Do. 19.08.10 nach Rostock SSVR 81 sm
Um 6 Uhr fahren wir aus dem Hafen. Es wird der härteste Tag der ganzen Reise. Übermorgen
ist die Einschulung unseres Enkelsohns und die Wetteraussichten für morgen sind nicht besser.
Zunächst haben wir Westwind um 10kn. Für 10 Minuten nehme ich die Genua, dann kommt ein
kurzes Regenschauer und der Wind geht auf über 20 kn hoch. Bei halbem Wind segle ich mit
Fock 1 ohne Reff im Groß. Nach nur 3 Stunden sind wir an Moens Klint vorbei. Jetzt kommt
der Wind mehr aus Südwest und erreicht bis zu 30 kn. Mit 2 Reffs ist die Fock 1 eigentlich
immer noch zu viel. Im Wetterbericht hieß es: später abnehmend. Wir kommen bis an die nach
Nordost führende Kadetrinne, ich muss wenden, segle eine Stunde nach Westnordwest. Der Wind
denkt nicht daran abzunehmen. Ich steuere möglichst hoch am Wind unter 30 Grad Windwinkel.
Die Lieken der Segel killen, die Geschwindigkeit des Bootes fällt ab, trotzdem krängt es bis
an die Scheuerleiste. Der Autopilot hält nicht den Kurs gegen die anlaufenden wohl 2 bis 3 m
hohen Wellen. Ab und zu kommt Wasser bis aufs Deck, läuft nach hinten bis ins Cockpit. Ich
stelle mir eine Sprayhood vor, die wir nicht haben. Sie würde mich an der Pinne nicht schützen.
Wir müssen durchhalten. Klintholm liegt weit achteraus, Hesnaes weit in luv und nach Gedser
muss man die enge Rinne zum Hafen gegen den Starkwind. Es hilft nichts, ich muss auf Fock 2
wechseln. Dazu drehe ich bei: fiere die Großschot, setze den Baum mit Bullentalje fest und
steuere das Boot mit Autopilot auf Standby in den Wind. Das Großsegel wirkt wie eine
Windfahne. Die Fahrt ist aus dem Schiff heraus. Es bleibt schräg zum Wind liegen, treibt
langsam nach Lee. Ich berge die Fock, hole die Fock 2 aus der Kajüte, schlage die Stagreiter
und das Fall an. Als Schot nehme ich meine Selbstwende-Vorrichtung. Es ist eine V-förmig vor
dem Mast geführte Leine, darauf ein loser Block mit Klappschäkel, angeschlagen am Schothorn,
die Leine nach hinten auf eine Winsch geführt. Der effektive Holepunkt ist zwar dicht vor dem
Mast nur wenig nach Lee. Durch leichtes Fieren lässt sich aber ein solcher Twist des Achterlieks
der Fock einstellen, dass das Boot sehr gute Höhe läuft. Der Kurs führt Südsüdwest über das
Gedser Rev. Danach kann ich auf Südkurs abfallen, um vorschriftsmäßig die hier in West-Ost-Richtung
verlaufende Kadetrinne zu queren. Zwei Frachter, einer von links, der andere von rechts, sind
schnell genug, so dass ich keine Ausweichmaßnahmen einleiten muss. Hier bewährt sich das AISRadar,
auf dem man früh genug erkennt, ob eine Kollisionssituation vorliegt oder nicht. Um 19.20 Uhr
sind wir durch das Verkehrstrennungsgebiet hindurch. Unser Kurs führt direkt auf die Hafeneinfahrt
von Warnemünde zu. Auf Kanal 73 Warnemünde Traffic verfolgen wir den Funkverkehr mit etlichen ein-
und auslaufenden Schiffen und den Fähren von und nach Gedser. Um 21.25 Uhr ist es schon dunkel,
als wir direkt vor den Molen das Fahrwasser queren. Auf der Mole winken unser Enkel Yaron,
Schwiegertochter Trixi, Freundin „Plättchen“, und unser Sohn Martin. Wir hatten per Handy angerufen.
Sie sind von Rostock gerade noch rechtzeitig eingetroffen. Ab Warnowwerft fahren wir unter Motor
die restlichen 6 sm des gut bekannten betonnten Fahrwassers bis zum Heimathafen im SSV Rostock.
Um 23 Uhr ist das Boot fest. Agnes und Alfred vom Motorboot „Pinka“ sind wach geblieben, um uns
zu empfangen. Ich bin total geschafft, musste in den letzten 17 Stunden den größten Teil der 81
sm von Hand steuern. Noch zwei Tage später bei der Einschulung spüre ich ein Schlafdefizit. Meine
körperliche Kondition war weniger ein Problem. Meine Wirbelsäule hat die stundenlange Schaukelei
gut vertragen und auch die Schulterprobleme der letzten 3 Jahre sind z. Z. weg. Nur die Kniegelenke
spürte ich in den letzten Wochen wiederholt. Heidi hat als Andenken drei blaue Flecke. Dank der
Akupressurbänder war für sie Seekrankheit kein akutes Problem, leichte Anzeichen jedoch spürbar.
Mi. 18.08.10 nach Rødvig 32 sm
Als wir gegen 9 Uhr ablegen, ist es ruhig. Wir segeln mit Genua am Wind. Er dreht von Südwest auf
Südost mit kurzen Flautenzeiten. Sogar die Sonne kommt kurz raus. Dann kommen mehrere leichte
Regenfronten. Der Wind geht wieder auf Südwest. Mal wechsele ich auf Fock 1, dann starte ich wegen
Flaute den Motor und ziehe wieder die Genua. Um 13.30 Uhr geht es dann wieder los: mit einem
Regenschauer haben wir schnell über 20 kn Wind von vorn, bis zu 30 kn werden es. Mit 2 Reffs und
Fock 1 kreuzen wir noch stundenlang gegen eine zunehmende Welle. Um 17.30 Uhr erreichen wir endlich
Rødvig. Im Seglerhafen finden wir einen ruhigen Platz. Ein Segler aus Göteborg hilft beim Anlegen.
Er war zur Hanse Sail in Rostock. Abends ist der freundliche Hafenmeister im Büro, 120,- DK
inklusive Strom. WC und Duschen mit 5 Kronen Münzen sind tagsüber geöffnet, nachts mit PINCode
zugänglich. Beizeiten gehen wir schlafen, stellen den Wecker auf früh 4 Uhr.
Di. 17.08.10 nach Dragør 35 sm
Wir wollen möglichst früh weiter, haben den Wecker gestellt. Am Hafenbüro lesen wir die
Liegegebühr von 120,- SEK. Wir beschriften einen Briefumschlag mit unseren Daten und stecken ihn mit
dem Geld durch einen Briefschlitz in der Tür des Hafenbüros. In dem Umschlag ist auch Heidis frankierte
allerletzte Ansichtskarte. Sie kommt an, bevor wir zu Hause sind. Noch vor 8 Uhr starten wir, ziehen
gleich die Segel. Der leichte Wind zwischen 4 und 12 kn kommt aus Nord, später Nordwest. Vor Wind baume
ich die Genua mit dem Spibaum aus. Damit es nicht von hinten in die Kajüte regnet, lege ich eine Plane
über den Niedergang und binde sie auf dem Kajütdach fest. Bei einer Halse muss ich den Spibaum schiften.
Dabei hakt der Führungsschlitten aus der Schiene an der Mastvorderkante aus. Vor mehreren Tagen war
ein Plasteteil herausgefallen. Ich hatte es an Deck gefunden, nachlässigerweise aber noch nicht wieder
eingeklebt. Jetzt sichere das inzwischen gelöste zweite Teil, kann den Spibaum aber nicht mehr nutzen,
muss ihn an Deck festbinden. Um 14 Uhr sind wir vorbei am Hafen Dragør südlich von Kopenhagen. Im
Minutentakt landen die Flugzeuge. Da sehe ich ein Segelboot voraus mit sehr starker Krängung. Für uns
kam der Wind noch von hinten, ist dann momentan weg. Ich kann noch die Genua bergen, Fock 1 setzen und
2 Reffs einziehen. Innerhalb weniger Minuten haben wir über 30 kn Wind. Ich berge das Groß, kreuze nur
mit der Fock, hoffe, es ist nur eine Schauerböe. Neben dem Fahrwasser bei einer grünen Tonne komme
ich einem entgegenkommenden Frachter bedenklich nahe, kann aber wenden. Ich hatte den Eindruck, er hat
seinen Kurs sogar in unsere Richtung geändert. Der Wind nimmt etwas ab, aber es sind immer noch über
20 kn aus Südwest. Ich ziehe das Groß mit dem 3. Reff, habe aber noch die normale Fock1. Um die zu
wechseln, ist es zu eng und die Wellen sind hoch. Nach einer Stunde Kreuzen sehe ich, bei der
Eigenbaupinne hat sich die formverleimte Verlängerung gelockert. Sie war vor einem Jahr schon einmal
gebrochen. Ich hatte sie im Winter gekürzt und mit Epox verleimt. Dann bricht noch eine der seitlichen
Backen auf. Das Steuern mit Autopilot geht noch. Dann klappt plötzlich der Stumpf der Pinne hoch. Bei
dem neuen Pinnenpiloten bricht der Knopf der Schubstange ab. Ich nehme den schwächeren Reserve-Antrieb,
habe auch noch zwei alte Pinnenpiloten. Wir studieren die Seekarte, welchen nächsten Hafen wir anlaufen
könnten. Zu den Häfen in der flachen Kogebucht müssten wir aufkreuzen. Im Osten führt eine enge Rinne
zum Falsterbo-Kanal. Als einziges käme Skanör in Frage. Näher ist es jedoch, mit Motor 4 sm nach Dragør
zurückzulaufen. Im alten Hafen hat sich der Wind beruhigt. Wir finden eine freie Box. Ein Däne
zwei Boote weiter hilft beim Anbinden. Für die Hafengebühr gibt es gegenüber einen Automaten, der
auch Bargeld nimmt. Für Duschen und auch für Strom muss man eine Chipkarte gegen Pfand lösen und
mit Geld aufladen. Das schenken wir uns. Einfache Hafentoiletten sind rund um die Uhr geöffnet.
Wie unkompliziert war es doch auf Island. Ich kann abends noch die Pinne und den Schubstangenkopf
des Autopiloten austauschen. Morgens repariere ich auch den Spibaumlift.
Mo. 16.08.10 nach Råå 21 sm
Bevor am nächsten Morgen um 9 Uhr der Hafenmeister kommt und uns den PIN-Code für Dusche und
WC mitteilt, können wir eine Behinderten-Toilette benutzen. Über ein offenes WLAN kann ich ins
Internet. Vormittags kaufen wir im Ort ein, und Heidi erfragt den Zugang zur Kirche über ein
angebautes Altersheim. Wir legen erst um 14 Uhr ab. Der Ostwind kommt ablandig, erreicht aber bis
zu 30 kn (7 Bft). Ich segle mit Fock 1 und 2 Reffs. Vor Helsingborg ist östlich neben dem
Verkehrstrennungsgebiet nur ein sehr schmaler Streifen Küstenverkehrszone. Der Wind kommt immer
spitzer von vorn. Mit vielen Holeschlägen kreuze ich stundenlang gegen bis zu 3 kn Strom von vorn.
Um 18 Uhr sind wir in Höhe der Stadt Helsingborg. Innerhalb von 10 Minuten ist Flaute. Wegen einer
einlaufenden und einer auslaufenden Fähre zum gegenüberliegenden Helsingør müssen wir
kurz stoppen. Eine halbe Stunde später haben wir wieder 20 kn Wind. Über Land steht eine schwarze
Wolke. Nach den Anstrengungen des Tages und bei dem dichten Schiffsverkehr im Sund verzichten wir
darauf, nachts weiterzusegeln. Der Segelklub veranstaltet trotzdem eine Abendregatta. Um 20 Uhr
haben wir in der Marina Råå am Ostufer angelegt. Der Hafenmeister kommt erst morgen früh um 9 Uhr.
Den PIN-Code lassen wir uns sagen. Duschen geht ohne Geld.
So. 15.08.10 nach Höganäs 58 sm
Nachts hat es geregnet. Den PIN-Code für die Toilette erfragen wir morgens von einer jungen
Seglerin. Es sind nur wenige andere Segler zu sehen. Um 9.20 Uhr legen wir ab. Der Wind anfangs
Nordost, dann Ost, lässt uns bei Sonne und 25 °C mit Groß und Genua angenehm segeln. Mittags ist
eine halbe Stunde Flaute. Dann bewölkt es sich, der Wind frischt auf und kommt immer mehr von vorn
aus Ostsüdost. Ich muss auf Fock 1 wechseln, abends ein Reff einziehen. Maximal 28 kn Wind wurden
registriert. Hinzu kommt Strom bis 1,5 kn von vorn. Der nächste brauchbare Hafen südlich der
Kullen-Halbinsel ist Höganäs. Den erreichen wir erst um 22.30 Uhr, als es schon stockdunkel ist.
Mit Kartenplotter finden wir sicher die Zufahrt durch die betonnte Rinne in den Seglerhafen. Der
Vorhafen ist groß genug, um die Segel zu bergen und Leinen und Fender klar zu machen. Mit dem
Suchscheinwerfer finden wir schnell eine grün markierte Box.
Sa. 14.08.10 nach Varberg 57 sm
Die Regatta ist gestern Abend zu Ende gegangen. Die dänische Staatsyacht ist gleich danach
abgedampft. Auch wir wollen heute möglichst weit kommen. Heidi geht trotzdem noch einkaufen. Gegen
10 Uhr legen wir ab und segeln bald auf das Kattegat hinaus. Der Wind, anfangs aus West, dreht
über Nordwest im Laufe des Tages auf Nord und frischt nachmittags bis auf 20 kn auf. Es ist sonnig
und über 20°C warm. Der uns schon bekannte Innenweg wäre interessanter aber navigatorisch auch
anspruchsvoller gewesen. So kommen wir gut voran und haben abends um 20.30 Uhr in Varberg südlich
von Göteborg 57 sm geschafft, ein Durchschnitt von 5 kn, Spitze 7,5 kn. Wir gehen in die Marina
gegenüber vom Ort, finden eine „grüne“ freie Box, machen Abendbrot und gehen schlafen. Hier liegen
vornehmlich einheimische Yachten. Man kann auch im gegenüber liegenden Fischereihafen anlegen.
Fr. 13.08.10 Hafentag in Marstrand
Nicht weil wir wegen des Datums abergläubisch sind, bleiben wir im Hafen, sondern weil der Wind
aus Südwest für uns aus der falschen Richtung kommt. Der starke nächtliche Regen hört vormittags
auf. Wir nutzen die Gelegenheit zum Wäschewaschen und kaufen Proviant ein. Am Nachmittag gehen
wir zu der großen Festung Carlsten. Wir waren 2003 schon einmal hier, durften damals eine halbe
Stunde vor Toresschluss durch die Räume laufen. Lange Jahre war Carlsten Schwedens schlimmstes
Gefängnis. Wir müssen uns das nicht noch einmal antun, sparen den Eintritt von zweimal 75,- SEK,
sehen die Festung lieber von außen und machen eine Inselwanderung. Auf dem höchsten Punkt ist eine
Lotsenaussichtsstation. Etwas tiefer ist eine Höhle mit Feuerstelle, innen eine Bank mit einer
Decke. An der Nordküste führt der Wanderweg durch eine enge Felsspalte, das sog. Nadelöhr. Dicke
Menschen würden stecken bleiben. Immer wieder eröffnen sich Ausblicke auf die See und die umliegenden
Inseln. Im Westen steht auf kahlen von der See abgerundeten Granitfelsen ein Leuchtturm. Wir
sind nicht die einzigen Wanderer. Heidi kommt mit einem Mann ins Gespräch. Er interessiert sich
für unser Boot. Abends kommt er vorbei. Bei der Unterhaltung an Bord erfahren wir, dass er aus
Stockholm ist und auch mal gesegelt ist. In der Schule lernte er deutsch. Als er sich
verabschiedet, signalisiert Heidis Handy eine SMS. Auf dem Display ist eine bisher nicht gesehene
eigenartige Anzeige mit Kästchen. Meine erste Vermutung ist, es ist ungewollt ins Internet
eingeloggt. Ich versuche sofort alles abzubrechen. Dann lesen wir eine SMS: Wir gratulieren Ihnen
zu Ihrem neuen Abo 4,99 € für 30 Tage, jederzeit kündbar und eine Internetadresse. Wie ist das
zustande gekommen? Wie kommen wir da wieder raus? Am Morgen kommen zwei weitere SMS: Handynummer
als Benutzername und ein Passwort, dann die großzügige Information, die erste 30 Tage sind
kostenlos. Beim Durchsuchen des Menüs finde ich drei bisher nicht vorhandene Musikdateien. Um es
vorwegzunehmen: In Höganäs habe ich Internetzugang, kann die angegebene Internetseite aufrufen,
mich aber nicht mit den genannten Daten einloggen. In den AGB lese ich drei Möglichkeiten der
Kündigung, abhängig davon, ob der Vertrag per WAP-Portal, per SMS oder per Internet zustande
gekommen ist. Nur weiß ich selbst nicht wie. Zumindest finde ich im Impressum eine info-E-Mail-
Adresse. Ich schreibe eine entrüstete Mail, gebe Handy-Nr. und Passwort an und fordere sofortige
Kündigung. Am Tag darauf kommt eine SMS zur Bestätigung der Kündigung und dem Angebot, das Abo
jederzeit fortzuführen. Auch eine gleichlautende E-Mail finde ich später. Wir diskutieren darüber,
wie das Abo wohl zustande kam. Heidi hat während der Reise zwar vielen neuen Freunden ihre
Rufnummer mitgeteilt, keinem trauen wir böswilliges Verhalten zu. Denkbar ist auch, dass die
Rufnummern von dem Anbieter willkürlich durchprobiert werden, und das Öffnen der SMS oder ein
falscher Tastendruck schon zur Annahme des Abos führt.
Do. 12.08.10 nach Marstrand 26 sm
Nach den Anstrengungen des letzten Tages kommen wir morgens erst langsam in Gang. Wir wollen
die den Ort überragende, aus Granit gebaute, Kirche besichtigen und vorher noch Geld holen.
Der Ort ist voller Touristen. Erst gegen 13 Uhr kommen wir aus dem Hafen. Der Wind aus westlicher
Richtung bleibt schwach, nur maximal 11 kn hat der Windmesser registriert. Bis 17 Uhr segeln wir
vorbei an den vielen Inseln des Schärengartens. Die Mehrzahl der Boote fährt unter Motor. Den
müssen wir dann auch nutzen und erreichen nach 20 Uhr Marstrand. Die Hälfte des großen Hafens
ist von Regatta-Booten belegt. Die ganze Woche war schon „BMW Dragon Gold Cup“, Weltmeisterschaft
der Drachensegler. An der Pier gegenüber liegt die königliche dänische Staatsyacht. Wir erfahren
später, Prinz Henrik segelte mit. Die Gastboote liegen dicht gedrängt an den restlichen zwei
Schwimmstegen. Ich sehe keine Dalben oder Ausleger, nur Leinen, die steil ins Wasser gehen. Erst
denke ich an Heckanker, es sind aber Mooringleinen. Ganz außen liegt ein großes deutsches
Segelboot „Lomone“ aus Husum mit zwei Männern. Daneben ist eine schmale Lücke. Wir quetschen
uns dazwischen. Vom Steg kann ich noch eine freie Mooringleine aufnehmen. Die hält uns, als morgens
starker Wind von hinten drückt. In der Bucht gegenüber sind drei Boote vor Anker gegangen. Bei
einem hält der Anker nicht, Das Boot treibt auf die Steine am Ufer. Erst mit Motorboothilfe kommt
es wieder frei. Bezahlen kann ich noch abends am Automaten mit Kreditkarte teure 250,- SEK und
erhalte dabei auch den PIN-Code für Toilette und Dusche.
Di. 10.08. und Mi. 11.08.10 nach Lysekil 102 sm
Ich will die Möglichkeit des Internetzugangs nutzen, aktualisiere den Bericht, empfange und
beantworte E-Mails. Heidi macht Einkäufe. Das nächste Ziel sind die westschwedischen Schären, die
wir in den letzten Jahren links liegen gelassen haben. Um dort nicht nachts anzukommen, legen wir
erst nach 14 Uhr bei Sonne und 25°C ab. Im Tromøysund schiebt uns der südliche Wind. Kurz vor dem
Ausgang zum Skagerrak ist eine Werft, die Offshore-Bohrplattformen baut. Dicke Wolken ziehen auf,
der Wind dreht leider auf Südost, nimmt abends an Stärke auf über 20 kn zu, in Spitzen bis 30 kn.
Ich ziehe 2 Reffs ein und wechsele auf die kleine Fock 2. Gegen Morgen beginnt es stundenlang zu
regnen. In der Schauerfront ziehe ich für 2,5 Stunden sogar das 3. Reff ein. Wir können unser
Ziel Lysekil nicht mehr anliegen. Bei Starkwind und schlechter Sicht traue ich mich aber auch nicht,
weiter nördlich in einen Hafen zu fahren. Bis zum Mittag kreuze ich bei Dauerregen gegen Wind und
Wellen, ohne viel Höhe zu gewinnen. Um 11.30 Uhr ist dann auf einmal Flaute. Bei immer noch
schlechter Sicht fahren wir 19 sm mit Motor und erreichen erst um 17 Uhr Lysekil. Eine Karawane
von Booten zieht durch die inneren Schären. Es ist wie ein Schock für uns, der Hafen brechend voll,
im ersten Becken kein Platz. Ein Motorboot überholt uns, belegt den einzigen freien Platz, den wir
außen am Schwimmsteg sehen. Wir fahren in das zweite Becken. Da legt gerade ein Motorboot ab.
Wir passen mit unseren 3,15 m Breite knapp in die Box. Neben uns liegt ein Motorboot mit einer
jungen Familie, drei Jungen an Bord, der jüngste knapp ein Jahr alt. Der Vater arbeitet im
benachbarten Elløs bei der Hallberg-Rassy-Werft. Eine Stunde später findet ein deutsches Boot
„Hühner-Express“ einen frei gewordenen Platz. Wir unterhalten uns am nächsten Morgen mit ihnen. Der
sehr interessierte junge Segler einer Albin-Express hat Frau und zwei hübsche lebhafte kleine
Töchter an Bord. Das Boot ist im Sauerland auf der Möhne-Talsperre zu Hause. Er hat eine Firma
für Vermessungsgeräte. Das Vermessungsamt in Akranes auf Island zählt auch zu seinen Kunden.
So. 08.08. und Mo. 09.08.10 nach Arendal 109 sm
Wir müssen weiter, stehen früh auf und legen kurz nach 7 Uhr ab. Es soll stärkerer Wind aus
West kommen. Zunächst ist aber Flaute. Ich versuche mehrfach zu angeln, habe aber keinen Erfolg.
Ab 11 Uhr kommt Wind auf. Wir segeln vorbei an Lista und auch an Kap Lindesnes. Der Wind nimmt zu,
schiebt uns 17 Uhr um das Südwestkap. Um 20 Uhr sind wir vor Mandal, nachts 2 Uhr querab von
Kristiansand. Es ist eine angenehme, relativ warme Nacht. Wir sehen etliche Schiffe, auch Fischer,
keiner kommt uns zu nahe. In der Nacht hören wir Mayday-Funkverkehr. Ein Holzboot mit 3 Personen
an Bord droht südlich Kap Lindesnes zu sinken. Wie wir zu verstehen glauben, kam ein Frachtschiff
zu Hilfe. Das meiste wurde auf norwegisch gesprochen. Das gilt übrigens auch für den über
UKW-Funk verbreiteten Wetterbericht, der für den inneren und südlichen Skagerrak Starkwind ankündigt.
An der Küste bleibt der Wind aber meist schwach. Um 16 Uhr legen wir in Arendal an. Vor sieben
Jahren war dies unser erster norwegischer Hafen mit der Libra. Wir machen einen kleinen Stadtgang
vorbei an dem fast 200 Jahre alten hölzernen Rathaus, dann zum Pollen, dem inneren Stadthafen. Die
stolze Liegegebühr von 200,- Kronen (25,- €) bezahlt man per Kreditkarte an einem „Parkautomaten“.
Meine EC-Karte wird nicht akzeptiert. Duschen kostet 35,- Kronen.
Sa. 07.08.10 Hafentag im Rekefjord
Heute soll Starkwind sein. Im Binnenland merken wir nicht viel davon. Das Sonnenscheinwetter ist
aber vorbei. Wir machen noch einmal eine Radtour, diesmal etwas weiter landeinwärts zu den
Blåfjell Gruben. Dort wurde in einem Flusstal von 1863 bis 1876 Erz abgebaut. Die jetzige Straße
war eine Pferde-Bahnstrecke zum Rekefjord. Wo die Wagen bergab alleine rollten, fuhren die Pferde
auf einem speziellen Anhänger mit. Die Stollen in den Berg sind zu sehen, aber nicht zugänglich.
Eine Attraktion auf halbem Wege ist der Ruggelstein, ein 74 Tonnen schwerer Fels, den man durch
kräftiges Drücken in Schaukelschwingungen versetzen kann. Heidi will in Hauge noch einmal zur
Kirche. Als wir ankommen, beginnt eine Trauung. Wir gehen auf die Empore und schauen von oben zu.
Die hübsche junge blonde Braut soll die Tochter des Pfarrers sein. Der Bräutigam ist groß und
schlank. Nach der feierlichen Zeremonie geht Heidi zu dem Organisten. Es ist ein Deutscher aus
Bingen am Rhein, der schon 20 Jahre hier wohnt und für den Musik sein Lebensinhalt ist. Er sorgt
dafür, dass für uns der Tresor der Kirche geöffnet wird. Heidi hatte nach der Bibel aus dem
Versammlungsraum des Bergwerkes gefragt, die hier aufbewahrt wird.
Do. 05.08. bis Fr. 06.08.10 zum Rekefjord 67 sm
Fast den ganzen Tag bleiben wir in Skudeneshavn. Früh morgens habe ich noch Internetzugang,
kann E-Mails abrufen. Es gibt mehrere Regenschauer, dazwischen scheint die Sonne. Ich
vervollständige den Bericht, kann ihn dann doch nicht abschicken. Am Tag ist das WLAN wohl
überlastet. Wir kaufen Proviant ein und gehen dann ins Heimatmuseum. Der Ort war schon früher
ein lebhafter Fischerei- und Handelshafen. Eine junge Studentin führt uns persönlich durch die
Ausstellung. Schön ist auch der Stadtpark mit Felsen und Aussichtspunkt über den Hafen und die
Zufahrt. Der Wetterbericht heute früh klang nicht dramatisch. Wir legen um 18 Uhr ab. Im Osten
über Land steht eine schwarze Wolke. Eine Stunde lang fahren wir Motor. Dann kommt Wind und
dazu Regen. Es wird eine aufregende stockdunkle Nacht. Wiederholt gibt es Regenschauer mit
auffrischendem Wind. Immer wieder muss ich die Vorsegel wechseln, ein und ausreffen. Bei Jaerens
Rev kommen mir mehrere Frachter in die Quere. Ich ändere sicherheitshalber den Kurs. Ich glaube,
es war die anstrengendste Nacht des ganzen Törns. Zuerst kam der Wind aus östlicher Richtung,
um Mitternacht springt er auf Südwest um. Am Vormittag kommt die Sonne, es wird warm, über 20°C.
