Reisetagebuch der SY LIBRA
GB Dr. Manfred Brandes



30.08.2010

Do. 19.08.10 nach Rostock SSVR 81 sm
Um 6 Uhr fahren wir aus dem Hafen. Es wird der härteste Tag der ganzen Reise. Übermorgen ist die Einschulung unseres Enkelsohns und die Wetteraussichten für morgen sind nicht besser. Zunächst haben wir Westwind um 10kn. Für 10 Minuten nehme ich die Genua, dann kommt ein kurzes Regenschauer und der Wind geht auf über 20 kn hoch. Bei halbem Wind segle ich mit Fock 1 ohne Reff im Groß. Nach nur 3 Stunden sind wir an Moens Klint vorbei. Jetzt kommt der Wind mehr aus Südwest und erreicht bis zu 30 kn. Mit 2 Reffs ist die Fock 1 eigentlich immer noch zu viel. Im Wetterbericht hieß es: später abnehmend. Wir kommen bis an die nach Nordost führende Kadetrinne, ich muss wenden, segle eine Stunde nach Westnordwest. Der Wind denkt nicht daran abzunehmen. Ich steuere möglichst hoch am Wind unter 30 Grad Windwinkel. Die Lieken der Segel killen, die Geschwindigkeit des Bootes fällt ab, trotzdem krängt es bis an die Scheuerleiste. Der Autopilot hält nicht den Kurs gegen die anlaufenden wohl 2 bis 3 m hohen Wellen. Ab und zu kommt Wasser bis aufs Deck, läuft nach hinten bis ins Cockpit. Ich stelle mir eine Sprayhood vor, die wir nicht haben. Sie würde mich an der Pinne nicht schützen. Wir müssen durchhalten. Klintholm liegt weit achteraus, Hesnaes weit in luv und nach Gedser muss man die enge Rinne zum Hafen gegen den Starkwind. Es hilft nichts, ich muss auf Fock 2 wechseln. Dazu drehe ich bei: fiere die Großschot, setze den Baum mit Bullentalje fest und steuere das Boot mit Autopilot auf Standby in den Wind. Das Großsegel wirkt wie eine Windfahne. Die Fahrt ist aus dem Schiff heraus. Es bleibt schräg zum Wind liegen, treibt langsam nach Lee. Ich berge die Fock, hole die Fock 2 aus der Kajüte, schlage die Stagreiter und das Fall an. Als Schot nehme ich meine Selbstwende-Vorrichtung. Es ist eine V-förmig vor dem Mast geführte Leine, darauf ein loser Block mit Klappschäkel, angeschlagen am Schothorn, die Leine nach hinten auf eine Winsch geführt. Der effektive Holepunkt ist zwar dicht vor dem Mast nur wenig nach Lee. Durch leichtes Fieren lässt sich aber ein solcher Twist des Achterlieks der Fock einstellen, dass das Boot sehr gute Höhe läuft. Der Kurs führt Südsüdwest über das Gedser Rev. Danach kann ich auf Südkurs abfallen, um vorschriftsmäßig die hier in West-Ost-Richtung verlaufende Kadetrinne zu queren. Zwei Frachter, einer von links, der andere von rechts, sind schnell genug, so dass ich keine Ausweichmaßnahmen einleiten muss. Hier bewährt sich das AISRadar, auf dem man früh genug erkennt, ob eine Kollisionssituation vorliegt oder nicht. Um 19.20 Uhr sind wir durch das Verkehrstrennungsgebiet hindurch. Unser Kurs führt direkt auf die Hafeneinfahrt von Warnemünde zu. Auf Kanal 73 Warnemünde Traffic verfolgen wir den Funkverkehr mit etlichen ein- und auslaufenden Schiffen und den Fähren von und nach Gedser. Um 21.25 Uhr ist es schon dunkel, als wir direkt vor den Molen das Fahrwasser queren. Auf der Mole winken unser Enkel Yaron, Schwiegertochter Trixi, Freundin „Plättchen“, und unser Sohn Martin. Wir hatten per Handy angerufen. Sie sind von Rostock gerade noch rechtzeitig eingetroffen. Ab Warnowwerft fahren wir unter Motor die restlichen 6 sm des gut bekannten betonnten Fahrwassers bis zum Heimathafen im SSV Rostock. Um 23 Uhr ist das Boot fest. Agnes und Alfred vom Motorboot „Pinka“ sind wach geblieben, um uns zu empfangen. Ich bin total geschafft, musste in den letzten 17 Stunden den größten Teil der 81 sm von Hand steuern. Noch zwei Tage später bei der Einschulung spüre ich ein Schlafdefizit. Meine körperliche Kondition war weniger ein Problem. Meine Wirbelsäule hat die stundenlange Schaukelei gut vertragen und auch die Schulterprobleme der letzten 3 Jahre sind z. Z. weg. Nur die Kniegelenke spürte ich in den letzten Wochen wiederholt. Heidi hat als Andenken drei blaue Flecke. Dank der Akupressurbänder war für sie Seekrankheit kein akutes Problem, leichte Anzeichen jedoch spürbar.


Mi. 18.08.10 nach Rødvig 32 sm
Als wir gegen 9 Uhr ablegen, ist es ruhig. Wir segeln mit Genua am Wind. Er dreht von Südwest auf Südost mit kurzen Flautenzeiten. Sogar die Sonne kommt kurz raus. Dann kommen mehrere leichte Regenfronten. Der Wind geht wieder auf Südwest. Mal wechsele ich auf Fock 1, dann starte ich wegen Flaute den Motor und ziehe wieder die Genua. Um 13.30 Uhr geht es dann wieder los: mit einem Regenschauer haben wir schnell über 20 kn Wind von vorn, bis zu 30 kn werden es. Mit 2 Reffs und Fock 1 kreuzen wir noch stundenlang gegen eine zunehmende Welle. Um 17.30 Uhr erreichen wir endlich Rødvig. Im Seglerhafen finden wir einen ruhigen Platz. Ein Segler aus Göteborg hilft beim Anlegen. Er war zur Hanse Sail in Rostock. Abends ist der freundliche Hafenmeister im Büro, 120,- DK inklusive Strom. WC und Duschen mit 5 Kronen Münzen sind tagsüber geöffnet, nachts mit PINCode zugänglich. Beizeiten gehen wir schlafen, stellen den Wecker auf früh 4 Uhr.


Di. 17.08.10 nach Dragør 35 sm
Wir wollen möglichst früh weiter, haben den Wecker gestellt. Am Hafenbüro lesen wir die Liegegebühr von 120,- SEK. Wir beschriften einen Briefumschlag mit unseren Daten und stecken ihn mit dem Geld durch einen Briefschlitz in der Tür des Hafenbüros. In dem Umschlag ist auch Heidis frankierte allerletzte Ansichtskarte. Sie kommt an, bevor wir zu Hause sind. Noch vor 8 Uhr starten wir, ziehen gleich die Segel. Der leichte Wind zwischen 4 und 12 kn kommt aus Nord, später Nordwest. Vor Wind baume ich die Genua mit dem Spibaum aus. Damit es nicht von hinten in die Kajüte regnet, lege ich eine Plane über den Niedergang und binde sie auf dem Kajütdach fest. Bei einer Halse muss ich den Spibaum schiften. Dabei hakt der Führungsschlitten aus der Schiene an der Mastvorderkante aus. Vor mehreren Tagen war ein Plasteteil herausgefallen. Ich hatte es an Deck gefunden, nachlässigerweise aber noch nicht wieder eingeklebt. Jetzt sichere das inzwischen gelöste zweite Teil, kann den Spibaum aber nicht mehr nutzen, muss ihn an Deck festbinden. Um 14 Uhr sind wir vorbei am Hafen Dragør südlich von Kopenhagen. Im Minutentakt landen die Flugzeuge. Da sehe ich ein Segelboot voraus mit sehr starker Krängung. Für uns kam der Wind noch von hinten, ist dann momentan weg. Ich kann noch die Genua bergen, Fock 1 setzen und 2 Reffs einziehen. Innerhalb weniger Minuten haben wir über 30 kn Wind. Ich berge das Groß, kreuze nur mit der Fock, hoffe, es ist nur eine Schauerböe. Neben dem Fahrwasser bei einer grünen Tonne komme ich einem entgegenkommenden Frachter bedenklich nahe, kann aber wenden. Ich hatte den Eindruck, er hat seinen Kurs sogar in unsere Richtung geändert. Der Wind nimmt etwas ab, aber es sind immer noch über 20 kn aus Südwest. Ich ziehe das Groß mit dem 3. Reff, habe aber noch die normale Fock1. Um die zu wechseln, ist es zu eng und die Wellen sind hoch. Nach einer Stunde Kreuzen sehe ich, bei der Eigenbaupinne hat sich die formverleimte Verlängerung gelockert. Sie war vor einem Jahr schon einmal gebrochen. Ich hatte sie im Winter gekürzt und mit Epox verleimt. Dann bricht noch eine der seitlichen Backen auf. Das Steuern mit Autopilot geht noch. Dann klappt plötzlich der Stumpf der Pinne hoch. Bei dem neuen Pinnenpiloten bricht der Knopf der Schubstange ab. Ich nehme den schwächeren Reserve-Antrieb, habe auch noch zwei alte Pinnenpiloten. Wir studieren die Seekarte, welchen nächsten Hafen wir anlaufen könnten. Zu den Häfen in der flachen Kogebucht müssten wir aufkreuzen. Im Osten führt eine enge Rinne zum Falsterbo-Kanal. Als einziges käme Skanör in Frage. Näher ist es jedoch, mit Motor 4 sm nach Dragør zurückzulaufen. Im alten Hafen hat sich der Wind beruhigt. Wir finden eine freie Box. Ein Däne zwei Boote weiter hilft beim Anbinden. Für die Hafengebühr gibt es gegenüber einen Automaten, der auch Bargeld nimmt. Für Duschen und auch für Strom muss man eine Chipkarte gegen Pfand lösen und mit Geld aufladen. Das schenken wir uns. Einfache Hafentoiletten sind rund um die Uhr geöffnet. Wie unkompliziert war es doch auf Island. Ich kann abends noch die Pinne und den Schubstangenkopf des Autopiloten austauschen. Morgens repariere ich auch den Spibaumlift.


Mo. 16.08.10 nach Råå 21 sm
Bevor am nächsten Morgen um 9 Uhr der Hafenmeister kommt und uns den PIN-Code für Dusche und WC mitteilt, können wir eine Behinderten-Toilette benutzen. Über ein offenes WLAN kann ich ins Internet. Vormittags kaufen wir im Ort ein, und Heidi erfragt den Zugang zur Kirche über ein angebautes Altersheim. Wir legen erst um 14 Uhr ab. Der Ostwind kommt ablandig, erreicht aber bis zu 30 kn (7 Bft). Ich segle mit Fock 1 und 2 Reffs. Vor Helsingborg ist östlich neben dem Verkehrstrennungsgebiet nur ein sehr schmaler Streifen Küstenverkehrszone. Der Wind kommt immer spitzer von vorn. Mit vielen Holeschlägen kreuze ich stundenlang gegen bis zu 3 kn Strom von vorn. Um 18 Uhr sind wir in Höhe der Stadt Helsingborg. Innerhalb von 10 Minuten ist Flaute. Wegen einer einlaufenden und einer auslaufenden Fähre zum gegenüberliegenden Helsingør müssen wir kurz stoppen. Eine halbe Stunde später haben wir wieder 20 kn Wind. Über Land steht eine schwarze Wolke. Nach den Anstrengungen des Tages und bei dem dichten Schiffsverkehr im Sund verzichten wir darauf, nachts weiterzusegeln. Der Segelklub veranstaltet trotzdem eine Abendregatta. Um 20 Uhr haben wir in der Marina Råå am Ostufer angelegt. Der Hafenmeister kommt erst morgen früh um 9 Uhr. Den PIN-Code lassen wir uns sagen. Duschen geht ohne Geld.


So. 15.08.10 nach Höganäs 58 sm
Nachts hat es geregnet. Den PIN-Code für die Toilette erfragen wir morgens von einer jungen Seglerin. Es sind nur wenige andere Segler zu sehen. Um 9.20 Uhr legen wir ab. Der Wind anfangs Nordost, dann Ost, lässt uns bei Sonne und 25 °C mit Groß und Genua angenehm segeln. Mittags ist eine halbe Stunde Flaute. Dann bewölkt es sich, der Wind frischt auf und kommt immer mehr von vorn aus Ostsüdost. Ich muss auf Fock 1 wechseln, abends ein Reff einziehen. Maximal 28 kn Wind wurden registriert. Hinzu kommt Strom bis 1,5 kn von vorn. Der nächste brauchbare Hafen südlich der Kullen-Halbinsel ist Höganäs. Den erreichen wir erst um 22.30 Uhr, als es schon stockdunkel ist. Mit Kartenplotter finden wir sicher die Zufahrt durch die betonnte Rinne in den Seglerhafen. Der Vorhafen ist groß genug, um die Segel zu bergen und Leinen und Fender klar zu machen. Mit dem Suchscheinwerfer finden wir schnell eine grün markierte Box.


Sa. 14.08.10 nach Varberg 57 sm
Die Regatta ist gestern Abend zu Ende gegangen. Die dänische Staatsyacht ist gleich danach abgedampft. Auch wir wollen heute möglichst weit kommen. Heidi geht trotzdem noch einkaufen. Gegen 10 Uhr legen wir ab und segeln bald auf das Kattegat hinaus. Der Wind, anfangs aus West, dreht über Nordwest im Laufe des Tages auf Nord und frischt nachmittags bis auf 20 kn auf. Es ist sonnig und über 20°C warm. Der uns schon bekannte Innenweg wäre interessanter aber navigatorisch auch anspruchsvoller gewesen. So kommen wir gut voran und haben abends um 20.30 Uhr in Varberg südlich von Göteborg 57 sm geschafft, ein Durchschnitt von 5 kn, Spitze 7,5 kn. Wir gehen in die Marina gegenüber vom Ort, finden eine „grüne“ freie Box, machen Abendbrot und gehen schlafen. Hier liegen vornehmlich einheimische Yachten. Man kann auch im gegenüber liegenden Fischereihafen anlegen.


Fr. 13.08.10 Hafentag in Marstrand
Nicht weil wir wegen des Datums abergläubisch sind, bleiben wir im Hafen, sondern weil der Wind aus Südwest für uns aus der falschen Richtung kommt. Der starke nächtliche Regen hört vormittags auf. Wir nutzen die Gelegenheit zum Wäschewaschen und kaufen Proviant ein. Am Nachmittag gehen wir zu der großen Festung Carlsten. Wir waren 2003 schon einmal hier, durften damals eine halbe Stunde vor Toresschluss durch die Räume laufen. Lange Jahre war Carlsten Schwedens schlimmstes Gefängnis. Wir müssen uns das nicht noch einmal antun, sparen den Eintritt von zweimal 75,- SEK, sehen die Festung lieber von außen und machen eine Inselwanderung. Auf dem höchsten Punkt ist eine Lotsenaussichtsstation. Etwas tiefer ist eine Höhle mit Feuerstelle, innen eine Bank mit einer Decke. An der Nordküste führt der Wanderweg durch eine enge Felsspalte, das sog. Nadelöhr. Dicke Menschen würden stecken bleiben. Immer wieder eröffnen sich Ausblicke auf die See und die umliegenden Inseln. Im Westen steht auf kahlen von der See abgerundeten Granitfelsen ein Leuchtturm. Wir sind nicht die einzigen Wanderer. Heidi kommt mit einem Mann ins Gespräch. Er interessiert sich für unser Boot. Abends kommt er vorbei. Bei der Unterhaltung an Bord erfahren wir, dass er aus Stockholm ist und auch mal gesegelt ist. In der Schule lernte er deutsch. Als er sich verabschiedet, signalisiert Heidis Handy eine SMS. Auf dem Display ist eine bisher nicht gesehene eigenartige Anzeige mit Kästchen. Meine erste Vermutung ist, es ist ungewollt ins Internet eingeloggt. Ich versuche sofort alles abzubrechen. Dann lesen wir eine SMS: Wir gratulieren Ihnen zu Ihrem neuen Abo 4,99 € für 30 Tage, jederzeit kündbar und eine Internetadresse. Wie ist das zustande gekommen? Wie kommen wir da wieder raus? Am Morgen kommen zwei weitere SMS: Handynummer als Benutzername und ein Passwort, dann die großzügige Information, die erste 30 Tage sind kostenlos. Beim Durchsuchen des Menüs finde ich drei bisher nicht vorhandene Musikdateien. Um es vorwegzunehmen: In Höganäs habe ich Internetzugang, kann die angegebene Internetseite aufrufen, mich aber nicht mit den genannten Daten einloggen. In den AGB lese ich drei Möglichkeiten der Kündigung, abhängig davon, ob der Vertrag per WAP-Portal, per SMS oder per Internet zustande gekommen ist. Nur weiß ich selbst nicht wie. Zumindest finde ich im Impressum eine info-E-Mail- Adresse. Ich schreibe eine entrüstete Mail, gebe Handy-Nr. und Passwort an und fordere sofortige Kündigung. Am Tag darauf kommt eine SMS zur Bestätigung der Kündigung und dem Angebot, das Abo jederzeit fortzuführen. Auch eine gleichlautende E-Mail finde ich später. Wir diskutieren darüber, wie das Abo wohl zustande kam. Heidi hat während der Reise zwar vielen neuen Freunden ihre Rufnummer mitgeteilt, keinem trauen wir böswilliges Verhalten zu. Denkbar ist auch, dass die Rufnummern von dem Anbieter willkürlich durchprobiert werden, und das Öffnen der SMS oder ein falscher Tastendruck schon zur Annahme des Abos führt.


