen. Danach zu dem in der Nähe gelegenen Haus meiner Tante und meines Onkels, das unbewohnt langsam zerfällt. Das Schild eines Bauunternehmens hängt am Gartentor. Wo ist die Kauppa an der Hauptstrasse? Ich sehe nur noch schicke Häuser. Nokkala und Tapiola waren früher Vororte von Helsinki. Auch der angrenzende Vorort Espoo ist zu einer Schlafstadt mutiert. Im Gegensatz zu damals hat sich für mich Helsinki explosionsartig vergrössert. Es macht mich melancholisch. Wir sitzen noch eine Zeit in einem Restaurant mit Blick auf die Seen und die Wälder Finnlands. Nur das Lapinkulta 4,6% schmeckt so wie vor 50 Jahren. Ein besinnlicher Tag nach der kräftezehrenden Zeit der letzten Wochen.

Am nächsten Tag holt uns Hedi von der Fähre ab. Der Yachtclub liegt auf einer Insel. Dietrich und ich wollen am Vormittag auf Shopping-Tour. Als erstes beeindruckt uns Architekten die Tiefgarage in der wir parken. Sie ist grösser als ein Fussballfeld und ohne jegliche Stützen - Helsinki ist auf Granit gebaut. Bei dem bekannten Kaufhaus "Stockmann" kaufe ich Kleidungsstücke für meine drei Enkelkinder, sowie Badetücher und Hüte für die Sauna. Dann laufen wir durch die Stadt auf der Suche nach unserem Lieblings-Sauna-Aufguss "Terva". Dabei erklärt uns Hedi die Gebäude, an denen wir vorbeigehen. Am Nachmittag rufen uns Kerstin und Kurt von der Motoryacht "Goedeke Michels" an. Wir kennen sie nur über das Internet. Sie wollen auch an dem "AR 80 Degrees North" teilnehmen. Wir verabreden uns zum Abendessen. Schnell sind noch 5 Liter Motoröl gekauft - ein Motorservice steht an. Dann zurück zu unserer FREYA. Die eingekauften Sachen werden in die Ecke geworfen, im Stechschritt geht es durch die Stadt zur verabredeten Ravintola. Wir plaudern bis spät in die Nacht. Hedi hat ihr Auto zuhause gelassen. So müssen wir noch einmal die 45 Minuten Fussweg bewältigen. Ein erlebnisreicher Tag geht zu Ende.

Der Wetterbericht klingt nicht sehr einladend für einen möglichst angenehmen Törn von Helsinki nach Hamina. Ich mache Dietrich und Arty darauf aufmerksam, dass ich bei den angekündigten Voraussagen für die kommenden zwei Tage, 20-30kn aus E bis SE, nicht auslaufen will. Wir haben reichlich Zeit und können uns noch zwei Hafentage leisten. Dass wir die gesamte Strecke aufkreuzen müssen kann meine Mitsegler nicht beeindrucken. In der Marina weht der Wind schon mit 4 Bft. Und ganz Helsinki liegt in Luv. Ich kenne meine FREYA und weiss was ich ihr zutrauen kann. Ich erkläre mich jedoch bereit, meinen beiden Segelfreunden das "Vergnügen" nicht vorzuenthalten.


Dietrich bei normalem Wetter in normaler Bekleidung



Kaum sind wir aus der Marina pfeifen uns über 20kn Wind ins Gesicht. Die ersten Wellen rauschen über das Vorschiff. Dietrich macht keine Navigation und Arty ist zu unerfahren, als dass ich ruhig schlafen könnte. Ich mache es mir unter Deck am Kartentisch bequem. Was aber nicht so einfach ist bei 9°C Innentemperatur. Draussen sind es 6°C. Auf jeden Fall ist es saukalt. Ich friere erbärmlich und mache kein Auge zu. Heute Nacht ist Lifeleinen-Zwang für alle an Bord. Nicht nur für den Wachgänger wie sonst. Bei der Ansteuerung von Hamina (60°34'N / 027°11'E) müssen wir in kurzen Schlägen aufkreuzen. Dazu bin ich an Deck und helfe mit. Wir haben für längere Zeit über 30 kn Wind. Die letzten 6 sm wird das Fahrwasser so eng, dass wir den Motor starten. Die Wellenhöhen nehmen ab. Nach 21 Stunden hoch am Wind im Dreckwetter und 120 sm klappt das Anlegemanöver längsseits an die Mole erst beim dritten Versuch. Mit dem schlecht funktionierenden Propeller kann ich das Schiff kaum aufstoppen. Der ablandige starke Wind schiebt uns schnell von der Mole weg. Meine Mitsegler sehen sehr müde aus. Beim Abendessen wird wenig gesprochen. Ich erinnere mich nur noch an meine Worte: „Jungs, das habt ihr gut gemacht. Aber wir hätten doch wohl besser in Helsinki bleiben sollen". Antwort: „Na, du hast es doch so gewollt". Kurz danach schlafe ich am Tisch ein. Ich werde nach einer Stunde geweckt, verhole mich in meine Koje und schlafe weitere 11 Stunden. Mein neuer Rekord.