Um 14 Uhr fahren wir in den kleinen Rekefjord. Rechts und links der Einfahrt sind Steinbrüche,
es wird Splitt abgebaut. Hinten gibt es einen recht neuen Gästeanleger. Die Tide ist hier
vielleicht noch 20 cm. Wir finden Strom, Wasser und ein sauberes komfortables WC-Gebäude mit
Dusche vor. Zwei Fahrräder stehen zur Benutzung bereit und das alles ohne Liegegebühr. Wir sind
hier „Gäste“. Am späten Nachmittag fahren wir mit den Rädern nach Hauge, dem Hauptort der Kommune
Sokndal. Eine Sehenswürdigkeit ist die große kreuzförmige Holzkirche von 1803. Auf einer Tafel
lese ich, sie ist jeden Abend geöffnet. Ein Ehepaar zeigt uns die farbenfrohe Kirche. Sie machen
das jeden Freitag. Der Altar mit Silberleuchter, die mit Holzschnitzereien geschmückte Kanzel,
der hölzerne Taufstein und andere Gegenstände stammen aus der alten Kirche. Die Wände sind wie bei
einem Blockhaus aus Baumstämmen zusammengefügt, außen mit Bohlen verkleidet, innen blaugrau
gestrichen. Einige Kilometer weiter ist Sokndalsstranda. Es ist ein früherer Hafen in der Mündung
des Flusses Sokno. Alte Holzhäuser werden jetzt als Verkaufsläden für Touristen, Restaurants und
Ferienhäuser genutzt. Heute Abend ist Premiere einer Freiluftaufführung im Hafen. Die Handlung
spielt zur Zeit der Kontinentalsperre durch Napoleon, als hier ein englisches Schiff in den Hafen
kam. Für uns wird es zu spät und viel hätten wir von der Handlung wohl auch nicht verstanden.
Mo. 02.08.10 bis Mi. 04.08.10 nach Skudeneshavn/Norwegen 216 sm
Der Vormittag vergeht mit Vorbereitungen für die Weiterreise. Die Wetteraussichten sind nicht
ideal. Es kommen neue Tiefs, aber keine Sturmstärken in den nächsten 5 Tagen. Wir wollen direkt
nach Norwegen weiter. Die Timerprogrammierung des Wetterfax wird wieder auf Nordsee umgestellt.
Heidi will noch unseren Freund Toni besuchen, engagiert dazu ein Auto. Leider trifft sie ihn nicht
an. Er ist mit seiner kranken Frau in Lerwik. Der Nachbar versucht ihn anzurufen. Heidi
hinterlässt eine „Message“ auf dem Anrufbeantworter und einen Brief. Auch für den Fischer Karl
schreibt sie eine Mitteilung. Der ist morgens schon mit dem Boot rausgefahren. Das offene Auto steht
auf der Pier. Leider sehen wir auch ihn nicht mehr. Erst um 14 Uhr legen wir ab. Mit leichtem
Wind segeln wir aus der Bucht. Davor dreht ein größeres Boot Kreise. Ich denke es ist ein Fischer.
Wir werden per Funk gerufen. Es sind Taucher. Sie bitten, dass wir ausreichend Abstand halten
möchten. Dann ist der Wind ganz weg. Wir müssen 5 Stunden den Motor nehmen. Erst am Abend haben
wir leichten Wind aus südlicher Richtung, d. h. Anliegerkurs. Es ist zwar bewölkt aber kein
Regen. Wie üblich wechseln wir die Wachen. Ab Dienstag Mittag frischt es auf, eine Front mit
leichten Regenschauern zieht durch. Vorübergehend ziehe ich 2 Reffs ein. In der zweiten Nacht ist
ab 3 Uhr Flaute. Erst gegen 10 Uhr segeln wir wieder. Eine Stunde später frischt es wieder bis 15
kn auf. Wechsel auf Fock 1 genügt. Es fallen nur ein paar Regentropfen. Danach klart es auf, die
Sonne kommt, es wird ungewohnt warm. Der Wind wird wieder schwächer, es reicht aber bis 3 sm vor
dem Hafen. Die kürzere Einfahrt nach Skudeneshavn auf Karmøy von Südwest ist auf der Papierseekarte
etwas unklar und eng, mit Kartenplotter bei ruhigem Wetter und guter Sicht keine Schwierigkeit.
Um 18 Uhr finden wir im hintersten Winkel des Hafens einen freien Platz für unser kleines Boot.
Andere liegen davor schon im Dreierpäckchen. Bei jetzt 23°C sind wir verschwitzt, gehen
nacheinander duschen. Ein Touristenpaar aus Wismar ist erstaunt, uns hier anzutreffen. Sie wundern
sich noch mehr, dass wir von Island kommen. „Wo ankern Sie denn nachts auf dem Atlantik?“ ist
eine Frage, die wir nicht zum ersten Mal hören. Der Urlauber hat einen 6.5 m langen Kimmkieler
in Rerik. Heidi holt beide kurz an Bord. Wir wollen zu einem Ehepaar, das wir hier vor 4 Jahren
besucht haben. Es sind alte Bekannte eines Segelfreundes aus Berlin. Die deutsche Frau hat vor
Jahrzehnten einen Norweger geheiratet. Vorher suchen wir einen Geldautomaten. Heidi spricht eine
elegante ältere Dame an. Während sie uns hinführt, fragt Heidi, ob sie Uta und Arne kennt. Sie
sagt ja, aber die hätten vor 2 Jahren ihr Haus verkauft und sind nach Deutschland gezogen. Inzwischen
sind wir vor ihrem Haus angekommen, zu dem sie eine Treppe hochgeht. Dann will Heidi noch nach der
Adresse fragen und geht hinterher. Oben sind zwei Hauseingänge. Links ist abgeschlossen und niemand
öffnet, rechts steht der Nachname unserer Bekannten. Ein älteres Ehepaar lässt uns ein. Es ist der
Cousin von Arne. Der Mann führt mehrere Telefonate, hat schließlich die aktuelle Telefonnummer,
erreicht aber niemanden. Wir erzählen von unserer Reise. Das Ehepaar ist gerade von der
Geburtstagsfeier des jetzt 80jährigen erfolgreichen hiesigen Reeders Solstad gekommen. Die Frau ist
die Cousine der Ehefrau des Reeders. In der lokalen Zeitung steht ein ausführlicher Artikel über ihn.
Im Laufe des Gespräches werden wir zu einem Glas Weißwein eingeladen. Zwei Stunden später
verabschieden Wir uns. Eine Etage tiefer ist ihr Juwelierladen, den inzwischen der Sohn weiterführt.
Am nächsten Tag finde ich im Internet einen Artikel der Nordsee-Zeitung über den Umzug unserer
Bekannten nach Bremerhaven, wo Uta geboren wurde.
Fr. 30.07. bis So. 01.08.10 nach Balta Sound/Unst/Shetlands 210 sm
Am Morgen kommt Ron mit seinem Boot in den Hafen. Es ist ein robustes Stahlschiff ausgerüstet
für längere Törns, u. a. Windsteueranlage. Wir treffen uns noch kurz im Hafenbüro, wo wir uns
herzlich von Chris Jan verabschieden. Um 10.30 Uhr legen wir ab. Der schwache Wind kommt zunächst
von vorn. Erst nach 2 Stunden und 7 sm Motor können wir segeln, hoch am Wind aber noch keinen
direkten Kurs. Ich fahre einige Wenden, sehe dann aber aus dem Wetterbericht, dass der östliche
Wind später auf Nordost und Nord drehen soll. Somit fahre ich schließlich eine Art Hundekurve mit
einem leichten Bogen Richtung Süden. Das Wetter ist trübe. Nachmittags nimmt der Wind zu auf 15 kn,
später zuweilen bis 20 kn. Ich wechsele von Genua auf Fock 1. Gegen Abend beginnt es zu regnen,
und das bleibt so mit wechselnder Intensität fast die gesamte Fahrt. Am Sonnabendmittag sehe ich
auf dem AIS-Empfänger zwei manövrierbehinderte Schiffe. Das eine fährt nur 4 kn, das andere unter
1 kn. Dem ersten kommen wir auf parallelem Kurs immer näher. Bevor ich mir überlege, ob ich es
anfunke oder ausweiche, werden wir auf Kanal 16 gerufen. Von den langen Erklärungen verstehe ich
nur, dass es seinen Kurs halten muss. Ich sage, wir werden wenden und hinter ihnen passieren.
Der Abstand ist dann über 2 sm. Keine Stunde später ist die Situation mit dem zweiten Schiff ähnlich,
ich mache auch einen Holeschlag. In der Nacht kommen wir in die Nähe eines dritten Schiffes, das
auch nur 1 kn schleicht. Hier kann ich durch Anluven einen Abstand von gut 2 sm einhalten. Gegen
Morgen der zweiten Nacht habe ich dann ein hell erleuchtetes Fischerboot ohne viel Fahrt vor mir.
Es hat kein AIS. Auch hier fahre ich einen Bogen. Die letzte merkwürdige Begegnung ist ein
Schiff „Geir“ auf dem AIS. Gekennzeichnet als „Unter Segel“, fährt es mit 11 kn direkt gegen den
Wind nach Nordost. Im Dunkeln sieht es im Fernglas wie eine Luxus-Motoryacht aus. Sonntag früh
um 6 Uhr erreichen wir die kleine Leuchtturminsel Muckle Flugga direkt nördlich der größeren
Insel Unst der Shetlands. Vor zwei Jahren haben wir sie bei schlechtem Wetter von Land gesehen. Es
ist ein erhebender Augenblick an diesem exponierten Punkt. Leider ist die Tide schon gekentert.
Der Gegenstrom bleibt bei 1,5 bis 2,5 kn. Wir können dagegen ansegeln. Hinter dem Kap kommen wir
in einen Bereich von Eddies, das sind Stromwirbel und unruhige Wellen, die seitlich gegen das
Boot klatschen. Durch den schmalen North-Channel fahren wir in die Bucht Balta Sound. Hier haben
wir vor 2 Jahren mehrere Sturmtage erlebt. Heute ist es ruhig. Gegen 10 Uhr legen wir an. Wir
können den Schwimmponton hinter der Pier benutzen. Damals schlugen die Wellen wie wild dagegen.
Wir hatten einen sicheren Platz an der hohen Pier im Schutz von zwei Fischerbooten. Wir essen
Mittag, Fischsuppe von Tvøroyri. Dabei passiert ein Missgeschick: Heidi gibt mir ihr Handy zum
Lesen einer SMS. Ich lasse es in die Suppe fallen. Es war nur kurz eingestippt, doch danach spinnt
es, schaltet später ab. Ich bin müde, lege mich schlafen. Heidi geht zum Duschen in das Gebäude
des Bootsclubs. Auf dem Rückweg trifft sie unseren ersten Bekannten von vor zwei Jahren: den
Hummerfischer Peter. Der kann sich zuerst nicht erinnern, doch dann dämmert es ihm. Damals hatte
er gesagt: „I am a viking“, und gerade so wie ein Wikinger sieht er aus mit seinem Vollbart. An
Bord zurück findet sie ein Papier des Hafenmeisters mit Informationen und einer Skizze mit allen
interessanten Attraktionen, sowie seiner Telefonnummer. Ich will auch duschen, ziehe mich aus,
doch der hier übliche Durchlauferhitzer reagiert nicht, keine Anzeige. Ich nehme meine Sachen,
gehe unter die Frauendusche. Dann verlassen wir das Boot. Als erstes kommen wir an einem
Buswartehäuschen vorbei, das wie ein Wohnzimmer eingerichtet ist. Vor zwei Jahren dominierten
die Farben grün und blau, jetzt sind es rot und orange. Sogar in einer Fernsehsendung über die
Hebriden wurde es gezeigt. Ein Stück weiter ist eine Tankstelle mit Shop. Wir kaufen etwas an
Proviant nach, brauchen aber noch britische Pfund. Es gibt einen Geldautomaten, der akzeptiert
aber meine EC-Karte nicht. Auch das Bezahlen geht damit nicht, aber mit VISAKarte. Der Verkäufer
bucht auf Wunsch noch zusätzlich 50,-£ ab und gibt sie „cash“ raus. Als weitere Gefälligkeit
ruft er den Hafenmeister an. Ich teile mit, dass wir wieder zum Boot gehen. An Bord öffne ich
Heidis Handy, es ist ein Wassertropfen drin. Beim Eingeben der PIN hat es diese nicht angenommen,
nur noch ein Versuch! Auch das Laden des Akkus geht nicht mehr. Wir nehmen mein altes Handy, doch
das ist für eine fremde SIMKarte gesperrt. Aber ich habe noch ein neues. Daran muss Heidi sich
jetzt gewöhnen. Später kommt der übereifrige Hafenmeister. Wir bezahlen 8,-£ Liegegebühr. In
einer Box des Bootsclubs stecken wir einige weitere £ als „Donation“ für das Duschen. Am späten
Sonntagnachmittag werden 3 Segelboote aufgetakelt und eine interne Regatta gesegelt. Es sind
moderne Plastik-Jollen, jedoch ist die Rumpfform traditionellen Shetlandbooten nachempfunden.
Abends gehen wir in den Pub des grau und unattraktiv aussehenden Hotels, vornehm als „Bar“
benannt. Einige junge Männer und unser Freund Peter sitzen am Tresen. Bevor wir selber zwei
Guinness bestellen können, hat Peter es schon gemacht. Er zahlt, wie hier üblich, mit Geldkarte
und lässt sich zusätzlich Bargeld rausgeben. Wir sagen, wir sind mit dem Boot hier, und der
Wirt sagt: „I remember“. Wir hatten hier vor 2 Jahren abends meistens Guinness getrunken. Alle
staunen, dass wir von Iceland kommen, nur zu zweit. Einer war als NATO-Soldat in Deutschland,
in Rammstein. Er erzählt begeistert von Heidelberg. Die nächste Runde Bier kommt von ihm. Der
andere spendiert einen hochprozentigen Cocktail. Die letzte Runde bezahlen wir. Wir hinterlassen
noch Grüße für Katy und Derek. Sie hatten uns vor 2 Jahren zu seiner Geburtstagsfeier nach Hause
eingeladen, es war der 40. Jetzt wollen sie in 2 Wochen heiraten. Nachts schlafen wir gut, kein Sturm.
Sa. 24.07. bis Do. 29 07.10 Hafentage in Tvøroyri
Nachts setzt der Regen ein. Die nächsten Tage bleibt es unbeständig. Am Samstag waschen wir eine
Waschmaschine nach der anderen. Ich habe am Reisebericht viel nachzutragen. Nachmittags ist in der
Kirche eine Trauung. Heidi geht hin. Die Braut ist aus Island. Mit angereisten Verwandten haben wir
am Vorabend gesprochen. Die Färöer haben Frauenmangel, einen Überschuss von 2000 Männern. Die
Hochzeitsfeier mit 172 Personen ist im Restaurant von Anna-Kirstin und geht bis morgens um 7 Uhr.
Am Sonntag Vormittag ist der Reisebericht bis zur Ankunft auf den Färöern aktualisiert. Im Hafenbüro
kann ich ins Internet, habe zunächst Probleme mit der Netzwerkverbindung. Dann kann ich endlich
E-Mails abrufen, Updates downloaden und selbst E-Mails verschicken. Unser alter Freund Finn Terje
kommt bei uns vorbei. Er hat eine hübsche Freundin aus Thailand, hat sie in Kopenhagen kennen
gelernt. Heidi kocht an Bord Kaffee. Abends erwartet eine große Zuschauermenge die Ankunft von
fünf Traditionsschiffen einer Regatta von Torshavn. Der Wind war ungünstig. Erst gegen 22 Uhr
kommen sie unter Maschine in den Hafen. Bis nach Mitternacht ist die Hafenkneipe voll. Anna-Kirstin
wird von den Familienmitgliedern Bruder Thomas und der Tochter Turi Maria unterstützt. Wir erhalten
als Geschenk eine Kassette mit vier Büchern über die Shetlands, die Färöer, Island und Grönland.
Heidi revanchiert sich mit einer DVD mit Tanzaufnahmen unserer Tochter Anne. Am Montag Vormittag
sind wir bei der Familie von Finn Terje zum Frühstück geladen. Die betagten Eltern Hansina und
Bjarni haben sich in den letzten drei Jahren kaum verändert, obwohl Hansina mehrfach betont: „Ich
bin alt!“ Sie ist jetzt 80, er wird 85. Vor 9 Jahren war Goldene Hochzeit. Finn und Nadja sind sehr
verliebt. Während wir noch am Frühstückstisch sitzen, sehen wir aus dem Fenster die Ausfahrt der
Traditionsschiffe. Die nächste Etappe geht nach Midvágur, dann nach Klaksvik und zum Olavstag
zurück nach Torshavn. Man zeigt uns den Ausdruck einer Internetseite auf Färöisch mit einem Foto
der Libra hier im Hafen und Heidi und ich mit dem Commodorepreis der Kreuzerabteilung zu Hause in
Berlin. Es ist das Foto aus der „Berliner Morgenpost“ im April d. J. Chris-Jan hat es bei unserer
Hinreise kopiert und einen Beitrag über unsere Reise geschrieben. Man ist auch auf den Färöern
prominent, wenn man wiederholt herkommt. Am Nachmittag ist Dauerregen. An Bord arbeite ich am
Computer. Heidi macht Besorgungen. Am Dienstag regnet es nicht mehr. Wir verholen unser Boot, nehmen
Wasser und Diesel. Anschließend mache ich Motorölwechsel. Mit einer Handpumpe sauge ich möglichst
ohne zu kleckern das alte Öl ab, nachdem ich den Motor vorher einige Zeit habe warm laufen lassen.
Auch der Ölfilter wird gewechselt, bevor das neue Öl aufgefüllt wird. Am Nachmittag wähle ich einige
Fotos aus. Ich bearbeite sie auf dem PC, um die Dateigröße zu reduzieren, und sie anschließend
per E-Mail zu verschicken. Abends mache ich mit Heidi einen Rundgang durch den Ort. Bisher war ich
kaum aus dem Umkreis des Hafens herausgekommen. Am Mittwoch fahren wir mit der Fähre „Smyril“
nach Torshavn zum Ólavsøka, dem Olavstag. Der offizielle Festtag ist morgen am 29.Juli mit einer
Prozession vom Parlamentsgebäude zur Kathedrale, angeführt von den Mitgliedern der Regierung und
dem Bischof. Der Tag hat seinen Namen nach Olav Trygvason, der in Norwegen das Christentum
eingeführt hat. Er ist 1030 in der Schlacht von Stiklestad gefallen und später als Märtyrer heilig
gesprochen worden. Mit dem Zubringerbus fahren wir zur Fähre. Halb Suduroy scheint mitzufahren,
so viele Menschen sind an Bord, alle in Festtagslaune. Etliche kennen wir schon, bzw. sie uns. Dazu
herrscht richtiges Sonntagswetter. Nach 2 Stunden Fahrt ist Torshavn erreicht. Wir hätten mit
unserem Boot einen ganzen Tag gebraucht. Vor dem Hafen ankern zwei Kreuzfahrtschiffe („Mein Schiff“,
von Kiel, viele deutsche Passagiere, und die uns bekannte „Albatross“). Die Segelboote der
Traditionsregatta sind zurück. Der Bootshafen ist brechend voll, vor allem einheimische Motorboote,
aber auch einige größere Segelboote im Päckchen. Irgendwo hätten auch wir eingekeilt liegen
können. Der Preis für die Fähre mit 90,- Kr pro Person war aber auch nicht mehr, als was wir hier
an Hafengebühren hätten zahlen müssen. Der erste Weg führt auf die alte Festung Skansin mit
Ausblick über Stadt und Hafen. Inzwischen beginnt in dem großen Vorhafen die Ruderregatta mit
traditionellen offenen Ruderbooten, wie sie noch vor 100 Jahren zum Fischen vor der Küste üblich
waren. Dafür müssen wir zwar noch Eintritt bezahlen. Dennoch ist es eine tolle Atmosphäre, unter
den begeisterten Zuschauern zu sein. Viele sind in färöischer Nationaltracht gekleidet. Die Frauen
haben lange Kleider, ein geschnürtes Mieder, einen Gürtel und ein mit einer kunstvollen Brosche
zusammengehaltenes Schultertuch. Die Männer gehen in dunklen Kniebundhosen, einer bestickten Weste
und einer Jacke mit Goldenen Knöpfen. Es dominieren die Farben blau und rot, bei den Frauen sieht
man auch grün und weiß. In den Straßen sind viele Verkaufsstände. Musikkapellen spielen. Man sieht
auffallend viele Familien mit fröhlichen Kindern. Oft sind auch die Kinder färöisch gekleidet.
Ein besonderer Anziehungspunkt für sie ist ein Rummelplatz. Unter den Jugendlichen gibt es aber
auch viele, denen der Alkohol zu Kopf gestiegen ist. Trotzdem dominiert die allgemeine Fröhlichkeit
eines Volksfestes. Um 22 Uhr bringt uns die Fähre wieder zurück nach Tvøroyri. Am Donnerstag
schlafen wir aus. Wolken hängen an den Bergen, zuweilen nieselt es. Der Vormittag vergeht mit
Frühstück, duschen, Bericht schreiben. Mittags klopft es ans Boot. Ein Mann im Schlauchboot kommt
längsseits. Es ist Ron aus Texas. Er war 2 Wochen auf Island, ist vorher die amerikanische
Ostküste hochgesegelt. Sein Boot liegt in der Bucht vor Anker. Er will Wasser holen. Später will
er zu den Shetlands und weiter durch die Irische See, im Spätherbst zu den Kanaren. Wir können
ihm viele Hinweise geben und empfehlen ihm, hierher in den Hafen zu kommen. Wir machen ihm mit
Chris Jan, dem Hafenmeister bekannt. Heidis Fischsuppe schmeckt auch ihm, dennoch wird sie noch
nicht alle. Um 17 Uhr kommt ein dänisches Segelboot in den Hafen, drei Kinder sind an Bord. Die
Hinreise hat der Mann alleine gemacht. Wir sind dabei, uns überall zu verabschieden. Abends wollen
wir uns im Internet die Wetterentwicklung ansehen, wenn’s geht, morgen weitersegeln. Trotz
Feiertag wurde auch heute gefischt. Abends werden die vollen Kisten ausgeladen. Heidi besorgt
zunächst einen kleinen Fisch, holt dann noch einen größeren. Das Filetieren ist meine Aufgabe.
Fr. 23.07.10 nach Tvøroyri/Suduroy 45 sm
Noch ist schönes Wetter. Von Westen nähert sich aber ein Tief, nachts soll Regen kommen.
Wir könnten von hier zum Wasserfall wandern, auch Sørvágur besuchen. Unser Liegeplatz ist gut
geschützt, aber ohne Strom und Wasser. Bis zum Olavstag in der nächsten Woche wollen wir auf
den Färöern bleiben, könnten dann von Torshavn zu den Shetlands weiter segeln. Ein Zwischenstop
auf der Insel Sandoy wäre auch möglich, wenn das Wetter mitspielen würde. Wir legen kurz nach
10 Uhr ab. Der Wind nimmt bis zum frühen Nachmittag bis auf 17 kn zu. Anfangs muss ich kreuzen,
später ein Reff einziehen. Querab von Sandoy wird der Wind immer schwächer, der Strom kommt von
vorn. Obwohl wir segeln, werden wir auf dem Kartenplotter nur nach Westen versetzt. Ich hoffe,
dass der Wind dreht und der Strom kentert. Um 18 Uhr gebe ich es auf, starte den Motor. Von
Westen kommen erste Wolken. Für die nächsten Tage ist wechselhaftes Wetter zu erwarten. Das
wollen wir lieber in Tvøroyri auf Suduroy abwarten. Dort fühlen wir uns fast wie zu Hause,
können duschen und Wäsche waschen. Jetzt schiebt der Strom mit. Es geht vorbei an den Inseln
Skugvoy, Stora und Litla Dimon. Das Wasser ist wieder unruhig, der Wind kommt direkt von vorn.
Uns begegnen die Fähre „Smyril“ nach Torshavn und das recht kleine Schiff der Coast Guard.
Die isländische Coast Guard hatte viel größere und mit moderner Radartechnik ausgerüstete
Schiffe. Um 22.45 Uhr sind wir im Hafen. Der Hafenmeister Chris Jan erscheint kurze Zeit
später. Er bringt uns den Schlüssel für das Hafenamt. Von zu Hause aus dem Fenster hat er uns
gesehen. „Ich kenne Ihren Boot“ sagt er auf deutsch. Schließlich sind wir zum vierten Mal hier.
Do. 22.07.10 Hafentag in Midvágur
Am Nachmittag fahren wir mit unseren Fahrrädern in den Ort. Wir besuchen das Museum über den
2. Weltkrieg. Die Färöer waren von britischen Truppen besetzt. Damals wurde der Flugplatz hier auf
Vágar gebaut. Es gab Bombardierungen, Flugzeugabschüsse und Abstürze, Schiffe wurden versenkt oder
liefen auf Seeminen. Über 200 Färinger kamen ums Leben. Gemessen an der geringen Bevölkerungszahl
soll das der höchste Prozentsatz in Europa gewesen sein. Unser nächstes Ziel ist Kalvalid, das
älteste noch erhaltene Haus auf Vágar, evtl. sogar auf den Färöern, von 1632 oder früher. Es liegt
oben am Berghang, wo wir bei schönem Wetter einen herrlichen Ausblick auf den Ort und die Umgebung
haben. Wir sehen den Binnensee, aus dem ein Wasserfall direkt ins Meer stürzt. Gestern Abend
sind wir dort vorbeigesegelt. Das Haus ist aus Felssteinen gebaut, hat ein Grassodendach und ist
darunter mit Birkenrinde isoliert. Eine Anwohnerin erzählt uns Einzelheiten. Eine offizielle
Führung kann man telefonisch bestellen. Hier wohnten die Witwen des Pfarrers. In dem Haus waren Küche
mit offenem Feuer, Wohnstube und Kuhstall unter einem Dach. Bis 1954 war es bewohnt. Innerhalb einer
ringförmigen Mauer aus Felssteinen war früher Heu aufgeschichtet. Die Mauer sollte die Schafe
daran hindern, unkontrolliert das Heu aufzufressen. Heute bei dem schönen Wetter wird auf den
Berghängen auch Heu geerntet und mit dem Auto nach Hause gebracht. Dann fahren wir zum Nachbarort
Sandavágur. Hier ist eine architektonisch sehr schöne Kirche, gebaut 1916, mit großen hellen
Fenstern. Im Gegensatz zu der in Midvágur, ist diese Kirche für Besucher geöffnet. Als Besonderheit
steht in einer Ecke ein Stein, beschriftet mit Runen mit dem Namen des angeblich ersten Siedlers an
dieser Stelle, 1200 von Rogaland gekommen. In dem kleinen Hafen ist ein Fischer auf seinem Boot.
Wir unterhalten uns, und Heidi lässt sich zwei Fische schenken. Auf dem Rückweg kommen wir an einem
Gästehaus vorbei. Wie uns vorher gesagt wurde, können wir hier für 20,- Kronen duschen. An Bord
filetiere ich die Fische, Heidi brät sie. Es ist auch noch Fisch von Heimaey übrig.