Do. 12.08.10 nach Marstrand 26 sm
Nach den Anstrengungen des letzten Tages kommen wir morgens erst langsam in Gang. Wir wollen die den Ort überragende, aus Granit gebaute, Kirche besichtigen und vorher noch Geld holen. Der Ort ist voller Touristen. Erst gegen 13 Uhr kommen wir aus dem Hafen. Der Wind aus westlicher Richtung bleibt schwach, nur maximal 11 kn hat der Windmesser registriert. Bis 17 Uhr segeln wir vorbei an den vielen Inseln des Schärengartens. Die Mehrzahl der Boote fährt unter Motor. Den müssen wir dann auch nutzen und erreichen nach 20 Uhr Marstrand. Die Hälfte des großen Hafens ist von Regatta-Booten belegt. Die ganze Woche war schon „BMW Dragon Gold Cup“, Weltmeisterschaft der Drachensegler. An der Pier gegenüber liegt die königliche dänische Staatsyacht. Wir erfahren später, Prinz Henrik segelte mit. Die Gastboote liegen dicht gedrängt an den restlichen zwei Schwimmstegen. Ich sehe keine Dalben oder Ausleger, nur Leinen, die steil ins Wasser gehen. Erst denke ich an Heckanker, es sind aber Mooringleinen. Ganz außen liegt ein großes deutsches Segelboot „Lomone“ aus Husum mit zwei Männern. Daneben ist eine schmale Lücke. Wir quetschen uns dazwischen. Vom Steg kann ich noch eine freie Mooringleine aufnehmen. Die hält uns, als morgens starker Wind von hinten drückt. In der Bucht gegenüber sind drei Boote vor Anker gegangen. Bei einem hält der Anker nicht, Das Boot treibt auf die Steine am Ufer. Erst mit Motorboothilfe kommt es wieder frei. Bezahlen kann ich noch abends am Automaten mit Kreditkarte teure 250,- SEK und erhalte dabei auch den PIN-Code für Toilette und Dusche.


Di. 10.08. und Mi. 11.08.10 nach Lysekil 102 sm
Ich will die Möglichkeit des Internetzugangs nutzen, aktualisiere den Bericht, empfange und beantworte E-Mails. Heidi macht Einkäufe. Das nächste Ziel sind die westschwedischen Schären, die wir in den letzten Jahren links liegen gelassen haben. Um dort nicht nachts anzukommen, legen wir erst nach 14 Uhr bei Sonne und 25°C ab. Im Tromøysund schiebt uns der südliche Wind. Kurz vor dem Ausgang zum Skagerrak ist eine Werft, die Offshore-Bohrplattformen baut. Dicke Wolken ziehen auf, der Wind dreht leider auf Südost, nimmt abends an Stärke auf über 20 kn zu, in Spitzen bis 30 kn. Ich ziehe 2 Reffs ein und wechsele auf die kleine Fock 2. Gegen Morgen beginnt es stundenlang zu regnen. In der Schauerfront ziehe ich für 2,5 Stunden sogar das 3. Reff ein. Wir können unser Ziel Lysekil nicht mehr anliegen. Bei Starkwind und schlechter Sicht traue ich mich aber auch nicht, weiter nördlich in einen Hafen zu fahren. Bis zum Mittag kreuze ich bei Dauerregen gegen Wind und Wellen, ohne viel Höhe zu gewinnen. Um 11.30 Uhr ist dann auf einmal Flaute. Bei immer noch schlechter Sicht fahren wir 19 sm mit Motor und erreichen erst um 17 Uhr Lysekil. Eine Karawane von Booten zieht durch die inneren Schären. Es ist wie ein Schock für uns, der Hafen brechend voll, im ersten Becken kein Platz. Ein Motorboot überholt uns, belegt den einzigen freien Platz, den wir außen am Schwimmsteg sehen. Wir fahren in das zweite Becken. Da legt gerade ein Motorboot ab. Wir passen mit unseren 3,15 m Breite knapp in die Box. Neben uns liegt ein Motorboot mit einer jungen Familie, drei Jungen an Bord, der jüngste knapp ein Jahr alt. Der Vater arbeitet im benachbarten Elløs bei der Hallberg-Rassy-Werft. Eine Stunde später findet ein deutsches Boot „Hühner-Express“ einen frei gewordenen Platz. Wir unterhalten uns am nächsten Morgen mit ihnen. Der sehr interessierte junge Segler einer Albin-Express hat Frau und zwei hübsche lebhafte kleine Töchter an Bord. Das Boot ist im Sauerland auf der Möhne-Talsperre zu Hause. Er hat eine Firma für Vermessungsgeräte. Das Vermessungsamt in Akranes auf Island zählt auch zu seinen Kunden.


So. 08.08. und Mo. 09.08.10 nach Arendal 109 sm
Wir müssen weiter, stehen früh auf und legen kurz nach 7 Uhr ab. Es soll stärkerer Wind aus West kommen. Zunächst ist aber Flaute. Ich versuche mehrfach zu angeln, habe aber keinen Erfolg. Ab 11 Uhr kommt Wind auf. Wir segeln vorbei an Lista und auch an Kap Lindesnes. Der Wind nimmt zu, schiebt uns 17 Uhr um das Südwestkap. Um 20 Uhr sind wir vor Mandal, nachts 2 Uhr querab von Kristiansand. Es ist eine angenehme, relativ warme Nacht. Wir sehen etliche Schiffe, auch Fischer, keiner kommt uns zu nahe. In der Nacht hören wir Mayday-Funkverkehr. Ein Holzboot mit 3 Personen an Bord droht südlich Kap Lindesnes zu sinken. Wie wir zu verstehen glauben, kam ein Frachtschiff zu Hilfe. Das meiste wurde auf norwegisch gesprochen. Das gilt übrigens auch für den über UKW-Funk verbreiteten Wetterbericht, der für den inneren und südlichen Skagerrak Starkwind ankündigt. An der Küste bleibt der Wind aber meist schwach. Um 16 Uhr legen wir in Arendal an. Vor sieben Jahren war dies unser erster norwegischer Hafen mit der Libra. Wir machen einen kleinen Stadtgang vorbei an dem fast 200 Jahre alten hölzernen Rathaus, dann zum Pollen, dem inneren Stadthafen. Die stolze Liegegebühr von 200,- Kronen (25,- €) bezahlt man per Kreditkarte an einem „Parkautomaten“. Meine EC-Karte wird nicht akzeptiert. Duschen kostet 35,- Kronen.


Sa. 07.08.10 Hafentag im Rekefjord
Heute soll Starkwind sein. Im Binnenland merken wir nicht viel davon. Das Sonnenscheinwetter ist aber vorbei. Wir machen noch einmal eine Radtour, diesmal etwas weiter landeinwärts zu den Blåfjell Gruben. Dort wurde in einem Flusstal von 1863 bis 1876 Erz abgebaut. Die jetzige Straße war eine Pferde-Bahnstrecke zum Rekefjord. Wo die Wagen bergab alleine rollten, fuhren die Pferde auf einem speziellen Anhänger mit. Die Stollen in den Berg sind zu sehen, aber nicht zugänglich. Eine Attraktion auf halbem Wege ist der Ruggelstein, ein 74 Tonnen schwerer Fels, den man durch kräftiges Drücken in Schaukelschwingungen versetzen kann. Heidi will in Hauge noch einmal zur Kirche. Als wir ankommen, beginnt eine Trauung. Wir gehen auf die Empore und schauen von oben zu. Die hübsche junge blonde Braut soll die Tochter des Pfarrers sein. Der Bräutigam ist groß und schlank. Nach der feierlichen Zeremonie geht Heidi zu dem Organisten. Es ist ein Deutscher aus Bingen am Rhein, der schon 20 Jahre hier wohnt und für den Musik sein Lebensinhalt ist. Er sorgt dafür, dass für uns der Tresor der Kirche geöffnet wird. Heidi hatte nach der Bibel aus dem Versammlungsraum des Bergwerkes gefragt, die hier aufbewahrt wird.


Do. 05.08. bis Fr. 06.08.10 zum Rekefjord 67 sm
Fast den ganzen Tag bleiben wir in Skudeneshavn. Früh morgens habe ich noch Internetzugang, kann E-Mails abrufen. Es gibt mehrere Regenschauer, dazwischen scheint die Sonne. Ich vervollständige den Bericht, kann ihn dann doch nicht abschicken. Am Tag ist das WLAN wohl überlastet. Wir kaufen Proviant ein und gehen dann ins Heimatmuseum. Der Ort war schon früher ein lebhafter Fischerei- und Handelshafen. Eine junge Studentin führt uns persönlich durch die Ausstellung. Schön ist auch der Stadtpark mit Felsen und Aussichtspunkt über den Hafen und die Zufahrt. Der Wetterbericht heute früh klang nicht dramatisch. Wir legen um 18 Uhr ab. Im Osten über Land steht eine schwarze Wolke. Eine Stunde lang fahren wir Motor. Dann kommt Wind und dazu Regen. Es wird eine aufregende stockdunkle Nacht. Wiederholt gibt es Regenschauer mit auffrischendem Wind. Immer wieder muss ich die Vorsegel wechseln, ein und ausreffen. Bei Jaerens Rev kommen mir mehrere Frachter in die Quere. Ich ändere sicherheitshalber den Kurs. Ich glaube, es war die anstrengendste Nacht des ganzen Törns. Zuerst kam der Wind aus östlicher Richtung, um Mitternacht springt er auf Südwest um. Am Vormittag kommt die Sonne, es wird warm, über 20°C. Um 14 Uhr fahren wir in den kleinen Rekefjord. Rechts und links der Einfahrt sind Steinbrüche, es wird Splitt abgebaut. Hinten gibt es einen recht neuen Gästeanleger. Die Tide ist hier vielleicht noch 20 cm. Wir finden Strom, Wasser und ein sauberes komfortables WC-Gebäude mit Dusche vor. Zwei Fahrräder stehen zur Benutzung bereit und das alles ohne Liegegebühr. Wir sind hier „Gäste“. Am späten Nachmittag fahren wir mit den Rädern nach Hauge, dem Hauptort der Kommune Sokndal. Eine Sehenswürdigkeit ist die große kreuzförmige Holzkirche von 1803. Auf einer Tafel lese ich, sie ist jeden Abend geöffnet. Ein Ehepaar zeigt uns die farbenfrohe Kirche. Sie machen das jeden Freitag. Der Altar mit Silberleuchter, die mit Holzschnitzereien geschmückte Kanzel, der hölzerne Taufstein und andere Gegenstände stammen aus der alten Kirche. Die Wände sind wie bei einem Blockhaus aus Baumstämmen zusammengefügt, außen mit Bohlen verkleidet, innen blaugrau gestrichen. Einige Kilometer weiter ist Sokndalsstranda. Es ist ein früherer Hafen in der Mündung des Flusses Sokno. Alte Holzhäuser werden jetzt als Verkaufsläden für Touristen, Restaurants und Ferienhäuser genutzt. Heute Abend ist Premiere einer Freiluftaufführung im Hafen. Die Handlung spielt zur Zeit der Kontinentalsperre durch Napoleon, als hier ein englisches Schiff in den Hafen kam. Für uns wird es zu spät und viel hätten wir von der Handlung wohl auch nicht verstanden.


Mo. 02.08.10 bis Mi. 04.08.10 nach Skudeneshavn/Norwegen 216 sm
Der Vormittag vergeht mit Vorbereitungen für die Weiterreise. Die Wetteraussichten sind nicht ideal. Es kommen neue Tiefs, aber keine Sturmstärken in den nächsten 5 Tagen. Wir wollen direkt nach Norwegen weiter. Die Timerprogrammierung des Wetterfax wird wieder auf Nordsee umgestellt. Heidi will noch unseren Freund Toni besuchen, engagiert dazu ein Auto. Leider trifft sie ihn nicht an. Er ist mit seiner kranken Frau in Lerwik. Der Nachbar versucht ihn anzurufen. Heidi hinterlässt eine „Message“ auf dem Anrufbeantworter und einen Brief. Auch für den Fischer Karl schreibt sie eine Mitteilung. Der ist morgens schon mit dem Boot rausgefahren. Das offene Auto steht auf der Pier. Leider sehen wir auch ihn nicht mehr. Erst um 14 Uhr legen wir ab. Mit leichtem Wind segeln wir aus der Bucht. Davor dreht ein größeres Boot Kreise. Ich denke es ist ein Fischer. Wir werden per Funk gerufen. Es sind Taucher. Sie bitten, dass wir ausreichend Abstand halten möchten. Dann ist der Wind ganz weg. Wir müssen 5 Stunden den Motor nehmen. Erst am Abend haben wir leichten Wind aus südlicher Richtung, d. h. Anliegerkurs. Es ist zwar bewölkt aber kein Regen. Wie üblich wechseln wir die Wachen. Ab Dienstag Mittag frischt es auf, eine Front mit leichten Regenschauern zieht durch. Vorübergehend ziehe ich 2 Reffs ein. In der zweiten Nacht ist ab 3 Uhr Flaute. Erst gegen 10 Uhr segeln wir wieder. Eine Stunde später frischt es wieder bis 15 kn auf. Wechsel auf Fock 1 genügt. Es fallen nur ein paar Regentropfen. Danach klart es auf, die Sonne kommt, es wird ungewohnt warm. Der Wind wird wieder schwächer, es reicht aber bis 3 sm vor dem Hafen. Die kürzere Einfahrt nach Skudeneshavn auf Karmøy von Südwest ist auf der Papierseekarte etwas unklar und eng, mit Kartenplotter bei ruhigem Wetter und guter Sicht keine Schwierigkeit. Um 18 Uhr finden wir im hintersten Winkel des Hafens einen freien Platz für unser kleines Boot. Andere liegen davor schon im Dreierpäckchen. Bei jetzt 23°C sind wir verschwitzt, gehen nacheinander duschen. Ein Touristenpaar aus Wismar ist erstaunt, uns hier anzutreffen. Sie wundern sich noch mehr, dass wir von Island kommen. „Wo ankern Sie denn nachts auf dem Atlantik?“ ist eine Frage, die wir nicht zum ersten Mal hören. Der Urlauber hat einen 6.5 m langen Kimmkieler in Rerik. Heidi holt beide kurz an Bord. Wir wollen zu einem Ehepaar, das wir hier vor 4 Jahren besucht haben. Es sind alte Bekannte eines Segelfreundes aus Berlin. Die deutsche Frau hat vor Jahrzehnten einen Norweger geheiratet. Vorher suchen wir einen Geldautomaten. Heidi spricht eine elegante ältere Dame an. Während sie uns hinführt, fragt Heidi, ob sie Uta und Arne kennt. Sie sagt ja, aber die hätten vor 2 Jahren ihr Haus verkauft und sind nach Deutschland gezogen. Inzwischen sind wir vor ihrem Haus angekommen, zu dem sie eine Treppe hochgeht. Dann will Heidi noch nach der Adresse fragen und geht hinterher. Oben sind zwei Hauseingänge. Links ist abgeschlossen und niemand öffnet, rechts steht der Nachname unserer Bekannten. Ein älteres Ehepaar lässt uns ein. Es ist der Cousin von Arne. Der Mann führt mehrere Telefonate, hat schließlich die aktuelle Telefonnummer, erreicht aber niemanden. Wir erzählen von unserer Reise. Das Ehepaar ist gerade von der Geburtstagsfeier des jetzt 80jährigen erfolgreichen hiesigen Reeders Solstad gekommen. Die Frau ist die Cousine der Ehefrau des Reeders. In der lokalen Zeitung steht ein ausführlicher Artikel über ihn. Im Laufe des Gespräches werden wir zu einem Glas Weißwein eingeladen. Zwei Stunden später verabschieden Wir uns. Eine Etage tiefer ist ihr Juwelierladen, den inzwischen der Sohn weiterführt. Am nächsten Tag finde ich im Internet einen Artikel der Nordsee-Zeitung über den Umzug unserer Bekannten nach Bremerhaven, wo Uta geboren wurde.