Heute findet nicht viel statt. Ein kleiner Rundgang durch die sehr schöne Stadt mit ihren sehenswerten Bauten. Hedi kommt noch einmal, um uns bei den Einkäufen zu helfen. Wir schlagen in den Supermärkten kräftig zu bevor wir nach St. Petersburg segeln. Mit ihrem Auto fährt sie uns nach Kotka. Probleme bereitet es, einen Anschluss mit dem richtigen Gewinde für die Campinggasflasche zu kaufen. Dagegen geht das Füllen der norwegischen Gasflasche schnell. Nach einem gemeinsamen Abendessen verlässt uns Hedi. Wer weiss wann wir uns wiedersehen.

Wie vor 14 Jahren klarieren wir in Haapasaari (60°17'N / 027°11'E) aus. Aber etwas hat sich geändert. Wir laufen in die malerische fast kreisrunde kleine Bucht ein und legen uns an den einzigen Schwimmsteg. Bei dem schönem Wetter wollen wir die Nacht in dieser Idylle verbringen. Es ist ein längerer Weg zu den Customs auf der anderen Seite der Insel. Aber das kenne ich ja. Neu für mich ist, dass uns der Beamte erklärt, dass wir hier mit der Yacht anlegen müssen. Eine Stunde später liegen wir an dem Steg. Schnell werden wir ausklariert, legen aber nicht ab. Wir bereiten uns ein kräftiges Abendessen. Gut gesättigt segeln wir in die Nacht, die kaum noch dunkel wird. Leider kein Wind. Unter diesem Mangel hat der vergangene Monat gelitten.Wir motoren neben der Fahrrinne, die nach Kronstadt führt. Spiegelglatte See. Von NW bis NE wird der Himmel nicht mehr dunkel. In diesem Abschnitt behält er eine rötliche Färbung. Arty übernimmt den Sprechverkehr mit wer weiss welchen offiziellen Stellen. Ich bin froh, es nicht machen zu müssen. In Kronstadt (59°59'N / 029°44'E) um 0530 angekommen gehen zwei Frauen durch die FREYA und hinterlassen einige Formulare, die von uns auszufüllen sind. Wir wissen, dass der Zoll erst um 0900 zu arbeiten beginnt. Das bedeutet für uns: wir können frühstücken und schlafen. Etwas verspätet werden wir zu den Customs gerufen. Wir können die richtige Anzahl Kopien von unseren Pässen, Schiffspapieren und Crewlisten vorlegen. Die Abfertigung ist dementsprechend schnell. Nun müssen wir nur noch die 17 verbleibenden Seemeilen bis zum Segelclub Krestowski/St. Petersburg (59°57'N / 030°15'E) zurücklegen. Kurz nachdem wir angelegt haben begrüsst uns Daniel. Er ist der Veranstaltungsmanager der "Geschwaderfahrt" (offiziell Regatta genannt). Wir sind die erste Yacht, die in St. Petersburg eingetroffen ist. Es haben dieses Jahr nur sechs Yachten gemeldet: die Segelyacht des Veranstalters, die "PETER 1", die russische Charteryacht "ALTER EGO", die russische Privatyacht "LAZY LADY", die deutsche Motoryacht "Goedeke Michels", die deutsche Segelyacht "FLOREANA" und wir mit unserer "FREYA".