Mo. 19.07. bis Mi. 21.07.10 nach Midvágur/Färöer 266 sm in 47,5 Stunden
Nach Hafenhandbuch soll eine Stunde nach Hoch- bzw. Niedrigwasser der Tidenstrom kentern. Mein
PC berechnet mit dem Programm WXTide HW 20.45 UTC. Im Hafenbüro bekam ich eine kopierte Tabelle
mit HW 18.49 UTC. Ich frage auf dem Steg einen Fischer. Er sagt, die Tabelle ist für Reykjavik,
also stimmt WXTide. Wir legen 22.45 Uhr ab. Trotzdem haben wir 2 bis 3 kn Strom von vorn. Mit Motor
kommen wir aber gegen an. Auch vor drei Jahren hatten wir das erlebt. Die Aussage im Hafenhandbuch
muss falsch sein. Aus physikalischer Überlegung müsste die Verschiebung eine viertel Periode sein,
das wären drei Stunden. Der Wind ist anfangs schwach, auch fast eine Stunde Flaute haben wir in
der Nacht. Dann weht er jedoch beständig aus südlicher Richtung. Wir fahren nach Ostsüdost, also
sicherer Anlieger, später Halbwind aus Südwest. Die See ist erstaunlich ruhig. Das Boot fährt wie
auf Schienen. Bei 10 kn bis zu 20 kn Wind wechsele ich mal zwischen Genua und Fock 1. Meistens
laufen wir um 6 kn, zuweilen über 7 kn. Es ist bewölkt, die Temperatur 12 bis 15°C. Wie immer
wechseln wir nach Bedarf die Wachen. Am Mittwoch Morgen regnet es vorübergehend. Vormittags flaut der
Wind kurz ab, springt dann auf Nord, später Nordwest um und legt kräftig zu. Ich reffe ein,
nehme kurzzeitig sogar die prophylaktisch angeschlagene Fock 2. Als Ziel hatten wir Vestmanna
geplant. Der Hafen liegt in einem engen Sund mit starkem Tidenstrom zwischen den Inseln Stremoy
und Vágar. Die Berechnung ergibt, dass er abends zwar mit uns ist, ich weiß aber nicht, wie stark
er tatsächlich sein wird. Wir ändern den Kurs auf den breiteren Mykines Fjord weiter westlich.
An der Einfahrt haben wir zunächst Stillwasser, dann sind es aber bald 2 kn Strom von hinten.
Obwohl jetzt Wind und Strom gleichgerichtet sind, ist das Wasser sehr unruhig. Die Enge erzeugt
Düseneffekt, später kommen Fallböen von den steilen Felswänden dazu. Ich habe vorher das Groß
geborgen, wir segeln nur mit Fock 1 Rumpfgeschwindigkeit. Die letzten 5 sm bis zum Hafen Midvágur
kommt der starke Wind mit über 35 kn von vorn. Die Bootsgeschwindigkeit geht zuweilen auf unter 2
kn runter. Kurz nach 22 Uhr sind wir im Hafen. Wie auf Knopfdruck ist der Wind normal. Im Becken
des ersten Kleinboothafens gehen wir an einen Fischkutter. Eine halbe Stunde später kommt der
Fischer. Er will morgen Vormittag raus. Hinter uns ist ein freier Platz, an den wir uns verholen
können. Am nächsten Morgen telefoniert ein anderer Fischer mit dem Hafenmeister. Der bestellt den
Zollbeamten zum Einklarieren. Dieser kommt gegen Mittag vom nahen Flugplatz. Der gut aussehende
junge Mann erledigt routinemäßig schnell die Formalitäten.
Sa. 17.07. bis Mo. 19.07.10 nach Höfn/Hornafjördur 157 sm
Den Vormittag verbringen wir noch in Heimaey. Die Sonne scheint, ich will Fotoaufnahmen machen:
die kleine norwegische Stabkirche an der Einfahrt, wo früher die Festung Skansin war, zum Friedhof
mit dem Torbogen, der nach dem Vulkanausbruch 1973 zwei Meter hoch in Asche versunken war, gegenüber
die große Kirche, der Kliff-Berg in der Sonne. Das Hafenbüro ist geschlossen, vom Hafenmeister
können wir uns leider nicht mehr verabschieden. Im Hafen ist „Fisch“-Tag, eine Verkaufsveranstaltung.
Wir nehmen Trockenfisch mit, um zu Hause für unsere Freunde Baccalao zu kochen. Kostenlos kann man
Hummersuppe probieren. Nach einem kleinen Einkauf legen wir um 13 Uhr ab. Wir nehmen Kurs auf Höfn
im Südosten von Island. Von dort sind es 100 sm weniger zu den Färöern als direkt von den
Westmännerinseln. Erst nach einer Stunde haben wir leichten Segelwind, anfangs aus West von hinten,
am nächsten Tag Anliegerkurs aus Ost bis Südost mit Flautenzeiten. In Höfn zeigte das Windinstrument
als Maximalwert nur 12 kn an. 41% der Strecke sind Motormeilen. Bei viel Sonne und Temperaturen
bis 21°C haben wir eine herrliche Sicht auf die Südküste Islands. Dort gibt es keinen Hafen. Das
Wetter ist stabil. Den ganzen Sonnabendnachmittag sehen wir den Eyafjallajökull, ständig mit einer
sich verändernden Dampfwolke. Der Gletscher ist schwarz von der Vulkanasche des letzten Ausbruchs
vor drei Monaten. Östlich davon kommt der größere Gletscher Myrdalsjökull hervor. Zwischen beiden
Gletschern liegt der Fimvörduhals, der Vulkan, der in diesem Jahr im März als erster ausgebrochen
ist und Lava gespuckt hat. Aus dem Eyafjallajökull kam später nur Asche, die durch schmelzendes
Gletschereis und flüssige Lava gebildet wurde. Die Folge waren die Sperrungen des Luftraumes in
ganz Europa. Das Schmelzwasser führte außerdem zu einem sog. Gletscherlauf mit Schlammlawinen
und Überschwemmungen. Um 20.30 Uhr segeln wir an dem Felsentor von Dyrholaey vorbei. Dann kommt der
Ort Vik, bis zu dem wir vor drei Jahren von Reykjavik mit dem Bus gefahren sind. Im Fernglas sehen
wir die Wasserfälle Seljalandsfoss und Skogafoss. In der immer noch hellen Nacht wechseln wir
mehrmals die Wache. Dann folgt ein langer flacher Küstenabschnitt, der an Land von früheren
Überschwemmungen und Gletscherläufen ziemlich öde ist. Es gibt kaum Ortschaften. Sonntag
Nachmittag um 17 Uhr sind wir querab von Ingolshöfdi, einem riesigen langgestreckten Felsen mit
einem Leuchtturm, dahinter ist eine Lagune. Weiter landeinwärts liegt der gewaltige Vatnajökull,
der größte Gletscher Europas (Grönland ausgenommen) mit dem höchsten Gipfel Hvannadalshnnukur
über 2110 m. Hjördis und Björgvin aus Akranes haben ihn im May 2009 anlässlich ihrer beider 50.
Geburtstage bestiegen. Sie hatten schlechtes Wetter, wollen es irgendwann nochmals wagen. Viele
Gletscherzungen reichen bis in die Ebene. Unter dem Gletscher ist der Vulkan Grimsvötn. Den
Gletschersee Jökullsarlon können wir von See nicht ausmachen. In der Nacht zu Montag bewölkt es
sich. Zeitweise haben wir Nieselregen und leichten Nebel. Morgens gegen 7 Uhr vor Höfn ruft Heidi
zunächst auf Kanal 12, dann Kanal 16 Port Control. Das Hafenbüro ist noch nicht besetzt, es meldet
sich aber die Coast Guard. Sie telefoniert mit dem Hafenmeister. Er wird sich um 8 Uhr auf Kanal
16 melden. Nach unserer Tidenberechnung läuft z. Z. noch starker Tidenstrom durch die enge
Einfahrt in die beiden großen Lagunen Hornafjördur und Skardsfjördur dahinter. An den flachen
Kanten der Einfahrt sehen wir das Wasser schäumen. Von bis zu 11 kn Strom lesen wir im
Hafenhandbuch. Deshalb warten wir 1 Stunde vor der Einfahrt. Als wir dann doch einfahren, schiebt
es immer noch gewaltig. Ich messe 3 kn Differenz zwischen GPS und Log. Es strudelt um uns. Als
wir vor drei Jahren hier waren, hatten wir zufällig eine ruhigere Phase, hatten aber keinen
detaillierten Hafenplan. Erst nachdem wir den Pilot per Funk gerufen haben, fanden wir doch selbst
den richtigen Weg anhand der Richtbaken, die ich anfangs übersehen hatte. Jetzt kennen wir die
schmale Fahrrinne und haben einen GPS-Kartenplotter. Trotzdem ist es aufregend. Vor einigen Tagen
soll ein Segelboot auf eine Sandbank gefahren sein, hatte der Hafenmeister in Heimaey erzählt.
Um 8.30 Uhr liegen wir am Schwimmsteg hinter einem holländischen Segelboot. An Bord sind 5 Männer.
Vor 2 Tagen sind sie angekommen. Sie sprechen von Crew-Wechsel, wie wir es von den meisten
anderen Booten, die wir trafen, auch gehört haben. Der Hafenmeister kommt kurz vorbei und begrüßt
uns. Auf dem neuen Schwimmsteg ist Strom und Wasser. Im Hafenbüro sehe ich mir im Internet die
Wetterkarten an. Die Bedingungen scheinen günstig zu sein, um in den nächsten drei Tagen zu
den Färöern zu segeln, ca. 250 sm. Noch vormittags gehen wir in das ebenfalls neue Schwimmbad und
machen Einkäufe. Bis auf einen Rest von 100,- Kronen (0,70€) geben wir unser isländisches Geld aus.
Do 15.07. und Fr. 16.07.10 Hafentage auf Heimaey
Früh morgens geht die Tide wieder hoch. An der „Glüxburg“ liegt inzwischen ein
polnischer Segler „Bies“ längsseits, ein Zweimaster, Stahlschiff etwas älteren Baujahrs.
Heidi erfragt später: „Bies“ heißt „Teufel“ auf polnisch. Die Crew hat das Boot in Bergen
übernommen, in drei Tagen ist Crewwechsel in Reykjavik. Weiter hinten im Hafen liegt ein
alter Holzkutter “Blátindur“. Nachts hatte ein Fischkutter dort festgemacht. Ich erinnere
mich, vor drei Jahren lag “Blátindur“ schon da und ein Segler daran. Wir suchen den Hafenmeister
auf, fragen ob wir uns dorthin verholen dürfen, kein Problem. Vor der Hafeneinfahrt und auf dem
AIS sehe ich ein Kreuzfahrtschiff. Es geht dann nördlich der Insel vor Anker. Mit Tenderbooten
werden Passagiere an Land gebracht. Busse stehen für eine Inselrundfahrt bereit, auch ein
Ausflugsschiff legt ab, andere Kreuzfahrer gehen durch den Ort. Wir nehmen nach dem Umlegen
unsere Badesachen. Ich habe die Bordfahrräder an Land gebracht. Damit sind wir schnell im
Schwimmbad. Es wurde inzwischen um Planschbecken und Rutschen für Kinder erweitert. Am Nachmittag
steige ich auf den Heimaklettur, 283 m hoch, die höchste Erhebung der Insel, direkt gegenüber
vom Hafen. Ein verschwitzter junger Mann kommt gerade von oben. Er gibt mir knappe Hinweise.
Der Anstieg ist steil, anfangs rutschige Lavaasche, dann einige Leitern und mit Ketten gesicherte
Abschnitte. Später geht es in Serpentinen einen grasbewachsenen Hang steil hinauf und auf einem
schmalen Grat zum Gipfel. Am Hang weiden Schafe. Ich frage mich, wie sie wohl die Leitern
hochgestiegen sind. Oben eröffnet sich eine grandiose Aussicht über die Insel und weiter südwärts
bis zu der 1963 entstandenen Vulkaninsel Surtsay. Im Nordosten liegt der Eyafjallajökull. Der
Gipfel ist allerdings von Wolken verhüllt. Als ich umkehren will, kommen zwei junge Frauen, tragen
sich ins Gipfelbuch ein und kehren sofort wieder um. Ich steige langsam und vorsichtig abwärts.
Unten steigt ein junger Mann aus dem Auto, will noch hoch und fragt, wie viel Zeit ich benötigt
hätte. Bergsteigen nach Zeit ist hier anscheinend „in“. Zurück an Bord berichtet Heidi, sie hat mich die
ganze Zeit mit dem Fernglas beobachtet. Auf dem Deck des Holzkutters und auch in Häuserecken
liegen kleine Haufen feiner dunkelgrauer Vulkanasche, die hier vom Eyafjallajökull niedergegangen
ist. Heidi füllt als Mitbringsel für unsere Freunde Asche in Gläser und Plastiktüten. Unser
Segelfreund Erich will darauf Tomaten züchten, hat er per SMS geschrieben. Am Feitag fahren wir
früh beim Hafenbüro vorbei und informieren uns im Internet über die Wetteraussichten. Im Osten
Islands und über den Färöern ist ein Sturmtief. Morgen im Laufe des Tages könnten wir in Richtung
Hornafjördur segeln. Für den direkten Weg zu den Färöern gibt es keine sichere Wetter-Prognose.
Inzwischen könnte ein neues atlantisches Tief durchziehen. Hier scheint die Sonne, der Wind
frischt jedoch auf. Heidi ist bereit, mit auf den Kliff-Berg zu steigen. Auf dem Insel-Plan
sind „Wander“-wege eingezeichnet. Die erweisen sich dann als noch schwieriger wie gestern.
Wir schaffen es, an Seilen und Ketten den rutschigen Anstieg und Kletterabschnitte über Felsen
zu überwinden. Mir kommen Erinnerungen an meine Studentenzeit und Klettertouren in der Sächsischen
Schweiz. Zusammen mit Heidi, wir waren jung verheiratet, haben wir mehrere Gipfel der Tatra in der
Slowakei bestiegen. Sie hat noch heute den Abstieg vom Gerlach (3400 m) als Überforderung in
Erinnerung. Heute ist der Eyafjallajökull gut zu sehen. Immer wieder sehen wir eine Dampfwolke
aus dem Krater aufsteigen. Leider haben wir wieder unser gutes Fernglas vergessen. Der Abstieg
wird weniger anstrengend als erwartet. Mehrmals müssen wir unsere Schuhe ausziehen, um Asche und
Steine auszuschütten. Unten am Hafen wird kistenweise Fisch ausgeladen. Heidi geht zum
Gabelstaplerführer. Der stellt ihr eine große Kiste mit „Cod“ vor die Füße. Sie sucht sich von
den großen Fischen den kleinsten aus. Meine selbst geangelten Fische waren meist noch kleiner.
Ich schnalle ihn quer auf den Gepäckträger vom Fahrrad. Ab geht’s damit zum Boot. Dann fahren
wir mit Brett und Messer bewaffnet zurück zum Hafenbüro. Dort findet sich in der Garage ein
Waschbecken. Zwei große Filets sind die Ausbeute. Die nächste Aktion ist Diesel tanken und
Wasser nehmen. Dazu müssen wir uns an die Tankstelle umlegen. Der Tankwart wird per Telefon
gerufen, er kommt mit dem Auto. Dann fahre ich fast einen Kilometer mit ihm zum Büro, bezahle
mit EC-Karte. Von den Anstrengungen erholen wir uns danach im Schwimmbad. Abends gibt es die
erste Portion des Fisches, zubereitet im Mikrowellengrill. Der Hafenmeister Sven hatte uns
extra ein Verlängerungskabel für Strom über die Pier gelegt. Die letzte Portion von diesem Fisch
essen wir erst auf den Färöern.
Mi. 14.07.10 nach Heimaey/Vestmannaeyjar 45 sm
Wir legen früh 6.40 Uhr ab. Die Sonne scheint, der Wind ist schwach, anfangs Ost, später
Südwest, dann Süd. Zweimal läuft für eine Stunde der Motor, ansonsten segeln wir, wenn auch nur
langsam. Vormittags kommt uns die Fähre von Heimaey entgegen. Um 12 Uhr soll sie wieder
auslaufen. Gegen 14 Uhr sehe ich sie von hinten aufkommen. Wir segeln unter Autopilot auf den
Faxasund vor der Hafeneinfahrt von Heimaey zu. Auf dem AIS und im Fernglas sehe ich, die Fähre
hat genau Kurs auf uns, läuft über 15 kn, wir 2 kn. Nach den internationalen
Kollisionsverhütungsregeln ist sie ausweichpflichtig, wir kurshaltepflichtig. Als sie nur
noch 1 sm hinter uns ist, sehen wir noch immer keine Kursänderung. Wenn ich jetzt ausweiche,
könnte es sein, dass die Fähre ihren Kurs in die gleiche Richtung ändert. Bei unserer geringen
Geschwindigkeit kämen wir nicht mehr weg. Auf dem AISEmpfänger lese ich ihre MMSI-Rufnummer.
Ich hatte vorher in der Bedienungsanleitung nachgeschlagen, wie ich das Funkgerät zu bedienen
habe: „Call“ drücken, „Individual“ auswählen, wieder „Call“, Funkkanal auswählen, „Enter“,
MMSI eintippen, „Call“. Es ruft, die Fähre ist dicht hinter uns. Ich warte, dann meldet sich jemand.
Ich sage: „You steer on collision to us“. Heidi hört: “I see you!” Ich rufe aufgeregt: “We are
sailing, we are very slowly!” Die Antwort: “That’s my course!” Doch dann macht die “Herjolfur”
einen Schlenker, fährt ca. 100 m rechts neben uns vorbei und tutet. Genau nach derselben Seite
wäre ich sonst als Manöver des letzten Augenblicks ausgewichen, zur anderen Seite hätte ich
halsen müssen, und normalerweise sollte man wie auf der Straße links überholen. Dann hätte es
wohl gekracht, unser Törn und vielleicht unser Leben wären zu Ende gewesen. Es ist in all den
Jahren dem Fährschiffskapitän wohl noch nie vorgekommen, dass ein kleines Segelboot zufällig
den gleichen Kurs fährt. Es gibt Parallelen zu unserer Begegnung mit der „Norröna“ vor Seydisfjördur.
Dort kam die Fähre von vorne. Der Abstand war noch ausreichend, als sie den Kurs genau auf uns
zu richtete. Wir waren wohl auch auf „ihrem Kurs“. Damals konnte ich rechtzeitig nach rechts
ausweichen. Wir haben uns aber gefragt, ob wir überhaupt gesehen wurden, und wie ein Schiff
wissentlich direkt auf uns zusteuern konnte, obwohl es vorher einen anderen Kurs gefahren ist
und ausreichend Platz neben uns war. Für mich ist die Frage aktuell, ob wir in einen
AIS-Transponder investieren sollten. Das bedeutet jedoch zusätzlichen Stromverbrauch und die
empfangenen Daten kann ich nicht auf meinem kleinen PDA einblenden. Der PC müsste als Seekartenplotter
ständig laufen oder ich muss noch mehr in Technik investieren. Spannend wird für uns die
Hafenansteuerung mit der engen Durchfahrt neben der Felseninsel Faxa unter Segeln. Das Segelbergen
und der Slalomkurs in den uns schon bekannten Hafen ist fast Routine. Am Schwimmsteg für Gäste
liegen zwei norwegische Boote. Schräg gegenüber an der Pier mit Lkw-Reifen liegt ein großes
deutsches Boot, eine 61-Fuß-X-Yacht, die „Glüxburg“ des DHH (Deutscher Hochseesportverband
„Hansa“ e. V.) aus Glücksburg. Wir gehen dahinter an die Pier. Es ist Hochwasser. Mein
Computerprogramm hat eigenartigerweise keine Tidenwerte für die Westmännerinseln, auch nicht für
Þorlakshöfn. Dort waren es mehrere Meter, aber am Kutter kein Problem. Hier muss ich nachts
zweimal die Leinen verlängern, es sind schätzungsweise 4 m Tidenhub. Abends jagen Schlauchboote
mit Vollgas durch den Hafen. Ich befürchte, dass unsere Fender sich trotz Fenderbrett in
den Gummireifen verhaken und abreißen. Erst nachdem ich mehrmals laut rufe, kapieren die
Raser anscheinend. Ich bin an diesem Abend aufgeregt wie schon lange nicht mehr und schlafe
schlecht.
29.07.2010
Mo. 12.07. und Di. 13.07.10 nach Þorlakshöfn 94 sm
Morgens schreibe ich die E-Mail, schicke den Bericht ab. Um 10.15 Uhr legen wir ab. Der Wind
bleibt schwach um NW. Bis in Höhe Kevlavik können wir segeln, wenn auch nur langsam. Nach
einem kurzen Holeschlag ist der Wind weg. Wir angeln, vier kleine Dorsche. Westlich der
Halbinsel Reykjanes Richtung Süden müssen wir unter Motor fahren. An der Südwestspitze
treffen zwei Meeresströmungen aufeinander und bilden Stromwirbel. Inzwischen ist es
Mitternacht. 1,5 Stunden später können wir wieder segeln bei leichtem Wind aus Nordost.
Zwischenzeitlich läuft der Motor einmal eine dann noch eine halbe Stunde. Schließlich müssen
wir noch kreuzen. Gegen 15 Uhr legen wir in Þorlakshöfn südöstlich von Reykjavik längsseits
an einem alten Fischkutter an. Als wir an Land gehen wollen, steht ein Polizeiauto auf der
Pier. Wir werden gefragt, woher wir kommen. Die Einklarierungspapiere von Djupivogur wollen
sie auch noch sehen. Wir wollen ins Schwimmbad, wir können im Auto mitfahren. Die Tasche mit
den Bootspapieren nehmen wir mit, dabei vergesse ich das Boot zu verschließen. Heidi lässt
sich einen Schrankschlüssel geben, um alles sicher zu verwahren. Auf dem Rückweg kurz vor dem
Hafen bemerkt sie, dass sie den Schrankschlüssel noch hat. Ich bleibe an Bord, Heidi bringt
den Schlüssel zurück und macht einen kleinen Einkauf. Þorlakshöfn ist bisher Fährhafen zu den
Westmännerinseln. Eigentlich sollte die Fähre ab 1. Juli von einem neuen Hafen direkt gegenüber
bei Bakka verkehren, wo sich auch der Flugplatz nach Heimaey befindet. Das wurde auf Ende Juli
verschoben. Abends kommt sie in den Hafen und fährt anschließend zurück. Sie verkehrt zweimal
jeden Tag.
Mi. 14.07.10 nach Heimaey/Vestmannaeyjar 45 sm
Wir legen früh 6.40 Uhr ab. Die Sonne scheint, der Wind ist schwach, anfangs Ost, später Südwest,
dann Süd. Zweimal läuft für eine Stunde der Motor, ansonsten segeln wir, wenn auch nur langsam.
Vormittags kommt uns die Fähre von Heimaey entgegen. Um 12 Uhr soll sie wieder auslaufen. Gegen
14 Uhr sehe ich sie von hinten aufkommen. Wir segeln unter Autopilot auf den Faxasund zu,
dahinter ist die Hafeneinfahrt. Auf dem AIS und im Fernglas sehe ich, die Fähre hat genau Kurs
auf uns, läuft über 15 kn, wir 2 kn. Nach den internationalen Kollisionsverhütungsregeln ist
sie ausweichpflichtig, wir kurshaltepflichtig. Als sie nur noch 1 sm hinter uns ist, ist noch
immer keine Kursänderung zu sehen. Wenn ich jetzt ausweiche, könnte es sein, dass die Fähre
ihren Kurs in die gleiche Richtung ändert. Bei unserer geringen Geschwindigkeit kämen wir
nicht mehr weg. Auf dem AIS-Empfänger sehe ich ihre MMSI-Rufnummer. Ich hatte vorher in der
Bedienungsanleitung nachgelesen, wie ich das Funkgerät zu bedienen habe: „Call“ drücken,
„Individual“ auswählen, wieder „Call“, Funkkanal auswählen, „Enter“, MMSI eintippen, „Call“.
Es ruft, die Fähre ist dicht hinter uns. Ich warte, dann meldet sich jemand. Ich sage:
„You steer on collision to us“. Heidi hört: “I see you!” Ich rufe aufgeregt: “We are sailing,
we are very slowly!” Die Antwort: “That’s my course!” Doch dann macht die “Herjolfur” einen
Schlenker, fährt ca. 100 m rechts neben uns vorbei und tutet. Genau nach derselben Seite wäre
ich sonst als Manöver des letzten Augenblicks ausgewichen, zur anderen Seite hätte ich halsen müssen,
und normalerweise soll man wie auf der Straße links überholen. Und dann hätte es wohl gekracht, unser
Törn und vielleicht unser Leben wären zu Ende gewesen. Es ist in all den Jahren dem Fährschiffskapitän
wohl noch nie vorgekommen, dass ein kleines Segelboot zufällig den gleichen Kurs fährt. Es gibt
Parallelen zu unserer Begegnung mit der „Norröna“ vor Seydisfjördur. Dort kam die Fähre allerdings
von vorne. Der Abstand war noch ausreichend, als sie den Kurs genau auf uns richtete. Wir waren wohl
auch auf „ihrem Kurs“. Damals konnte ich rechtzeitig nach rechts ausweichen. Wir haben uns aber
gefragt, ob wir überhaupt gesehen wurden, und wie ein Schiff wissentlich direkt auf uns zusteuern
konnte, obwohl es vorher einen anderen Kurs gefahren ist und ausreichend Platz neben uns war.
Vielleicht ging es darum, zu zeigen, wer der Stärkere ist??? Für mich ist die Frage aktuell, ob wir
in einen AIS-Transponder investieren sollten. Das bedeutet jedoch zusätzlichen Stromverbrauch und
die empfangenen Daten kann ich nicht auf meinem kleinen PDA einblenden. Der PC müsste als
Seekartenplotter ständig laufen oder ich muss noch mehr in Technik investieren. Spannend wird für
uns dann auch die Hafenansteuerung mit der engen Durchfahrt neben der Felseninsel Faxa unter Segeln.
Das Segelbergen und der Slalomkurs in den uns schon bekannten Hafen ist fast Routine.
Heimaey Fischtransport
Am Schwimmsteg
für Gäste liegen schon zwei norwegische Boote. Schräg gegenüber an der Pier mit Lkw-Reifen liegt
ein großes deutsches Boot, eine 61- Fuß-X-Yacht, die „Glüxburg“ aus Glücksburg. Wir gehen dahinter
an die Pier. Es ist Hochwasser. Mein Computerprogramm hat eigenartigerweise keine Tidenwerte für die
Westmännerinseln, auch nicht für Þorlakshöfn. Dort waren es mehrere Meter, aber am Kutter kein Problem.
Hier muss ich nachts zweimal die Leinen verlängern, es sind schätzungsweise 4 m Tidenhub. Abends
jagen Schlauchboote mit Vollgas durch den Hafen. Ich befürchte, dass unsere Fender sich trotz
Fenderbrett in den Gummireifen verhaken und abreißen. Erst nachdem ich mehrmals laut rufe, kapieren die
Raser anscheinend. Ich bin an diesem Abend aufgeregt wie schon lange nicht mehr, ich schlafe schlecht.
Do 15.07. und Fr. 16.07.10 Hafentage auf Heimaey
Früh morgens geht die Tide wieder hoch. An der „Glüxburg“ liegt inzwischen ein polnischer Segler
„Bies“ längsseits, ein Zweimaster, Stahlschiff etwas älteren Baujahrs. Heidi erfragt später:
„Bies“ heißt „Teufel“ auf polnisch. Die Crew hat das Boot in Bergen übernommen, in drei Tagen
ist Crewwechsel in Reykjavik. Weiter hinten im Hafen liegt ein alter Holzkutter “Blátindur“.