Fr. 30.07. bis So. 01.08.10 nach Balta Sound/Unst/Shetlands 210 sm
Am Morgen kommt Ron mit seinem Boot in den Hafen. Es ist ein robustes Stahlschiff ausgerüstet für längere Törns, u. a. Windsteueranlage. Wir treffen uns noch kurz im Hafenbüro, wo wir uns herzlich von Chris Jan verabschieden. Um 10.30 Uhr legen wir ab. Der schwache Wind kommt zunächst von vorn. Erst nach 2 Stunden und 7 sm Motor können wir segeln, hoch am Wind aber noch keinen direkten Kurs. Ich fahre einige Wenden, sehe dann aber aus dem Wetterbericht, dass der östliche Wind später auf Nordost und Nord drehen soll. Somit fahre ich schließlich eine Art Hundekurve mit einem leichten Bogen Richtung Süden. Das Wetter ist trübe. Nachmittags nimmt der Wind zu auf 15 kn, später zuweilen bis 20 kn. Ich wechsele von Genua auf Fock 1. Gegen Abend beginnt es zu regnen, und das bleibt so mit wechselnder Intensität fast die gesamte Fahrt. Am Sonnabendmittag sehe ich auf dem AIS-Empfänger zwei manövrierbehinderte Schiffe. Das eine fährt nur 4 kn, das andere unter 1 kn. Dem ersten kommen wir auf parallelem Kurs immer näher. Bevor ich mir überlege, ob ich es anfunke oder ausweiche, werden wir auf Kanal 16 gerufen. Von den langen Erklärungen verstehe ich nur, dass es seinen Kurs halten muss. Ich sage, wir werden wenden und hinter ihnen passieren. Der Abstand ist dann über 2 sm. Keine Stunde später ist die Situation mit dem zweiten Schiff ähnlich, ich mache auch einen Holeschlag. In der Nacht kommen wir in die Nähe eines dritten Schiffes, das auch nur 1 kn schleicht. Hier kann ich durch Anluven einen Abstand von gut 2 sm einhalten. Gegen Morgen der zweiten Nacht habe ich dann ein hell erleuchtetes Fischerboot ohne viel Fahrt vor mir. Es hat kein AIS. Auch hier fahre ich einen Bogen. Die letzte merkwürdige Begegnung ist ein Schiff „Geir“ auf dem AIS. Gekennzeichnet als „Unter Segel“, fährt es mit 11 kn direkt gegen den Wind nach Nordost. Im Dunkeln sieht es im Fernglas wie eine Luxus-Motoryacht aus. Sonntag früh um 6 Uhr erreichen wir die kleine Leuchtturminsel Muckle Flugga direkt nördlich der größeren Insel Unst der Shetlands. Vor zwei Jahren haben wir sie bei schlechtem Wetter von Land gesehen. Es ist ein erhebender Augenblick an diesem exponierten Punkt. Leider ist die Tide schon gekentert. Der Gegenstrom bleibt bei 1,5 bis 2,5 kn. Wir können dagegen ansegeln. Hinter dem Kap kommen wir in einen Bereich von Eddies, das sind Stromwirbel und unruhige Wellen, die seitlich gegen das Boot klatschen. Durch den schmalen North-Channel fahren wir in die Bucht Balta Sound. Hier haben wir vor 2 Jahren mehrere Sturmtage erlebt. Heute ist es ruhig. Gegen 10 Uhr legen wir an. Wir können den Schwimmponton hinter der Pier benutzen. Damals schlugen die Wellen wie wild dagegen. Wir hatten einen sicheren Platz an der hohen Pier im Schutz von zwei Fischerbooten. Wir essen Mittag, Fischsuppe von Tvøroyri. Dabei passiert ein Missgeschick: Heidi gibt mir ihr Handy zum Lesen einer SMS. Ich lasse es in die Suppe fallen. Es war nur kurz eingestippt, doch danach spinnt es, schaltet später ab. Ich bin müde, lege mich schlafen. Heidi geht zum Duschen in das Gebäude des Bootsclubs. Auf dem Rückweg trifft sie unseren ersten Bekannten von vor zwei Jahren: den Hummerfischer Peter. Der kann sich zuerst nicht erinnern, doch dann dämmert es ihm. Damals hatte er gesagt: „I am a viking“, und gerade so wie ein Wikinger sieht er aus mit seinem Vollbart. An Bord zurück findet sie ein Papier des Hafenmeisters mit Informationen und einer Skizze mit allen interessanten Attraktionen, sowie seiner Telefonnummer. Ich will auch duschen, ziehe mich aus, doch der hier übliche Durchlauferhitzer reagiert nicht, keine Anzeige. Ich nehme meine Sachen, gehe unter die Frauendusche. Dann verlassen wir das Boot. Als erstes kommen wir an einem Buswartehäuschen vorbei, das wie ein Wohnzimmer eingerichtet ist. Vor zwei Jahren dominierten die Farben grün und blau, jetzt sind es rot und orange. Sogar in einer Fernsehsendung über die Hebriden wurde es gezeigt. Ein Stück weiter ist eine Tankstelle mit Shop. Wir kaufen etwas an Proviant nach, brauchen aber noch britische Pfund. Es gibt einen Geldautomaten, der akzeptiert aber meine EC-Karte nicht. Auch das Bezahlen geht damit nicht, aber mit VISAKarte. Der Verkäufer bucht auf Wunsch noch zusätzlich 50,-£ ab und gibt sie „cash“ raus. Als weitere Gefälligkeit ruft er den Hafenmeister an. Ich teile mit, dass wir wieder zum Boot gehen. An Bord öffne ich Heidis Handy, es ist ein Wassertropfen drin. Beim Eingeben der PIN hat es diese nicht angenommen, nur noch ein Versuch! Auch das Laden des Akkus geht nicht mehr. Wir nehmen mein altes Handy, doch das ist für eine fremde SIMKarte gesperrt. Aber ich habe noch ein neues. Daran muss Heidi sich jetzt gewöhnen. Später kommt der übereifrige Hafenmeister. Wir bezahlen 8,-£ Liegegebühr. In einer Box des Bootsclubs stecken wir einige weitere £ als „Donation“ für das Duschen. Am späten Sonntagnachmittag werden 3 Segelboote aufgetakelt und eine interne Regatta gesegelt. Es sind moderne Plastik-Jollen, jedoch ist die Rumpfform traditionellen Shetlandbooten nachempfunden. Abends gehen wir in den Pub des grau und unattraktiv aussehenden Hotels, vornehm als „Bar“ benannt. Einige junge Männer und unser Freund Peter sitzen am Tresen. Bevor wir selber zwei Guinness bestellen können, hat Peter es schon gemacht. Er zahlt, wie hier üblich, mit Geldkarte und lässt sich zusätzlich Bargeld rausgeben. Wir sagen, wir sind mit dem Boot hier, und der Wirt sagt: „I remember“. Wir hatten hier vor 2 Jahren abends meistens Guinness getrunken. Alle staunen, dass wir von Iceland kommen, nur zu zweit. Einer war als NATO-Soldat in Deutschland, in Rammstein. Er erzählt begeistert von Heidelberg. Die nächste Runde Bier kommt von ihm. Der andere spendiert einen hochprozentigen Cocktail. Die letzte Runde bezahlen wir. Wir hinterlassen noch Grüße für Katy und Derek. Sie hatten uns vor 2 Jahren zu seiner Geburtstagsfeier nach Hause eingeladen, es war der 40. Jetzt wollen sie in 2 Wochen heiraten. Nachts schlafen wir gut, kein Sturm.


Sa. 24.07. bis Do. 29 07.10 Hafentage in Tvøroyri
Nachts setzt der Regen ein. Die nächsten Tage bleibt es unbeständig. Am Samstag waschen wir eine Waschmaschine nach der anderen. Ich habe am Reisebericht viel nachzutragen. Nachmittags ist in der Kirche eine Trauung. Heidi geht hin. Die Braut ist aus Island. Mit angereisten Verwandten haben wir am Vorabend gesprochen. Die Färöer haben Frauenmangel, einen Überschuss von 2000 Männern. Die Hochzeitsfeier mit 172 Personen ist im Restaurant von Anna-Kirstin und geht bis morgens um 7 Uhr. Am Sonntag Vormittag ist der Reisebericht bis zur Ankunft auf den Färöern aktualisiert. Im Hafenbüro kann ich ins Internet, habe zunächst Probleme mit der Netzwerkverbindung. Dann kann ich endlich E-Mails abrufen, Updates downloaden und selbst E-Mails verschicken. Unser alter Freund Finn Terje kommt bei uns vorbei. Er hat eine hübsche Freundin aus Thailand, hat sie in Kopenhagen kennen gelernt. Heidi kocht an Bord Kaffee. Abends erwartet eine große Zuschauermenge die Ankunft von fünf Traditionsschiffen einer Regatta von Torshavn. Der Wind war ungünstig. Erst gegen 22 Uhr kommen sie unter Maschine in den Hafen. Bis nach Mitternacht ist die Hafenkneipe voll. Anna-Kirstin wird von den Familienmitgliedern Bruder Thomas und der Tochter Turi Maria unterstützt. Wir erhalten als Geschenk eine Kassette mit vier Büchern über die Shetlands, die Färöer, Island und Grönland. Heidi revanchiert sich mit einer DVD mit Tanzaufnahmen unserer Tochter Anne. Am Montag Vormittag sind wir bei der Familie von Finn Terje zum Frühstück geladen. Die betagten Eltern Hansina und Bjarni haben sich in den letzten drei Jahren kaum verändert, obwohl Hansina mehrfach betont: „Ich bin alt!“ Sie ist jetzt 80, er wird 85. Vor 9 Jahren war Goldene Hochzeit. Finn und Nadja sind sehr verliebt. Während wir noch am Frühstückstisch sitzen, sehen wir aus dem Fenster die Ausfahrt der Traditionsschiffe. Die nächste Etappe geht nach Midvágur, dann nach Klaksvik und zum Olavstag zurück nach Torshavn. Man zeigt uns den Ausdruck einer Internetseite auf Färöisch mit einem Foto der Libra hier im Hafen und Heidi und ich mit dem Commodorepreis der Kreuzerabteilung zu Hause in Berlin. Es ist das Foto aus der „Berliner Morgenpost“ im April d. J. Chris-Jan hat es bei unserer Hinreise kopiert und einen Beitrag über unsere Reise geschrieben. Man ist auch auf den Färöern prominent, wenn man wiederholt herkommt. Am Nachmittag ist Dauerregen. An Bord arbeite ich am Computer. Heidi macht Besorgungen. Am Dienstag regnet es nicht mehr. Wir verholen unser Boot, nehmen Wasser und Diesel. Anschließend mache ich Motorölwechsel. Mit einer Handpumpe sauge ich möglichst ohne zu kleckern das alte Öl ab, nachdem ich den Motor vorher einige Zeit habe warm laufen lassen. Auch der Ölfilter wird gewechselt, bevor das neue Öl aufgefüllt wird. Am Nachmittag wähle ich einige Fotos aus. Ich bearbeite sie auf dem PC, um die Dateigröße zu reduzieren, und sie anschließend per E-Mail zu verschicken. Abends mache ich mit Heidi einen Rundgang durch den Ort. Bisher war ich kaum aus dem Umkreis des Hafens herausgekommen. Am Mittwoch fahren wir mit der Fähre „Smyril“ nach Torshavn zum Ólavsøka, dem Olavstag. Der offizielle Festtag ist morgen am 29.Juli mit einer Prozession vom Parlamentsgebäude zur Kathedrale, angeführt von den Mitgliedern der Regierung und dem Bischof. Der Tag hat seinen Namen nach Olav Trygvason, der in Norwegen das Christentum eingeführt hat. Er ist 1030 in der Schlacht von Stiklestad gefallen und später als Märtyrer heilig gesprochen worden. Mit dem Zubringerbus fahren wir zur Fähre. Halb Suduroy scheint mitzufahren, so viele Menschen sind an Bord, alle in Festtagslaune. Etliche kennen wir schon, bzw. sie uns. Dazu herrscht richtiges Sonntagswetter. Nach 2 Stunden Fahrt ist Torshavn erreicht. Wir hätten mit unserem Boot einen ganzen Tag gebraucht. Vor dem Hafen ankern zwei Kreuzfahrtschiffe („Mein Schiff“, von Kiel, viele deutsche Passagiere, und die uns bekannte „Albatross“). Die Segelboote der Traditionsregatta sind zurück. Der Bootshafen ist brechend voll, vor allem einheimische Motorboote, aber auch einige größere Segelboote im Päckchen. Irgendwo hätten auch wir eingekeilt liegen können. Der Preis für die Fähre mit 90,- Kr pro Person war aber auch nicht mehr, als was wir hier an Hafengebühren hätten zahlen müssen. Der erste Weg führt auf die alte Festung Skansin mit Ausblick über Stadt und Hafen. Inzwischen beginnt in dem großen Vorhafen die Ruderregatta mit traditionellen offenen Ruderbooten, wie sie noch vor 100 Jahren zum Fischen vor der Küste üblich waren. Dafür müssen wir zwar noch Eintritt bezahlen. Dennoch ist es eine tolle Atmosphäre, unter den begeisterten Zuschauern zu sein. Viele sind in färöischer Nationaltracht gekleidet. Die Frauen haben lange Kleider, ein geschnürtes Mieder, einen Gürtel und ein mit einer kunstvollen Brosche zusammengehaltenes Schultertuch. Die Männer gehen in dunklen Kniebundhosen, einer bestickten Weste und einer Jacke mit Goldenen Knöpfen. Es dominieren die Farben blau und rot, bei den Frauen sieht man auch grün und weiß. In den Straßen sind viele Verkaufsstände. Musikkapellen spielen. Man sieht auffallend viele Familien mit fröhlichen Kindern. Oft sind auch die Kinder färöisch gekleidet. Ein besonderer Anziehungspunkt für sie ist ein Rummelplatz. Unter den Jugendlichen gibt es aber auch viele, denen der Alkohol zu Kopf gestiegen ist. Trotzdem dominiert die allgemeine Fröhlichkeit eines Volksfestes. Um 22 Uhr bringt uns die Fähre wieder zurück nach Tvøroyri. Am Donnerstag schlafen wir aus. Wolken hängen an den Bergen, zuweilen nieselt es. Der Vormittag vergeht mit Frühstück, duschen, Bericht schreiben. Mittags klopft es ans Boot. Ein Mann im Schlauchboot kommt längsseits. Es ist Ron aus Texas. Er war 2 Wochen auf Island, ist vorher die amerikanische Ostküste hochgesegelt. Sein Boot liegt in der Bucht vor Anker. Er will Wasser holen. Später will er zu den Shetlands und weiter durch die Irische See, im Spätherbst zu den Kanaren. Wir können ihm viele Hinweise geben und empfehlen ihm, hierher in den Hafen zu kommen. Wir machen ihm mit Chris Jan, dem Hafenmeister bekannt. Heidis Fischsuppe schmeckt auch ihm, dennoch wird sie noch nicht alle. Um 17 Uhr kommt ein dänisches Segelboot in den Hafen, drei Kinder sind an Bord. Die Hinreise hat der Mann alleine gemacht. Wir sind dabei, uns überall zu verabschieden. Abends wollen wir uns im Internet die Wetterentwicklung ansehen, wenn’s geht, morgen weitersegeln. Trotz Feiertag wurde auch heute gefischt. Abends werden die vollen Kisten ausgeladen. Heidi besorgt zunächst einen kleinen Fisch, holt dann noch einen größeren. Das Filetieren ist meine Aufgabe.


Fr. 23.07.10 nach Tvøroyri/Suduroy 45 sm
Noch ist schönes Wetter. Von Westen nähert sich aber ein Tief, nachts soll Regen kommen. Wir könnten von hier zum Wasserfall wandern, auch Sørvágur besuchen. Unser Liegeplatz ist gut geschützt, aber ohne Strom und Wasser. Bis zum Olavstag in der nächsten Woche wollen wir auf den Färöern bleiben, könnten dann von Torshavn zu den Shetlands weiter segeln. Ein Zwischenstop auf der Insel Sandoy wäre auch möglich, wenn das Wetter mitspielen würde. Wir legen kurz nach 10 Uhr ab. Der Wind nimmt bis zum frühen Nachmittag bis auf 17 kn zu. Anfangs muss ich kreuzen, später ein Reff einziehen. Querab von Sandoy wird der Wind immer schwächer, der Strom kommt von vorn. Obwohl wir segeln, werden wir auf dem Kartenplotter nur nach Westen versetzt. Ich hoffe, dass der Wind dreht und der Strom kentert. Um 18 Uhr gebe ich es auf, starte den Motor. Von Westen kommen erste Wolken. Für die nächsten Tage ist wechselhaftes Wetter zu erwarten. Das wollen wir lieber in Tvøroyri auf Suduroy abwarten. Dort fühlen wir uns fast wie zu Hause, können duschen und Wäsche waschen. Jetzt schiebt der Strom mit. Es geht vorbei an den Inseln Skugvoy, Stora und Litla Dimon. Das Wasser ist wieder unruhig, der Wind kommt direkt von vorn. Uns begegnen die Fähre „Smyril“ nach Torshavn und das recht kleine Schiff der Coast Guard. Die isländische Coast Guard hatte viel größere und mit moderner Radartechnik ausgerüstete Schiffe. Um 22.45 Uhr sind wir im Hafen. Der Hafenmeister Chris Jan erscheint kurze Zeit später. Er bringt uns den Schlüssel für das Hafenamt. Von zu Hause aus dem Fenster hat er uns gesehen. „Ich kenne Ihren Boot“ sagt er auf deutsch. Schließlich sind wir zum vierten Mal hier.