Abschied von Arty



Arty wird von seiner Freundin abgeholt. Dietrich will die Mannschaft der FREYA zum Abendessen einladen. Da Arty verständlicherweise die Absicht hat, den Abend lieber zu zweit zu verbringen, bleibe nur ich übrig. So sitzen Dietrich und ich in einem guten Restaurant und speisen vorzüglich. Laute Discomusik begleitet unseren Heimweg. Die wird uns in den kommenden Nächten nicht schlafen lassen. Das ist nun einmal so, in den "Weissen Nächten von St. Petersburg".

Grüsse an alle Mitglieder der Schiffergilde von

Peter und Jytte!

24.07.2014 Norwegen,
Liebe Gildeschwestern,
liebe Gildebrueder,
ich hoffe Euch allen geht es sehr gut. Hier mein erster Bericht:

Wir sind in Archangelsk angekommen. Ich kann erst jetzt schreiben, da die Reise bis hierher sehr stressig war. Der erste Abschnitt von 564 sm bringt uns in zwei Wochen von Dieppe/Normandie nach Warnemünde. Danach mit neuer Crew 903 sm in zwei Wochen nach St. Petersburg. Von dort nach erneutem Crewwechsel weiter in drei Wochen nach Archangelsk. Wir legen in den letzten zwei Monaten in der Nordsee, Ostsee und dem Weißen Meer 2.656 sm und in dem Binnengewässern Russlands 1479 km zurück.

Die ersten zwei Abschnitte waren reine Überführungstörns, in denen viele Meilen nachts zurückgelegt wurden - in einem Gebiet, das im Mai noch recht rau, stürmisch und extrem kalt ist. Das gleiche gilt auch für die Etappe von St. Petersburg nach Archangelsk, wobei auf dieser Strecke die nächtlichen Temperaturen teilweise unter 7 Grad C liegen und die Tagestemperaturen kaum 15 Grad C überschreiten. Auf diesem Abschnitt hat der Veranstalter der Geschwaderfahrt durch Russland das Besichtigungsprogramm so angelegt, dass meine Crew und ich kaum zum Luft holen kommen.
Etappe 1 von Dieppe nach Warnemünde
30.04. bis 13.05.2014



FREYA ist aus der Halle

Es dauert zehn Tage, bevor ich mit Hilfe der Werftbesitzer Jean, Cendrine und Florian die FREYA in einen segelfähigen Zustand versetzt habe. Einen Tag vor der Abreise hole ich am späten Nachmittag meine Crew vom Bahnhof in Dieppe (49°45`N/001°05`E) ab. René, Jens und ich fahren in dem von Jean ausgeliehenen Transporter zu den Supermärkten der Stadt und bunkern Lebensmittel für die kommende Woche. Der Abschied von Jean, Cendrine und Florian fällt nicht nur mir schwer. Nach einem letzten Glas Wein auf dem Steg der Marina und den letzten Umarmungen mache ich schweren Herzens die Leinen los.


Dieppe hier beginnt die Reise

Ein letzter Blick fällt hoch zu den Klippen, auf der die Kirche der Seefahrer steht. Bei einbrechender Dunkelheit verlassen wir den Hafen und motoren in Richtung Ost. Um 0200 werde ich von Renè geweckt. Es ist dichter Nebel aufgekommen. Das Radar läuft drei Stunden lang, in denen wir im Abstand von einer sm neben dem Verkehrstrennungsgebiet fahren. In den frühen Morgenstunden hebt sich der Nebel. Nach einer so kalten Nacht kann ich für kurze Zeit in die Koje krabbeln. Nach dem Frühstück folgt eine ausführliche Einweisung im Gebrauch der Rettungsmittel, dem Verhalten bei MOB und im Falle von "Abandon Ship".

Der Wetterbericht sagt für die kommenden Tage Starkwind aus NNE an. Unter diesen Bedingungen wollen wir nicht aufkreuzen, d.h. wir müssen spätestens in zwei Tagen einen geschützten Hafen aufsuchen. Blankenberge/Belgien (51°18`N/003°07`E) scheint uns ein geeigneter Ort zu sein. Fünf sm vor Blankenberge dreht der Wind auf SE. Nach 120 motorten Seemeilen können wir nun endlich auch die Segel setzen. Drei Tage müssen wir in diesem Badeort verbringen, bevor sich bessere Wetterbedingungen einstellen.