Nachts hatte ein Fischkutter dort festgemacht. Ich erinnere mich, vor drei Jahren lag “Blátindur“
schon da und ein Segler daran. Wir suchen den Hafenmeister auf, fragen ob wir uns dorthin verholen
dürfen, kein Problem. Vor der Hafeneinfahrt und auf dem AIS sehe ich ein Kreuzfahrtschiff. Es
geht dann nördlich der Insel vor Anker. Mit Tenderbooten werden Passagiere an Land gebracht. Busse
stehen für eine Inselrundfahrt bereit, auch ein Ausflugsschiff legt ab, andere Kreuzfahrer gehen
durch den Ort. Wir nehmen nach dem Umlegen unsere Badesachen. Ich habe die Bordfahrräder an Land
gebracht. Damit sind wir schnell im Schwimmbad. Es wurde inzwischen um Planschbecken und Rutschen
für Kinder erweitert. Am Nachmittag steige ich auf den Heimaklettur, 283 m hoch, die höchste
Erhebung der Insel, direkt gegenüber vom Hafen. Ein verschwitzter junger Mann kommt gerade von oben.
Er gibt mir knappe Hinweise. Der Anstieg ist steil, anfangs rutschige Lavaasche, dann einige
Leitern und mit Ketten gesicherte Abschnitte. Später geht es in Serpentinen einen grasbewachsenen
Hang steil hinauf und auf einem schmalen Grat zum Gipfel. Am Hang weiden Schafe. Ich frage mich,
wie sie wohl die Leitern hochgestiegen sind. Oben eröffnet sich eine grandiose Aussicht über
die Insel und weiter südwärts bis zu der 1963 entstandenen Vulkaninsel Surtsay. Im Nordosten
liegt der Eyafjallajökull. Der Gipfel ist allerdings von Wolken verhüllt. Als ich umkehren will,
kommen zwei junge Frauen, tragen sich ins Gipfelbuch ein und kehren sofort wieder um. Ich steige
langsam und vorsichtig abwärts. Unten steigt ein junger Mann aus dem Auto, will noch hoch und fragt,
wie viel Zeit ich benötigt hätte. Bergsteigen nach Zeit ist hier anscheinend „in“. Zurück an Bord
berichtet Heidi, sie hat mich die ganze Zeit mit dem Fernglas beobachtet. Auf dem Deck des
Holzkutters und auch in Häuserecken liegen kleine Haufen feiner dunkelgrauer Vulkanasche, die hier
vom Eyafjallajökull niedergegangen ist. Heidi füllt als Mitbringsel für unsere Freunde Asche in
Gläser und Plastiktüten. Unser Segelfreund Erich will darauf Tomaten züchten, hat er per SMS
geschrieben. Am Feitag fahren wir früh beim Hafenbüro vorbei und informieren uns im Internet über die
Wetteraussichten. Im Osten Islands und über den Färöern ist ein Sturmtief. Morgen im Laufe des
Tages könnten wir in Richtung Hornafjördur segeln. Für den direkten Weg zu den Färöern gibt es
keine sichere Wetter-Prognose. Inzwischen könnte ein neues atlantisches Tief durchziehen. Hier
scheint die Sonne, der Wind frischt jedoch auf. Heidi ist bereit, mit auf den Kliff-Berg zu
steigen. Auf dem Insel-Plan sind „Wander“-wege eingezeichnet. Die erweisen sich dann als noch
schwieriger wie gestern. Wir schaffen es an Seilen und Ketten den rutschigen Anstieg und
Kletterabschnitte über Felsen zu überwinden. Mir kommen Erinnerungen an meine Studentenzeit und
Klettertouren in der Sächsischen Schweiz. Zusammen mit Heidi, wir waren jung verheiratet, haben
wir mehrere Gipfel der Tatra in der Slowakei bestiegen. Sie hat noch heute den Abstieg vom
Gerlach (3400 m) als Überforderung in Erinnerung. Heute ist der Eyafjallajökull gut zu sehen.
Immer wieder sehen wir eine Dampfwolke aus dem Krater aufsteigen. Leider haben wir wieder
unser gutes Fernglas vergessen. Der Abstieg wird weniger anstrengend als erwartet. Zwischendurch
müssen wir unsere Schuhe ausziehen und Asche und Steine ausschütten. Unten am Hafen wird
kistenweise Fisch ausgeladen. Heidi geht zum Gabelstaplerführer. Der stellt ihr eine große Kiste
mit „Cod“ vor die Füße. Sie sucht sich von den großen Fischen den kleinsten aus. Meine selbst
geangelten Fische waren meist noch kleiner. Ich schnalle ihn quer auf den Gepäckträger vom
Fahrrad. Ab geht’s damit zum Boot. Dann fahren wir mit Brett und Messer bewaffnet zurück zum
Hafenbüro. Dort findet sich in der Garage ein Waschbecken. Zwei große Filets sind die Ausbeute.
Die nächste Aktion ist Diesel tanken und Wasser nehmen. Dazu müssen wir uns an die Tankstelle
umlegen. Der Tankwart wird per Telefon gerufen, er kommt mit dem Auto. Dann fahre ich fast einen
Kilometer mit ihm zum Büro, bezahle mit EC-Karte. Von den Anstrengungen erholen wir uns danach im
Schwimmbad. Abends gibt es die erste Portion des Fisches, zubereitet im Mikrowellengrill. Der
Hafenmeister Sven hatte uns extra ein Verlängerungskabel für Strom über die Pier gelegt. Die letzte
Portion von diesem Fisch essen wir erst auf den Färöern.
Sa. 17.07. bis Mo. 19.07 nach Höfn/Hornafjördur 157 sm
Den Vormittag verbringen wir noch in Heimaey. Die Sonne scheint, ich will Fotoaufnahmen
machen: die kleine norwegische Stabkirche an der Einfahrt, wo früher die Festung Skansin war,
zum Friedhof mit dem Torbogen, der nach dem Vulkanausbruch 1973 zwei Meter hoch in Asche
versunken war, gegenüber die große Kirche, der Kliff-Berg in der Sonne. Das Hafenbüro ist
geschlossen, vom Hafenmeister können wir uns leider nicht mehr verabschieden. Im Hafen ist
„Fisch“-Tag, eine Verkaufsveranstaltung. Wir nehmen Trockenfisch mit, um zu Hause für
unsere Freunde Baccalao zu kochen. Kostenlos kann man Hummersuppe probieren. Nach einem
kleinen Einkauf legen wir um 13 Uhr ab. Wir nehmen Kurs auf Höfn im Südosten von Island.
Von dort sind es 100 sm weniger zu den Färöern als direkt von den Westmännerinseln. Erst
nach einer Stunde haben wir leichten Segelwind, anfangs aus West von hinten, am nächsten
Tag Anliegerkurs aus Ost bis Südost mit Flautenzeiten. In Höfn zeigte das Windinstrument
als Maximalwert nur 12 kn an. 41% der Strecke sind Motormeilen. Bei viel Sonne und
Temperaturen bis 21°C haben wir eine herrliche Sicht auf die Südküste Islands. Dort gibt
es keinen Hafen. Das Wetter ist stabil. Den ganzen Sonnabendnachmittag sehen wir den
Eyafjallajökull, ständig mit einer sich verändernden Dampfwolke. Der Gletscher ist schwarz
von der Vulkanasche des letzten Ausbruchs vor 3 Monaten. Östlich davon kommt der größere
Gletscher Myrdalsjökull hervor. Zwischen beiden Gletschern ist der Fimvörduhals, der
Vulkan, der in diesem Jahr als erster ausgebrochen ist und Lava gespuckt hat. Aus dem
Eyafjallajökull kam später nur Asche, die durch schmelzendes Gletschereis und flüssige Lava
gebildet wurde. Die Folge waren die Sperrungen des Luftraumes in ganz Europa. Das
Schmelzwasser führte außerdem zu einem sog. Gletscherlauf mit Schlammlawinen und
Überschwemmungen. Um 20.30 Uhr segeln wir an dem Felsentor von Dyrholaey vorbei. Dann
kommt der Ort Vik, bis zu dem wir vor drei Jahren mit dem Bus gefahren sind. Im Fernglas
sehen wir die Wasserfälle Seljalandsfoss und Skogafoss.
Seljalandsfoss
In der immer noch hellen Nacht
wechseln wir mehrmals die Wache. Dann folgt ein langer flacher Küstenabschnitt, der an
Land von früheren Überschwemmungen und Gletscherläufen ziemlich öde ist. Es gibt kaum
Ortschaften. Sonntag Nachmittag um 17 Uhr sind wir querab von Ingolshöfdi, einem riesigen
langgestreckten Felsen mit einem Leuchtturm, dahinter ist eine Lagune. Weiter landeinwärts
liegt der gewaltige Vatnajökull, der größte Gletscher Europas (Grönland ausgenommen) mit
dem höchsten Gipfel Hvannadalshnnukur über 2110 m. Hjördis und Björgvin aus Akranes
haben ihn im May 2009 anlässlich ihrer beider 50. Geburtstage bestiegen. Sie hatten schlechtes
Wetter, wollen es irgendwann nochmals wagen.
Wanderung am Akrafjell
Viele Gletscherzungen reichen bis in die
Ebene. Unter dem Gletscher ist der Vulkan Grimsvötn. Den Gletschersee Jökullsarlon können
wir von See nicht ausmachen.
Akrafjell am Abend
In der Nacht zu Montag bewölkt es sich. Zeitweise haben wir
Nieselregen und leichten Nebel. Morgens gegen 7 Uhr vor Höfn ruft Heidi zunächst auf Kanal
12, dann Kanal 16 Port Control. Das Hafenbüro ist noch nicht besetzt, es meldet sich aber
die Coast Guard. Sie telefoniert mit dem Hafenmeister. Er wird sich um 8 Uhr auf Kanal 16
melden. Nach unserer Tidenberechnung läuft z. Z. noch starker Tidenstrom durch die enge
Einfahrt in die beiden großen Lagunen Hornafjördur und Skardsfjördur dahinter. An den flachen
Kanten der Einfahrt sehen wir das Wasser schäumen. Bis zu 11 kn Strom stehen im Hafenhandbuch.
Deshalb warten wir 1 Stunde vor der Einfahrt. Als wir dann doch einfahren, schiebt es immer
noch gewaltig. Ich messe 3 kn Differenz zwischen GPS und Log. Es strudelt um uns. Als wir
vor drei Jahren hier waren, hatten wir zufällig eine ruhigere Phase, hatten aber keinen
detaillierten Hafenplan. Erst nachdem wir den Pilot per Funk gerufen haben, fanden wir
doch selbst den richtigen Weg anhand der Richtbaken, die ich anfangs übersehen hatte. Jetzt
kennen wir die schmale Fahrrinne und haben einen GPS-Kartenplotter.
Ingolshöfdi Vatnajökull
Trotzdem ist es
aufregend. Vor einigen Tagen soll ein Segelboot auf eine Sandbank gefahren sein, hatte
der Hafenmeister in Heimaey erzählt. Um 8.30 Uhr liegen wir am Schwimmsteg hinter einem
holländischen Segelboot. An Bord sind 5 Männer. Vor 2 Tagen sind sie gekommen. Sie sprechen
von Crew-Wechsel, wie wir es von den meisten anderen Booten auch gehört haben, die
wir trafen. Der Hafenmeister kommt kurz vorbei und begrüßt uns. Auf dem neuen Schwimmsteg
ist Strom und Wasser. Im Hafenbüro sehe ich mir im Internet die Wetterkarten an. Die
Bedingungen scheinen günstig zu sein, um in den nächsten drei Tagen zu den Färöern zu segeln,
ca. 250 sm. Noch vormittags gehen wir in das ebenfalls neue Schwimmbad und machen
Einkäufe. Bis auf 100,- Kronen (0,70€) geben wir unser isländisches Geld aus.
Mo. 19.07. bis Mi. 21.07.10 nach Midvágur/Färöer 266 sm in 47,5 Stunden
Nach Hafenhandbuch soll eine Stunde nach Hoch- bzw. Niedrigwasser der Tidenstrom kentern.
Mein PC berechnet mit dem Programm WXTide HW 20.45 UTC. Im Hafenbüro bekam ich eine kopierte
Tabelle mit HW 18.49 UTC. Ich frage auf dem Steg einen Fischer. Er sagt, die Tabelle ist
für Reykjavik, also stimmt WXTide.
Reykjavik Halgrimmskirche
Wir legen 22.45 Uhr ab. Trotzdem haben wir 2 bis 3 kn
Strom von vorn. Mit Motor kommen wir aber gegen an. Auch vor drei Jahren hatten wir das
erlebt. Die Aussage im Hafenhandbuch muss falsch sein. Aus physikalischer Überlegung müsste
die Verschiebung eine viertel Periode sein, das wären drei Stunden später. Der Wind ist
anfangs schwach, auch fast eine Stunde Flaute haben wir in der Nacht. Dann weht er jedoch
beständig aus südlicher Richtung. Wir fahren nach Ostsüdost, also sicherer Anlieger,
später Halbwind aus Südwest. Die See ist erstaunlich ruhig. Das Boot fährt wie auf Schienen.
Bei 10 kn bis zu 20 kn Wind wechsele ich mal zwischen Genua und Fock 1. Meistens laufen wir
um 6 kn, zuweilen über 7 kn. Es ist bewölkt, die Temperatur 12 bis 15°C. Wie immer wechseln
wir nach Bedarf die Wachen. Am Mittwoch Morgen regnet es vorübergehend. Vormittags flaut der
Wind kurz ab, springt dann auf Nord, später Nordwest um und legt kräftig zu. Ich reffe ein,
nehme kurzzeitig sogar die prophylaktisch angeschlagene Fock 2. Als Ziel hatten wir Vestmanna
geplant. Der Hafen liegt in einem engen Sund zwischen den Inseln Stremoy und Vágar mit
starkem Tidenstrom. Die Berechnung ergibt, dass er abends zwar mit uns ist, ich weiß aber
nicht, wie stark er tatsächlich sein wird. Wir ändern den Kurs auf den breiteren Mykines
Fjord weiter westlich. An der Einfahrt haben wir zunächst Stillwasser, dann sind es aber
schnell 2 kn Strom von hinten. Obwohl jetzt Wind und Strom gleichgerichtet sind, ist das
Wasser sehr unruhig. Die Enge erzeugt Düseneffekt, später kommen Fallböen von den
steilen Felswänden dazu. Ich habe vorher das Groß geborgen, wir segeln nur mit Fock 1
Rumpfgeschwindigkeit. Die letzten 5 sm bis zum Hafen Midvágur kommt der starke Wind mit über
35 kn von vorn. Die Bootsgeschwindigkeit geht zuweilen auf unter 2 kn runter. Kurz nach 22
Uhr sind wir im Hafen. Wie auf Knopfdruck ist der Wind normal. Im Becken des ersten
Kleinboothafens gehen wir an einen Fischkutter. Eine halbe Stunde später kommt der Fischer.
Er will morgen Vormittag raus. Hinter uns ist ein freier Platz, an den wir uns verholen
können. Am nächsten Morgen telefoniert ein anderer Fischer mit dem Hafenmeister. Der
bestellt den Zollbeamten zum Einklarieren. Dieser kommt gegen Mittag vom nahen Flugplatz.
Der gut aussehende junge Mann erledigt routinemäßig schnell die Formalitäten.
Do. 22.07.10 Hafentag in Midvágur
Am Nachmittag fahren wir mit unseren Fahrrädern in den Ort. Wir besuchen das Museum über den
2. Weltkrieg. Die Färöer waren von britischen Truppen besetzt. Damals wurde der Flugplatz
hier auf Vágar gebaut. Es gab Bombardierungen, Flugzeugabschüsse und Abstürze, Schiffe wurden
versenkt oder liefen auf Seeminen. Über 200 Färinger kamen ums Leben. Gemessen an der
geringen Bevölkerungszahl soll das der höchste Prozentsatz in Europa gewesen sein. Unser
nächstes Ziel ist Kalvalid, das älteste noch erhaltene Haus von 1632 oder früher auf Vágar,
evtl. sogar auf den Färöern. Es liegt oben am Berghang, wo wir bei schönem Wetter einen
herrlichen Ausblick auf den Ort und die Umgebung haben.
Kalvalid bei Midvagur
Wir sehen den Binnensee, aus dem
ein Wasserfall direkt ins Meer stürzt. Gestern Abend sind wir dort vorbeigesegelt. Das Haus
ist aus Felssteinen gebaut, hat ein Grassodendach und ist darunter mit Birkenrinde isoliert.
Eine Anwohnerin erzählt uns Einzelheiten. Eine offizielle Führung kann man telefonisch
bestellen. Hier wohnten die Witwen des Pfarrers. In dem Haus waren Küche mit offenem Feuer,
Wohnstube und Kuhstall unter einem Dach. Bis 1954 war es bewohnt. Innerhalb einer
ringförmigen Mauer aus Felssteinen war früher Heu aufgeschichtet.
Ankunft Faeroeer Tindholm
Die Mauer sollte die
Schafe daran hindern, unkontrolliert das Heu aufzufressen. Heute bei dem schönen Wetter wird
auf den Berghängen auch Heu geerntet und mit dem Auto nach Hause gebracht. Dann fahren wir
zum Nachbarort Sandavágur. Hier ist eine architektonisch sehr schöne Kirche, gebaut 1916,
mit großen hellen Fenstern. Im Gegensatz zu der in Midvágur, ist diese Kirche für Besucher
geöffnet. Als Besonderheit stet in einer Ecke ein Stein, beschriftet mit Runen mit dem Namen
des angeblich ersten Siedlers an dieser Stelle, 1200 von Rogaland gekommen. In dem kleinen
Hafen ist ein Fischer auf seinem Boot. Wir unterhalten uns, und Heidi lässt sich zwei
Fische schenken. Auf dem Rückweg kommen wir an einem Gästehaus vorbei. Wie uns vorher gesagt
wurde, können wir hier für 20,- Kronen duschen. An Bord filetiere ich die Fische, Heidi brät
sie. Dabei ist immer noch Fisch von Heimaey übrig.
Fr. 23.07.10 nach Tvøroyri/Suduroy 45 sm
Noch haben wir schönes Wetter. Von Westen nähert sich aber ein Tief, nachts soll Regen
kommen. Wir könnten von hier zum Wasserfall wandern, auch Sørvágur besuchen. Unser Liegeplatz
ist gut geschützt, aber ohne Strom und Wasser. Bis zum Olavstag in der nächsten Woche wollen
wir auf den Färöern bleiben, könnten dann von Thorshavn zu den Shetlands weiter segeln. Ein
Zwischenstop auf der Insel Sandoy wäre auch möglich, wenn das Wetter mitspielen würde. Wir
legen kurz nach 10 Uhr ab. Der Wind nimmt bis zum frühen Nachmittag bis auf 17 kn zu. Anfangs
muss ich kreuzen, später ein Reff einziehen. Querab von Sandoy wird der Wind immer schwächer,
der Strom kommt von vorn. Obwohl wir segeln, werden wir auf dem Kartenplotter nur nach
Westen versetzt. Ich hoffe, dass der Wind dreht und der Strom kentert. Um 18 Uhr gebe ich auf,
starte den Motor. Von Westen kommen erste Wolken. Für die nächsten Tage ist wechselhaftes
Wetter zu erwarten. Das wollen wir lieber in Tvøroyri auf Suduroy abwarten. Dort fühlen wir
uns fast wie zu Hause, können duschen und Wäsche waschen. Jetzt schiebt der Strom mit. Es geht
vorbei an den Inseln Skugvoy, Stora und Litla Dimon. Das Wasser ist wieder unruhig, der Wind
kommt direkt von vorn. Uns begegnen das recht kleine Schiff der Coast Guard und die Fähre
„Smyril“ nach Thorshavn. Die isländische Coast Guard hatte viel größere und mit moderner
Radartechnik ausgerüstete Schiffe. Um 22.45 Uhr sind wir im Hafen. Der Hafenmeister Chris Jan
erscheint kurze Zeit später. Er bringt uns den Schlüssel für das Hafenamt. Von zu Hause aus dem
Fenster hat er uns gesehen. „Ich kenne Ihren Boot“ sagt er auf deutsch. Schließlich sind wir
zum vierten Mal hier.
Sa. 24.07. bis Do. 29 07.10 Hafentage in Tvøroyri
Nachts setzt der Regen ein. Die nächsten Tage bleibt es unbeständig. Am Samstag waschen wir
eine Waschmaschine nach der anderen. Ich habe am Reisebericht viel nachzutragen. Nachmittags
ist in der Kirche eine Trauung. Heidi geht hin. Die Braut ist aus Island. Mit angereisten
Verwandten haben wir am Vorabend gesprochen. Die Färöer haben Frauenmangel, einen Überschuss
von 2000 Männern. Die Hochzeitsfeier mit 172 Personen ist im Restaurant von Anna-Kirstin und
geht bis morgens um 7 Uhr. Am Sonntag Vormittag ist der Reisebericht bis zur Ankunft auf
den Färöern aktualisiert. Im Hafenbüro kann ich ins Internet, habe zunächst Probleme mit
der Netzwerkverbindung. Dann kann ich endlich E-Mails abrufen, Updates downloaden und selbst
E-Mails verschicken. Unser alter Freund Finn Terje kommt bei uns vorbei. Er hat eine hübsche
Freundin aus Thailand, hat sie in Kopenhagen kennen gelernt. Heidi kocht an Bord Kaffee.
Abends erwartet eine große Zuschauermenge die Ankunft von fünf Traditionsschiffen einer Regatta
von Thorshavn. Der Wind war ungünstig. Erst gegen 22 Uhr kommen sie unter Maschine in den
Hafen. Bis nach Mitternacht ist die Hafenkneipe voll. Anna-Kirstin wird von den
Familienmitgliedern Bruder Thomas und der Tochter Turi Maria unterstützt. Wir erhalten als
Geschenk eine Kassette mit vier Büchern über die Shetlands, die Färöer, Island und Grönland.
Heidi revanchiert sich mit einer DVD mit Tanzaufnahmen unserer Tochter Anne. Am Montag Vormittag
sind wir bei der Familie von Finn Terje zum Frühstück geladen. Die betagten Eltern Hansina
und Bjarni haben sich in den letzten drei Jahren kaum verändert, obwohl Hansina mehrfach
betont: „Ich bin alt!“ Sie ist jetzt 80, er wird 85. Vor 9 Jahren war Goldene Hochzeit. Finn
und Nadja sind sehr verliebt. Während wir noch am Frühstückstisch sitzen, sehen wir aus dem
Fenster die Ausfahrt der Traditionsschiffe. Die nächste Etappe geht nach Midvágur, dann nach
Klaksvik und am Olavstag zurück nach Thorshavn. Man zeigt uns den Ausdruck einer Internetseite
auf Färöisch mit einem Foto der Libra hier im Hafen und Heidi und ich mit dem Commodorepreis
der Kreuzerabteilung zu Hause in Berlin. Es ist das Foto aus der „Berliner Morgenpost“ im April
d. J. Chris-Jan hat es bei unserer Hinreise kopiert und einen Beitrag über unsere Reise
geschrieben. Man ist auch auf den Färöern prominent, wenn man wiederholt herkommt. Am Nachmittag
ist Dauerregen. An Bord arbeite ich am Computer. Heidi macht Besorgungen. Am Dienstag regnet es
nicht mehr. Wir verholen unser Boot, nehmen Wasser und Diesel. Anschließend mache ich
Motorölwechsel. Mit einer Handpumpe sauge ich möglichst ohne zu kleckern das alte Öl ab, nachdem
ich den Motor vorher noch einige Zeit habe warm laufen lassen. Auch der Ölfilter wird
gewechselt, bevor das neue Öl aufgefüllt wird. Am Nachmittag wähle ich einige Fotos aus. Ich
bearbeite sie auf dem PC, um die Dateigröße zu reduzieren, und sie anschließend per E-Mail
verschicken zu können. Abends mache ich mit Heidi einen Rundgang durch den Ort. Bisher war ich
kaum aus dem Umkreis des Hafens herausgekommen. Am Mittwoch fahren wir mit der Fähre „Smyril“
nach Thorshavn zum Ólavsøka, dem Olavstag. Morgen am 29.Juli ist dann der offizielle Tag mit einer
Prozession vom Parlamentsgebäude zur Kathedrale, angeführt von den Mitgliedern der Regierung und dem
Bischof. Der Tag hat seinen Namen nach Olav Trygvason, der in Norwegen das Christentum eingeführt
hat. Er ist 1030 in der Schlacht von Stiklestad gefallen und später als Märtyrer heilig gesprochen
worden. Mit dem Zubringerbus fahren wir zur Fähre. Halb Suduroy scheint mitzufahren, so viele
Menschen sind an Bord, alle in Festtagslaune. Etliche kennen wir schon, bzw. sie uns. Dazu
herrscht richtiges Sonntagswetter. Nach 2 Stunden Fahrt ist Torshavn erreicht. Wir hätten mit
unserem Boot einen ganzen Tag gebraucht. Vor dem Hafen ankern zwei Kreuzfahrtschiffe („Mein
Schiff“, von Kiel, viele deutsche Passagiere, und die uns schon bekannte „Albatross“). Die
Segelboote der Traditionsregatta sind schon zurück. Der Bootshafen ist brechend voll, vor allem
einheimische Motorboote, aber auch einige größere Segelboote im Päckchen. Irgendwo hätten wir
wohl auch eingekeilt liegen können. Der Preis für die Fähre mit 90,- Kr pro Person war aber auch
nicht mehr, als was wir hier an Hafengebühren hätten zahlen müssen und das ohne die angenehmen
Bedingungen in Tvøroyri. Der erste Weg führt auf die alte Festung Skansin mit Ausblick über Stadt
und Hafen. Inzwischen beginnt in dem großen Vorhafen die Ruderregatta mit traditionellen offenen
Ruderbooten, wie sie noch vor 100 Jahren zum Fischen vor der Küste üblich waren. Dafür müssen
wir zwar noch Eintritt bezahlen. Dennoch ist es eine tolle Atmosphäre, unter den begeisterten
Zuschauern zu sein. Viele sind in färöischer Nationaltracht gekleidet. Die Frauen haben lange
Kleider, ein geschnürtes Mieder, einen Gürtel und ein mit einer kunstvollen Brosche
zusammengehaltenes Schultertuch. Die Männer gehen in dunklen Kniebundhosen, einer bestickten
Weste und einer Jacke mit Goldenen Knöpfen. Es dominieren die Farben blau und rot, bei den
Frauen sieht man auch grün und weiß. In den Straßen sind viele Verkaufsstände. Musikkapellen
spielen. Man sieht auffallend viele Familien mit fröhlichen Kindern. Oft sind auch die Kinder
färöisch gekleidet. Ein besonderer Anziehungspunkt für sie ist ein Rummelplatz. Unter den
Jugendlichen gibt es aber auch viele, denen der Alkohol zu Kopf gestiegen ist. Trotzdem dominiert
die allgemeine Fröhlichkeit eines Volksfestes. Um 22 Uhr bringt uns die Fähre wieder zurück nach
Tvøroyri. Am Donnerstag schlafen wir aus. Wolken hängen an den Bergen, zuweilen nieselt es leicht.
Der Vormittag vergeht mit Frühstück, duschen, Bericht schreiben. Mittags klopft es ans Boot,
ein Mann im Schlauchboot kommt längsseits. Es ist Ron aus Texas. Er war 2 Wochen auch
auf Island, ist vorher die amerikanische Ostküste hochgesegelt. Sein Boot liegt in der Bucht
vor Anker. Er will Wasser holen. Er will später auch zu den Shetlands und weiter durch die
Irische See, im Spätherbst zu den Kanaren. Wir können ihm viele Hinweise geben und
empfehlen ihm, hierher in den Hafen zu kommen. Wir machen ihm mit Chris Jan, dem Hafenmeister
und weiteren Einwohnern bekannt. Heidis Fischsuppe schmeckt auch ihm, dennoch wird sie noch
nicht alle. Um 17 Uhr kommt ein dänisches Segelboot in den Hafen, drei Kinder sind an Bord.