Do. 22.07.10 Hafentag in Midvágur
Am Nachmittag fahren wir mit unseren Fahrrädern in den Ort. Wir besuchen das Museum über den 2. Weltkrieg. Die Färöer waren von britischen Truppen besetzt. Damals wurde der Flugplatz hier auf Vágar gebaut. Es gab Bombardierungen, Flugzeugabschüsse und Abstürze, Schiffe wurden versenkt oder liefen auf Seeminen. Über 200 Färinger kamen ums Leben. Gemessen an der geringen Bevölkerungszahl soll das der höchste Prozentsatz in Europa gewesen sein. Unser nächstes Ziel ist Kalvalid, das älteste noch erhaltene Haus auf Vágar, evtl. sogar auf den Färöern, von 1632 oder früher. Es liegt oben am Berghang, wo wir bei schönem Wetter einen herrlichen Ausblick auf den Ort und die Umgebung haben. Wir sehen den Binnensee, aus dem ein Wasserfall direkt ins Meer stürzt. Gestern Abend sind wir dort vorbeigesegelt. Das Haus ist aus Felssteinen gebaut, hat ein Grassodendach und ist darunter mit Birkenrinde isoliert. Eine Anwohnerin erzählt uns Einzelheiten. Eine offizielle Führung kann man telefonisch bestellen. Hier wohnten die Witwen des Pfarrers. In dem Haus waren Küche mit offenem Feuer, Wohnstube und Kuhstall unter einem Dach. Bis 1954 war es bewohnt. Innerhalb einer ringförmigen Mauer aus Felssteinen war früher Heu aufgeschichtet. Die Mauer sollte die Schafe daran hindern, unkontrolliert das Heu aufzufressen. Heute bei dem schönen Wetter wird auf den Berghängen auch Heu geerntet und mit dem Auto nach Hause gebracht. Dann fahren wir zum Nachbarort Sandavágur. Hier ist eine architektonisch sehr schöne Kirche, gebaut 1916, mit großen hellen Fenstern. Im Gegensatz zu der in Midvágur, ist diese Kirche für Besucher geöffnet. Als Besonderheit steht in einer Ecke ein Stein, beschriftet mit Runen mit dem Namen des angeblich ersten Siedlers an dieser Stelle, 1200 von Rogaland gekommen. In dem kleinen Hafen ist ein Fischer auf seinem Boot. Wir unterhalten uns, und Heidi lässt sich zwei Fische schenken. Auf dem Rückweg kommen wir an einem Gästehaus vorbei. Wie uns vorher gesagt wurde, können wir hier für 20,- Kronen duschen. An Bord filetiere ich die Fische, Heidi brät sie. Es ist auch noch Fisch von Heimaey übrig.


Mo. 19.07. bis Mi. 21.07.10 nach Midvágur/Färöer 266 sm in 47,5 Stunden
Nach Hafenhandbuch soll eine Stunde nach Hoch- bzw. Niedrigwasser der Tidenstrom kentern. Mein PC berechnet mit dem Programm WXTide HW 20.45 UTC. Im Hafenbüro bekam ich eine kopierte Tabelle mit HW 18.49 UTC. Ich frage auf dem Steg einen Fischer. Er sagt, die Tabelle ist für Reykjavik, also stimmt WXTide. Wir legen 22.45 Uhr ab. Trotzdem haben wir 2 bis 3 kn Strom von vorn. Mit Motor kommen wir aber gegen an. Auch vor drei Jahren hatten wir das erlebt. Die Aussage im Hafenhandbuch muss falsch sein. Aus physikalischer Überlegung müsste die Verschiebung eine viertel Periode sein, das wären drei Stunden. Der Wind ist anfangs schwach, auch fast eine Stunde Flaute haben wir in der Nacht. Dann weht er jedoch beständig aus südlicher Richtung. Wir fahren nach Ostsüdost, also sicherer Anlieger, später Halbwind aus Südwest. Die See ist erstaunlich ruhig. Das Boot fährt wie auf Schienen. Bei 10 kn bis zu 20 kn Wind wechsele ich mal zwischen Genua und Fock 1. Meistens laufen wir um 6 kn, zuweilen über 7 kn. Es ist bewölkt, die Temperatur 12 bis 15°C. Wie immer wechseln wir nach Bedarf die Wachen. Am Mittwoch Morgen regnet es vorübergehend. Vormittags flaut der Wind kurz ab, springt dann auf Nord, später Nordwest um und legt kräftig zu. Ich reffe ein, nehme kurzzeitig sogar die prophylaktisch angeschlagene Fock 2. Als Ziel hatten wir Vestmanna geplant. Der Hafen liegt in einem engen Sund mit starkem Tidenstrom zwischen den Inseln Stremoy und Vágar. Die Berechnung ergibt, dass er abends zwar mit uns ist, ich weiß aber nicht, wie stark er tatsächlich sein wird. Wir ändern den Kurs auf den breiteren Mykines Fjord weiter westlich. An der Einfahrt haben wir zunächst Stillwasser, dann sind es aber bald 2 kn Strom von hinten. Obwohl jetzt Wind und Strom gleichgerichtet sind, ist das Wasser sehr unruhig. Die Enge erzeugt Düseneffekt, später kommen Fallböen von den steilen Felswänden dazu. Ich habe vorher das Groß geborgen, wir segeln nur mit Fock 1 Rumpfgeschwindigkeit. Die letzten 5 sm bis zum Hafen Midvágur kommt der starke Wind mit über 35 kn von vorn. Die Bootsgeschwindigkeit geht zuweilen auf unter 2 kn runter. Kurz nach 22 Uhr sind wir im Hafen. Wie auf Knopfdruck ist der Wind normal. Im Becken des ersten Kleinboothafens gehen wir an einen Fischkutter. Eine halbe Stunde später kommt der Fischer. Er will morgen Vormittag raus. Hinter uns ist ein freier Platz, an den wir uns verholen können. Am nächsten Morgen telefoniert ein anderer Fischer mit dem Hafenmeister. Der bestellt den Zollbeamten zum Einklarieren. Dieser kommt gegen Mittag vom nahen Flugplatz. Der gut aussehende junge Mann erledigt routinemäßig schnell die Formalitäten.


Sa. 17.07. bis Mo. 19.07.10 nach Höfn/Hornafjördur 157 sm
Den Vormittag verbringen wir noch in Heimaey. Die Sonne scheint, ich will Fotoaufnahmen machen: die kleine norwegische Stabkirche an der Einfahrt, wo früher die Festung Skansin war, zum Friedhof mit dem Torbogen, der nach dem Vulkanausbruch 1973 zwei Meter hoch in Asche versunken war, gegenüber die große Kirche, der Kliff-Berg in der Sonne. Das Hafenbüro ist geschlossen, vom Hafenmeister können wir uns leider nicht mehr verabschieden. Im Hafen ist „Fisch“-Tag, eine Verkaufsveranstaltung. Wir nehmen Trockenfisch mit, um zu Hause für unsere Freunde Baccalao zu kochen. Kostenlos kann man Hummersuppe probieren. Nach einem kleinen Einkauf legen wir um 13 Uhr ab. Wir nehmen Kurs auf Höfn im Südosten von Island. Von dort sind es 100 sm weniger zu den Färöern als direkt von den Westmännerinseln. Erst nach einer Stunde haben wir leichten Segelwind, anfangs aus West von hinten, am nächsten Tag Anliegerkurs aus Ost bis Südost mit Flautenzeiten. In Höfn zeigte das Windinstrument als Maximalwert nur 12 kn an. 41% der Strecke sind Motormeilen. Bei viel Sonne und Temperaturen bis 21°C haben wir eine herrliche Sicht auf die Südküste Islands. Dort gibt es keinen Hafen. Das Wetter ist stabil. Den ganzen Sonnabendnachmittag sehen wir den Eyafjallajökull, ständig mit einer sich verändernden Dampfwolke. Der Gletscher ist schwarz von der Vulkanasche des letzten Ausbruchs vor drei Monaten. Östlich davon kommt der größere Gletscher Myrdalsjökull hervor. Zwischen beiden Gletschern liegt der Fimvörduhals, der Vulkan, der in diesem Jahr im März als erster ausgebrochen ist und Lava gespuckt hat. Aus dem Eyafjallajökull kam später nur Asche, die durch schmelzendes Gletschereis und flüssige Lava gebildet wurde. Die Folge waren die Sperrungen des Luftraumes in ganz Europa. Das Schmelzwasser führte außerdem zu einem sog. Gletscherlauf mit Schlammlawinen und Überschwemmungen. Um 20.30 Uhr segeln wir an dem Felsentor von Dyrholaey vorbei. Dann kommt der Ort Vik, bis zu dem wir vor drei Jahren von Reykjavik mit dem Bus gefahren sind. Im Fernglas sehen wir die Wasserfälle Seljalandsfoss und Skogafoss. In der immer noch hellen Nacht wechseln wir mehrmals die Wache. Dann folgt ein langer flacher Küstenabschnitt, der an Land von früheren Überschwemmungen und Gletscherläufen ziemlich öde ist. Es gibt kaum Ortschaften. Sonntag Nachmittag um 17 Uhr sind wir querab von Ingolshöfdi, einem riesigen langgestreckten Felsen mit einem Leuchtturm, dahinter ist eine Lagune. Weiter landeinwärts liegt der gewaltige Vatnajökull, der größte Gletscher Europas (Grönland ausgenommen) mit dem höchsten Gipfel Hvannadalshnnukur über 2110 m. Hjördis und Björgvin aus Akranes haben ihn im May 2009 anlässlich ihrer beider 50. Geburtstage bestiegen. Sie hatten schlechtes Wetter, wollen es irgendwann nochmals wagen. Viele Gletscherzungen reichen bis in die Ebene. Unter dem Gletscher ist der Vulkan Grimsvötn. Den Gletschersee Jökullsarlon können wir von See nicht ausmachen. In der Nacht zu Montag bewölkt es sich. Zeitweise haben wir Nieselregen und leichten Nebel. Morgens gegen 7 Uhr vor Höfn ruft Heidi zunächst auf Kanal 12, dann Kanal 16 Port Control. Das Hafenbüro ist noch nicht besetzt, es meldet sich aber die Coast Guard. Sie telefoniert mit dem Hafenmeister. Er wird sich um 8 Uhr auf Kanal 16 melden. Nach unserer Tidenberechnung läuft z. Z. noch starker Tidenstrom durch die enge Einfahrt in die beiden großen Lagunen Hornafjördur und Skardsfjördur dahinter. An den flachen Kanten der Einfahrt sehen wir das Wasser schäumen. Von bis zu 11 kn Strom lesen wir im Hafenhandbuch. Deshalb warten wir 1 Stunde vor der Einfahrt. Als wir dann doch einfahren, schiebt es immer noch gewaltig. Ich messe 3 kn Differenz zwischen GPS und Log. Es strudelt um uns. Als wir vor drei Jahren hier waren, hatten wir zufällig eine ruhigere Phase, hatten aber keinen detaillierten Hafenplan. Erst nachdem wir den Pilot per Funk gerufen haben, fanden wir doch selbst den richtigen Weg anhand der Richtbaken, die ich anfangs übersehen hatte. Jetzt kennen wir die schmale Fahrrinne und haben einen GPS-Kartenplotter. Trotzdem ist es aufregend. Vor einigen Tagen soll ein Segelboot auf eine Sandbank gefahren sein, hatte der Hafenmeister in Heimaey erzählt. Um 8.30 Uhr liegen wir am Schwimmsteg hinter einem holländischen Segelboot. An Bord sind 5 Männer. Vor 2 Tagen sind sie angekommen. Sie sprechen von Crew-Wechsel, wie wir es von den meisten anderen Booten, die wir trafen, auch gehört haben. Der Hafenmeister kommt kurz vorbei und begrüßt uns. Auf dem neuen Schwimmsteg ist Strom und Wasser. Im Hafenbüro sehe ich mir im Internet die Wetterkarten an. Die Bedingungen scheinen günstig zu sein, um in den nächsten drei Tagen zu den Färöern zu segeln, ca. 250 sm. Noch vormittags gehen wir in das ebenfalls neue Schwimmbad und machen Einkäufe. Bis auf einen Rest von 100,- Kronen (0,70€) geben wir unser isländisches Geld aus.


Do 15.07. und Fr. 16.07.10 Hafentage auf Heimaey
Früh morgens geht die Tide wieder hoch. An der „Glüxburg“ liegt inzwischen ein polnischer Segler „Bies“ längsseits, ein Zweimaster, Stahlschiff etwas älteren Baujahrs. Heidi erfragt später: „Bies“ heißt „Teufel“ auf polnisch. Die Crew hat das Boot in Bergen übernommen, in drei Tagen ist Crewwechsel in Reykjavik. Weiter hinten im Hafen liegt ein alter Holzkutter “Blátindur“. Nachts hatte ein Fischkutter dort festgemacht. Ich erinnere mich, vor drei Jahren lag “Blátindur“ schon da und ein Segler daran. Wir suchen den Hafenmeister auf, fragen ob wir uns dorthin verholen dürfen, kein Problem. Vor der Hafeneinfahrt und auf dem AIS sehe ich ein Kreuzfahrtschiff. Es geht dann nördlich der Insel vor Anker. Mit Tenderbooten werden Passagiere an Land gebracht. Busse stehen für eine Inselrundfahrt bereit, auch ein Ausflugsschiff legt ab, andere Kreuzfahrer gehen durch den Ort. Wir nehmen nach dem Umlegen unsere Badesachen. Ich habe die Bordfahrräder an Land gebracht. Damit sind wir schnell im Schwimmbad. Es wurde inzwischen um Planschbecken und Rutschen für Kinder erweitert. Am Nachmittag steige ich auf den Heimaklettur, 283 m hoch, die höchste Erhebung der Insel, direkt gegenüber vom Hafen. Ein verschwitzter junger Mann kommt gerade von oben. Er gibt mir knappe Hinweise. Der Anstieg ist steil, anfangs rutschige Lavaasche, dann einige Leitern und mit Ketten gesicherte Abschnitte. Später geht es in Serpentinen einen grasbewachsenen Hang steil hinauf und auf einem schmalen Grat zum Gipfel. Am Hang weiden Schafe. Ich frage mich, wie sie wohl die Leitern hochgestiegen sind. Oben eröffnet sich eine grandiose Aussicht über die Insel und weiter südwärts bis zu der 1963 entstandenen Vulkaninsel Surtsay. Im Nordosten liegt der Eyafjallajökull. Der Gipfel ist allerdings von Wolken verhüllt. Als ich umkehren will, kommen zwei junge Frauen, tragen sich ins Gipfelbuch ein und kehren sofort wieder um. Ich steige langsam und vorsichtig abwärts. Unten steigt ein junger Mann aus dem Auto, will noch hoch und fragt, wie viel Zeit ich benötigt hätte. Bergsteigen nach Zeit ist hier anscheinend „in“. Zurück an Bord berichtet Heidi, sie hat mich die ganze Zeit mit dem Fernglas beobachtet. Auf dem Deck des Holzkutters und auch in Häuserecken liegen kleine Haufen feiner dunkelgrauer Vulkanasche, die hier vom Eyafjallajökull niedergegangen ist. Heidi füllt als Mitbringsel für unsere Freunde Asche in Gläser und Plastiktüten. Unser Segelfreund Erich will darauf Tomaten züchten, hat er per SMS geschrieben. Am Feitag fahren wir früh beim Hafenbüro vorbei und informieren uns im Internet über die Wetteraussichten. Im Osten Islands und über den Färöern ist ein Sturmtief. Morgen im Laufe des Tages könnten wir in Richtung Hornafjördur segeln. Für den direkten Weg zu den Färöern gibt es keine sichere Wetter-Prognose. Inzwischen könnte ein neues atlantisches Tief durchziehen. Hier scheint die Sonne, der Wind frischt jedoch auf. Heidi ist bereit, mit auf den Kliff-Berg zu steigen. Auf dem Insel-Plan sind „Wander“-wege eingezeichnet. Die erweisen sich dann als noch schwieriger wie gestern. Wir schaffen es, an Seilen und Ketten den rutschigen Anstieg und Kletterabschnitte über Felsen zu überwinden. Mir kommen Erinnerungen an meine Studentenzeit und Klettertouren in der Sächsischen Schweiz. Zusammen mit Heidi, wir waren jung verheiratet, haben wir mehrere Gipfel der Tatra in der Slowakei bestiegen. Sie hat noch heute den Abstieg vom Gerlach (3400 m) als Überforderung in Erinnerung. Heute ist der Eyafjallajökull gut zu sehen. Immer wieder sehen wir eine Dampfwolke aus dem Krater aufsteigen. Leider haben wir wieder unser gutes Fernglas vergessen. Der Abstieg wird weniger anstrengend als erwartet. Mehrmals müssen wir unsere Schuhe ausziehen, um Asche und Steine auszuschütten. Unten am Hafen wird kistenweise Fisch ausgeladen. Heidi geht zum Gabelstaplerführer. Der stellt ihr eine große Kiste mit „Cod“ vor die Füße. Sie sucht sich von den großen Fischen den kleinsten aus. Meine selbst geangelten Fische waren meist noch kleiner. Ich schnalle ihn quer auf den Gepäckträger vom Fahrrad. Ab geht’s damit zum Boot. Dann fahren wir mit Brett und Messer bewaffnet zurück zum Hafenbüro. Dort findet sich in der Garage ein Waschbecken. Zwei große Filets sind die Ausbeute. Die nächste Aktion ist Diesel tanken und Wasser nehmen. Dazu müssen wir uns an die Tankstelle umlegen. Der Tankwart wird per Telefon gerufen, er kommt mit dem Auto. Dann fahre ich fast einen Kilometer mit ihm zum Büro, bezahle mit EC-Karte. Von den Anstrengungen erholen wir uns danach im Schwimmbad. Abends gibt es die erste Portion des Fisches, zubereitet im Mikrowellengrill. Der Hafenmeister Sven hatte uns extra ein Verlängerungskabel für Strom über die Pier gelegt. Die letzte Portion von diesem Fisch essen wir erst auf den Färöern.