Jens und ich in Bruegge

Diese Zeit nutzen wir, einen Tagesausflug nach Brügge zu unternehmen. Für mich ist Brügge eines der schönsten mittelalterlichen Städte Europas. Obwohl die Sonne scheint, frieren wir den ganzen Tag - bedingt durch den starken und kalten NE-Wind. Jens und René sind humorvolle Zeitgenossen, so dass es immer wieder einen Grund gibt, herzhaft zu lachen. In der Zeit an Bord stellt sich heraus, dass René ein guter Koch und ein vorausschauender Segler ist. Jens verwickelt uns immer wieder in anregende Gespräche, so dass es an Bord nie langweilig wird. Es ist sein erster Törn auf einem Fahrtenschiff. Seine Segelerfahrungen hat er als Vordecksmann auf Regattayachten gesammelt. Wir können nach drei Hafentagen am 05.05. endlich unsere Reise fortsetzen. Auch wenn wir die ersten fünf Stunden motoren setzt gemäß Ankündigung des Wetterberichtes ein guter Wind aus ENE ein. Ab Mitternacht fallen wir ab, und es beginnen 125sm bei Wind zwischen 2 und 5 Bft. Es sind nur noch 50 sm bis Helgoland. Wir motoren in der Dunkelheit dicht an einem Windpark vorbei als plötzlich der Motor aufhört zu klappern. Wir sind auf dem Bb.-Tank. Ich schalte auf den Stb.-Tank um und entlüfte den Motor. Während dieser Zeit quasselt ein Angestellter ununterbrochen vom Windpark über VHF, dass wir das Gebiet weiträumig umfahren sollen. Ich erkläre ihm mehrmals die Lage in der wir sind. Als er es endlich verstanden hat, sollen wir bei Null-Wind unter Segel auf einen 5 sm entfernten Punkt zuhalten. Wir tun so als setzten wir die Segel. Im Stb.-Tank ist nicht mehr viel Diesel und so müssen wir unseren Reservekanister entleeren.

In Helgoland (54°10`N/007°53`E) angekommen stellen wir fest, dass die Zuleitung vom Tank zum Absperrhahn verstopft ist. Die Verstopfung ist schnell beseitigt. Dann tun wir das, was hier Touristen so tun. Die Öffnungszeiten für das Schwimmbad mit der Benutzung der Sauna passen einfach nicht in unseren Zeitplan. Also erst einmal ein Fisch- und ein Knieperbrötchen in der Unterstadt und ein Bier in die Oberstadt. Nach knapp einer Stunde sind wir vom Rundgang zurück. Wie immer erfreuen wir uns an der roten "Lange Anna" und natürlich an den Vogelfelsen, in denen zur Zeit Tausende von Lummen, Tölpeln und Möwen nisten. Nach diesem Marsch genießen wir - in der Sonne sitzend - einen Irish Coffee. Der und die ungewohnte Wärme lassen die Gespräche verstummen und die Köpfe nach und nach auf die Schultern sinken. Die letzte Nacht haben wir am Windpark nicht gut schlafen können. Schnell an Bord wird noch eine Stulle gegessen. Der Wunsch der Crew mehr Sonne sehen zu wollen erfülle ich, indem ich meinen Film über meine vierte Atlantiküberquerung zeige. Jens schafft fünf Minuten - René ist wohl auch nur mit Unterbrechungen wach. Am Morgen weckt uns René mit frischen Brötchen. Doch wir vertagen das Frühstück denn wir stellen fest, dass eine Dusche wichtiger ist. In einem Tee-Laden in der Oberstadt gibt es WLAN. Post erledigen und neue Blöcke für die Großschot bestellen. In der Zwischenzeit sucht Jens vergeblich am Strand nach einem mir unbekannten ungeschliffenen roten Feuerstein, den man nur auf Helgoland und auf der Düne findet. Er hat seiner neuen Liebe versprochen, ihr diesen Stein zu suchen. Dafür fährt er noch am Nachmittag zur Düne. Auch dort gibt es ihn nur in geschliffener Form. Nach diesem Einsatz meinen wir, er sollte ihr doch dann eben einen geschliffenen Feuerstein schenken. Doch er meint, sie würde es nicht glauben, dass die geschliffenen Steine auf Helgoland am Strand liegen Nun ja, wir haben es doch nur gut gemeint René und ich füllen den Getränkevorrat an Bord auf. Der Bierkonsum der letzten Tage war überdurstmässig.