Die Hinreise hat der Mann alleine gemacht. Wir sind dabei, uns überall zu verabschieden. Abends
wollen uns wir im Internet die Wetterentwicklung ansehen, wenn’s geht, morgen weitersegeln.
11.07.2010
Sa. 10.07. und So. 11.07.10 Hafentage in Reykjavik
Wir werden Sonnabend früh von Björgvin und Hjördis mit dem Auto abgeholt. Die Fahrt auf der
Ringstraße Nr.1 geht in Richtung Südost. In den Bergen von Hellisheidi stoppen wir bei einem
neuem Geothermal-Kraftwerk. Wir sehen eine interessante Präsentation und können in den
Turbinenraum blicken. Neben der Stromerzeugung ist die Fernheizung für Reykjavik der Hauptnutzen.
Das lese ich in einem hier gekauften Buch. Die Weiterfahrt bei gelegentlichem Regen geht bis
zum Seljalandsfoss, einem Wasserfall, 60 m hoch. Ein Rundgang führt hinten herum. Es ist dort
feucht vom zerstäubten Wasser. Östlich darüber ist der Eyjafjallajökull, der Gletscher unter
dem der vor kurzem noch Asche speiende Vulkan ausgebrochen war. Jetzt ist Ruhe. Wir fahren
auf der Nordseite des Vulkans im Tal des Markafljot auf einer Schotterstraße. Mit dem Jeep
geht es durch Schmelzwasserbäche vom Gletscher. Das Flusstal ist sehr breit. Es gibt viel Geröll
vom Gletscherlauf in Folge des Vulkanausbruchs.
Gletscher Drangajoekull
Die Ringstraße war an mehreren Stellen von den Fluten zerstört worden. Sie ist inzwischen
mit Schotter provisorisch repariert. Unsere Schotterstraße wird immer schwieriger. Wir kehren um.
Heidi füllt vorher Vulkanasche in ein Konservenglas. Im Tal des Markafljot sind zwei felsige
Hügel, Lille und Store Dimon. Wir steigen auf den größeren. Im Fernglas können wir den Gletscher
des Eyjafjallajökull sehen. Er ist grau durch die Asche. Auch die Berge des Fimmvörduhals sehen
wir in der Ferne. Es ist der zuvor ausgebrochene, Lava speienden Vulkan. Jetzt ist auch er
ruhig. Direkt mit dem Auto hinfahren kann man ohnehin nicht, sondern muss lange bergauf wandern.
Die Lava soll noch gefährlich heiß sein. Bei der Rückfahrt stoppen wir an einem Wasserfall des
Þjorsa-Flusses. An der Südküste sehen wir einen Leuchtturm und ein altes Fischerhaus in
Stokkseyri. Bei Eyrarbakki bildet der Gletscherfluss Ölfusa einen großen Binnensee. Nach Rückkehr
im Kaffi Reykjavik gibt es für alle ein üppigem Fisch-Bufett. Das istu unser Dankeschön für die
beeindruckende Autofahrt. Die Inhaberin Nina spendiert die Flasche Wein. Am Segelhafen
verabschieden wir uns. Ob es wohl ein Wiedersehen gibt? Am Sonntag scheint die Sonne wieder.
Wir wollen Reykjavik erleben. Wir besuchen das Art-Museum (moderne Bilder) und das Museum für
Fotografie (Fotos vor, in und nach dem 2. Weltkrieg und neue Fotos des Enkelsohns). Längere Zeit
verbringen wir im Maritim-Museum. Bis zum nächstgelegenen Schwimmbad müssen wir weit laufen, kommen
dabei an der katholischen Kirche vorbei. Island ist zum überwiegenden Teil jedoch protestantisch. Im
Bad sind bei dem schönen Wetter viele Leute. In dem Buch über Erdwärmekraftwerke habe ich gelesen,
das Rentner freien Eintritt haben. Wir fragen, und tatsächlich brauchen wir nichts zu bezahlen. Der
Preis von bisher 400,- Kronen pro Person ohne Zeitbegrenzung war bisher ausgesprochen billig. Bei
Nina trinken wir ein Bier. Ich gehe dann zum Boot, Heidi schreibt Ansichtskarten, die unbedingt hier
noch eingesteckt werden sollen. Am Hafen treffe ich noch den Vorsitzenden. Obwohl eine Liegegebühr
für Gäste nicht obligatorisch ist, nennt er doch 39,-€ für unser 9-Meter-Boot bei 4 Tagen. Wir werden
es morgen mit dem Schlüssel in einen Briefkasten stecken. Hier besteht Internet-Zugang. Lange schreibe
ich noch am Bericht, um ihn von hier nach Hause zu schicken.
Fr. 09.07.10 nach Reyjavik 12 sm
Um 10 Uhr legen wir ab. Hinter der Hafenausfahrt setze ich Genua und hole die noch eingezogenen
Reffs aus dem Groß. Das hätte ich mir sparen können, draußen ist mehr Wind als gedacht. Ich bin
noch beim Segelwechsel, da kommt der Fischer Nonni mit seinem Kutter entgegen. Er dreht eine
Runde um unser Boot. Heidi sieht ihn fotografieren. Sein Boot kommt schräg auf uns zu, rammt uns
fast, bevor er rückwärts geben kann. Das hätte schlimm für uns ausgehen können. Gut 2 Stunden
später fahren wir in den Hafen von Reykjavik. Heidi hat Port Control per Funk gerufen.
Heisses Bad in Natur
Wir wollen
wie vor drei Jahren an den Besucher-Ponton gehen. Dort liegen zwei Segelboote nebeneinander an
der einzigen freien Ecke. Der andere Teil ist total mit Whal-Watching-Schiffen belegt. Wir
fahren zurück zum Segelklub hinter der Mole. Dort werden wir in einen freien Bootsstand
eingewiesen. Nach dem Essen gehen wir in die Stadt. In der Touristinformation kann man sich
für Tax-Free-Einkäufe die Mehrwertsteuer zurück erstatten lassen. Das klappt nur für einen
Einkauf von Souvenirs mit speziellem Formular, Ausweis und Kreditkarte. Nach längerem Anstehen
bekommt Heidi 10, € zurück und einen Briefumschlag mit den Unterlagen. Der muss nach der Ausreise
innerhalb von 30 Tagen zurückgeschickt werden. Sonst werden die 10,-€ von dem Kreditkartenkonto
abgezogen. Flugreisende können nach der Abfertigung den Umschlag auf dem Flugplatz in einen Kasten
stecken. Andere Einkäufe, u. a. Pullover werden nicht anerkannt, da wir kein Tax-Free-Formular
verlangt hatten. Gegenüber ist das „Kaffi Reykjavik“. Dort trinken wir wie vor drei Jahren einen
Kaffee. Wir fragen nach der Inhaberin Nina. Abends wird sie da sein. Unser Rundgang führt durch
das bekannte Zentrum bis zur Halgrimms-Kirche. Vom Turm haben einen herrlichen Ausblick. Auf
dem Rückweg trinken wir ein Guinness in Pub ”Celtic Cross”. Im „Kaffi Reykjavik“ treffen wir
Nina an. Sie ist sehr überrascht, erinnert sich aber gut. Wir hatten damals unsere Wäsche in
eine Wäscherei gebracht und anschließend Day-Tours gebucht. Freitag bis 18 Uhr sollte sie fertig sein,
unsere Rückkehr war erst nach 20 Uhr. Wir hätten bis Montag warten müssen. Wir konnten arrangieren,
dass die fertige Wäsche bei Nina im Restaurant deponiert wurde und wir sie abends dort abholen
konnten. Zurück am Segelclub ist die Tür zu, wir haben keinen Schlüssel. Ein Segler will gerade mit
dem Auto abfahren. Er lässt uns rein und telefoniert. Keine Stunde später um 21 Uhr wird uns ein
Schlüssel persönlich vorbeigebracht.
Mi. 07.07. und Do. 08.07.10 Hafentage in Akranes
Wir hatten in Erwägung gezogen, für einen Tag ein Auto zu mieten. Hjördis hat bei der
Autovermietung angerufen, es ist jedoch z. Z. nichts frei. Sie kommt morgens vorbei und bringt
einen Teil unserer frisch gewaschener Wäsche zurück. Wir gehen heute ins örtliche Museum.
Es umfasst ein Volksmuseum, eine Mineraliensammlung, eine Sportabteilung und Informationen zur
Arbeit des Landesvermessungsamtes. Bei letzterem ist unsere neue Bekannte Anna tätig. Im Freien
stehen der Küstensegler „Sigufari“ von 1885 und weitere Fischerboote, sowie mehrere historische
Häuser. Zum Kaffee sind wir wieder bei Hjördis. Am Donnerstag machen wir zu dritt eine
Bergwanderung auf den Akrafeijell, 555 m hoch. Es ist unser 44. Hochzeitstag. Das Wetter ist
bedeckt, dennoch die Sicht gut. Zurück im Ort, gehen wir gleich ins Schwimmbad. Von dort besuchen
wir Hjördis noch einmal. Abends ist sie mit dem jüngstem Sohn Petrikur bei uns an Bord. Wir
zeigen mit dem Fernseher als Monitor Fotos von unserem Norwegentörn im letzten Jahr.
Mo. 05.07. und Di. 06.07.10 nach Akranes 102 sm
Nach dem Frühstück kommt Olgas Onkel mit dem Kutter in den Hafen und lädt Fisch aus. Für
uns stellt er eine Kiste voll hin. Heidi sucht sich einen Seeteufel und eine Scholle aus. Wir
verabschieden uns herzlich von Olga und nehmen um 9 Uhr an der Pier noch Wasser, unser Tank
war leer. Ich setze Groß und Genua. Bei klarem Wetter und moderatem Wind ist die Navigation
vorbei an den flachen Stellen am Ausgang des Fjords kein Problem. Dann kann ich die Genua
ausbaumen. Es geht zunächst nach Westen vorbei an den Häfen von Olafsvik und Rif. Vor drei
Jahren bei der Ansteuerung von Rif mussten wir einen großen Haken um ein Unterwasser-Riff
fahren. Jetzt ist offensichtlich darauf die Mole verlängert worden. Der Gipfel des fast 1500 m
hohen Snaefellsjökull ist die meiste Zeit in Wolken gehüllt. Nur kurzzeitig sehen wir den
Gletscher auf dem alten Vulkan. Um 14 Uhr biegen wir beim Leuchtturm Ondverdames nach Süden ab.
Eine Stunde später ist in der Landabdeckung der Wind weg. 15 sm in 4 Stunden fahren wir Motor.
Auf dem Faxafloi kommt der Wind um Südost. Hoch am Wind mit einigen Kreuzschlägen segeln wir
in Richtung Akranes. In der Nacht wechseln wir mehrmals die Wache. Morgens frischt es auf. Ich
wechsele das Vorsegel, muss später sogar reffen. Nach weiteren Kreuzschlägen legen wir um 10 Uhr
in Akranes an. Einer der drei Schwimmstege ist zum Land hin nicht durch eine Tür verriegelt.
Vorn ist ein Platz frei. Später kommt der Fischer, der normalerweise hier liegt. Er geht hinter
uns an ein anderes Fischerboot. Heidi war inzwischen beim Hafenmeister, alles klar, wir können
bleiben. Unterwegs hatten wir bereits die Sturmwarnung der Küstenwache gehört. In
Grundarfjördur hatten wir sowohl über Wetterfax als auch im Hafenbüro gesehen, dass in den
nächsten Tagen ein neues Sturmtief Island streifen wird. Im Hafenbüro kann Heidi bei unseren
Freunden anrufen, die wir 2007 auf den Färöern kennen gelernt und hier noch einmal besucht
hatten. Kurze Zeit später kommt Hjördis mit dem Fahrrad vorbei und begrüßt uns. Ihr Mann
Björgvin ist noch in Norwegen. Er arbeitet an einem Tunnel bei Bergen. Am Freitag kommt er
auf Urlaub nach Hause. Wir gehen nachmittags ins Schwimmbad mit den üblichen Hotpots, alles
unter freiem Himmel. Um 18 Uhr werden wir mit dem Auto abgeholt. Außer den Kindern Hjartur
(17), Sigrun (16) und Patrekur (11) ist noch Anna anwesend. Sie war mehrere Jahre in
Deutschland, ist mit ihrem deutschen Mann nach Island zurück gegangen. Es gibt Fisch und
als Delikatesse geräucherten Wal-Schinken in dünnen Scheiben auf Fladenbrot. Anna hat viele
Fragen. Hjördis versteht das meiste von uns auf deutsch Gesprochene, besser kommen wir mit
ihr aber auf englisch klar.
So. 04.07.10 Hafentag in Grundarfjördur
Morgens kann ich ein Stromkabel ausbringen. Mit Heizlüfter wird es warm, die Sachen können
trocknen. Inzwischen ist das Kreuzfahrtschiff da, die „Ruby Pearl II“. Die Passagiere
steigen aus, fahren mit Bussen wohl zum Gletscher Snaefellsjökull. Wir nehmen unsere Badesachen,
gehen kurz an der Touristinformation vorbei und weiter zum Schwimmbad. Wie woanders
finden wir auch hier ein Schwimmbecken und zwei Hotpots, alles draußen und windgeschützt.
Als nach dem Mittag die Familien mit Kinder ins Bad kommen, gehen wir. Die Hafenmeisterin
Olga macht uns einen Kaffee. Dann nehme ich die Kamera, gehe durch den Ort, mache Aufnahmen.
Es ist der sauberste und ordentlichste Ort, den wir hier bisher gesehen haben. Das Schiff
verlässt um 17 Uhr den Hafen. Der Supermarkt hat auch Sonntags bis 21 Uhr geöffnet. Spät
abends kommt eine Gruppe Kinder zum Boot, ein älteres Mädchen, drei Jungen um die 10 Jahre alt.
Wir holen sie an Bord. Alles wird neugierig betrachtet. Ich hatte den Eindruck, sie sprechen
besser Englisch als wir.
Sa. 03.07.10 nach Grundarfjördur 73 sm
Wir wollten früh los, frühstücken noch. Der Wetterbericht meldet „West banks north part NE
5-13 m/s, strong in NW, Nordwest banks NE 10-20 m/s. Im Internetcafé sah die Wetterkarte
weniger kritisch aus. Die nächsten Tage wird es auch nicht besser. Im Hafen ist mäßiger
Wind, die Sonne scheint. Wie ist es draußen? Am Kap Bjargtangar hätten wir achterlichen Wind.
Vor uns liegt ein französisches Boot, es muss in der Nacht gekommen sein. Das Fall klappert
am Mast, der Skipper kommt raus. Er ist von Süden (Reykjavik) gekommen, will nach Norden.
Heidi erbittet sich eine Stunde Bedenkzeit. Kurz nach 7 Uhr legen wir ab. Draußen ist zunächst
der Wind weg, Motor an. Ist das die Ruhe vor dem Sturm? Uns entgegen kommt eine schwedische
Yacht, ein Zweimaster, scheinbar auch von Süden. Am Ausgang des Fjords kommt der Wind, er
nimmt laufend zu. Zunächst reffe ich, dann berge ich das Groß. Nur mit Fock 1 bei Nordost
über 20 kn, Spitzenwert 30 kn fahren wir 6 kn und mehr. Die Wellen werden höher, ich schätze
2 bis 3 m, kommen schräge von hinten. Ab und zu klatscht eine an die Bordwand. Einmal kommt
ein Schwapp Wasser ins Cockpit. Heidi geht es nicht gut, sie liegt flach in der Kajüte. An
der Differenz zwischen Log und GPS sehe ich, wir haben 3 kn Strom von vorn, Wind gegen Strom.
Ich halte großen Abstand zum Kap, aber tiefer ist das Wasser hier nicht. Es ist zwar
ungemütlich, bedrohlich empfinde ich die Situation nicht. Es gibt ohnehin kein zurück mehr,
das wäre zu hart. Hinter dem Kap ist eine hohe steile Felswand, Latrabjarg. Dort sind viele
Vögel auf dem Wasser. Es wird ruhiger. Ich ziehe das Groß, zunächst drittes Reff. Innerhalb
einer Stunde reffe ich aus, und dann ist eine halbe Stunde Flaute. Heidi kocht bei Motorfahrt
einen Eintopf. Der Wind kommt etwas zögerlich wieder. Dann sind es bald wieder 20 – 30 kn.
Mit Halbwind unter Fock 1 und 3 Reffs jagen wir über den Breidafjördur. Hinzu kommt leichter
Regen. An der Einfahrt zum Grundarfjördur sind gefährliche Untiefen und Felsen. Dicht vorbei
an einer roten Tonne geht es in die innere Bucht. Ich habe davor einen Wegpunkt für das
GPS gelegt. Wir kommen näher, die Sicht ist schlecht. Geradezu an Land ein Leuchtturm, brennt
aber im Sommer nicht. In der Seekarte sind verschiedene Farbsektoren eingezeichnet. Aus
unterschiedlichen Richtungen gibt es drei weiße Sektoren als Zufahrt. Links ist eine
Felseninsel. Nach Seekartenplotter fahren wir richtig. Die Tonne sehe ich vielleicht erst
eine viertel Seemeile vorher. Dahinter muss ich den Kurs ändern, um eine Halbinsel zu
umfahren. Meine größten Bedenken sind: wie können wir bei Starkwind in einem unbekannten
vielleicht engen Hafen manövrieren, wo können wir anlegen? Kommen Fallböen von den Bergen
oder aus den Einschnitten dazwischen? Mitten in der Bucht wird es ruhig. Wir können die Segel
bergen. Der Hafen hat viel Platz, vorn sind zwei hohe Piers, eine für Kreuzfahrtschiffe. Hinten
ist ein Kleinboothafen. Dort sehen wir einen Holzkutter, passend für uns, steuern ihn an. Ein
Mann kommt aus dem Steuerhaus, sagt, wir sollen vorn in den Hafen fahren, dort sei auch Platz
für Kleinboote. Etwas enttäuscht fahren wir zurück. Wir finden einen neuen freien Schwimmponton.
Beim Anlegen im Nieselregen nachts um 23 Uhr kommt eine Frau auf den Steg, nimmt uns
freundlich die Leinen ab. Es stellt sich heraus, sie ist die Hafenmeisterin. Morgen früh kommt
ein Kreuzfahrtschiff. Ein Trawler wird noch entladen. Er muss bis dahin aus dem Hafen sein.
Es kommen zwei junge Männer auf den Steg, sprechen uns an. Sie erzählen, Deutschland hat bei
der Weltmeisterschaft in Südafrika gegen Argentinien 4:0 gewonnen. Der eine ist rothaarig,
hat Locken. Er sagt, sein Vater wäre vorhin mit dem Segelboot aus dem Hafen gefahren. Wir
hatten es unter Motor fahrend gesehen. Es schien die „Evra“ aus Reykjavik zu sein. Das wird
bestätigt. Hier wurde ein Teil der Crew gewechselt. Wahrscheinlich haben wir das Boot auch
am Kap Bjargtangar vor uns gesehen. Es war schneller als wir. Der junge Mann arbeitet hier
in der Fischfabrik. Wir ziehen unsere feuchten Sachen aus, gehen schlafen.
Do. 01.07. und Fr. 02.07.10 Hafentage in Patreksfjördur
Über Nacht ist der Sturm gekommen. Die Autofahrt verschiebt sich etwas, Raphaels Partnerin
Ute hat Migräne, wohl wegen des Wetters. Nachdem es ihr besser geht, werden wir abgeholt.
Die Fahrt geht über den Bergrücken zu dem Nebenfjord Talknafjördur. Der Ort hat auch ein
Schwimmbad, ihre Wirtin hat ihnen jedoch eine andere Empfehlung gegeben. Wenige Kilometer
weiter steht ein kleines Holzhaus windgeschützt am Weg in der freien Natur. Dort sind
Umkleideräume, eine Dusche und zwei flache und ein tieferes Wasserbecken schätzungsweise 5 m
x 5 m unter freiem Himmel. Das Wasser aus einer Quelle ist ca. 40°C warm. Im Wasser ist es
ein herrliches Gefühl trotz des unwirtlichen Wetters. Anschließend fahren wir weiter, bis die
Schotterstraße zu Ende ist und wandern zu Fuß weiter. Inzwischen nieselt es, der Wind fegt
über das Wasser im Fjord. Wir kommen zu einem aus Felssteinen gebauten alten Haus, von außen
mit Gras bewachsen. Wir kriechen durch die Türöffnung, das Dach ist mit gebogenen Walknochen
abgestützt. Wegen des Wetters brechen wir die weitere Wanderung ab. Dort, wo die Straße endet,
steht ein einsames Wohnhaus. Abseits steht an einem Bach ein kleines Häuschen, ein Rohr
führt hinein. Durchs Fenster sehe ich eine alte verrostete Turbine und einen Generator. Jetzt
führt eine Stromleitung hierher. Zurück in Patreksfjördur essen wir im Restaurant. Für den
Abend bitten wir Raphael und Ute zu uns an Bord. Im Hafen heulen die Böen, ich messe maximal
fast 50 kn, im Mittel sind es über 30 kn. Wir liegen gut vertäut und abgefendert an dem
Fischkutter und fahren mit ihm die Tide hoch und runter. Wir machen es uns gemütlich.
Abends sage ich, unsere neuen Freunde werden wohl nicht mehr kommen, sie wollen morgen fast
600 km nach Akureyri.
Per Auto nach Akureyri
Im selben Moment fahren sie vor. Wir sitzen noch ca. zwei Stunden
bei Rheinwein mit angeregter Unterhaltung zusammen. Raphael arbeitet als Diplomat in Wien.
Vor einigen Jahren hat er Ute in Murnau bei Garmisch-Partenkirchen kennen gelernt. Sie
denken über eine gemeinsame Zukunft nach. Der erste Teil der Nacht ist noch unruhig, am
Morgen scheint die Sonne. Das große Tief bleibt weiter über Island. Dennoch ist kein
Starkwind mehr im Zentrum des Tiefs. Wir sind auf einen weiteren Hafentag eingestellt. Die
Isländer aus Reykjavik rüsten zum Ablegen. Sie wollen noch in den Arnafjördur, obwohl sie
Sonntag wieder zu Hause sein wollen. Ich vervollständige den Bericht, will ihn und neue
Fotos hier noch abschicken. Am Nachmittag gehen wir ins Schwimmbad. Die Sonne scheint,
eigentlich hätten auch wir ablegen sollen. Dann hole ich meinen Laptop von Bord. Im
Internetcafé brauche ich eine Stunde. Heidi will noch in die Kirche. Das hat einen besonderen
Grund, den ich bisher nicht erwähnt habe. Am letzten Sonnabend war unsere Tochter Anne auf
der Rückfahrt von einem Auftritt mit ihrer Tanzgruppe in Dresden. Aus uns bisher nicht näher
bekannter Ursache fuhr das Auto an die Leitplanke und überschlug sich. Anne und eine
Tanzfreundin konnten leichtverletzt aus dem Fenster klettern. Es war dunkel, ein nachfolgender
Lkw hat das Unfallauto nicht rechtzeitig gesehen. Der Fahrer und eine weitere Tanzfreundin
kamen ums Leben. Den Anruf von unserem Sohn bekamen wir Sonntag früh in Bolungarvik.
Mitternacht im Hafen von Bolungarvik
Seitdem
hat Heidi viel nach Hause telefoniert. Geschwister, Verwandte und Freunde kümmern sich um Anne,
wir können unsere Reise fortsetzen. Heidi möchte in der Kirche Kerzen anzünden. Wir finden das
Haus des Pastors, erzählen die Geschichte. Er ist tief betroffen, gibt uns den Schlüssel.
Mi. 30.06.10 nach Patreksfjördur 35 sm nur Motor
Wir sind beizeiten wach, es regnet nicht mehr. Auf der Wetterkarte ist ein ausgedehntes
Sturmtief südlich von Island zu sehen. Es wird die nächsten Tage Sturm aus Nordost geben.
Für die Südküste wird später per Funk Gal-warning bis 30m/s gegeben, das sind 60 kn, 120km/h,
Windstärke 10 bis 11! Wir werden hier an der Westküste wohl noch am günstigsten davonkommen,
weil das gesamte Binnenland den Wind abbremst. Dennoch liegen wir hier an der hohen Spundwand
nicht gut und der Ort bietet uns auch nichts neues mehr. Um 8 Uhr legen wir ab, haben noch
Wasser aufgefüllt. Es ist nicht genug Wind zum Segeln. Der Motor bleibt an. Es ist die Ruhe vor
dem Sturm. Auch als wir aus dem Dyrafjord heraus sind, reicht es nicht zum Segeln. Ich habe
zwar das Großsegel gezogen, zeitweise auch die Genua, um den Motor zu unterstützen, zumal
etwa 1 kn Strom von vorn stehen. Am großen Arnafjördur fahren wir vorbei. Wir biegen in den
Patreksfjördur ein und legen im gleichnamigen Hafen an. An der großen Pier sind Bauarbeiten.
Im Fischerhafen ist alles belegt. Ein Fischer verweist uns an einen an der kleinen Pier
liegenden Fischkutter. Dort brauchen wir keine langen Leinen. Heidi geht gleich in den Ort,
ich klare das Boot auf. Keine halbe Stunde danach kommt ein große 42-Fuß-Bavaria „Evra“ in
den Hafen und dreht eine Runde. Sie bekommen den Hinweis, auf die andere Seite zu gehen.
Dort liegt ein Trawler mit höherer Bordwand. Ich klettere hinüber, nehme die Leinen ab.
Das Aussteigen ist nicht so leicht wie bei uns, gut, dass wir vorher hier waren. Auf dem Boot
ist eine isländische Großfamilie, sechs Personen, aus Reykjavik. Wir treffen uns später
im Schwimmbad wieder. Der Skipper ist Kardiologe, die Frau Ergotherapeutin. Mit dabei sind
Vater, Schwiegervater, Bruder und der jüngste Sohn, rothaarig. Im Hotpot machen wir weitere
Bekanntschaften: eine junge hier verheiratete Frau aus Deutschland ist hier Kindergärtnerin
und ein Touristenpaar, er Amerikaner, arbeitet in Wien, sie aus Oberbayern. Sie laden uns
für den nächsten Tag zu einer Autofahrt ein. Der Ort insgesamt macht einen geschäftigen
Eindruck.
Di. 29.06.10 Hafentag in Þingeyri
Bei der Schwimmhalle ist ein Campingplatz. Dort sind auch Waschmaschine und Trockner. Wir
bezahlen pro Waschgang 500,- Kronen inklusive Trockner. Die Aktion vier mal Waschen zieht sich
den ganzen Tag hin. Schon früh begann es zu nieseln, ab Mittag hat es sich eingeregnet. Ich
brauche den ganzen Nachmittag und Abend, um mit dem Bericht wieder aktuell zu sein. Zu essen
gibt es wieder Fischsuppe mit viel Gemüse.