Mi. 14.07.10 nach Heimaey/Vestmannaeyjar 45 sm
Wir legen früh 6.40 Uhr ab. Die Sonne scheint, der Wind ist schwach, anfangs Ost, später Südwest, dann Süd. Zweimal läuft für eine Stunde der Motor, ansonsten segeln wir, wenn auch nur langsam. Vormittags kommt uns die Fähre von Heimaey entgegen. Um 12 Uhr soll sie wieder auslaufen. Gegen 14 Uhr sehe ich sie von hinten aufkommen. Wir segeln unter Autopilot auf den Faxasund vor der Hafeneinfahrt von Heimaey zu. Auf dem AIS und im Fernglas sehe ich, die Fähre hat genau Kurs auf uns, läuft über 15 kn, wir 2 kn. Nach den internationalen Kollisionsverhütungsregeln ist sie ausweichpflichtig, wir kurshaltepflichtig. Als sie nur noch 1 sm hinter uns ist, sehen wir noch immer keine Kursänderung. Wenn ich jetzt ausweiche, könnte es sein, dass die Fähre ihren Kurs in die gleiche Richtung ändert. Bei unserer geringen Geschwindigkeit kämen wir nicht mehr weg. Auf dem AISEmpfänger lese ich ihre MMSI-Rufnummer. Ich hatte vorher in der Bedienungsanleitung nachgeschlagen, wie ich das Funkgerät zu bedienen habe: „Call“ drücken, „Individual“ auswählen, wieder „Call“, Funkkanal auswählen, „Enter“, MMSI eintippen, „Call“. Es ruft, die Fähre ist dicht hinter uns. Ich warte, dann meldet sich jemand. Ich sage: „You steer on collision to us“. Heidi hört: “I see you!” Ich rufe aufgeregt: “We are sailing, we are very slowly!” Die Antwort: “That’s my course!” Doch dann macht die “Herjolfur” einen Schlenker, fährt ca. 100 m rechts neben uns vorbei und tutet. Genau nach derselben Seite wäre ich sonst als Manöver des letzten Augenblicks ausgewichen, zur anderen Seite hätte ich halsen müssen, und normalerweise sollte man wie auf der Straße links überholen. Dann hätte es wohl gekracht, unser Törn und vielleicht unser Leben wären zu Ende gewesen. Es ist in all den Jahren dem Fährschiffskapitän wohl noch nie vorgekommen, dass ein kleines Segelboot zufällig den gleichen Kurs fährt. Es gibt Parallelen zu unserer Begegnung mit der „Norröna“ vor Seydisfjördur. Dort kam die Fähre von vorne. Der Abstand war noch ausreichend, als sie den Kurs genau auf uns zu richtete. Wir waren wohl auch auf „ihrem Kurs“. Damals konnte ich rechtzeitig nach rechts ausweichen. Wir haben uns aber gefragt, ob wir überhaupt gesehen wurden, und wie ein Schiff wissentlich direkt auf uns zusteuern konnte, obwohl es vorher einen anderen Kurs gefahren ist und ausreichend Platz neben uns war. Für mich ist die Frage aktuell, ob wir in einen AIS-Transponder investieren sollten. Das bedeutet jedoch zusätzlichen Stromverbrauch und die empfangenen Daten kann ich nicht auf meinem kleinen PDA einblenden. Der PC müsste als Seekartenplotter ständig laufen oder ich muss noch mehr in Technik investieren. Spannend wird für uns die Hafenansteuerung mit der engen Durchfahrt neben der Felseninsel Faxa unter Segeln. Das Segelbergen und der Slalomkurs in den uns schon bekannten Hafen ist fast Routine. Am Schwimmsteg für Gäste liegen zwei norwegische Boote. Schräg gegenüber an der Pier mit Lkw-Reifen liegt ein großes deutsches Boot, eine 61-Fuß-X-Yacht, die „Glüxburg“ des DHH (Deutscher Hochseesportverband „Hansa“ e. V.) aus Glücksburg. Wir gehen dahinter an die Pier. Es ist Hochwasser. Mein Computerprogramm hat eigenartigerweise keine Tidenwerte für die Westmännerinseln, auch nicht für Þorlakshöfn. Dort waren es mehrere Meter, aber am Kutter kein Problem. Hier muss ich nachts zweimal die Leinen verlängern, es sind schätzungsweise 4 m Tidenhub. Abends jagen Schlauchboote mit Vollgas durch den Hafen. Ich befürchte, dass unsere Fender sich trotz Fenderbrett in den Gummireifen verhaken und abreißen. Erst nachdem ich mehrmals laut rufe, kapieren die Raser anscheinend. Ich bin an diesem Abend aufgeregt wie schon lange nicht mehr und schlafe schlecht.

29.07.2010

Mo. 12.07. und Di. 13.07.10 nach Þorlakshöfn 94 sm
Morgens schreibe ich die E-Mail, schicke den Bericht ab. Um 10.15 Uhr legen wir ab. Der Wind bleibt schwach um NW. Bis in Höhe Kevlavik können wir segeln, wenn auch nur langsam. Nach einem kurzen Holeschlag ist der Wind weg. Wir angeln, vier kleine Dorsche. Westlich der Halbinsel Reykjanes Richtung Süden müssen wir unter Motor fahren. An der Südwestspitze treffen zwei Meeresströmungen aufeinander und bilden Stromwirbel. Inzwischen ist es Mitternacht. 1,5 Stunden später können wir wieder segeln bei leichtem Wind aus Nordost. Zwischenzeitlich läuft der Motor einmal eine dann noch eine halbe Stunde. Schließlich müssen wir noch kreuzen. Gegen 15 Uhr legen wir in Þorlakshöfn südöstlich von Reykjavik längsseits an einem alten Fischkutter an. Als wir an Land gehen wollen, steht ein Polizeiauto auf der Pier. Wir werden gefragt, woher wir kommen. Die Einklarierungspapiere von Djupivogur wollen sie auch noch sehen. Wir wollen ins Schwimmbad, wir können im Auto mitfahren. Die Tasche mit den Bootspapieren nehmen wir mit, dabei vergesse ich das Boot zu verschließen. Heidi lässt sich einen Schrankschlüssel geben, um alles sicher zu verwahren. Auf dem Rückweg kurz vor dem Hafen bemerkt sie, dass sie den Schrankschlüssel noch hat. Ich bleibe an Bord, Heidi bringt den Schlüssel zurück und macht einen kleinen Einkauf. Þorlakshöfn ist bisher Fährhafen zu den Westmännerinseln. Eigentlich sollte die Fähre ab 1. Juli von einem neuen Hafen direkt gegenüber bei Bakka verkehren, wo sich auch der Flugplatz nach Heimaey befindet. Das wurde auf Ende Juli verschoben. Abends kommt sie in den Hafen und fährt anschließend zurück. Sie verkehrt zweimal jeden Tag.


Mi. 14.07.10 nach Heimaey/Vestmannaeyjar 45 sm
Wir legen früh 6.40 Uhr ab. Die Sonne scheint, der Wind ist schwach, anfangs Ost, später Südwest, dann Süd. Zweimal läuft für eine Stunde der Motor, ansonsten segeln wir, wenn auch nur langsam. Vormittags kommt uns die Fähre von Heimaey entgegen. Um 12 Uhr soll sie wieder auslaufen. Gegen 14 Uhr sehe ich sie von hinten aufkommen. Wir segeln unter Autopilot auf den Faxasund zu, dahinter ist die Hafeneinfahrt. Auf dem AIS und im Fernglas sehe ich, die Fähre hat genau Kurs auf uns, läuft über 15 kn, wir 2 kn. Nach den internationalen Kollisionsverhütungsregeln ist sie ausweichpflichtig, wir kurshaltepflichtig. Als sie nur noch 1 sm hinter uns ist, ist noch immer keine Kursänderung zu sehen. Wenn ich jetzt ausweiche, könnte es sein, dass die Fähre ihren Kurs in die gleiche Richtung ändert. Bei unserer geringen Geschwindigkeit kämen wir nicht mehr weg. Auf dem AIS-Empfänger sehe ich ihre MMSI-Rufnummer. Ich hatte vorher in der Bedienungsanleitung nachgelesen, wie ich das Funkgerät zu bedienen habe: „Call“ drücken, „Individual“ auswählen, wieder „Call“, Funkkanal auswählen, „Enter“, MMSI eintippen, „Call“. Es ruft, die Fähre ist dicht hinter uns. Ich warte, dann meldet sich jemand. Ich sage: „You steer on collision to us“. Heidi hört: “I see you!” Ich rufe aufgeregt: “We are sailing, we are very slowly!” Die Antwort: “That’s my course!” Doch dann macht die “Herjolfur” einen Schlenker, fährt ca. 100 m rechts neben uns vorbei und tutet. Genau nach derselben Seite wäre ich sonst als Manöver des letzten Augenblicks ausgewichen, zur anderen Seite hätte ich halsen müssen, und normalerweise soll man wie auf der Straße links überholen. Und dann hätte es wohl gekracht, unser Törn und vielleicht unser Leben wären zu Ende gewesen. Es ist in all den Jahren dem Fährschiffskapitän wohl noch nie vorgekommen, dass ein kleines Segelboot zufällig den gleichen Kurs fährt. Es gibt Parallelen zu unserer Begegnung mit der „Norröna“ vor Seydisfjördur. Dort kam die Fähre allerdings von vorne. Der Abstand war noch ausreichend, als sie den Kurs genau auf uns richtete. Wir waren wohl auch auf „ihrem Kurs“. Damals konnte ich rechtzeitig nach rechts ausweichen. Wir haben uns aber gefragt, ob wir überhaupt gesehen wurden, und wie ein Schiff wissentlich direkt auf uns zusteuern konnte, obwohl es vorher einen anderen Kurs gefahren ist und ausreichend Platz neben uns war. Vielleicht ging es darum, zu zeigen, wer der Stärkere ist??? Für mich ist die Frage aktuell, ob wir in einen AIS-Transponder investieren sollten. Das bedeutet jedoch zusätzlichen Stromverbrauch und die empfangenen Daten kann ich nicht auf meinem kleinen PDA einblenden. Der PC müsste als Seekartenplotter ständig laufen oder ich muss noch mehr in Technik investieren. Spannend wird für uns dann auch die Hafenansteuerung mit der engen Durchfahrt neben der Felseninsel Faxa unter Segeln. Das Segelbergen und der Slalomkurs in den uns schon bekannten Hafen ist fast Routine.


Heimaey Fischtransport

Am Schwimmsteg für Gäste liegen schon zwei norwegische Boote. Schräg gegenüber an der Pier mit Lkw-Reifen liegt ein großes deutsches Boot, eine 61- Fuß-X-Yacht, die „Glüxburg“ aus Glücksburg. Wir gehen dahinter an die Pier. Es ist Hochwasser. Mein Computerprogramm hat eigenartigerweise keine Tidenwerte für die Westmännerinseln, auch nicht für Þorlakshöfn. Dort waren es mehrere Meter, aber am Kutter kein Problem. Hier muss ich nachts zweimal die Leinen verlängern, es sind schätzungsweise 4 m Tidenhub. Abends jagen Schlauchboote mit Vollgas durch den Hafen. Ich befürchte, dass unsere Fender sich trotz Fenderbrett in den Gummireifen verhaken und abreißen. Erst nachdem ich mehrmals laut rufe, kapieren die Raser anscheinend. Ich bin an diesem Abend aufgeregt wie schon lange nicht mehr, ich schlafe schlecht.


Do 15.07. und Fr. 16.07.10 Hafentage auf Heimaey
Früh morgens geht die Tide wieder hoch. An der „Glüxburg“ liegt inzwischen ein polnischer Segler „Bies“ längsseits, ein Zweimaster, Stahlschiff etwas älteren Baujahrs. Heidi erfragt später: „Bies“ heißt „Teufel“ auf polnisch. Die Crew hat das Boot in Bergen übernommen, in drei Tagen ist Crewwechsel in Reykjavik. Weiter hinten im Hafen liegt ein alter Holzkutter “Blátindur“. Nachts hatte ein Fischkutter dort festgemacht. Ich erinnere mich, vor drei Jahren lag “Blátindur“ schon da und ein Segler daran. Wir suchen den Hafenmeister auf, fragen ob wir uns dorthin verholen dürfen, kein Problem. Vor der Hafeneinfahrt und auf dem AIS sehe ich ein Kreuzfahrtschiff. Es geht dann nördlich der Insel vor Anker. Mit Tenderbooten werden Passagiere an Land gebracht. Busse stehen für eine Inselrundfahrt bereit, auch ein Ausflugsschiff legt ab, andere Kreuzfahrer gehen durch den Ort. Wir nehmen nach dem Umlegen unsere Badesachen. Ich habe die Bordfahrräder an Land gebracht. Damit sind wir schnell im Schwimmbad. Es wurde inzwischen um Planschbecken und Rutschen für Kinder erweitert. Am Nachmittag steige ich auf den Heimaklettur, 283 m hoch, die höchste Erhebung der Insel, direkt gegenüber vom Hafen. Ein verschwitzter junger Mann kommt gerade von oben. Er gibt mir knappe Hinweise. Der Anstieg ist steil, anfangs rutschige Lavaasche, dann einige Leitern und mit Ketten gesicherte Abschnitte. Später geht es in Serpentinen einen grasbewachsenen Hang steil hinauf und auf einem schmalen Grat zum Gipfel. Am Hang weiden Schafe. Ich frage mich, wie sie wohl die Leitern hochgestiegen sind. Oben eröffnet sich eine grandiose Aussicht über die Insel und weiter südwärts bis zu der 1963 entstandenen Vulkaninsel Surtsay. Im Nordosten liegt der Eyafjallajökull. Der Gipfel ist allerdings von Wolken verhüllt. Als ich umkehren will, kommen zwei junge Frauen, tragen sich ins Gipfelbuch ein und kehren sofort wieder um. Ich steige langsam und vorsichtig abwärts. Unten steigt ein junger Mann aus dem Auto, will noch hoch und fragt, wie viel Zeit ich benötigt hätte. Bergsteigen nach Zeit ist hier anscheinend „in“. Zurück an Bord berichtet Heidi, sie hat mich die ganze Zeit mit dem Fernglas beobachtet. Auf dem Deck des Holzkutters und auch in Häuserecken liegen kleine Haufen feiner dunkelgrauer Vulkanasche, die hier vom Eyafjallajökull niedergegangen ist. Heidi füllt als Mitbringsel für unsere Freunde Asche in Gläser und Plastiktüten. Unser Segelfreund Erich will darauf Tomaten züchten, hat er per SMS geschrieben. Am Feitag fahren wir früh beim Hafenbüro vorbei und informieren uns im Internet über die Wetteraussichten. Im Osten Islands und über den Färöern ist ein Sturmtief. Morgen im Laufe des Tages könnten wir in Richtung Hornafjördur segeln. Für den direkten Weg zu den Färöern gibt es keine sichere Wetter-Prognose. Inzwischen könnte ein neues atlantisches Tief durchziehen. Hier scheint die Sonne, der Wind frischt jedoch auf. Heidi ist bereit, mit auf den Kliff-Berg zu steigen. Auf dem Insel-Plan sind „Wander“-wege eingezeichnet. Die erweisen sich dann als noch schwieriger wie gestern. Wir schaffen es an Seilen und Ketten den rutschigen Anstieg und Kletterabschnitte über Felsen zu überwinden. Mir kommen Erinnerungen an meine Studentenzeit und Klettertouren in der Sächsischen Schweiz. Zusammen mit Heidi, wir waren jung verheiratet, haben wir mehrere Gipfel der Tatra in der Slowakei bestiegen. Sie hat noch heute den Abstieg vom Gerlach (3400 m) als Überforderung in Erinnerung. Heute ist der Eyafjallajökull gut zu sehen. Immer wieder sehen wir eine Dampfwolke aus dem Krater aufsteigen. Leider haben wir wieder unser gutes Fernglas vergessen. Der Abstieg wird weniger anstrengend als erwartet. Zwischendurch müssen wir unsere Schuhe ausziehen und Asche und Steine ausschütten. Unten am Hafen wird kistenweise Fisch ausgeladen. Heidi geht zum Gabelstaplerführer. Der stellt ihr eine große Kiste mit „Cod“ vor die Füße. Sie sucht sich von den großen Fischen den kleinsten aus. Meine selbst geangelten Fische waren meist noch kleiner. Ich schnalle ihn quer auf den Gepäckträger vom Fahrrad. Ab geht’s damit zum Boot. Dann fahren wir mit Brett und Messer bewaffnet zurück zum Hafenbüro. Dort findet sich in der Garage ein Waschbecken. Zwei große Filets sind die Ausbeute. Die nächste Aktion ist Diesel tanken und Wasser nehmen. Dazu müssen wir uns an die Tankstelle umlegen. Der Tankwart wird per Telefon gerufen, er kommt mit dem Auto. Dann fahre ich fast einen Kilometer mit ihm zum Büro, bezahle mit EC-Karte. Von den Anstrengungen erholen wir uns danach im Schwimmbad. Abends gibt es die erste Portion des Fisches, zubereitet im Mikrowellengrill. Der Hafenmeister Sven hatte uns extra ein Verlängerungskabel für Strom über die Pier gelegt. Die letzte Portion von diesem Fisch essen wir erst auf den Färöern.