Wer in Helgoland anlegt sollte leere Tanks mitbringen. Haben wir natürlich vergessen. So können wir bei Rickmers nur 185 Liter bunkern zum Preis von 1,06€/L. Leider fahre ich bei dem Anlegemanöver gegen die Gummikante des Steges. Erst nach Tagen und weiteren Anlegemanövern geht mir ein Licht auf. Der neue Propeller, den ich bei der Firma Flexofold gekauft habe, öffnet sich nicht ganz. Dadurch wird das Aufstoppen verlangsamt. Die Firma meint, dass meine Kupplung beim Rückwärtsfahren rutscht. Mechaniker werden mir in einigen Tagen bestätigen, dass das unsinnig ist und der Motor, die Kupplung und das Getriebe einwandfrei funktionieren. Das wird ja dann wohl ein Thema für den Winter. Anschließend legen wir beim "Wassermann" an. So wie er spricht ist er unüberhörbar ein Berliner aus Köpenick.

Nach der Gezeitenberechnung legen wir um 2300 ab. Der Wetterbericht hat Wind aus SSW angesagt. Er steht aber nur für eine Stunde. Als meine Wache beendet ist fahren wir neben dem Fahrwasser der Elbe. Der rege Schiffsverkehr lässt mich nicht an Schlaf denken. Mit dem auflaufenden Wasser und Wasser von oben laufen wir in den Vorhafen von Brunsbüttel bei grünem Licht ein.


Rene im NO-Kanal

Die 185 Schleusen im letzten Jahr haben mich farbenblind gemacht. Ich übersehe, dass das weiße Licht nicht blinkt. Prompt werde ich harsch aus dem Vorhafen verwiesen. Kaum habe ich die Runde gedreht kann ich in die offene Schleuse einlaufen. Was sein muss, muss sein. Eigentlich wollte ich in Rendsburg über Nacht bleiben. Aber Jens will unbedingt nach Berlin fahren. Er wird im Job gebraucht. Nach Verlassen der Schleuse in Holtenau zieht ein Unwetter auf. Der Regen peitscht uns entgegen. Erst wollen wir Laboe anlaufen, doch Böen über 6 Bft. halten mich davon ab, in diesem Hafen Anlegemanöver zu fahren. Jens erinnert mich, dass Schilksee (54°25`N/01°10`E) einen langen Steg im Hafen für größere Yachten hat. Als wir dort eintreffen lässt der Wind nach; an dem über 100m langen Steg liegen nur drei Yachten. Kaum haben wir die FREYA angelegt springt Jens mit gepackter Tasche von Bord. Das ist der Fluch der Selbständigen. René und ich gehen unter die Dusche. Wir sind wie immer durchgefroren. Einen anderen Zustand als FRIEREN kennen wir seit Dieppe nicht - Ausnahme unter der Dusche oder in der Koje. Dazwischen liegt heute noch für uns ein Spargelessen im Restaurant "Elmöwenschiet" und mehrere "Warmmacher".


Da lacht das Herz

Dass ich mir noch die Zähne geputzt habe - daran kann ich mich noch erinnern. Aber wie ich in die Koje gefallen bin, daran nicht. Eine Stunde Schlaf in der vergangenen Nacht sind einfach zu wenig in meinem Alter. Das kann ich Dir sagen mein Alter....

Der Charme von Schilksee lässt uns früh am Morgen die Marina verlassen. Eine schnelle Reise bis Eckernförde (54°28`N/009°50`E). Wind aus WSW mit bis zu 6 Bft. lassen uns jubeln. Ich bin morgen mit einer Schulfreundin verabredet und René will einen Freund besuchen. Doch wie sich herausstellt ist dieser seit ein paar Tagen in Berlin. Am Abend wagen wir einen kurzen Spaziergang im heftigen Regen zum "Räucherschiff" und essen Fischbrötchen.

Als wir das Steckschott der FREYA öffnen empfängt uns die Wärme unseres kleinen elektrischen Heizlüfters. Ein schönes Gefühl, denn für morgen sind Starkwindwarnungen ausgegeben. Es werden außerdem die stärksten Regenfälle der letzten Jahre erwartet. Um 0800 erscheint Heidrun mit frischen Brötchen an Bord. Wir frühstücken lange. In dieser Zeit wird viel aus der Vergangenheit geplaudert. Ganz nebenbei kann ich sie dazu überreden, unsere gesamte Wäsche zu waschen. Wir fahren gemeinsam zu ihrem Haus, wo wir Kaffee trinken. Dort lernen wir ihren Mann Jürgen kennen, der uns willkommen heißt. Ein sympathischer sportlicher Mann in meinem Alter, der wie René und ich gerne Formel 1 sieht. Am Abend lade ich alle zum Abendessen ins "Restaurant Treibgut" ein. Nach der harten Segelei der letzten Woche ein sehr gemütlicher Tag.