Mo. 28.06.10 nach Þingeyri/Dyrafjord 39 sm
Ich werde früh wach. Draußen ist blauer Himmel, ruhiges Wetter. Wir wollen weiter. Nach dem
wie normalerweise obligatorischen Frühstück mache ich soweit nötig das Boot klar. Heidi
schreibt Ansichtskarten, es sind schon fast 3 Stunden vergangen. Ich will langsam los, sie
rastet aus. Als die Karten fertig sind, gehe ich damit zum Briefkasten. Um 8 Uhr legen wir
ab. Als wir die Hafenbucht verlassen haben, frischt es auf. Der Wind schiebt uns aus dem
Fjord, wir werden immer schneller, 6 kn, sogar über 7 kn sehe ich am GPS. Die von hinten
kommenden Wellen werden größer. Wir nähern uns Kap Kögur. Statt bei der Schaukelei zu
reffen, berge ich das Groß. Dazu muss ich fast auf Gegenkurs gehen. Dann segeln wir nur mit
der Fock, zwar langsamer aber angenehmer. Hinter dem Kap ziehe ich auch das Groß wieder
hoch, zunächst mit 2 Reffs. Es ist inzwischen nach 11 Uhr. Der Wind dreht mit um das Kap
herum auf Nordwest, wie vom Wetterbericht versprochen. Wir haben ca. 2 kn Strom von
vorn, Strom gegen Wind verursacht unangenehme Wellen. Zweimal muss ich halsen, kann auch
ausreffen, Später die Genua setzen. Die Luft ist trotz Sonnenschein kalt, nur 12°C. Nach
16 Uhr biegen wir in den Dyrafjord ein. Der Wind dreht mit auf nordwestliche Richtung
landeinwärts. Der Gegenstrom ist vorbei, und es wird warm. Bei 18°C erreichen wir Þingeyri. Wir
gehen an eine hohe Pier, das Aussteigen über eine Leiter und das Anbinden sind mühsam. Es
gibt einen Kleinboothafen mit Schwimmsteg. Dort liegen die Fischerboote schon doppelt
nebeneinander. Außerdem sei es zu flach für uns. Wir haben über 2 m Tidenhub, z. Z. noch
Springtide. In Bolungarvik sind wir mit dem Fischkutter auf- und abgefahren. Zeitweise war
auch dort das an Bord gehen schwierig. Bei Flut mussten wir den schweren Kutter erst an die
Pier ziehen. Hier muss ich ein Fenderbrett ausbringen, vorn und hinten zusätzliche Fender.
Unten ist die Spundwand mit Seepoggen bewachsen, oben hängt eine Reihe von Lkw-Reifen. Bei der
Leiter ist oben kaum über die Kante zu kommen. Der erste Weg führt uns in das noch recht neue
Schwimmbad. Es ist überdacht, hat außer dem Schwimmbecken einen Hotpot. Durch die Fenster
scheint die Sonne. Auch hier gibt es Kaffe gratis. Am Abend kommen erste Wolken. Zwei Schuljungen
interessieren sich für unser Boot. Heidi zeigt ihnen alles. Dafür bekommt sie geangelte Fische
geschenkt. Sehr glücklich ist sie nicht, sie sind klein und machen viel Arbeit.
So. 27.06.10 Hafentag in Bolungarvik
Unser erster Weg führt uns ins Schwimmbad. Es ist recht neu, hat ein überdachtes Schwimmbecken,
im Freien zwei Hotpots und eine spiralförmige Rutsche, die intensiv von Kindern genutzt wird.
Es ist wolkenlos, die Fläche im Freien windgeschützt. Auf Liegen und Plastikstühlen sitzen die
Leute in Badesachen in der warmen Sonne. Auf einem Tisch steht eine Thermoskanne mit Kaffee,
Becher dazu. Dieser Service ist im billigen Eintrittspreis inbegriffen. Am Nachmittag ist der
kleine Supermarkt „Samkaup“ geöffnet. In der Touristinformation kaufen wir für mich einen
warmen Schafwollpullover. Ich habe schon einen von der letzten Islandreise, er hält wunderbar
warm. Danach wandern wir zum Ortsausgang. In der Bucht war früher ein Landeplatz für Ruderboote,
mit denen die Isländer zum Fischen hinausgefahren sind. Zwei Häuser sind originalgetreu wieder
aufgebaut worden. Auch ein Boot ist zu sehen und ein Schuppen für Trockenfisch. Abends sind wir
müde.
Sa. 26.06.10 nach Bolungarvik 54 sm
Um 10 Uhr hole ich den Anker auf. Bevor wir Segel setzen, angle ich. Erst in etwas tieferem
Wasser beißt ein Dorsch an. Ein Fisch reicht uns. Am Ausgang der Bucht beim Kap Ritur haben
wir wieder den Kapeffekt, frischer Wind, der uns schnell um die Ecke bringt. Danach ist es
wieder ruhiger, zuweilen brauchen wir den Motor. Im Fernglas sehen wir achteraus ein Segelboot
ohne Segel von Süden nach Norden fahren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit identifizieren wir es
als das holländische Segelboot von Joop und Marie vom Ijsselmeer , die mit uns auf den
Färöern waren und von dort zu den Westmännerinseln wollten, Island also im Uhrzeigersinn umrunden.
Schade, dass wir uns nicht getroffen haben. Unser Plan ist, in einem der einsamen Seitenfjorde
des Jökulfidir zu ankern. Wir segeln zunächst soweit wie möglich nach Osten in die Nähe des
großen Gletschers Drangajökull. Das ausgedehnte Schneefeld ist von der Sonne beschienen.
Weiter unten sehen wir im Fernglas die Eis-Abbruchkante. Sie reicht aber nicht bis an den
Fjord, der im hinteren Teil zu flach für uns ist. Von den steilen Hängen der Fjorde fließen
Bäche als Wasserfälle herab. Überall, wo die Ufer etwas flacher sind, stehen Häuser. Etliche
sind inzwischen verlassen. Die zwei hinteren Seitenfjorde sind in der Seekarte nicht vermessen,
es gibt keine Tiefenangaben. Im Hafenhandbuch lesen wir, dass 1997 eine englische Yacht die
Fjorde abgefahren ist und ausreichende Wassertiefen gefunden hat. Für den Lonafjördur werden
sogar fünf Ankermöglichkeiten angegeben. Harald in Dalvik hatte ihn als besonders schön
beschrieben. Wir segeln etwa zu 2/3 in den Fjord hinein, dann kehren wir um. Fallböen von
15 bis 20 kn kommen von den Hängen. Die Wassertiefe ist 50 bis 60 m. Am Ausgang ist auf der Ostse
ite eine Landzunge, gegenüber auf der Westseite ist auf der Karte ein schwarzer Strich, auf
dem Plotter sieht es wie Land aus. Das Fjordinnere ist total weiß dargestellt, auf der
anderen Seite ist ein Saum flacheren Wassers. Ich steuere nach Plotter genau auf die Kante
zu. Die Wasseroberfläche reicht bis weit ans Ufer. Plötzlich sehe ich, wie die Echolotanzeige
nach oben springt, sowohl beim Fischfinder als auch bei dem vorausschauenden Echolot. Ich
klinke den Autopiloten aus, reiße die Pinne herum. Wie segeln platt vor Laken nur mit Groß.
Das Segel kommt back, d. h. der Wind drückt von vorn hinein, schiebt das Boot in die falsche
Richtung. Hier bewähren sich meine fest angeschlagenen Bullentaljen, die vor Wind immer mit
einer Klemme belegt sind. Ich öffne die Klemme. Kann das Ende aber nicht mehr um die Winsch
legen. Von Hand bremse ich die Patenthalse ab. Auf dem Echolot glaube ich kurzzeitig nur 2 m
gesehen zu haben. Dann haben wir wieder tiefes Wasser. Für diese geografische Besonderheit
gibt es eine Erklärung. In der Eiszeit waren die inneren Fjorde von Gletschern ausgefüllt.
Sie haben am Fjordausgang einen Geröllwall hinterlassen. An anderer Stelle hier in den
Westfjorden sind das richtige Halbinseln, auf denen oft Ortschaften sind. Die weiter
westlichen Fjorde Veidileysufjördur und Hesteyrarfjördur haben genaue Tiefenangaben. In dem
letzterem haben wir 2007 für eine Nacht geankert. Wir segeln heute noch in den ersteren fast
bis ans Ende. Auch hier wird ein Ankerplatz auf 5 m Wassertiefe empfohlen. Der ist heute
auch den starken Fallwinden ausgesetzt. Wir wenden und wählen als Ziel für heute Abend
Bolungarvik, ein Fischerhafen westlich von Isafjördur, wo wir vor drei Jahren waren. Genau
um Mitternacht liegen wir an einem alten hölzernen Fischkutter längsseits. Am Heck schwimmt
ein kleiner Arbeitsponton mit einem Farbeimer drauf. Alles über Wasser ist neu lackiert. Es
ist nicht anzunehmen, dass der Kutter demnächst zum Fischen rausfährt. Einen Haken hat
dieser Hafen in dieser Nacht doch: gegenüber liegt ein Frachter. Pausenlos rollen Lkw an und
werden mit Splitt beladen. Immer wieder heult der Dieselmotor des Bordkrans auf, der mit
einer hydraulisch gesteuerten Baggerschaufel rasend schnell den Split aus dem Laderaum holt.
Am Ortsausgang ist eine Tunnelbaustelle. Dort sehen wir am Tag große Splithaufen. Die an der
Uferkante nach Isafjördur führende Straße wird im Winter wohl oft wegen Lawinengefahr
gesperrt und dürfte auch durch Steinschlag gefährdet sein. Der Tunnel schafft eine sichere und
kürzere Verbindung.
Do. 24.06. und Fr. 25.06.10 in die Adalvik 123 sm
Der Wind, vorhergesagt bis 20 kn, soll nachmittags abnehmen. Der Vormittag vergeht mit
Bordalltag, Einkauf und E-Mail lesen und schreiben in der Touristinformation. Mit dem eigenen
Computer bekomme ich keine Internet-Verbindung, muss den dortigen benutzen, das kostet mehr
Zeit. Erst nach 14 Uhr legen wir ab. In der Abdeckung des Fjords fahren wir 2 sm mit dem Motor,
dann ziehe ich Groß und Geneua. Am Fjordausgang haben wir, bedingt durch den Kapeffekt, ganz
schnell 25 kn Wind. In einer viertel Stunde habe ich die Fock gewechselt und nacheinander alle
drei Reffs eingezogen. Der Nordostwind schiebt uns, die unangenehme Welle macht Heidi seekrank.
In die Fjorde Skagafjördur und Hunafloi wollen wir nicht hinein. Um 20 Uhr passieren wir den
Leuchtturm Skagata auf der relativ flachen Halbinsel Skagi. Harald und Katrin von der
„Nina II“ hatten uns den Reykjafjördur empfohlen. Dort gebe es eine alte Ortschaft Djupavik.
Als landschaftlich schön wird auch die Trekyllisvik nördlich davon mit zwei Ankerplätzen
beschrieben. Wir haben sie uns als Zielwegpunkt vorgegeben. Um Mitternacht sind es noch 15 kn
Wind, weiterhin aus Nordost. Der Wind weht genau in die Bucht hinein. Nördlich davon gibt es
viele Untiefen unter 10 m, wobei die Seekarte auch nicht alle Details wiedergibt. Wir ändern
rechtzeitig den Kurs Richtung Nordwest nach Hornstrandir. In den nächsten drei Stunden kann
ich nacheinander alle Reffs raus nehmen und wechsele auf Genua. Der Wind ist unter 10 kn
abgeflaut. Um 1 Uhr ist für ca. 10 Minuten eine Gruppe von Delphinen um unser Boot. Sie
überholen es im Abstand von wenigen Metern, tauchen unter durch und aus dem Wasser auf. Um
10 Uhr haben wir am Hornbjarg den Berg Kalfartindur querab. Leider ist die zackige Spitze in
den Wolken. Drei Jahre zuvor haben wir sie gesehen. Zwei Seemeilen weiter ist das Kap Horn
und dahinter die Hornvik.
Kap Horn
Dort haben wir 2007 eine Nacht geankert. Am Kap erfassen uns
Fallböen bis 25 kn, auch in der Bucht ist es kaum weniger. Wir drehen ab, segeln weiter. In
einer weiten Bucht sehen wir mehrere Häuser, die aber nur noch im Sommer bewohnt sein sollen.
Das gesamte Gebiet Hornstrandir ist jetzt Naturschutzgebiet. Es gibt keine Straße, keine
Ortschaften. Dann passieren wir gegen 13 Uhr das Kap Kögur und eine Stunde danach das
Nordwestkap Straumnes.
Nordwestkap Straumnes
Von hier sind es 1260 sm Luftlinie bis Rostock, der Punkt an dem wir am
weitesten von unserem Heimathafen entfernt sind. Hier ist der Wind weg. Wir fahren um die Ecke
in die Adalvik, ankern um 15 Uhr in der Nordost-Ecke auf 7 m Wassertiefe. Unser GPS zeigt
1700 sm zurückgelegte Gesamtdistanz. Die Sonne scheint, wir haben 17°C Luft-, 11°C
Wassertemperatur. Heidi macht Mittag. Ich pumpe das Schlauchboot auf. Wir fahren zu einer
kleinen Wanderung an Land. Mit dem Elektro-Außenborder fahren wir fast lautlos dahin. Zugleich
kommt ein Motorboot (Wassertaxi von Bolungarvik) und bringt Leute zu Ihren Sommerhäusern und
auch deutsche Camper. Wir sprechen mit einer älteren Frau, die den ganzen Sommer hier lebt. Die
Nacht ist ruhig, die Mitternachtssonne bescheint die Berghänge, es ist einmalig schön. Es kann
hier aber auch anders sein. Vor drei Jahren überraschte uns hier beim Segeln eine Schauerfront.
Ganz schlimm muss es im Winter sein. Früher haben hier Menschen ganzjährig gelebt.
23.06.10
Mi. 23.06.10 nach Siglufjördur, 26 sm
Wir stehen sehr früh auf, legen 4.25 Uhr ab, müssen aber noch an eine andere Pier, um Wasser
zu nehmen. Zunächst ist kein Wind. Noch in Hafennähe bei 25 m Wassertiefe stoppe ich den Motor,
hole die Angel. Der Pilker ist kaum auf dem Grund, schon ist ein Dorsch dran. Ich wiederhole
das noch zweimal, das reicht uns. Die Fische werden sofort von Heidi ausgenommen, ich filettiere.
Nach wenigen Meilen kommt Wind aus NW auf. Wir segeln hoch am Wind aus dem Fjord. Dann dreht
er auf Nordost, wie der Wetterbericht versprochen hat. Es frischt stark auf. Beim Bergen der
Genua bekomme ich nasse Knie. Das Boot rast, die Welle ist unangenehm. Heidi muss sich in
der Kajüte hinlegen, sie fühlt sich seekrank. So kann ich nicht wie erhofft den fehlenden
Schlaf nachholen. Erst im Fjord von Siglufjördur wird das Wasser ruhiger, Fallböen kommen von
den Berghängen. Der Hafenmeister hilft beim Anlegen an einer Pier mit großen Reifen. Er
spricht aber schon von einem großen Schiff, dass morgen kommen soll. Nachmittags müssen wir
umlegen, der Trawler kommt in der nächsten Stunde. Vorher haben wir das beeindruckende
Herings-Museum besucht. In drei Häuser wird die Geschichte des Heringsfangs von etwa 1900
bis Anfang der sechziger Jahre gezeigt. Dann war es vorbei, der Hering blieb aus. Massen von
Gastarbeitern und Heringsmädchen kamen früher nach Siglufjördur wie auch in andere Orte an
der Nord- und Ostküste. Neben Salzheringen in Holzfässern wurde tonnenweise in Fabriken
Heringsöl und Fischmehl als Viehfutter hergestellt. Auch jetzt ist Fischfang wieder
Haupterwerbszweig, jedoch durch Technisierung mit deutlich weniger Beschäftigten. Als wir
auf dem Weg in das hiesige Schwimmbad sind, treffen wir ein Ehepaar aus Lüneburg. Drei Monate
sind sie mit dem Wohnmobil unterwegs. Sie berichten, auf der Fahrt sind sie in die Aschewolke
des Vulkans Eyjafjallajökull geraten, 100 km bei fast Null Sicht. Am Abend schreibe ich trotz Müdigkeit
am Bericht. Wir wollen morgen in Richtung Westfjorde. In der Touristinformation kann ich hier noch
ins Internet.
Mo. 21.06. und Di. 22.06.10 Hafentage in Dalvik
Den Weg zum Schwimmbad finden wir nach einigen Hinweisen. Dort soll auch die Touristinformation
sein. Am Gebäude wird noch intensiv gearbeitet. Das beheizte Freiluftschwimmbad ist aber
benutzbar, und kostet noch keinen Eintritt. Die Touristinformation ist ein provisorischer Tisch.
Ein freundlicher junger Mann beantwortet unsere Fragen und gibt uns einen Stadtplan. Am
Geldautomaten im neuen Rathaus laufen wir zweimal vorbei. Daneben ist ein Geschäft „Husasmidjan“,
von früher bekannt als Baumarkt oder Werkzeugladen. Wir kaufen eine Islandflagge als Reserve,
preiswert eine warme schwarze Pilotenjacke für mich und, was wir schon länger suchen, einen
7 mm Ring- und Maulschlüssel, die passende Größe für Schlauchschellen. Daneben ist der
Supermarkt, alles gegenüber vom Hafen. Nachmittags besuchen wir das örtliche Museum. Die
Besonderheit ist der hier geborene größte Isländer, 2,34 m war er. Zu sehen sind seine
Schuhe Größe 62, sein Maßanzug, sein vergrößertes Fahrrad und Fotos aus seinem Leben, u. a.
als Zirkusartist. Wir werden von einem deutschen Touristenpaar aus Ratzeburg angesprochen,
die in Husavik Urlaub machen. Sie haben unser Segelboot gesehen, Heidis Eintrag im Gästebuch
und interessieren sich für unsere Reise. Sie erzählen, dass Arved Fuchs im nächsten Jahr
in Husavik ein Seglertreffen organisieren will. Vor zwei Jahren sind wir ihm begegnet, als
er mit der „Dagmar Aan“ im Caledonien-Kanal auf dem Weg nach Irland war und haben in der
Schleuse mit ihm gesprochen. Zwei Stunden verbringen wir in dem Schwimmbad. Im Hotpot spricht
Heidi mit einem Ehepaar aus Zürich. Sie haben zwei lebhafte Kinder und sind zu einer
Hochzeit hier lebender Schweizer Freunde eingeladen. Zurück im Hafen sind bei dem anderen
Segelboot alle Luken auf, aber niemand ist zu sehen. Wir haben gerade gegessen, da klopft
jemand laut an unser Boot. Zwei Männer kommen mit einer Plastiktüte voll Bierdosen an Bord.
Es sind der Eigner Harald und sein Freund Willi hier aus Dalvik. Sie haben bei der „Nina II“
die Toilette repariert. In zwei Wochen will Harald nach Grönland segeln. Es wird eine
angeregte Unterhaltung. Es kommen noch sein Chef und ein zweiter Freund. Harald ist
Schiffsingenieur. Die Firma hat mehrere Trawler. Wir besichtigen auch die „Nina II“, ein
robustes vor 20 Jahren in England gebautes 34-Fuß-Boot vom Typ Victoria. Beim Abschied bietet
uns Willi an, am nächsten Tag mit uns im Auto nach Akureyri zu fahren. Am Dienstag werden
wir pünktlich um 10 Uhr abgeholt. Nur mit Mühe steigt man in den hochbeinigen Toyota-Geländewagen.
Auf der Fahrt entlang des Eyjafjördur sehen wir Bauernhöfe, Weiden und auch Ackerflächen. In
Akureyri halten wir an der Touristinformation. Der Reiseführer Sigi, mit dem wir vor drei
Jahren im Bus zum Myvatn waren, arbeitet nicht mehr. Er ist krank, hat Krebs. Der
Kleinboothafen, bei dem wir damals außen längsseits an der „Velvet Lady“ aus London lagen,
ist als Mole umgebaut. Außen liegt ein riesengroßer Luxussegler „Hetairos“ aus England. Innen
liegt ein Zweimaster „polar bear“. Das Boot ist unter verschiedenen Namen bereits dreimal
um die Welt gesegelt worden. Jetzt dient es für Charterreisen in Nordeuropa. Gegenüber an dem
Schwimmsteg, der eigentlich für Tenderboote von Kreuzfahrtschiffen gedacht ist, sind jetzt
die einheimischen Boote festgemacht. Sie lagen früher gegenüber im Kleinboothafen. Wir
hatten uns vor drei Jahren umgelegt, nachdem wir am Schwimmsteg 60,-€ Liegegebühr zahlen
sollten. Über dem Hafen auf einem Hügel steht die 1940 eingeweihte Akureyri Kirche. Das
Mittelfenster im Chor stammt aus der im selben Jahr zerstörten Domkirche von Coventry. Nach
dem Mittagessen fahren wir zum historischen Museum. Daneben stehen das Haus, in dem der
Jesuitenpater und Schriftsteller Nonni mehrere Jahre seiner Kindheit verbrachte, und eine
alte Holzkirche. Nonni wurde bekannt durch Kinderbücher. Die meisten schrieb er in deutscher
Sprache. Zuletzt bleiben wir zwei Stunden in dem Freibad mit bis zu 43°C warmen Hotpots und
zwei Schwimmbecken unter freiem Himmel. Zurück in Dalvik sind wir abends bei Harald und
seiner Frau Katrin zum Essen eingeladen. Wir unterhalten uns über Familie, Beruf,
Segeln und unsere eingeschränkten Möglichkeiten in der ehemaligen DDR. Herzlich verabschieden
wir uns und bekommen wertvolle Tipps mit auf dem Weg.
So 20.06.10 nach Dalvik/Eyjafjördur 38 sm
Wir haben den Südteil der Insel nicht erkundet, entschließen uns aber weiterzusegeln. Gegen
11 Uhr legen wir ab. Die Sonne scheint. Draußen ist mehr Wind, als im Hafen, West bis
Nordwest. Mit Reff 1 und Fock 1 muss ich relativ hoch an den Wind, versuche 10 Grad vorzuhalten.
Gelegentlich kommt eine Welle auf das Deck. Heidi fühlt sich nicht ganz wohl. Mit leichtem
Schrick in den Schoten läuft das Boot gute Geschwindigkeit, um die 6 kn. Ab Mittag wird der
Wind schwächer, die See ruhiger, ich kann ausreffen, später auf Genua wechseln. Am Eingang
zum Eyjafjördur dreht der Wind auf Nord fjordeinwärts. Um 18.40 Uhr haben wir in Dalvik
längsseits an einer Pier mit großen Reifen angelegt. Das Justieren der Fender mit Fenderbrett
und langen Leinen dauert seine Zeit. Wir liegen geschützt im Innenhafen, Tidenhub ca. 1 m,
z. Z. Nipptide. Hier sehen wir seit den Färöern das erste Segelboot im Hafen „Nina II“, keine
Flagge, kein Heimathafen, niemand an Bord. Spät abends steht ein junger Mann auf der Pier,
ein deutscher Tourist. Er staunt, ein deutsches Boot zu finden. Er ist mit der Fähre angereist,
will morgen mit dem Schiff nach Grimsey.
Sa. 19.06.10 Hafentag auf Grimsey
Wir sind früh um 6 Uhr wach. Ob wohl ein Fischer ablegen will, und wir uns verholen müssen?
Heidi geht nach dem Frühstück an Land. Der ganze Ort scheint noch zu schlafen. Nur ein
Fischer hinter uns legt ab. Der Himmel ist bewölkt, es könnte Regen geben. Wir bleiben an
Bord, ich schreibe am Bericht. Heidi erkundet, das Schwimmbad öffnet nachmittags zwischen
14 und 16 Uhr. Nach dem Mittagessen gehen wir durch den Ort bis zur Kirche. Neben der Straße
ist gleich das felsige Steilufer. An der Kante sitzen Papageitaucher. Erst wenn man auf wenige
Meter heran ist, fliegen sie weg. Über uns kreisen arktische Seeschwalben. Sie attackieren uns,
fliegen kreischend im Sturzflug dicht über unsere Köpfe. Das Schwimmbad ist gut besucht, Familien
mit Kindern. Ich schwimme Slalom zwischen ihnen. Heidi zieht den Hotpot vor. Die letzte halbe
Stunde haben wir das Schwimmbecken für uns. Draußen sieht es nach Regen aus. Heidi kauft in
der „Galleri Sol“ Andenken. Unser Bargeld wird knapp. Einen Geldautomaten gibt es hier nicht.
Mitternachtssonne am Polarkreis
Ich kann mit VISA-Karte bezahlen. Ich will trotzdem wandern, hole mir Regenzeug von Bord. Leider
nehme ich Kamera und Fernglas nicht mit. Ich laufe an der Westküste nach Norden. Am Ende der
Landebahn des kleinen Flugplatzes steht am Weg ein spitzer Felsblock. Hier soll der Polarkreis
quer durch die Insel verlaufen. An der Felskante beobachte ich unzählige Papageitaucher. Eine Etage
tiefer brüten Möwen. Die Sonne kommt, leider kann ich nichts aufnehmen. Ich gehe bis ans Ende der
Insel. Es ist der nördlichste Punkt Islands. Ein Herde Schafe mit Lämmern grast auf der dicht mit
Gras bewachsenen Insel. Bäume und Sträucher gibt es gar nicht. Den Rückweg nehme an den höheren
Ostufer. Nach 3 Stunden bin ich zurück. Heidi hat aufgeräumt und Ansichtskarten geschrieben. Ich
bin erschöpft, wir gehen schlafen.
Fr. 18.06.10 nach Grimsey 60 sm,
Ich werde nachts 2 Uhr wach. Es ist blauer Himmel, die Sonne steht im Norden genau hinter
der Kirche. Ich kann gerade noch filmen, dann wandert sie weiter und scheint auf unser Boot.
Der Wind kommt sanft aus Südost, beste Bedingungen zum Weiterfahren. Heidi hatte im Hotel
versprochen, dass wir uns vormittags verabschieden, wollte auch noch in die Sparkasse. Die
dortige Mitarbeiterin hatte ihr gestern bei der Veranstaltung einen Sticker des örtlichen
Sportvereins für unseren Enkelsohn versprochen. Sie schreibt ihre Ansichtskarten und einen
Abschiedszettel, fährt mit dem Bordfahrrad zum Hotel und steckt es an die Tür. Wir haben
gefrühstückt, ich räume auf, mache das Boot klar. Gegen 6 Uhr legen wir ab. In der Hafenzufahrt
ziehe ich Groß und Genua. Die See ist ruhig, wir gleiten dahin. Wir müssen um die große
Halbinsel Melrakkasletta herum. Es ist der nördlichste Punkt des isländischen Mainlands, eine
Seemeile unterhalb des Polarkreises. Wir segeln mit sicherem Abstand zum Land über 66°33’N
hinweg, dann parallel nach Westen. Das ist ein besonderer Moment. Heidi öffnet die Flasche
Sekt, die uns Jörn vom SSVR zum Abschied mitgegeben hat. Jeder trinkt ein paar Schlucke, auch
Rasmus bekommt eine Kostprobe, den Rest trinken wir nach der Ankunft auf Grimsey. Den ganzen
Tag scheint die Sonne am strahlend blauen Himmel. Der Wind schiebt, längere Zeit segeln wir
mit ausgebaumter Genua. Dann frischt es für einige Stunden auf, der Wind kommt etwas mehr von
der Seite, ich wechsele auf Fock 1, die hinter dem Großsegel aber nur wenig nützt. Dennoch
laufen wir 5 bis 6 kn. Abwechselnd legt sich einer in die Koje, um den fehlenden Schlaf
der kurzen Nacht nachzuholen.