Sa. 17.07. bis Mo. 19.07 nach Höfn/Hornafjördur 157 sm
Den Vormittag verbringen wir noch in Heimaey. Die Sonne scheint, ich will Fotoaufnahmen machen: die kleine norwegische Stabkirche an der Einfahrt, wo früher die Festung Skansin war, zum Friedhof mit dem Torbogen, der nach dem Vulkanausbruch 1973 zwei Meter hoch in Asche versunken war, gegenüber die große Kirche, der Kliff-Berg in der Sonne. Das Hafenbüro ist geschlossen, vom Hafenmeister können wir uns leider nicht mehr verabschieden. Im Hafen ist „Fisch“-Tag, eine Verkaufsveranstaltung. Wir nehmen Trockenfisch mit, um zu Hause für unsere Freunde Baccalao zu kochen. Kostenlos kann man Hummersuppe probieren. Nach einem kleinen Einkauf legen wir um 13 Uhr ab. Wir nehmen Kurs auf Höfn im Südosten von Island. Von dort sind es 100 sm weniger zu den Färöern als direkt von den Westmännerinseln. Erst nach einer Stunde haben wir leichten Segelwind, anfangs aus West von hinten, am nächsten Tag Anliegerkurs aus Ost bis Südost mit Flautenzeiten. In Höfn zeigte das Windinstrument als Maximalwert nur 12 kn an. 41% der Strecke sind Motormeilen. Bei viel Sonne und Temperaturen bis 21°C haben wir eine herrliche Sicht auf die Südküste Islands. Dort gibt es keinen Hafen. Das Wetter ist stabil. Den ganzen Sonnabendnachmittag sehen wir den Eyafjallajökull, ständig mit einer sich verändernden Dampfwolke. Der Gletscher ist schwarz von der Vulkanasche des letzten Ausbruchs vor 3 Monaten. Östlich davon kommt der größere Gletscher Myrdalsjökull hervor. Zwischen beiden Gletschern ist der Fimvörduhals, der Vulkan, der in diesem Jahr als erster ausgebrochen ist und Lava gespuckt hat. Aus dem Eyafjallajökull kam später nur Asche, die durch schmelzendes Gletschereis und flüssige Lava gebildet wurde. Die Folge waren die Sperrungen des Luftraumes in ganz Europa. Das Schmelzwasser führte außerdem zu einem sog. Gletscherlauf mit Schlammlawinen und Überschwemmungen. Um 20.30 Uhr segeln wir an dem Felsentor von Dyrholaey vorbei. Dann kommt der Ort Vik, bis zu dem wir vor drei Jahren mit dem Bus gefahren sind. Im Fernglas sehen wir die Wasserfälle Seljalandsfoss und Skogafoss.


Seljalandsfoss

In der immer noch hellen Nacht wechseln wir mehrmals die Wache. Dann folgt ein langer flacher Küstenabschnitt, der an Land von früheren Überschwemmungen und Gletscherläufen ziemlich öde ist. Es gibt kaum Ortschaften. Sonntag Nachmittag um 17 Uhr sind wir querab von Ingolshöfdi, einem riesigen langgestreckten Felsen mit einem Leuchtturm, dahinter ist eine Lagune. Weiter landeinwärts liegt der gewaltige Vatnajökull, der größte Gletscher Europas (Grönland ausgenommen) mit dem höchsten Gipfel Hvannadalshnnukur über 2110 m. Hjördis und Björgvin aus Akranes haben ihn im May 2009 anlässlich ihrer beider 50. Geburtstage bestiegen. Sie hatten schlechtes Wetter, wollen es irgendwann nochmals wagen.


Wanderung am Akrafjell

Viele Gletscherzungen reichen bis in die Ebene. Unter dem Gletscher ist der Vulkan Grimsvötn. Den Gletschersee Jökullsarlon können wir von See nicht ausmachen.


Akrafjell am Abend

In der Nacht zu Montag bewölkt es sich. Zeitweise haben wir Nieselregen und leichten Nebel. Morgens gegen 7 Uhr vor Höfn ruft Heidi zunächst auf Kanal 12, dann Kanal 16 Port Control. Das Hafenbüro ist noch nicht besetzt, es meldet sich aber die Coast Guard. Sie telefoniert mit dem Hafenmeister. Er wird sich um 8 Uhr auf Kanal 16 melden. Nach unserer Tidenberechnung läuft z. Z. noch starker Tidenstrom durch die enge Einfahrt in die beiden großen Lagunen Hornafjördur und Skardsfjördur dahinter. An den flachen Kanten der Einfahrt sehen wir das Wasser schäumen. Bis zu 11 kn Strom stehen im Hafenhandbuch. Deshalb warten wir 1 Stunde vor der Einfahrt. Als wir dann doch einfahren, schiebt es immer noch gewaltig. Ich messe 3 kn Differenz zwischen GPS und Log. Es strudelt um uns. Als wir vor drei Jahren hier waren, hatten wir zufällig eine ruhigere Phase, hatten aber keinen detaillierten Hafenplan. Erst nachdem wir den Pilot per Funk gerufen haben, fanden wir doch selbst den richtigen Weg anhand der Richtbaken, die ich anfangs übersehen hatte. Jetzt kennen wir die schmale Fahrrinne und haben einen GPS-Kartenplotter.


Ingolshöfdi Vatnajökull

Trotzdem ist es aufregend. Vor einigen Tagen soll ein Segelboot auf eine Sandbank gefahren sein, hatte der Hafenmeister in Heimaey erzählt. Um 8.30 Uhr liegen wir am Schwimmsteg hinter einem holländischen Segelboot. An Bord sind 5 Männer. Vor 2 Tagen sind sie gekommen. Sie sprechen von Crew-Wechsel, wie wir es von den meisten anderen Booten auch gehört haben, die wir trafen. Der Hafenmeister kommt kurz vorbei und begrüßt uns. Auf dem neuen Schwimmsteg ist Strom und Wasser. Im Hafenbüro sehe ich mir im Internet die Wetterkarten an. Die Bedingungen scheinen günstig zu sein, um in den nächsten drei Tagen zu den Färöern zu segeln, ca. 250 sm. Noch vormittags gehen wir in das ebenfalls neue Schwimmbad und machen Einkäufe. Bis auf 100,- Kronen (0,70€) geben wir unser isländisches Geld aus.


Mo. 19.07. bis Mi. 21.07.10 nach Midvágur/Färöer 266 sm in 47,5 Stunden
Nach Hafenhandbuch soll eine Stunde nach Hoch- bzw. Niedrigwasser der Tidenstrom kentern. Mein PC berechnet mit dem Programm WXTide HW 20.45 UTC. Im Hafenbüro bekam ich eine kopierte Tabelle mit HW 18.49 UTC. Ich frage auf dem Steg einen Fischer. Er sagt, die Tabelle ist für Reykjavik, also stimmt WXTide.


Reykjavik Halgrimmskirche

Wir legen 22.45 Uhr ab. Trotzdem haben wir 2 bis 3 kn Strom von vorn. Mit Motor kommen wir aber gegen an. Auch vor drei Jahren hatten wir das erlebt. Die Aussage im Hafenhandbuch muss falsch sein. Aus physikalischer Überlegung müsste die Verschiebung eine viertel Periode sein, das wären drei Stunden später. Der Wind ist anfangs schwach, auch fast eine Stunde Flaute haben wir in der Nacht. Dann weht er jedoch beständig aus südlicher Richtung. Wir fahren nach Ostsüdost, also sicherer Anlieger, später Halbwind aus Südwest. Die See ist erstaunlich ruhig. Das Boot fährt wie auf Schienen. Bei 10 kn bis zu 20 kn Wind wechsele ich mal zwischen Genua und Fock 1. Meistens laufen wir um 6 kn, zuweilen über 7 kn. Es ist bewölkt, die Temperatur 12 bis 15°C. Wie immer wechseln wir nach Bedarf die Wachen. Am Mittwoch Morgen regnet es vorübergehend. Vormittags flaut der Wind kurz ab, springt dann auf Nord, später Nordwest um und legt kräftig zu. Ich reffe ein, nehme kurzzeitig sogar die prophylaktisch angeschlagene Fock 2. Als Ziel hatten wir Vestmanna geplant. Der Hafen liegt in einem engen Sund zwischen den Inseln Stremoy und Vágar mit starkem Tidenstrom. Die Berechnung ergibt, dass er abends zwar mit uns ist, ich weiß aber nicht, wie stark er tatsächlich sein wird. Wir ändern den Kurs auf den breiteren Mykines Fjord weiter westlich. An der Einfahrt haben wir zunächst Stillwasser, dann sind es aber schnell 2 kn Strom von hinten. Obwohl jetzt Wind und Strom gleichgerichtet sind, ist das Wasser sehr unruhig. Die Enge erzeugt Düseneffekt, später kommen Fallböen von den steilen Felswänden dazu. Ich habe vorher das Groß geborgen, wir segeln nur mit Fock 1 Rumpfgeschwindigkeit. Die letzten 5 sm bis zum Hafen Midvágur kommt der starke Wind mit über 35 kn von vorn. Die Bootsgeschwindigkeit geht zuweilen auf unter 2 kn runter. Kurz nach 22 Uhr sind wir im Hafen. Wie auf Knopfdruck ist der Wind normal. Im Becken des ersten Kleinboothafens gehen wir an einen Fischkutter. Eine halbe Stunde später kommt der Fischer. Er will morgen Vormittag raus. Hinter uns ist ein freier Platz, an den wir uns verholen können. Am nächsten Morgen telefoniert ein anderer Fischer mit dem Hafenmeister. Der bestellt den Zollbeamten zum Einklarieren. Dieser kommt gegen Mittag vom nahen Flugplatz. Der gut aussehende junge Mann erledigt routinemäßig schnell die Formalitäten.


Do. 22.07.10 Hafentag in Midvágur
Am Nachmittag fahren wir mit unseren Fahrrädern in den Ort. Wir besuchen das Museum über den 2. Weltkrieg. Die Färöer waren von britischen Truppen besetzt. Damals wurde der Flugplatz hier auf Vágar gebaut. Es gab Bombardierungen, Flugzeugabschüsse und Abstürze, Schiffe wurden versenkt oder liefen auf Seeminen. Über 200 Färinger kamen ums Leben. Gemessen an der geringen Bevölkerungszahl soll das der höchste Prozentsatz in Europa gewesen sein. Unser nächstes Ziel ist Kalvalid, das älteste noch erhaltene Haus von 1632 oder früher auf Vágar, evtl. sogar auf den Färöern. Es liegt oben am Berghang, wo wir bei schönem Wetter einen herrlichen Ausblick auf den Ort und die Umgebung haben.


Kalvalid bei Midvagur

Wir sehen den Binnensee, aus dem ein Wasserfall direkt ins Meer stürzt. Gestern Abend sind wir dort vorbeigesegelt. Das Haus ist aus Felssteinen gebaut, hat ein Grassodendach und ist darunter mit Birkenrinde isoliert. Eine Anwohnerin erzählt uns Einzelheiten. Eine offizielle Führung kann man telefonisch bestellen. Hier wohnten die Witwen des Pfarrers. In dem Haus waren Küche mit offenem Feuer, Wohnstube und Kuhstall unter einem Dach. Bis 1954 war es bewohnt. Innerhalb einer ringförmigen Mauer aus Felssteinen war früher Heu aufgeschichtet.


Ankunft Faeroeer Tindholm

Die Mauer sollte die Schafe daran hindern, unkontrolliert das Heu aufzufressen. Heute bei dem schönen Wetter wird auf den Berghängen auch Heu geerntet und mit dem Auto nach Hause gebracht. Dann fahren wir zum Nachbarort Sandavágur. Hier ist eine architektonisch sehr schöne Kirche, gebaut 1916, mit großen hellen Fenstern. Im Gegensatz zu der in Midvágur, ist diese Kirche für Besucher geöffnet. Als Besonderheit stet in einer Ecke ein Stein, beschriftet mit Runen mit dem Namen des angeblich ersten Siedlers an dieser Stelle, 1200 von Rogaland gekommen. In dem kleinen Hafen ist ein Fischer auf seinem Boot. Wir unterhalten uns, und Heidi lässt sich zwei Fische schenken. Auf dem Rückweg kommen wir an einem Gästehaus vorbei. Wie uns vorher gesagt wurde, können wir hier für 20,- Kronen duschen. An Bord filetiere ich die Fische, Heidi brät sie. Dabei ist immer noch Fisch von Heimaey übrig.


Fr. 23.07.10 nach Tvøroyri/Suduroy 45 sm
Noch haben wir schönes Wetter. Von Westen nähert sich aber ein Tief, nachts soll Regen kommen. Wir könnten von hier zum Wasserfall wandern, auch Sørvágur besuchen. Unser Liegeplatz ist gut geschützt, aber ohne Strom und Wasser. Bis zum Olavstag in der nächsten Woche wollen wir auf den Färöern bleiben, könnten dann von Thorshavn zu den Shetlands weiter segeln. Ein Zwischenstop auf der Insel Sandoy wäre auch möglich, wenn das Wetter mitspielen würde. Wir legen kurz nach 10 Uhr ab. Der Wind nimmt bis zum frühen Nachmittag bis auf 17 kn zu. Anfangs muss ich kreuzen, später ein Reff einziehen. Querab von Sandoy wird der Wind immer schwächer, der Strom kommt von vorn. Obwohl wir segeln, werden wir auf dem Kartenplotter nur nach Westen versetzt. Ich hoffe, dass der Wind dreht und der Strom kentert. Um 18 Uhr gebe ich auf, starte den Motor. Von Westen kommen erste Wolken. Für die nächsten Tage ist wechselhaftes Wetter zu erwarten. Das wollen wir lieber in Tvøroyri auf Suduroy abwarten. Dort fühlen wir uns fast wie zu Hause, können duschen und Wäsche waschen. Jetzt schiebt der Strom mit. Es geht vorbei an den Inseln Skugvoy, Stora und Litla Dimon. Das Wasser ist wieder unruhig, der Wind kommt direkt von vorn. Uns begegnen das recht kleine Schiff der Coast Guard und die Fähre „Smyril“ nach Thorshavn. Die isländische Coast Guard hatte viel größere und mit moderner Radartechnik ausgerüstete Schiffe. Um 22.45 Uhr sind wir im Hafen. Der Hafenmeister Chris Jan erscheint kurze Zeit später. Er bringt uns den Schlüssel für das Hafenamt. Von zu Hause aus dem Fenster hat er uns gesehen. „Ich kenne Ihren Boot“ sagt er auf deutsch. Schließlich sind wir zum vierten Mal hier.