Am 12.07.14 klingelt der Wecker um 0645 in Eckernförde. Es regnet aus Kannen. Wir müssen weiter. Mit einer Tasse Kaffee und einer Tasse Tee in der Halterung an der Steuersäule und eine Stulle in der Hand legen wir ab. Nach einer Stunde hören wir eine Starkwindwarnung für unser Gebiet.


Ich muss ja auch einmal schlafen

Wir freuen uns, dass der Wind aus westlicher Richtung weht. Und ab geht die Lucy. Leider kommt der Wind nur in Böen über 5Bft. Jedenfalls genug für die Strecke nach Burgstaaken, (54°25`N/011°11`E) - unser heutiges Ziel, das wir nur unter Segeln erreichen. Der Grund zum alten Hafen von Burgstaaken zu fahren sind die Schollen und das Bier im Restaurant, 50m vom Liegeplatz entfernt. Anfang der 80iger war das oft der Anlass hierher zu fahren. René und ich genießen die Maischollen, trinken Bier und Küstennebel. So hatten wir uns den Abend vorgestellt. Am nächsten Morgen will René unbedingt noch vor dem Auslaufen das U-Boot- Museum besichtigen. Ich bin nicht begeistert davon, doch begleite ihn. Man nehme ein ausgedientes U-Boot der Bundesmarine und bereite es für eine Touristenattraktion vor. Es steht auf einem Betonsockel und sieht mehr wie eine überdimensionierte dicke Gurke aus. Es ist nämlich so ummantelt, dass es Schießübungen schadlos überstanden hat. Meiner Meinung nach werden sich die Hoffnungen der Stadtväter von Fehmarn nicht erfüllen. Bei bedecktem Himmel aber gutem Wind müssen wir die letzten 38 sm bewältigen. Wir stellen nach Stunden fest, dass in der Marina von Warnemünde (54°11`N/012°05`E) neben dem Alten Strom kein Platz mehr frei ist, obwohl der Hafenmeister uns vor einem Tag bestätigt hat, dass wir einen freien Liegeplatz vorfinden werden. So machen wir die FREYA im Alten Strom fest und gehen zum Abendessen auf die andere Seite des Flusses. Wir klönen lange über den nun beendeten Törn und trinken dabei doch fast ein Glas zu viel.

Am 14.05.14 hat René früh seine Tasche gepackt und steht zur Abreise bereit. Ich verabschiede mich von einem angenehmen Berliner Jungen. Er ist ein Segelkamerad, den man nicht so schnell findet. Ich hoffe, dass ich ihn bald einmal wieder an Bord der FREYA begrüßen kann. Rene` geht, meine Schwester Inge kommt. Sie will bis zum Crewwechsel für drei Tage an Bord bleiben. Wir essen am Abend sehr gut in der "Seekiste" und den Absacket natürlich im "Cuba". Schon früh am nächsten Morgen treffen Dietrich und seine Frau Christiane ein. Christiane hat ihren Mann nach Warnemünde gefahren und verabschiedet sich, nachdem sie die FREYA für gut befunden hat. Auch den zweiten Teil der Reise will ich zu dritt an Bord sein. Der dritte Segler ist der junge Russe Artyom, von uns nur kurz Arty genannt. Den Tag über mache ich einige Reparaturen an der FREYA. Doch abends sind wir gemeinsam auf der Piste. Ein netter lustiger Abend an mehreren Orten in Warnemünde. Bis nach Warnemünde haben René, Jens und ich 564 sm zurückgelegt. Durch die Wetterbedingten Hafentage war die Reise anstrengend. Nun stehen uns in den kommenden zwei Wochen ca. 900sm bevor.

Wie wird das wohl mit der neuen Crew sein? Das erzähle ich Euch in meinem kommenden Bericht.

Einen schönen Segelsommer wünscht Euch

der Peter