Papageitaucher auf Grimsey
Dunkel sind die Nächte ohnehin nicht mehr. Am späten
Nachmittag flaut es ab, die Genua nützt nur für kurze Zeit. Die letzten 11 sm läuft der
Motor. Nebeneffekt: die Batterien werden geladen. In Raufarhöfn hatten wir keinen Landstrom.
Um 20 Uhr legen wir auf Grimsey an. Der enge Hafen ist voller Fischerboote. Wir gehen außen
längsseits, müssen über drei Kutter klettern um an Land zu gelangen. Nicht lange danach
kommt ein interessierter großer Junge an Bord. Später erfahren wir, er ist erst 12 Jahre alt.
Für die Nacht können wir bleiben. Morgen am Sonnabend sehen wir weiter.
Di. 15.06. und Mi. 16.06.10
16.06.10 nach Raufarhöfn, 83 sm,
Ich werde um 4 Uhr wach, draußen ist leichter Wind, etwas blauer Himmel. Wir stehen auf,
müssen noch die gewaschene Wäsche wegräumen, frühstücken. Der Wasserschlauch auf der Pier ist
etwas zu kurz. Ich muss verlängern und in unsere Tankeinfüllöffnung zielen. Dabei werden
meine Schuhe nass, muss sie unterwegs wechseln, weil die Füße kalt werden. Um 7.30 Uhr
fahren wir aus dem Hafen. Ich ziehe das Groß und Genua. Zunächst schiebt der Wind, dann
dreht er auf NW und frischt kräftig auf. Ich nehme die Genua weg, ziehe die Fock 1 und
muss nacheinander ohne Pause 2 Reffs einziehen. Dabei ist mir warm geworden.
Rauthanes
Auf Anliegerkurs segeln wir nach Nordost, Kurs Kap Langanes. Mittags taucht mehrmals dicht neben
uns ein Wal auf, bevor er wieder in die Tiefe geht. Der Wind wird schwächer, ausreffen.
Leider dreht er auf Nord bis Nordost. Ich wende, eine halbe Stunde ist Flaute, Motor an.
Dann kommt er wieder, erst aus Ost später südlich und 1 bis 2 kn Strom von hinten. So segeln
wir mit ausgebaumter Fock bis zum Wegepunkt querab vom Kap Langanes. Gegen 20.30 Uhr halse
ich, der neue Kurs geht Richtung Westen.
Nordostkap Langanes
Es frischt auf, mit Fock 1 und Groß laufen wir
vorübergehend über 7 kn bei mitlaufendem Strom. Heidi übernimmt bis 2 Uhr nachts die Wache.
Im Norden scheint die Sonne. Obwohl wir noch 10 sm südlich des Polarkreises sind, und
Sommersonnenwende erst in einer Woche ist, geht die Sonne für uns nicht mehr unter den
Horizont. Das liegt wohl an der Lichtbrechung in der Atmosphäre. Als ich übernehme, ist der
Wind zu schwach, Motor an. Die Wassertiefe verringert sich auf 50 bis 80 m. Ich schalte den
Motor aus, lasse das Boot treiben und angle. Es ist die erste Gelegenheit in diesem Jahr.
Rauthanes
Zwei Dorsche und ein Köhler in 45 min reichen uns. Eine Stunde kann ich segeln, dann noch
eine Stunde Motor bis zum Hafen. Heidi schläft, ich filetiere derweil die Fische, die Reste
gehen für die Möwen über Bord. Um 6.30 Uhr legen wir an einem Schwimmsteg an. Ich schlafe
paar Stunden. Heidi erkundet den Ort, geht zum Hotel von Augusta, die wir im Schwimmbad bei
Vopnafjördur kennen gelernt haben und findet auch das Schwimmbad. Im Ort sind etliche
verlassene Häuser, trotzdem scheinen Fischfang und Verarbeitung noch aktuell zu sein.
Heidi trifft den Hafenmeister, er kommt ans Boot, ich muss ein Stück verholen.
Kurze Ergänzung:
Heidi kommt zurück, kocht Fischsuppe, schmeckt herrlich. Fahren mit Bordfahrrädern gemeinsam
ins Hotel, essen Schokoladentorte mit Kaffee. Besichtigung der Kirche, schlicht und gut
gepflegt. Zum Schwimmbad, 1 Stunde Fitness. Heid lässt sich bei Augusta ihre Füße pflegen
(Pediküre). Ich fahre zum Leuchtturm und auf einen Berg zu einem unvollendeten Steinmonument
moderner isländischer Künstler, das die Mitternachtssonne in einem speziellen Rahmen stellen
soll (Anlehnung an Monumente aus der Steinzeit). Zurück finden wir eine Plastiktüte mit zwei
Fischen am Seezaun. Hinter unserem Boot liegt ein Fischkutter, der Fischer ist schon weg.
Heidi stellt zwei Flaschen Rostocker Pils ins Schiff. Kurz noch ins Hotel für ein
Erinnerungsfoto.
Großzügiges Angebot: morgen Autofahrt zur 30 km entfernten Halbinsel Raudanes.
Abfahrt 9 Uhr. Wir wandern zu zweit drei Stunden 7 km über grasbewachsene Hügel an Klippen
entlang. Tolle Ausblicke, Felsformationen, steinerne Brücken, viele Seevögel. Werden wieder
abgeholt, sind 14 Uhr zurück. Im Ort findet eine Veranstaltung zum Tag der Unabhängigkeit
statt (1944, Island vorher zu Dänemark gehörig). Zelt ist aufgebaut, Freizeitsport mit
Kindern und Jugendlichen, Preisverleihung. Grillen, „Hamburger“ als neues allgemein beliebtes
Fastfood-Gericht auf Island. Zum Abend können wir ins Hotel kommen. Eine Reisegruppe ist
mit dem Bus angekommen. Ihnen wird anhand eines Modells das geplante Monument erläutert.
Auch wir bedienen uns am Büfett. Ich habe Gelegenheit, mit meinem PC das Internet per WLAN zu
nutzen. Am Nachbartisch finden sich vier Männer aus Deutschland ein, die eine Woche mit einem
VWBus unterwegs sind. Sie sind heute mit der Fähre in Seydisfjördur angekommen.
So. 13.06.10 - 14.06.10
Familienfoto Vopnafjoerdur
Hafentag in Vopnafjördur.
Früh morgens ziehen dichte Seenebelschaden
über das Wasser. Thorberg ist mit einem modernen Fischkutter schon auf See. Aus seiner Beschreibung
von früher weiß ich, dass sie lange Leinen mit vielen Angelhaken auslegen. Stunden später wird
die Leine wieder eingeholt. Die Fische werden von einer Maschine gelöst und fallen in den etliche
Tonnen fassenden Frachtraum. Im Hafen scheint die Sonne. Ich arbeite am Boot, u. a. auf beiden
Seiten Hahnepots für die Großschotblöcke einbinden und am Großbaum Tauwerkschäkel anbringen. Die
Metallschäkel verklemmen sich oft. Heidi wäscht das Boot, es ist staubig und salzig. Bei
Niedrigwassermüssen wir über LkW-Reifen hochklettern, anschließend sind die Hände schwarz. Das könnte
Vulkanasche aus dem Eyjafjallajökull sein. Wiederholt kommen Einheimische, fragen, woher wir kommen.
Mittags kommt Julianna vorbei. Sie fährt mit den Kindern in das 10 km entfernte, an einem Lachsfluss
gelegene, Schwimmbad. Heidi und ich machen uns fertig. Wir fahren mit Thorbergs Auto auch hin. Obwohl
es offiziell noch keine Saison ist, sind etliche Leute dort. Das Schwimmbecken ist mit warmem Wasser
gefüllt, in den zwei Hotpotts hat es 40°C. Die Sonne scheint vom Himmel, von Wind ist nichts zu
spüren. Wir fühlen uns wie irgendwo im Süden. So kann Island sein! Für uns wird es wohl wieder
ein Badeurlaub. Am Abend sind wir wieder eingeladen. Fleisch und Heilbutt werden gegrillt. Dazu gibt
es einen Auflauf mit Kartoffeln und Gemüse, zum Trinken leichtes isländisches Bier, zum Essen
Weißwein., Als Nachtisch essen wir eine süße Speise und Schokoladentorte, dazu noch Kaffee. Thorberg
kommt ziemlich spät nach Hause. Der Fang war nicht so gut. An Bord in er Koje muss ich meinen
Oberkörper hochlegen, ich habe mit meinem Magen Reflux-Probleme. Auch am Montag ist herrliches
Sommerwetter. Es hat sich einiges an Schmutzwäsche angesammelt. Im Ort gibt es einen Waschsalon.
Den haben wir vor drei Jahren schon genutzt. Heidi hatte am Vortag die Cheffin im Garten
angesprochen. Um pünktlich um 10 Uhr unsere gefüllten Segelsäcke abzugeben, organisiert Heidi ein
Auto Drei interessierte Männer sitzen in dem Kleintransporter. Im Supermarkt ergänzen wir unsere
Vorräte. In einer Autowerkstatt erhalte ich Ersatz für eine durchgebrannte Kontrolllampe des
Drehzahlmessers vom Motor. Wenn später die Nächte wieder dunkel werden, kann ich wieder die
Umdrehungen ablesen. Beim Dieselkocher wechsele ich die Glühkerze und schlisse direkt an der Kerze ein
dickeres Massekabel an. In letzter Zeit mussten wir entweder das Ladegerät einschalten oder den
Motor starten, weil der Kocher nicht zünden wollte.
Nachmittags ergänze ich den Bericht. Heidi geht in den Ort. Zwei Stunden
später kommt sie im Auto zurück. Juliannas Mutter Benedicta hat die Wäsche eingeladen.
Wir zeigen ihr unser Boot, Heidi macht einen Kaffee. Das Wetter ist zu schön, um loszusegeln.
Wir fahren zu dem Haus von Benedcta und Olafur. Es liegt gegenüber von Thorbergs Haus. Ich
kann ins Internet und schicke den neuen Bericht ab. Wir dürfen das Auto benutzen und noch
einmal ins Schwimmbad fahren. Der Skoda Octavia hat Automatik-Schaltung, ich komme ohne Probleme
zurecht. Dort machen wir eine neue Bekanntschaft: Augusta ist Kosmetikerin und betreibt in
Raufarhöfn ein Hotel, wir sollen sie besuchen. Zurück im Haus gibt es zu essen. Auch Thorberg
ist wieder da. Herzlich verabschieden wir uns von allen. Wir werden zum Boot gefahren. Die
kleine Isabella kommt mit. Interessiert inspiziert sie unser Boot. Zur Nacht wird es windig
und wolkig, das Barometer fällt. Gut, dass wir geblieben sind.
Do. 10.06. und Fr. 11.06.10
Hafentag in Seydisfjördur. Morgens, wir frühstücken noch,
kommt der Hafenmeister. Seine erste Frage, ob dies unser erster isländischer Hafen wäre. Wir
sagen, dass wir schon einklariert haben. Für heute können wir hier bleiben, sonst könnten wir
vor dem Hafen an eine Pier gehen. Da der Fjord einen kleinen Knick macht, liegt man dort auch
sicher. Wir haben Landstrom genommen, dafür müssten wir etwas bezahlen. Die anderen Boote
haben zwischen geschaltete Stromzähler. Abends wollte er noch mal kommen. Im nicht weit
entfernten neuen Abfertigungsgebäude für die Fähre sind die Touristinformation und auch rund
um die Uhr zugängliche Toiletten. Ich hole dort anschließend Prospekte und werde von einem
Mann freundlich beraten. Unser erstes Ziel ist das Technikmuseum. Ein junger Mann, Archäologe,
macht nur für uns eine sehr informative Führung. Dabei haben wir als Rentner freien Eintritt.
Seydisfjördur war der Ausgangspunkt des ersten Unterseekabels mit Morseverbindung zum
Kontinent. Später wurden Koaxialkabel verlegt. Heute werden per Glasfaserkabel bis zu 90 000
Telefonkanäle übertragen. Viele Geräte aus früheren Jahren sind teils noch funktionsfähig
zu sehen. Für mich ist alles sehr interessant, es war schließlich mein früheres berufliches
Fachgebiet. Zum Museum gehört ferner eine ca. 100 Jahre alte mechanische Werkstatt mit
Gießerei. Bemerkenswert ist der erste auf Island mit Wasserkraft betriebene
Wechselstromgenerator. Die Turbine hat einen Durchmesser von ca. 1 m, die Leistung könnte 1 kW
betragen haben, so viel wie eine Autolichtmaschine. Zum Mittagessen grillen wir uns den Fisch
aus Djupivogur in der Kombinations-Mikrowelle. Dazu gibt es schnell zubereitetes Kartoffelpüree.
Wasserfaelle bei Seydisfjoerdur
Mit einem Umweg vorbei an der Kirche und einem kleinen Einkauf gehen wir in die Schwimmhalle.
Anderthalb Stunde bleiben wir. Es gibt ein Schwimmbecken, zwei Hotpotts mit Whirpol und
Sauna. Danach gehe ich noch mal los, um Fotos zu machen. Es fallen erste Regentropfen, an Bord
zurück, kommen die ersten Windböen. Auch am Freitag ist Starkwind, wir warten ab. Ich
vervollständige den Bericht, will ihn nachher in der Touristinformation abschicken. Ich habe
auch Fotos der E-Mail hinzugefügt. Es gibt ein wireless LAN, ich kann mich einloggen, E-Mails,
Virus- und Windows-Updates empfangen, nur das Senden mit dem Mail-Programm Thunderbird klappt
nicht. Dann rufe ich im Internet-Explorer die GMX-Seite auf und logge mich direkt in meinem
Postfach ein. Ich verfasse hier eine neue Mail und hänge auch die Anhänge an. Nach dem Senden
kommt die Information: "Erfolgreich". Hoffentlich stimmt es. Anschließend mache ich eine
mehrstündige Wanderung im Tal landeinwärts. Rechts fließt ein Fluss. Von fern sehe ich
einen Wasserfall. Ich muss immer wieder Bäche überqueren, die mit kleinen Wasserfällen
vom Berghang in den Fluss fließen. Es wird steiler. Im Fluss sind Stromschnellen, schließlich
eine Kaskade von vier bis fünf Wasserfällen. Den letzten erreiche ich nicht mehr. Ein Bach ist
mir zu breit, um darüber zu springen. Ich kehre um. Oberhalb des ersten Wasserfalls ist ein
Wehr, weiter unten ein Kraftwerk. Längere Zeit begleitet mich ein Paar laut schreiender
brauner Vögel mit gebogenem Schnabel. In einem Prospekt steht der englische Name
"Whimbrel". Ich versuche Filmaufnahmen, sehr schwierig. Meistens fliegen sie vorher auf.
Inzwischen hat sich der Wind gelegt, die Sonne scheint. Im Hafen ist Niedrigwasser. Sechs
Stunden später etwa um Mitternacht ist Hochwasser. Wir gehen schlafen, den Wecker stelle
ich auf zwei Uhr.
Mi. 09.06.10 nach Seydisfjördur 61 sm.
Obwohl wir früh aufgestanden sind, wird es 9 Uhr,
als wir uns beim Hafenmeister verabschieden. Bei strahlender Sonne, 15°C und leichtem Wind
segeln wir aus dem Hafen in nördliche Richtung. In den ersten Stunden haben wir bis zu 2 kn
Strom von vorn, kommen mit achterlichem Wind dennoch gut voran. Bei der Insel Skrudur wähle
ich den kürzeren Weg innen. Durch Kapeffekt und Düsewirkung frischt der Wind kräftig auf. Es
steht Strom gegen Wind, eine unruhige Kabbelsee um uns. Der Wind nimmt schnell auf mehr als
25 kn zu. Ich berge die Genua, gleich danach auch das Großsegel. Eine halbe Stunde segeln wir
vor Top und Takel (ohne Segel) mit ca. 4 kn. Dann setze ich die kleine Fock 2, kann sie 20
min später bergen und wieder normal mit Fock 1 und Groß segeln. Der Strom hat gekentert,
schiebt jetzt mit 2 kn von hinten. Wir laufen 8 kn über Grund. Das Wasser ist wieder unruhig,
aber nur sehr kleine Wellen, da der Wind in die gleiche Richtung weht. Um 17.30 Uhr frischt es
erneut stark auf. Ich berge das Großsegel, lasse aber die Fock stehen. Eine Stunde später ist
der Wind auf Nordost umgesprungen. Mit 2 Reffs segeln wir hoch am Wind, können Kap Dalatangi
gerade so anliegen. Dahinter geht es in den 8 sm langen Seydisfjördur. Das AIS zeigt ein
Schiff aus dem Fjord schnell näherkommen. Dann taucht hinter der Ecke eine Fähre auf, es ist
die wöchentlich verkehrende "Norröna". Wir segeln dicht am linken Ufer. Die Fähre ändert
den Kurs, genau auf uns zu, obwohl rechts von uns freies Wasser ist. Der Abstand ist noch
ausreichend, ich steuere nach rechts, langsam verlassen wir den Kollisionskurs. Nach
internationalen Kollisionsverhütungsregeln hätte die Fähre uns ausweichen müssen und das auch
problemlos können, indem sie ihren ursprünglichen Kurs etwas länger weitergefahren wäre. Im
Fjord wird der Wind zu schwach, wir fahren die letzten 4 sm mit Motor. Eine halbe Stunde
vor Mitternacht legen wir im geschützten Kleinboothafen an. Es ist noch Hochwasser, die
Tiefe ist mit 2,5 m ausreichend. Der Tidenhub beträgt ca. 1 m, bei Niedrigwasser wäre es
wohl zu knapp. Wir finden eine Lücke. Der Platz scheint vorübergehend frei zu sein, an der
Bretterwand hängen Kugelfender, auf dem Steg liegen Leinen. Es war ein sehr abwechselungsreicher
und arbeitsreicher Segeltag.
Mo. 07.06 und Di. 08.06.10, Hafentage in Djupivogur.
Nach dem Frühstück gehe ich ins Hotel. Per WLAN kann ich den aktuellen Bericht abschicken
und E-Mails abrufen. Abends gehe ich noch einmal hin, um weitere E-Mails zu versenden.
Für 10 min bezahle ich 100,- Kronen, 0,67€. Im gut ausgestatteten Supermarkt ergänzen wir
unsere Vorräte. Dann besichtigen wir das Langabud, das Heimatmuseum. Neben einer bunten
Sammlung alter Geräte, Werkzeuge und Haushaltsgegenstände sind dort Werke des aus dieser
Gegend stammenden Bildhauers Rikhardur Jonsson und das Arbeitszimmer des hier geborenen
einflussreichen isländischen Politikers Eysteinn Jonsson zu sehen. Hierbei eine Anmerkung:
in Island gibt es keine herkömmlichen Familienamen. Der Nachname ist mit der Endung ...son
bzw. ...dottir vom Vornamen des Vaters abgeleitet. Am Nachmittag wollen wir ins Schwimmbad.
Als wir das Boot verlassen, kommt der Hafenmeister und spricht uns wegen der Hafengebühr an.
Da wir noch bleiben wollen, verschieben wir die Sache auf morgen. Im angenehm warmen Wasser
schwimmen wir alleine unsere Runden. Im Wirlpool sitzen wir bei bis zu 42°C mit Einheimischen
zusammen und unterhalten uns. Wir bleiben zwei Stunden. Abends mache ich noch einen Rundgang.
Der tagsüber frische Wind hat sich gelegt, wir haben eine ruhige Nacht. Am Dienstag ist
strahlender Sonnenschein. Vormittags erscheint der Hafenmeister wieder. Heidi handelt einen
Preis von 25,-€ aus und bedankt sich mit einer Flasche Rostocker Pils. Anschließend fahren
wir kurz an die Tankstelle, füllen 50,- Liter Diesel und unsere Trinkwassertanks auf,
Bezahlung geht anstandslos mit EC-Karte direkt an der Säule. Am Nachmittag wollen wir mit
dem Motorboot zur Vogelinsel Papey, für zwei Personen 11 000,- Kronen. Am Geldautomaten ist
10 000,- der höchste wählbare Wert. Ohne weiteres kann ich diesen Betrag zwei mal abrufen.
Ich habe noch eine Stunde Zeit für Fotoaufnahmen bei besserem Licht als tags zuvor. Die
Bootsfahrt ist erlebnisreich. Auf einer kleinen Felseninsel sehen wir große Robben in der
Sonne liegen. In einer Bucht sitzen Hunderte von Vögeln auf den Felsvorsprüngen. Nach dem
Anlegen wandern wir mit einem Führer über die Insel. Am Steilufer sehen wir Puffins, das
sind Papageitaucher, aus nächster Nähe. Vom Gipfel mit einem Leuchtturm eröffnet sich ein
grandioser Ausblick. Auf der Insel stehen einige Häuser und eine winzige Holzkirche, die
angeblich älteste auf Island. Im Mittelalter lebten hier irische Mönche. Vor ca. 100 Jahren
kaufte ein Mann namens Gisli die Insel und lebte dort noch 50 Jahre. Mit der ersten Frau hatte
er zehn Kinder, nach deren Tod, mit der Schwester nochmals vier. Jetzt lebt dort noch seine
Enkeltochter. Sie verkauft Stricksachen an Touristen. Heidi sucht sich warme Socken aus.
Nach der Rückkehr schenkt uns der Hafenmeister einen Fisch und geht noch mal ins Büro, um
mir Wetterkarten auszudrucken. Die Aussichten sind günstig für eine Weiterfahrt. Es ist
abends lange hell, wir machen noch eine kleine Wanderung. Uns begegnen zwei Kinder, das
größere mit langen blonden Locken hat ein kleineres an der Hand und spricht uns auf englisch
an, woher wir kommen. Auf dem Campingplatz sind die Eltern, haben ein Zelt aufgebaut, sind
Isländer. Es stellt sich heraus, das älteste Kind ist ein 10jähriger Junge, das kleine ein
Mädchen, und dann ist noch ein Junge da. In der Lagunenlandschaft steht ein Beobachtungshäuschen
mit Gästebuch. Eine deutsche Eintragung: "Sehr schön hier, auch wenn gerade nicht
so viele Vögel da sind."
Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra
Do. 03.06. bis So. 06.06.2010
Djupivogur/Ost-Island,
Wir frühstücken, Heidi duscht noch. Zum Wassernehmen müssen wir uns verholen. Cris Jan
kommt gegen 8 Uhr, wir übergeben den Schlüssel zum Hafenamt und verabschieden uns herzlich.
Bei der Rückfahrt wollen wir wieder kommen. Bis mittags läuft der Motor bei bedecktem
Himmel. Segelversuche bringen uns trotz 2 kn Strom von hinten nicht vorwärts, der Wind ist
zu schwach. Hinzu kommt eine zunehmende Dünung und Kabbelsee. Die Segel schlagen, ich muss
sie bergen. Die Atlantik-Dünung trifft auf dem Inselsockel bei Wassertiefen unter 100 m und
Nordatlantik unter Spi
wird an den steilen Felswänden reflektiert. Es sind ähnliche Bedingungen wie bei Stadlandet
in Norwegen. Später wird es sanfter und angenehmer, trotzdem schaukelt das Boot vor sich
hin. Bei langsam zunehmendem achterlichen Wind baume ich die Genua aus, das Großsegel bleibt
unten. Schließlich stellen sich 10 bis 15 kn wahrer Wind ein. Unsere Fahrt liegt um die 4 bis
5 kn, eine moderate Reisegeschwindigkeit für unser kleines Boot. Spät abends kommen uns
einige Fischkutter entgegen, die nach Hause fahren. Die Wache wechseln wir wie üblich ohne
feste Zeiten. Früh morgens notiert Heidi einen überholenden Frachter. Ein Fischkutter ändert
unseretwegen seinen Kurs. Der reichliche Rest der Fischsuppe wird mehrfach aufgewärmt.
Ansonsten lesen wir, hören Musik, verfolgen neuere Wetterinformationen und lassen das Boot
unter Autopilot auf den Wegpunkt an der Ostküste Islands zufahren.
Auch der Freitag verläuft ähnlich. Der Wind nimmt etwas ab, dreht zuweilen mehr auf östliche
Richtung. Die Wolken haben sich aufgelockert, die Sonne scheint. Erst am Abend entschließe
ich mich, auch das Großsegel zu setzen, etwas spät, die unangenehme Dünung ist längs vorbei.
Wir sind gleich 1 kn schneller. Vorübergehend dreht der Wind wieder in die alte Richtung, ich
kann die Genua zur anderen Seite ausbaumen. Abends zieht ein großer Fischtrawler mit
Schleppnetz in 0,8 sm auf Gegenkurs vorbei. Schon Stunden vorher haben wir ihn auf dem
AIS vor uns gesehen. Als er neben uns ist, tutet er, ich sehe raus und winke, denke, es wurde
gesehen. Auch die zweite Nacht ist ruhig. Heidi bleibt wach, ich kann schlafen.
Trotzdem fühle ich mich nach dem Aufstehen um 4.30 Uhr kreislaufmäßig total benommen. Das
ist zu Hause in den letzten Jahren auch oft so. Wir kochen Tee. Danach geht es mir besser.
Dazu starte ich den Motor, über Wechselrichter machen wir 220 V für unsere Teemaschine.
Zugleich werden die Batterien nachgeladen. 115 A kann die Lichtmaschine maximal, das sind
1600 W bei 14 V. Der Motor ist dabei merklich belastet.
Vormittags dreht der Wind
In Seydisfjoerdur
vorübergehend auf Ost, ich muss den Spibaum wegnehmen und die Genua auf die andere Seite
ziehen. Nachmittags können wir noch einmal für mehrere Stunden Schmetterling segeln. Abends
schläft der Wind ein, der Diesel muss ran. Inzwischen sind dichte Wolken aufgezogen, die
Sicht wird schlecht, dann ist dichter Nebel um uns. Ich schalte das Radar und auch die
Positionslampen ein. Auf dem Bildschirm ist absolut nichts zu sehen, kein Radar-Echo.
Der Motor läuft dann 9 Stunden bis wir den Hafen erreichen. Heidi kommen Bedenken wegen
der Hafenansteuerung bei Nebel. Die Zufahrt ist als sehr schmal beschrieben. Auf der
elektronischen Seekarte sind drei Tonnen und eine schnurgerade Richtfeuerlinie zu sehen.
Als wir uns dem Land nähern, erscheint die Küstenlinie auf dem Radar. Dann tauchen Berggipfel
über dem Nebel auf, sogar sonnenbeschienene Flächen. Um uns wird die Sicht besser, neben uns
eine undurchdringliche Nebelwand. Am Eingang des Berufjördur klart es auf, der Ansteuerleuchtturm
ist zu sehen. Heidi ruft per Funk Port Control „for the Sailing Boat Libra from Germany”,
keine Antwort. Dann meldet sich die Coast Guard, fragt nach Bootsname, Heimathafen, wieviel
persons on bord, die Namen, den letzten Hafen, die genaue Position und wohin wir wollen.
Dann die Order, in den Hafen zu fahren und anlegen, die Police wird uns erwarten.
Einklarieren
Die Zufahrt zum Hafen ist bei klarer Sicht navigatorisch kein Problem. Der Hafen ist voller
Fischerboote, an einem binden wir an. Das Polizeiauto steht auf der Pier, der Beamte muss
mühsam zu uns rüberklettern. Wir zeigen unsere Pässe und das Zollformular von den Färöern.
Es dauert seine Zeit, drei Formulare füllt er selber aus. Wir erzählen, dass wir vor drei
Jahren schon einmal auf Island waren. Es hatte uns so gut gefallen, dass wir wieder kommen
mussten. Beiläufig fallen Fragen nach Spirits, Rauchen und Krankheiten. Wir haben die
Gastlandflagge noch nicht gesetzt. Ich wühle den Kasten durch, finde dann gleich drei
verschiedene, die größte schon etwas zerfleddert. Ich sehe mich nach einen besseren Platz um.