Sa. 24.07. bis Do. 29 07.10 Hafentage in Tvøroyri
Nachts setzt der Regen ein. Die nächsten Tage bleibt es unbeständig. Am Samstag waschen wir eine Waschmaschine nach der anderen. Ich habe am Reisebericht viel nachzutragen. Nachmittags ist in der Kirche eine Trauung. Heidi geht hin. Die Braut ist aus Island. Mit angereisten Verwandten haben wir am Vorabend gesprochen. Die Färöer haben Frauenmangel, einen Überschuss von 2000 Männern. Die Hochzeitsfeier mit 172 Personen ist im Restaurant von Anna-Kirstin und geht bis morgens um 7 Uhr. Am Sonntag Vormittag ist der Reisebericht bis zur Ankunft auf den Färöern aktualisiert. Im Hafenbüro kann ich ins Internet, habe zunächst Probleme mit der Netzwerkverbindung. Dann kann ich endlich E-Mails abrufen, Updates downloaden und selbst E-Mails verschicken. Unser alter Freund Finn Terje kommt bei uns vorbei. Er hat eine hübsche Freundin aus Thailand, hat sie in Kopenhagen kennen gelernt. Heidi kocht an Bord Kaffee. Abends erwartet eine große Zuschauermenge die Ankunft von fünf Traditionsschiffen einer Regatta von Thorshavn. Der Wind war ungünstig. Erst gegen 22 Uhr kommen sie unter Maschine in den Hafen. Bis nach Mitternacht ist die Hafenkneipe voll. Anna-Kirstin wird von den Familienmitgliedern Bruder Thomas und der Tochter Turi Maria unterstützt. Wir erhalten als Geschenk eine Kassette mit vier Büchern über die Shetlands, die Färöer, Island und Grönland. Heidi revanchiert sich mit einer DVD mit Tanzaufnahmen unserer Tochter Anne. Am Montag Vormittag sind wir bei der Familie von Finn Terje zum Frühstück geladen. Die betagten Eltern Hansina und Bjarni haben sich in den letzten drei Jahren kaum verändert, obwohl Hansina mehrfach betont: „Ich bin alt!“ Sie ist jetzt 80, er wird 85. Vor 9 Jahren war Goldene Hochzeit. Finn und Nadja sind sehr verliebt. Während wir noch am Frühstückstisch sitzen, sehen wir aus dem Fenster die Ausfahrt der Traditionsschiffe. Die nächste Etappe geht nach Midvágur, dann nach Klaksvik und am Olavstag zurück nach Thorshavn. Man zeigt uns den Ausdruck einer Internetseite auf Färöisch mit einem Foto der Libra hier im Hafen und Heidi und ich mit dem Commodorepreis der Kreuzerabteilung zu Hause in Berlin. Es ist das Foto aus der „Berliner Morgenpost“ im April d. J. Chris-Jan hat es bei unserer Hinreise kopiert und einen Beitrag über unsere Reise geschrieben. Man ist auch auf den Färöern prominent, wenn man wiederholt herkommt. Am Nachmittag ist Dauerregen. An Bord arbeite ich am Computer. Heidi macht Besorgungen. Am Dienstag regnet es nicht mehr. Wir verholen unser Boot, nehmen Wasser und Diesel. Anschließend mache ich Motorölwechsel. Mit einer Handpumpe sauge ich möglichst ohne zu kleckern das alte Öl ab, nachdem ich den Motor vorher noch einige Zeit habe warm laufen lassen. Auch der Ölfilter wird gewechselt, bevor das neue Öl aufgefüllt wird. Am Nachmittag wähle ich einige Fotos aus. Ich bearbeite sie auf dem PC, um die Dateigröße zu reduzieren, und sie anschließend per E-Mail verschicken zu können. Abends mache ich mit Heidi einen Rundgang durch den Ort. Bisher war ich kaum aus dem Umkreis des Hafens herausgekommen. Am Mittwoch fahren wir mit der Fähre „Smyril“ nach Thorshavn zum Ólavsøka, dem Olavstag. Morgen am 29.Juli ist dann der offizielle Tag mit einer Prozession vom Parlamentsgebäude zur Kathedrale, angeführt von den Mitgliedern der Regierung und dem Bischof. Der Tag hat seinen Namen nach Olav Trygvason, der in Norwegen das Christentum eingeführt hat. Er ist 1030 in der Schlacht von Stiklestad gefallen und später als Märtyrer heilig gesprochen worden. Mit dem Zubringerbus fahren wir zur Fähre. Halb Suduroy scheint mitzufahren, so viele Menschen sind an Bord, alle in Festtagslaune. Etliche kennen wir schon, bzw. sie uns. Dazu herrscht richtiges Sonntagswetter. Nach 2 Stunden Fahrt ist Torshavn erreicht. Wir hätten mit unserem Boot einen ganzen Tag gebraucht. Vor dem Hafen ankern zwei Kreuzfahrtschiffe („Mein Schiff“, von Kiel, viele deutsche Passagiere, und die uns schon bekannte „Albatross“). Die Segelboote der Traditionsregatta sind schon zurück. Der Bootshafen ist brechend voll, vor allem einheimische Motorboote, aber auch einige größere Segelboote im Päckchen. Irgendwo hätten wir wohl auch eingekeilt liegen können. Der Preis für die Fähre mit 90,- Kr pro Person war aber auch nicht mehr, als was wir hier an Hafengebühren hätten zahlen müssen und das ohne die angenehmen Bedingungen in Tvøroyri. Der erste Weg führt auf die alte Festung Skansin mit Ausblick über Stadt und Hafen. Inzwischen beginnt in dem großen Vorhafen die Ruderregatta mit traditionellen offenen Ruderbooten, wie sie noch vor 100 Jahren zum Fischen vor der Küste üblich waren. Dafür müssen wir zwar noch Eintritt bezahlen. Dennoch ist es eine tolle Atmosphäre, unter den begeisterten Zuschauern zu sein. Viele sind in färöischer Nationaltracht gekleidet. Die Frauen haben lange Kleider, ein geschnürtes Mieder, einen Gürtel und ein mit einer kunstvollen Brosche zusammengehaltenes Schultertuch. Die Männer gehen in dunklen Kniebundhosen, einer bestickten Weste und einer Jacke mit Goldenen Knöpfen. Es dominieren die Farben blau und rot, bei den Frauen sieht man auch grün und weiß. In den Straßen sind viele Verkaufsstände. Musikkapellen spielen. Man sieht auffallend viele Familien mit fröhlichen Kindern. Oft sind auch die Kinder färöisch gekleidet. Ein besonderer Anziehungspunkt für sie ist ein Rummelplatz. Unter den Jugendlichen gibt es aber auch viele, denen der Alkohol zu Kopf gestiegen ist. Trotzdem dominiert die allgemeine Fröhlichkeit eines Volksfestes. Um 22 Uhr bringt uns die Fähre wieder zurück nach Tvøroyri. Am Donnerstag schlafen wir aus. Wolken hängen an den Bergen, zuweilen nieselt es leicht. Der Vormittag vergeht mit Frühstück, duschen, Bericht schreiben. Mittags klopft es ans Boot, ein Mann im Schlauchboot kommt längsseits. Es ist Ron aus Texas. Er war 2 Wochen auch auf Island, ist vorher die amerikanische Ostküste hochgesegelt. Sein Boot liegt in der Bucht vor Anker. Er will Wasser holen. Er will später auch zu den Shetlands und weiter durch die Irische See, im Spätherbst zu den Kanaren. Wir können ihm viele Hinweise geben und empfehlen ihm, hierher in den Hafen zu kommen. Wir machen ihm mit Chris Jan, dem Hafenmeister und weiteren Einwohnern bekannt. Heidis Fischsuppe schmeckt auch ihm, dennoch wird sie noch nicht alle. Um 17 Uhr kommt ein dänisches Segelboot in den Hafen, drei Kinder sind an Bord. Die Hinreise hat der Mann alleine gemacht. Wir sind dabei, uns überall zu verabschieden. Abends wollen uns wir im Internet die Wetterentwicklung ansehen, wenn’s geht, morgen weitersegeln.

11.07.2010

Sa. 10.07. und So. 11.07.10 Hafentage in Reykjavik
Wir werden Sonnabend früh von Björgvin und Hjördis mit dem Auto abgeholt. Die Fahrt auf der Ringstraße Nr.1 geht in Richtung Südost. In den Bergen von Hellisheidi stoppen wir bei einem neuem Geothermal-Kraftwerk. Wir sehen eine interessante Präsentation und können in den Turbinenraum blicken. Neben der Stromerzeugung ist die Fernheizung für Reykjavik der Hauptnutzen. Das lese ich in einem hier gekauften Buch. Die Weiterfahrt bei gelegentlichem Regen geht bis zum Seljalandsfoss, einem Wasserfall, 60 m hoch. Ein Rundgang führt hinten herum. Es ist dort feucht vom zerstäubten Wasser. Östlich darüber ist der Eyjafjallajökull, der Gletscher unter dem der vor kurzem noch Asche speiende Vulkan ausgebrochen war. Jetzt ist Ruhe. Wir fahren auf der Nordseite des Vulkans im Tal des Markafljot auf einer Schotterstraße. Mit dem Jeep geht es durch Schmelzwasserbäche vom Gletscher. Das Flusstal ist sehr breit. Es gibt viel Geröll vom Gletscherlauf in Folge des Vulkanausbruchs.


Gletscher Drangajoekull

Die Ringstraße war an mehreren Stellen von den Fluten zerstört worden. Sie ist inzwischen mit Schotter provisorisch repariert. Unsere Schotterstraße wird immer schwieriger. Wir kehren um. Heidi füllt vorher Vulkanasche in ein Konservenglas. Im Tal des Markafljot sind zwei felsige Hügel, Lille und Store Dimon. Wir steigen auf den größeren. Im Fernglas können wir den Gletscher des Eyjafjallajökull sehen. Er ist grau durch die Asche. Auch die Berge des Fimmvörduhals sehen wir in der Ferne. Es ist der zuvor ausgebrochene, Lava speienden Vulkan. Jetzt ist auch er ruhig. Direkt mit dem Auto hinfahren kann man ohnehin nicht, sondern muss lange bergauf wandern. Die Lava soll noch gefährlich heiß sein. Bei der Rückfahrt stoppen wir an einem Wasserfall des Þjorsa-Flusses. An der Südküste sehen wir einen Leuchtturm und ein altes Fischerhaus in Stokkseyri. Bei Eyrarbakki bildet der Gletscherfluss Ölfusa einen großen Binnensee. Nach Rückkehr im Kaffi Reykjavik gibt es für alle ein üppigem Fisch-Bufett. Das istu unser Dankeschön für die beeindruckende Autofahrt. Die Inhaberin Nina spendiert die Flasche Wein. Am Segelhafen verabschieden wir uns. Ob es wohl ein Wiedersehen gibt? Am Sonntag scheint die Sonne wieder. Wir wollen Reykjavik erleben. Wir besuchen das Art-Museum (moderne Bilder) und das Museum für Fotografie (Fotos vor, in und nach dem 2. Weltkrieg und neue Fotos des Enkelsohns). Längere Zeit verbringen wir im Maritim-Museum. Bis zum nächstgelegenen Schwimmbad müssen wir weit laufen, kommen dabei an der katholischen Kirche vorbei. Island ist zum überwiegenden Teil jedoch protestantisch. Im Bad sind bei dem schönen Wetter viele Leute. In dem Buch über Erdwärmekraftwerke habe ich gelesen, das Rentner freien Eintritt haben. Wir fragen, und tatsächlich brauchen wir nichts zu bezahlen. Der Preis von bisher 400,- Kronen pro Person ohne Zeitbegrenzung war bisher ausgesprochen billig. Bei Nina trinken wir ein Bier. Ich gehe dann zum Boot, Heidi schreibt Ansichtskarten, die unbedingt hier noch eingesteckt werden sollen. Am Hafen treffe ich noch den Vorsitzenden. Obwohl eine Liegegebühr für Gäste nicht obligatorisch ist, nennt er doch 39,-€ für unser 9-Meter-Boot bei 4 Tagen. Wir werden es morgen mit dem Schlüssel in einen Briefkasten stecken. Hier besteht Internet-Zugang. Lange schreibe ich noch am Bericht, um ihn von hier nach Hause zu schicken.


Fr. 09.07.10 nach Reyjavik 12 sm
Um 10 Uhr legen wir ab. Hinter der Hafenausfahrt setze ich Genua und hole die noch eingezogenen Reffs aus dem Groß. Das hätte ich mir sparen können, draußen ist mehr Wind als gedacht. Ich bin noch beim Segelwechsel, da kommt der Fischer Nonni mit seinem Kutter entgegen. Er dreht eine Runde um unser Boot. Heidi sieht ihn fotografieren. Sein Boot kommt schräg auf uns zu, rammt uns fast, bevor er rückwärts geben kann. Das hätte schlimm für uns ausgehen können. Gut 2 Stunden später fahren wir in den Hafen von Reykjavik. Heidi hat Port Control per Funk gerufen.


Heisses Bad in Natur

Wir wollen wie vor drei Jahren an den Besucher-Ponton gehen. Dort liegen zwei Segelboote nebeneinander an der einzigen freien Ecke. Der andere Teil ist total mit Whal-Watching-Schiffen belegt. Wir fahren zurück zum Segelklub hinter der Mole. Dort werden wir in einen freien Bootsstand eingewiesen. Nach dem Essen gehen wir in die Stadt. In der Touristinformation kann man sich für Tax-Free-Einkäufe die Mehrwertsteuer zurück erstatten lassen. Das klappt nur für einen Einkauf von Souvenirs mit speziellem Formular, Ausweis und Kreditkarte. Nach längerem Anstehen bekommt Heidi 10, € zurück und einen Briefumschlag mit den Unterlagen. Der muss nach der Ausreise innerhalb von 30 Tagen zurückgeschickt werden. Sonst werden die 10,-€ von dem Kreditkartenkonto abgezogen. Flugreisende können nach der Abfertigung den Umschlag auf dem Flugplatz in einen Kasten stecken. Andere Einkäufe, u. a. Pullover werden nicht anerkannt, da wir kein Tax-Free-Formular verlangt hatten. Gegenüber ist das „Kaffi Reykjavik“. Dort trinken wir wie vor drei Jahren einen Kaffee. Wir fragen nach der Inhaberin Nina. Abends wird sie da sein. Unser Rundgang führt durch das bekannte Zentrum bis zur Halgrimms-Kirche. Vom Turm haben einen herrlichen Ausblick. Auf dem Rückweg trinken wir ein Guinness in Pub ”Celtic Cross”. Im „Kaffi Reykjavik“ treffen wir Nina an. Sie ist sehr überrascht, erinnert sich aber gut. Wir hatten damals unsere Wäsche in eine Wäscherei gebracht und anschließend Day-Tours gebucht. Freitag bis 18 Uhr sollte sie fertig sein, unsere Rückkehr war erst nach 20 Uhr. Wir hätten bis Montag warten müssen. Wir konnten arrangieren, dass die fertige Wäsche bei Nina im Restaurant deponiert wurde und wir sie abends dort abholen konnten. Zurück am Segelclub ist die Tür zu, wir haben keinen Schlüssel. Ein Segler will gerade mit dem Auto abfahren. Er lässt uns rein und telefoniert. Keine Stunde später um 21 Uhr wird uns ein Schlüssel persönlich vorbeigebracht.


Mi. 07.07. und Do. 08.07.10 Hafentage in Akranes
Wir hatten in Erwägung gezogen, für einen Tag ein Auto zu mieten. Hjördis hat bei der Autovermietung angerufen, es ist jedoch z. Z. nichts frei. Sie kommt morgens vorbei und bringt einen Teil unserer frisch gewaschener Wäsche zurück. Wir gehen heute ins örtliche Museum. Es umfasst ein Volksmuseum, eine Mineraliensammlung, eine Sportabteilung und Informationen zur Arbeit des Landesvermessungsamtes. Bei letzterem ist unsere neue Bekannte Anna tätig. Im Freien stehen der Küstensegler „Sigufari“ von 1885 und weitere Fischerboote, sowie mehrere historische Häuser. Zum Kaffee sind wir wieder bei Hjördis. Am Donnerstag machen wir zu dritt eine Bergwanderung auf den Akrafeijell, 555 m hoch. Es ist unser 44. Hochzeitstag. Das Wetter ist bedeckt, dennoch die Sicht gut. Zurück im Ort, gehen wir gleich ins Schwimmbad. Von dort besuchen wir Hjördis noch einmal. Abends ist sie mit dem jüngstem Sohn Petrikur bei uns an Bord. Wir zeigen mit dem Fernseher als Monitor Fotos von unserem Norwegentörn im letzten Jahr.