Wir gehen an einen etwas größeren Kutter hinter uns. Abends legen wir noch einmal um. An
einem kleinen Schwimmsteg wurde für uns Platz gemacht. Ich lege mich drei Stunden schlafen,
Heidi erkundet den Ort.
Wir auf Papey
Nach dem Frühstück wollen wir ins Schwimmbad. Heute ist hier am Sonntag
ein Feiertag, Sailorsday oder Fischerfest. Viele Menschen sind am Hafen, Boote machen
Ausfahrten. Die Touristen-Attraktion ist eine Fahrt zur Vogelinsel Papey. Das Schwimmbad ist
leider geschlossen. Wir gehen ins Hotel Framtid. Wir können duschen und nutzen auch die Sauna.
Der Preis für jeden 300,- Kronen, umgerechnet sind das 2,-€. Im Imbissraum des Heimatmuseums
Langabud essen wir frischen Lachs. Nachmittags wandern wir auf die vorgelagerte Halbinsel
zum bird watching. Vor allem sehen wir aufgeregt schreiende Austercatcher, Möwen und
Gänse. Im Gras wachsen die verschiedensten Blumen. Die Isländer fahren die Wege mit ihren
Geländewagen ab. Nach dem Umlegen des Bootes kann ich noch unser Stromkabel anschleißen,
Abendessen, Bericht schreiben, zu Bett gehen.
06.06.2010, 0520 UTC
Ostküste Djupivogur /Island,
Liebe Gildeschwestern und -brüder
Nach 69 Stunden und 287 Nächten vom Vaila Sound auf den Shettlands kommend
soeben die Ostküste Djupivogur/Island erreicht. Nach Nebel jetzt Sonne, achterlicher
Wind im Wechsel mit Flaute.
Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra
01.06.2010
Tuoroyri Syderö /Faroer,
Liebe Gildeschwestern und -brüder
Nach 180 sm und 37 h mit Schiebewind wohlbehalten angekommen. Alles bekannt von vor 3 Jahren.
Haben viele alte Freunde begrüßt.
Mo. 31.05. und Di. 01.06. nach Tvøroyri/Suduroy Färöer 180 sm. Wie üblich
frühstücken wir noch, dann fahren wir zur Pier, gehen an einen Schwimmsteg. Ich bringe die Postkarten
zum Briefkasten, Heidi räumt auf. Inzwischen holen auch die Engländer den Anker auf. Wir sehen
sie später in Richtung der kleinen Insel Foula segeln. Bei ruhigem Wetter kann man dort anlegen.
Wir nehmen Kurs Nordwest in Richtung Färöer. Tagsüber scheint die Sonne. Mit Groß und Genua haben
wir zunächst einen Anliegerkurs mit Wind aus Nord. Von 12 bis 17 Uhr ist Flaute, der Motor muss
arbeiten. Dann kommt der Wind wieder, jetzt von hinten aus Südost. Zunächst baume ich die Genua aus.
Dann dreht der Wind etwas südlicher und frischt auf. Ich wechsele auf Fock 1. Um 23 Uhr werden es,
wie angekündigt, 5 Bft. Ich ziehe 2 Reffs ein. Heidi übernimmt die Wache. Der neue Autopilot steuert
auch in den von achtern anrollenden über 2 m hohen Wellen. Bei etwas erhöhter Verstärkungseinstellung
hat er schwer zu arbeiten. In der Nacht und am Vormittag wechseln wir mehrfach die Wache. Die
Schaukelei macht müde und benommen. Die Bootsgeräusche hindern uns nicht am Schlafen. Vormittags
beginnt es zu regnen. Heidi sieht einen Fischkutter an uns vorbeifahren. Er fährt ohne AIS, Ausschau
ist also immer noch notwendig. Der Wind wird schwächer, ich kann ausreffen. Nachmittags hört der
Regen auf, die Sicht bessert sich etwas. Um 16.30 Uhr sichtet Heidi Land. Wir steuern den Hafen
Tvøroyri im Trangisvågfjord auf der südlichsten Insel Suduroy der Färöer an. Um 19.30 Uhr ist das
Boot fest. Keine 5 Minuten später werden wir von einer alten Bekannten begrüßt, Anne-Christin, die damals
die Hafenkneipe führte und jetzt ein neues Restaurant eröffnet hat. Es kommen weitere Leute vorbei,
die sich für uns interessieren. Als wir gegen 22 Uhr nach dem Abendessen mit Färöer Kronen in der
Tasche vom Geldautomaten zurückkommen, steht der Hafenmeister Chris Jan an unserem Boot. Er geht mit
uns in sein Büro, wir füllen ein Anmeldeformular aus und erhalten einen Schlüssel für Dusche, WC und
Waschmaschine. Wir sind in diesem Jahr das dritte Gastboot hier. Unsere Anmeldung von vor 3 Jahren
ist auch noch im Aktenordner vorhanden. Als wir morgens wach werden, prasselt Regen auf das Boot,
Wind pfeift in den Wanten. Ich sehe aus dem Luk nach hinten, der Fischkutter hinter uns legt ab, um zu
drehen und später seinen Fang zu entladen. Dahinter liegt ein holländisches Segelboot und verholt
sich. Sie sind früh um 5 Uhr angekommen, erfahre ich später beim zweiten Hafenmeister Hjalgrim. Nach
dem Frühstück gehe ich duschen. Heidi ersteht gegen 1 Bier 2 große frische Fische. Als ich zum
Boot gehen will, holt mich der Zollbeamte zurück ins Büro, noch ein Formular ausfüllen. Um die Frage
nach Spirituosen korrekt zu beantworten, muss ich an Bord, um Heidi zu befragen. Kurz danach kommt
ein Polizeibeamter noch mal zu uns. Heidi wusste nicht, wo die Pässe liegen. Korrekterweise werden
sie abgestempelt. Wir sind hier nicht mehr in der EU und auch nicht im Schengen-Bereich. Bevor Heidi
ihre Einkäufe macht, besucht sie Anne-Christin. Eine Gruppe Zahnärzte aus Torshavn macht einen
Tanzkurs. Heidi darf mitmachen beim English Walz.
So. 30.05. Vaila Sound/Walls Hafentag.
Wir schlafen aus, waschen uns mit
warmgemachtem Wasser im Eimer. Duschen gibt es hier nicht aber eine „Public Toilet“ auf der Pier.
Die Sonne scheint, der Wind weht frisch aus Nord. Weiter in Richtung Färöer wäre es hoch am Wind und
auf See sicher eine Windstärke mehr. Nach dem Frühstück schreibe ich am Bericht. Ein einheimischer
Folkeboot-Segler interessiert sich für unser Boot, Heidi bittet ihn an Bord. Auf der Pier treffen
wir ein Rentner-Ehepaar. Der Mann spricht deutsch, er war früher mal in Köln. Ansonsten ist er
gebbürtiger Bretone, seine Frau ist hier zu Hause. Wir gehen in den Ort. Auch sonntags hat der Kaufladen,
zugleich Post Office und Tankstelle, geöffnet. Heidi macht einige Einkäufe und entdeckt eine
Strickmütze im typischen Shetland-Muster. Angefertigt wurde sie von Flory Stout auf der Nachbarinsel
Fair Isle. Heidi hat vor 2 Jahren dort einen ihrer originellen Pullover gekauft und ersteht auch die
Mütze. Danach mache ich eine kleine Insel-Wanderung, mache Film- und Fotoaufnahmen. Nach der Rückkehr
sind Männer auf dem Fischkutter mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Zunächst heißt es, wir können
liegen bleiben. Dann wollen sie doch den Kutter verholen, wir sollen ablegen. Wir gehen an eine
Mooring-Tonne, bleiben dort auch die Nacht. Inzwischen war eine englische Yacht in die Bucht
gekommen und gleich vor Anker gegangen. Heidi hat Ansichtskarten geschrieben, wir werden vor der
Weiterfahrt noch einmal anlegen müssen. Der Wind nimmt abends ab, wir stellen den Wecker für morgen
früh.
Mi. 26.05. bis Sa. 29.05.10 nach Vaila Sound/Shetlands 329 sm.
Ab heute soll
weniger Wind sein. Ein Schwede und ein Holländer sind früh schon aus dem Hafen verschwunden. Wir
legen um 9.45 Uhr ab, vorher ein hinter uns liegendes großes Stahlschiff „Treckpott“ aus Emden, nach
uns die „Swålin“. Draußen ist mehr Wind als gedacht. Bei 20 kn aus West sind 2 Reffs notwendig.
Den ganzen Tag kreuzen wir gegen an, kommen aber vorwärts. Nachmittags kann ich ausreffen.
Die „Treckpott“ hat einen großen Schlag auf See hinaus gemacht, kommt uns später in die Quere.
Nachdem ich die Genua setzen kann, bleibt er achteraus und fährt abends in den Hafen von Egersund.
Die „Swålin“ kreuzt dichter unter Land als wir. Die Hanse hat zwar nur eine Selbstwendefock, trotzdem
ist sie schneller. Als wir in Höhe des Eigrøy-Leuchtturms sind, meldet Uwe sich per Funk. Sie
fahren in den voraus liegenden Hafen von Sirevåg, wünschen uns gute Weiterfahrt. Wir segeln bei
schwächer werdendem Wind in die Nacht. Mehrere Stunden läuft der Motor. Donnerstag morgens kommt der
Wind aus Südost. Drei Stunden segeln wir mit ausgebaumter Genua. Später ist es ein Anliegerkurs mit
Wind aus Südwest. Als Zielwegepunkt habe ich Sumburgh Head, das Südkap der Shetlands eingegeben,
noch 240 sm. Abends kommt eine Regenfront, mehr als 20 kn Wind. Ich ziehe 3 Reffs ein. Der schräg von
hinten kommende Wind schiebt uns vorwärts. Noch in der Nacht klart es auf, der Vollmond kommt hervor.
Freitag gegen 5 Uhr passieren wir die Ölbohrplattform „Bakker“. Hier gibt es Mobilfunk, Heidi kann
einige SMS senden. Am Vormittag scheint die Sonne. Bei leichtem halben Wind zieht die Genua.
Mittags vor der nächsten Bohrplattform des Harding Ölfeldes ist Flaute. Fast drei Stunden läuft
der Motor. Der aufkommende leichte Wind aus West kommt von vorn. Wir können unseren Kurs nicht halten,
segeln hoch am Wind nach Nordwest. Dabei schreibe ich den Bericht. Das Schreiben setze ich heute am
Sonntag 30.Mai im Vaila Sound/Shetlands fort. Freitag Abend dreht der Wind auf Süd, wir können unser
Ziel wieder anliegen. Heidi macht die erste Nachtwache, ich übernehme um Mitternacht bis gegen 4 Uhr.
Sonnabend um 6 Uhr zieht eine Schauerfront durch. Ich ziehe gleich 2 Reffs ein, es bleibt aber bei
etwa 15 kn Wind aus Süd. Gegen 9 Uhr habe ich wieder ausgerefft. Voraus sind die Shetlands in Sicht und
ich höre im Funk den ersten Wetterbericht von Shetland Coastguard. Erst in der Nacht soll der Wind auf
5 Bft aus Nordost auffrischen. Dann höre ich ein Gespräch zwischen der Coastguard und dem
„Good Shepherd“, dem Versorgungsschiff für die südlich gelegene Insel Fair Isle. Später sehe ich auf
dem AIS-Bildschirm, wie er ablegt. Dann sehe ich ihn im Fernglas vor uns zurück nach Fair Isle
fahren. Vor 2 Jahren haben wir die Insel besucht. Um 14 Uhr passieren wir Sumburgh Head,
das Südkap der Shetlands. Hier kann erheblicher Tidenstrom auftreten. Vor dem Kap kam er noch
mit bis zu 1,5 kn von vorn, dann kenterte er und schob uns mit 1 kn. Für eine Stunde mussten
wir in der Landabdeckung den Motor nehmen. Dann schob uns raumer Wind in die geschützte Bucht
von Vaila Sound. Die Einfahrt war mit Kartenplotter kein großes Problem. Zu beachten sind
mehrere Fischzuchtanlagen. An einer Pier lagen zwei Fischkutter. Der eine war vor dem Ablegen,
um eine Muschelfarm zu versorgen. Die zwei Männer halfen uns beim Anlegen. Wir gehen
längsseits an den seitlich liegenden Kutter. Heidi bedankt sich mit 2 Flaschen Rostocker Pils.
Es ist 20:38 Uhr MESZ. Wir müssen noch die Uhren umstellen, eine Stunde zurück. Im Scheitel
der Bucht gibt es eine „Marina“, in Wirklichkeit ein kleiner flacher Motorboothafen. Wir
gehen abends noch hin und finden einen Bootsclub, werden sehr gastfreundlich empfangen. Man
spendiert uns das Bier. Wir unterhalten uns, tragen uns ins Gästebuch ein, tauschen Adressen aus
und es wird ein Gruppenfoto gemacht. Einer der jungen Männer ist Taxifahrer, die anderen Lachs-Farmer
und Handwerker. Zum Abschied bekommen wir noch Bierdosen mit auf den Weg.
So. 23.05. bis Di. 25.05.10
Hafentage in Farsund. Drei Tage herrscht Starkwind
aus NW bei ansonsten schönem Wetter. Am Pfingstsonntag-Vormittag sind die vielen norwegischen
Motorboote am Gästesteg abgefahren, wir legen um. Im Sanitärgebäude sind Waschmaschinen und Trockner.
Abends ist alle schmutzige Wäsche gewaschen. Ich nutze die Zeit für diverse Arbeiten am Boot. Vor
uns liegt eine 35-Fuß-Hanse „Swålin“ aus Lübeck. Uwe und Bärbel sind abends bei uns an Bord, wir
zeigen ihnen einen Film über unseren Island-Törn vor drei Jahren. Am Pfingst-Montag machen wir
eine Fahrradtour nach Loshamn und in die Dünenlandschaft an der Außenküste. Der Dienstag vergeht
mit allerlei Beschäftigung und dem vergeblichen Versuch, einen 7er Ringschlüssel und eine
Ersatzglühlampe für den Drehzahlmesser zu kaufen. Endlich komme ich dazu, mit dem Fahrtenbericht
anzufangen.
Mi. 19.05. bis Sa. 22.05.10 nach Farsund in Norwegen, 312 sm.
Um 8 Uhr haben wir
abgelegt. Mit frischem Wind aus NW segeln wir außen um die Insel Romsø. Danach geht es hoch am
Wind nordwärts. Mehrfach muss ich ein- und ausreffen, die Fock wechseln und ab Nachmittag bei Wind
aus Nord kreuzen. Auch den Motor müssen wir vorübergehend einsetzen. Gegen 16 Uhr bei der Insel
Samsø will Heidi weiter segeln, sie hofft auf den Hafen Ebeltoft. Ich sage, es wird uns dunkel.
So kommt es auch, ich muss die ganze Nacht Wache halten, Heidi ist noch krank. Nachts um 2 Uhr liegt
Grena querab. Als es hell wird, macht Heidi 4 Stunden Wache, ich kann schlafen. Um 15 Uhr sind wir
in Höhe Laesø. Bei Wind aus Nord ist es ein mühsamer Kreuzkurs, Wind und Wetter sind moderat, und wir
wollen weiter. Um 22.30 Uhr passieren wir Skagens Rev, es geht nachts hinaus auf den Skagerrak. Bei
NW, später W-Wind können wir leider nicht nach Westen Richtung Kap Lindesnes segeln. Früh um 4 Uhr
übernimmt Heidi die Wache. Gegen 6 Uhr weckt sie mich, der Wind hat auf Nord gedreht, Jetzt können
wir Kurs auf Kristiansand nehmen. Es gibt ein kurzes Regenschauer, dann scheint wieder die Sonne.
Fast durchweg können wir mit Genua segeln. Der 5-Tage-Wetterbericht kündigt ab Sonntag Starkwind an.
Ich möchte vorher noch um Kap Lindesnes kommen. So fahren wir in die dritte Nacht. Der Mond scheint,
leider kommt Flaute. Außer kurzen Segelversuchen läuft die ganze Nacht der Motor. Erst kurz nach
9 Uhr Samstag früh liegt Kap Lindesnes querab, und wir können wieder segeln. Der Wind legt langsam zu,
Fock wechseln, reffen, nach dem ersten auch das zweite Reff. Das Boot krängt, plötzlich steht Wasser
unter dem Kartentisch. Querab liegt Farsund. Wir nehmen Kurs Richtung Land, müssen an mehreren
Felseninseln vorbei. Dank Kartenplotter finden wir den Weg in den für uns neuen Hafen. Um 13 Uhr liegt
das Boot am Schwimmsteg im inneren Hafen. Leider sind hier kein Strom und Wasser verfügbar. Bis 16 Uhr
ist der nahe Supermarkt für einen Einkauf geöffnet. Vor uns liegt ein norwegisches Holzboot
„Selle Marie“, eine Collin Archer aus Kristiansand. Abends sind wir bei Leif und Leni an Bord.
Eine Inspektion gleich nach dem Anlegen zeigt, das Wasser kam aus dem Motorraum und auch im Achterpiek
schwappt Wasser. Die Ursache ist schnell gefunden, der Auspuffschlauch ist am Auslassstutzen
undicht. Bei Motorfahrt sickert es von hinten nach vorne bis in die Kajüte. Ich kann den Schaden
noch am Abend reparieren, indem ich das einige Zentimeter lange schadhafte Stück absäge. Leif gibt
uns für die Schellen den abhanden gekommenen 7er Ringschlüssel.
Di. 18.05.10 nach Kerteminde 21 sm.
Morgens um 8 Uhr beim Frühstück kommt
der Hafenmeister ans Boot. 120,- DKr oder 16,- € sind die Liegegebühr. Wir duschen
anschließend. Ich mache einige Arbeiten am Boot. Die in diesem Jahr wieder angebrachte
Dirk verhakt sich an den Aktiv-Antennen meiner Wetterempfänger oberhalb der Radarantenne
im Achterstag. Ein Schäkel als Führung schafft Abhilfe. Heidi hat sich in Heiligenhafen
erkältet, sie hat sogar Fieber. Kurz nach 12 Uhr legen wir trotzdem ab, segeln mit Fock und
Groß fast 2 Stunden parallel zur Brücke bis zu der gekennzeichneten Durchfahrt, die für
unseren Mast gerade hoch genug ist. Wind und der Strom ca. 1 kn stehen genau von vorn.
Wir nehmen den Motor zu Hilfe. Nach der Brücke wird der Wind schwächer, auch mit Genua
kommen wir kaum noch voran. Nach einer Stunde Motor können wir wieder segeln, müssen aber
kreuzen gegen Wind aus Nord-West. Ich teste verschiedene Einstellungen des neuen
Autopiloten „SPX 5“ mit „Gyro-Sensor“. Richtig zufrieden bin ich zunächst nicht, immerhin
gibt es 6 verschiedene Einstellparameter mit bis zu 9 Stufen zur Anpassung an die
Bootseigenschaften. Ausgehend von Standardwerten kann man einen „Autolearn“-Prozess starten.
Mit dem Ergebnis war ich aber nicht zufrieden. Mit der sog. „Dealer Calibration“ habe ich
manuell maximale Werte für „Rudder Gain“, „Wind Trimm“ und „Off Course Angle“ eingestellt.
„Counter Rudder“ und „Rudder Damping“ änderte ich nur um eine Stufe von den Standard-Werten.
Um die Arbeitsaktivität und den Stromverbrauch zu reduzieren, stelle ich normalerweise
„Response“ statt auf den Standardwert „5“ auf den Minimalwert „1“ ein. Bedarfsweise erhöhe
ich diesen Wert zuweilen auf „2“ oder „3“. Die automatische Steuerung hoch am Wind nach
NMEA-Daten des elektronischen Gebers im Masttopp arbeitet in der Regel zufriedenstellend.
Zum Wenden ist vorher eine vorübergehende „Response“-Erhöhung sinnvoll, sonst bleibt das
Boot evtl. im Wind stehen. Oder man schaltet einfach auf „Auto“ und trimmt die Windsteuerung
danach wieder ein. Für eine Wegpunktsteuerung Nach NMEA-Daten vom GPS-Empfänger
(oder evtl. vorhandenem Kartenplotter) sollte man zunächst in „Auto“-Betrieb bei
„Crosstrack Error“ möglichst „Null“ den richtigen Kurs manuell eintrimmen, bevor man
„Track“ drückt. Sonst fährt das Boot erst einmal Schlangenlinien mit max. 30°
Kursabweichungen. Wie man sieht, ist das allerhand „Wissenschaft“. Die mitgelieferte
Bedienungs- und Installations-Vorschrift ist nur in Englisch. Erstaunlich gut ist dank
des „Gyrosensors“ die Kursstabilität in normalem „Auto“-Betrieb. Wenn man selbst die
Feinsteuerung übernimmt, kann man sich sowohl die Windsteurung als auch die Wegpunktsteuerung
ersparen. Geändert habe ich in diesem Jahr auch die Großschotführung. Den Traveler vor dem
Niedergang habe ich demontiert. Auf dem Kajütdach sind statt dessen zwei einzeln
trimmbare Taljen, bei Bedarf mit den Fallwinschen zu holen, und mit Klemmen zu fixieren.
Die schon vorhandenen Bullentaljen zur Vermeidung von Patenthalsen sind am Großbaum an dem
gleichen Punkt bei ca. 2/3 der Großbaumlänge angeschlagen und führen auf die Püttinge der
Oberwanten. Zusammen mit dem Baum-Niederholer und der wieder angebrachten Dirk habe ich
für das Großsegel sechs Freiheitsgrade für den Trimm. Der Hauptvorteil ist, dass beim Wenden
der Traveler nicht mehr geholt werden muss. Der Großbaum bleibt hoch am Wind etwa in
Mittschiffslinie fixiert. Über die Taljen ist für Backbord- und Steuerbordkurs der gleiche
Twist im Segel einstellbar. Zum Wenden werden am Autopiloten zwei Köpfe gedrückt und dann die
Fockschot neu geholt. Unter Selbstwendefock genügt theoretisch das Knöpfchen-Drücken. Bei
Vorwind-Kurs fungieren die Bullentaljen als sehr effektive Baumniederholer, um das an den
Wanten und Salingen anliegende Segel flach zu ziehen. Als Nebeneffekt können dort, wo vorher
der Traveller war, die vielen Leinen abgelegt werden. Um 18.30 Uhr legen wir in Kerteminde an.
Heidi macht einen kleinen Einkauf, ich kontrolliere die Trinkwassertanks, dort ist alles trocken,
aber wir haben weiter neues Wasser in der Bilge.
Mo. 17.05.10 nach Nyborg 67 sm.
Wir stehen früh auf, legen vor 8 Uhr
ab und setzen gleich Groß und Fock 1. Hoch am Wind umsegeln wir den Flüggesand westlich von
Fehmarn. Bei bis zu 20 kn Wind aus West ziehe ich ein Reff ein. Wir überholen eine Etap 32i.
Mit Selbstwendefock ist sie deutlich langsamer als wir. Nach 9 Uhr kann ich bei nördlichem
Kurs ausreffen. Die Sonne scheint. Mittags begegnet uns im Großen Belt westlich von Lolland
ein U-Boot, man sieht nur den Turm über Wasser. Nachmittags querab von Langeland frischt es
noch einmal auf, vorübergehend ein Reff ins Groß und weiter geht es hoch am Wind. Um 18 Uhr
passieren wir die Nordspitze Hov und sehen voraus die Große-Belt-Brücke. Nach 21 Uhr geht die
Sonne unter, Mit einigen Kreuzschlägen erreichen wir eine Stunde später den Seglerhafen
von Nyborg.
Fr. 14.05. bis So. 16.05.10
Hafentage in Heiligenhafen. Am Freitag
Vormittag besuchen wir Heidis Nichte Jutta und deren Partner Jochen in ihrem Haus. Auf dem
Rückweg kaufen wir noch Getränke ein, Jochen bringt alles mit dem Auto zum Boot. Abends
machen wir einen kleinen Stadtrundgang. Am Sonnabend haben wir früh frischen Wind aus West,
der im Laufe des Tages zunimmt, nachmittags regnet es. Unser Plan war es, nach Kiel und
durch den Nord-Ostseekanal in die Nordsee zu fahren. Der Wetterbericht prophezeit für morgen
auch Starkwind und für die weiteren Tage nur westliche Winde. Wir werden unsere Route ändern
müssen. Mit dem Wetterfax-Empfänger gibt es nach einem Software-Update Probleme. Erst nach
mehrstündigen Versuchen ist er wieder funktionsfähig. Anschließend ändere ich die
Timerprogrammierung optimiert für unser momentanes Seegebiet Ost- und Nordsee im
Empfangsbereich 147,3 kHz sowie für Wetterkarten des DWD und des britischen Senders
Northwood. Bis kurz vor die Färöer empfange ich Telex-Wetterberichte auf Langwelle.
Auch Sonntag früh regnet es weiter. Nachmittags kommt die Sonne, der Wind ist frisch auf
aus Nordwest, immer noch nicht passend für eine Weiterfahrt. In der Bilge der Kajüte habe
ich an der tiefsten Stelle vor Jahren Löcher in die Bodenwrangen gebohrt. Zwischen Innenund
Außenschale sammelte sich dort wiederholt Wasser, mal von undichten Kielbolzen, dann von
Undichtigkeiten am Ankerkasten. Jetzt ist wieder Wasser ausgetreten. Noch hoffe ich, es ist
nur Regenwasser von einer Kabeldurchführung am Heck, oder ist vielleicht wieder ein
Trinkwassertank undicht, wie vor 2 Jahren in Schottland? Nachmittags besuchen wir das
kleine Heimatmuseum und machen einen Strandspaziergang auf die Halbinsel Grasbock.
Do. 13.05.10
Vom SSV Rostock nach Heiligenhafen 52 sm. Wir brauchten auch diesmal wieder
mehrere Tage, bis alle Arbeiten am Boot und die Reisevorbereitungen erledigt sind. Die
Eisheiligen haben mit kühlem und wechselhaften Wetter unsere Abreise auch nicht besonders
attraktiv gemacht. Heute am Himmelfahrtstag geht es früh los. Um 7.30 Uhr ist Jörn der
Einzige vom SSVR, der uns verabschiedet und eine Flasche Sekt mit auf dem Weg gibt. Die
Warnow seewärts und auf der Ostsee segeln wir bis 13 Uhr, dann ist der Wind zu schwach,
wir starten den Motor. Der läuft dann auch den restlichen Tag über 7 Stunden. Wir wollen
abends Heiligenhafen erreichen, und die Windrichtung bleibt mit West genau von vorn. Um
19 Uhr haben wir die Fehmarnsund-Brücke hinter uns, um 20.15 Uhr legen wir an.
Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra
29.05.2010
Vaila Sound/Shettlands
Liebe Gildeschwestern und -brüder
Nach 3 Nächten und 330 sm von Farsund kommend den Vaila Sound auf den Shettlands erreicht.
Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra
26.05.2010
Auslaufen Farsund
Liebe Gildeschwestern und -brüder
Haben Egersund passiert und halten jetzt Kurs auf die Shetlands.
Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra
24.05.2010
Farsund
Liebe Gildeschwestern und -brüder
Nach 4 Nächten die wir bei Sturm und Regen in Heiligenhafenfestlagen sind wir nun
nonstop 3 Nächte durchgesegelt über Nyborg, Kerteminde, Kattegat und Skagerak