Mo. 05.07. und Di. 06.07.10 nach Akranes 102 sm
Nach dem Frühstück kommt Olgas Onkel mit dem Kutter in den Hafen und lädt Fisch aus. Für uns stellt er eine Kiste voll hin. Heidi sucht sich einen Seeteufel und eine Scholle aus. Wir verabschieden uns herzlich von Olga und nehmen um 9 Uhr an der Pier noch Wasser, unser Tank war leer. Ich setze Groß und Genua. Bei klarem Wetter und moderatem Wind ist die Navigation vorbei an den flachen Stellen am Ausgang des Fjords kein Problem. Dann kann ich die Genua ausbaumen. Es geht zunächst nach Westen vorbei an den Häfen von Olafsvik und Rif. Vor drei Jahren bei der Ansteuerung von Rif mussten wir einen großen Haken um ein Unterwasser-Riff fahren. Jetzt ist offensichtlich darauf die Mole verlängert worden. Der Gipfel des fast 1500 m hohen Snaefellsjökull ist die meiste Zeit in Wolken gehüllt. Nur kurzzeitig sehen wir den Gletscher auf dem alten Vulkan. Um 14 Uhr biegen wir beim Leuchtturm Ondverdames nach Süden ab. Eine Stunde später ist in der Landabdeckung der Wind weg. 15 sm in 4 Stunden fahren wir Motor. Auf dem Faxafloi kommt der Wind um Südost. Hoch am Wind mit einigen Kreuzschlägen segeln wir in Richtung Akranes. In der Nacht wechseln wir mehrmals die Wache. Morgens frischt es auf. Ich wechsele das Vorsegel, muss später sogar reffen. Nach weiteren Kreuzschlägen legen wir um 10 Uhr in Akranes an. Einer der drei Schwimmstege ist zum Land hin nicht durch eine Tür verriegelt. Vorn ist ein Platz frei. Später kommt der Fischer, der normalerweise hier liegt. Er geht hinter uns an ein anderes Fischerboot. Heidi war inzwischen beim Hafenmeister, alles klar, wir können bleiben. Unterwegs hatten wir bereits die Sturmwarnung der Küstenwache gehört. In Grundarfjördur hatten wir sowohl über Wetterfax als auch im Hafenbüro gesehen, dass in den nächsten Tagen ein neues Sturmtief Island streifen wird. Im Hafenbüro kann Heidi bei unseren Freunden anrufen, die wir 2007 auf den Färöern kennen gelernt und hier noch einmal besucht hatten. Kurze Zeit später kommt Hjördis mit dem Fahrrad vorbei und begrüßt uns. Ihr Mann Björgvin ist noch in Norwegen. Er arbeitet an einem Tunnel bei Bergen. Am Freitag kommt er auf Urlaub nach Hause. Wir gehen nachmittags ins Schwimmbad mit den üblichen Hotpots, alles unter freiem Himmel. Um 18 Uhr werden wir mit dem Auto abgeholt. Außer den Kindern Hjartur (17), Sigrun (16) und Patrekur (11) ist noch Anna anwesend. Sie war mehrere Jahre in Deutschland, ist mit ihrem deutschen Mann nach Island zurück gegangen. Es gibt Fisch und als Delikatesse geräucherten Wal-Schinken in dünnen Scheiben auf Fladenbrot. Anna hat viele Fragen. Hjördis versteht das meiste von uns auf deutsch Gesprochene, besser kommen wir mit ihr aber auf englisch klar.


So. 04.07.10 Hafentag in Grundarfjördur
Morgens kann ich ein Stromkabel ausbringen. Mit Heizlüfter wird es warm, die Sachen können trocknen. Inzwischen ist das Kreuzfahrtschiff da, die „Ruby Pearl II“. Die Passagiere steigen aus, fahren mit Bussen wohl zum Gletscher Snaefellsjökull. Wir nehmen unsere Badesachen, gehen kurz an der Touristinformation vorbei und weiter zum Schwimmbad. Wie woanders finden wir auch hier ein Schwimmbecken und zwei Hotpots, alles draußen und windgeschützt. Als nach dem Mittag die Familien mit Kinder ins Bad kommen, gehen wir. Die Hafenmeisterin Olga macht uns einen Kaffee. Dann nehme ich die Kamera, gehe durch den Ort, mache Aufnahmen. Es ist der sauberste und ordentlichste Ort, den wir hier bisher gesehen haben. Das Schiff verlässt um 17 Uhr den Hafen. Der Supermarkt hat auch Sonntags bis 21 Uhr geöffnet. Spät abends kommt eine Gruppe Kinder zum Boot, ein älteres Mädchen, drei Jungen um die 10 Jahre alt. Wir holen sie an Bord. Alles wird neugierig betrachtet. Ich hatte den Eindruck, sie sprechen besser Englisch als wir.


Sa. 03.07.10 nach Grundarfjördur 73 sm
Wir wollten früh los, frühstücken noch. Der Wetterbericht meldet „West banks north part NE 5-13 m/s, strong in NW, Nordwest banks NE 10-20 m/s. Im Internetcafé sah die Wetterkarte weniger kritisch aus. Die nächsten Tage wird es auch nicht besser. Im Hafen ist mäßiger Wind, die Sonne scheint. Wie ist es draußen? Am Kap Bjargtangar hätten wir achterlichen Wind. Vor uns liegt ein französisches Boot, es muss in der Nacht gekommen sein. Das Fall klappert am Mast, der Skipper kommt raus. Er ist von Süden (Reykjavik) gekommen, will nach Norden. Heidi erbittet sich eine Stunde Bedenkzeit. Kurz nach 7 Uhr legen wir ab. Draußen ist zunächst der Wind weg, Motor an. Ist das die Ruhe vor dem Sturm? Uns entgegen kommt eine schwedische Yacht, ein Zweimaster, scheinbar auch von Süden. Am Ausgang des Fjords kommt der Wind, er nimmt laufend zu. Zunächst reffe ich, dann berge ich das Groß. Nur mit Fock 1 bei Nordost über 20 kn, Spitzenwert 30 kn fahren wir 6 kn und mehr. Die Wellen werden höher, ich schätze 2 bis 3 m, kommen schräge von hinten. Ab und zu klatscht eine an die Bordwand. Einmal kommt ein Schwapp Wasser ins Cockpit. Heidi geht es nicht gut, sie liegt flach in der Kajüte. An der Differenz zwischen Log und GPS sehe ich, wir haben 3 kn Strom von vorn, Wind gegen Strom. Ich halte großen Abstand zum Kap, aber tiefer ist das Wasser hier nicht. Es ist zwar ungemütlich, bedrohlich empfinde ich die Situation nicht. Es gibt ohnehin kein zurück mehr, das wäre zu hart. Hinter dem Kap ist eine hohe steile Felswand, Latrabjarg. Dort sind viele Vögel auf dem Wasser. Es wird ruhiger. Ich ziehe das Groß, zunächst drittes Reff. Innerhalb einer Stunde reffe ich aus, und dann ist eine halbe Stunde Flaute. Heidi kocht bei Motorfahrt einen Eintopf. Der Wind kommt etwas zögerlich wieder. Dann sind es bald wieder 20 – 30 kn. Mit Halbwind unter Fock 1 und 3 Reffs jagen wir über den Breidafjördur. Hinzu kommt leichter Regen. An der Einfahrt zum Grundarfjördur sind gefährliche Untiefen und Felsen. Dicht vorbei an einer roten Tonne geht es in die innere Bucht. Ich habe davor einen Wegpunkt für das GPS gelegt. Wir kommen näher, die Sicht ist schlecht. Geradezu an Land ein Leuchtturm, brennt aber im Sommer nicht. In der Seekarte sind verschiedene Farbsektoren eingezeichnet. Aus unterschiedlichen Richtungen gibt es drei weiße Sektoren als Zufahrt. Links ist eine Felseninsel. Nach Seekartenplotter fahren wir richtig. Die Tonne sehe ich vielleicht erst eine viertel Seemeile vorher. Dahinter muss ich den Kurs ändern, um eine Halbinsel zu umfahren. Meine größten Bedenken sind: wie können wir bei Starkwind in einem unbekannten vielleicht engen Hafen manövrieren, wo können wir anlegen? Kommen Fallböen von den Bergen oder aus den Einschnitten dazwischen? Mitten in der Bucht wird es ruhig. Wir können die Segel bergen. Der Hafen hat viel Platz, vorn sind zwei hohe Piers, eine für Kreuzfahrtschiffe. Hinten ist ein Kleinboothafen. Dort sehen wir einen Holzkutter, passend für uns, steuern ihn an. Ein Mann kommt aus dem Steuerhaus, sagt, wir sollen vorn in den Hafen fahren, dort sei auch Platz für Kleinboote. Etwas enttäuscht fahren wir zurück. Wir finden einen neuen freien Schwimmponton. Beim Anlegen im Nieselregen nachts um 23 Uhr kommt eine Frau auf den Steg, nimmt uns freundlich die Leinen ab. Es stellt sich heraus, sie ist die Hafenmeisterin. Morgen früh kommt ein Kreuzfahrtschiff. Ein Trawler wird noch entladen. Er muss bis dahin aus dem Hafen sein. Es kommen zwei junge Männer auf den Steg, sprechen uns an. Sie erzählen, Deutschland hat bei der Weltmeisterschaft in Südafrika gegen Argentinien 4:0 gewonnen. Der eine ist rothaarig, hat Locken. Er sagt, sein Vater wäre vorhin mit dem Segelboot aus dem Hafen gefahren. Wir hatten es unter Motor fahrend gesehen. Es schien die „Evra“ aus Reykjavik zu sein. Das wird bestätigt. Hier wurde ein Teil der Crew gewechselt. Wahrscheinlich haben wir das Boot auch am Kap Bjargtangar vor uns gesehen. Es war schneller als wir. Der junge Mann arbeitet hier in der Fischfabrik. Wir ziehen unsere feuchten Sachen aus, gehen schlafen.


Do. 01.07. und Fr. 02.07.10 Hafentage in Patreksfjördur
Über Nacht ist der Sturm gekommen. Die Autofahrt verschiebt sich etwas, Raphaels Partnerin Ute hat Migräne, wohl wegen des Wetters. Nachdem es ihr besser geht, werden wir abgeholt. Die Fahrt geht über den Bergrücken zu dem Nebenfjord Talknafjördur. Der Ort hat auch ein Schwimmbad, ihre Wirtin hat ihnen jedoch eine andere Empfehlung gegeben. Wenige Kilometer weiter steht ein kleines Holzhaus windgeschützt am Weg in der freien Natur. Dort sind Umkleideräume, eine Dusche und zwei flache und ein tieferes Wasserbecken schätzungsweise 5 m x 5 m unter freiem Himmel. Das Wasser aus einer Quelle ist ca. 40°C warm. Im Wasser ist es ein herrliches Gefühl trotz des unwirtlichen Wetters. Anschließend fahren wir weiter, bis die Schotterstraße zu Ende ist und wandern zu Fuß weiter. Inzwischen nieselt es, der Wind fegt über das Wasser im Fjord. Wir kommen zu einem aus Felssteinen gebauten alten Haus, von außen mit Gras bewachsen. Wir kriechen durch die Türöffnung, das Dach ist mit gebogenen Walknochen abgestützt. Wegen des Wetters brechen wir die weitere Wanderung ab. Dort, wo die Straße endet, steht ein einsames Wohnhaus. Abseits steht an einem Bach ein kleines Häuschen, ein Rohr führt hinein. Durchs Fenster sehe ich eine alte verrostete Turbine und einen Generator. Jetzt führt eine Stromleitung hierher. Zurück in Patreksfjördur essen wir im Restaurant. Für den Abend bitten wir Raphael und Ute zu uns an Bord. Im Hafen heulen die Böen, ich messe maximal fast 50 kn, im Mittel sind es über 30 kn. Wir liegen gut vertäut und abgefendert an dem Fischkutter und fahren mit ihm die Tide hoch und runter. Wir machen es uns gemütlich. Abends sage ich, unsere neuen Freunde werden wohl nicht mehr kommen, sie wollen morgen fast 600 km nach Akureyri.


Per Auto nach Akureyri

Im selben Moment fahren sie vor. Wir sitzen noch ca. zwei Stunden bei Rheinwein mit angeregter Unterhaltung zusammen. Raphael arbeitet als Diplomat in Wien. Vor einigen Jahren hat er Ute in Murnau bei Garmisch-Partenkirchen kennen gelernt. Sie denken über eine gemeinsame Zukunft nach. Der erste Teil der Nacht ist noch unruhig, am Morgen scheint die Sonne. Das große Tief bleibt weiter über Island. Dennoch ist kein Starkwind mehr im Zentrum des Tiefs. Wir sind auf einen weiteren Hafentag eingestellt. Die Isländer aus Reykjavik rüsten zum Ablegen. Sie wollen noch in den Arnafjördur, obwohl sie Sonntag wieder zu Hause sein wollen. Ich vervollständige den Bericht, will ihn und neue Fotos hier noch abschicken. Am Nachmittag gehen wir ins Schwimmbad. Die Sonne scheint, eigentlich hätten auch wir ablegen sollen. Dann hole ich meinen Laptop von Bord. Im Internetcafé brauche ich eine Stunde. Heidi will noch in die Kirche. Das hat einen besonderen Grund, den ich bisher nicht erwähnt habe. Am letzten Sonnabend war unsere Tochter Anne auf der Rückfahrt von einem Auftritt mit ihrer Tanzgruppe in Dresden. Aus uns bisher nicht näher bekannter Ursache fuhr das Auto an die Leitplanke und überschlug sich. Anne und eine Tanzfreundin konnten leichtverletzt aus dem Fenster klettern. Es war dunkel, ein nachfolgender Lkw hat das Unfallauto nicht rechtzeitig gesehen. Der Fahrer und eine weitere Tanzfreundin kamen ums Leben. Den Anruf von unserem Sohn bekamen wir Sonntag früh in Bolungarvik.


Mitternacht im Hafen von Bolungarvik

Seitdem hat Heidi viel nach Hause telefoniert. Geschwister, Verwandte und Freunde kümmern sich um Anne, wir können unsere Reise fortsetzen. Heidi möchte in der Kirche Kerzen anzünden. Wir finden das Haus des Pastors, erzählen die Geschichte. Er ist tief betroffen, gibt uns den Schlüssel.


Mi. 30.06.10 nach Patreksfjördur 35 sm nur Motor
Wir sind beizeiten wach, es regnet nicht mehr. Auf der Wetterkarte ist ein ausgedehntes Sturmtief südlich von Island zu sehen. Es wird die nächsten Tage Sturm aus Nordost geben. Für die Südküste wird später per Funk Gal-warning bis 30m/s gegeben, das sind 60 kn, 120km/h, Windstärke 10 bis 11! Wir werden hier an der Westküste wohl noch am günstigsten davonkommen, weil das gesamte Binnenland den Wind abbremst. Dennoch liegen wir hier an der hohen Spundwand nicht gut und der Ort bietet uns auch nichts neues mehr. Um 8 Uhr legen wir ab, haben noch Wasser aufgefüllt. Es ist nicht genug Wind zum Segeln. Der Motor bleibt an. Es ist die Ruhe vor dem Sturm. Auch als wir aus dem Dyrafjord heraus sind, reicht es nicht zum Segeln. Ich habe zwar das Großsegel gezogen, zeitweise auch die Genua, um den Motor zu unterstützen, zumal etwa 1 kn Strom von vorn stehen. Am großen Arnafjördur fahren wir vorbei. Wir biegen in den Patreksfjördur ein und legen im gleichnamigen Hafen an. An der großen Pier sind Bauarbeiten. Im Fischerhafen ist alles belegt. Ein Fischer verweist uns an einen an der kleinen Pier liegenden Fischkutter. Dort brauchen wir keine langen Leinen. Heidi geht gleich in den Ort, ich klare das Boot auf. Keine halbe Stunde danach kommt ein große 42-Fuß-Bavaria „Evra“ in den Hafen und dreht eine Runde. Sie bekommen den Hinweis, auf die andere Seite zu gehen. Dort liegt ein Trawler mit höherer Bordwand. Ich klettere hinüber, nehme die Leinen ab. Das Aussteigen ist nicht so leicht wie bei uns, gut, dass wir vorher hier waren. Auf dem Boot ist eine isländische Großfamilie, sechs Personen, aus Reykjavik. Wir treffen uns später im Schwimmbad wieder. Der Skipper ist Kardiologe, die Frau Ergotherapeutin. Mit dabei sind Vater, Schwiegervater, Bruder und der jüngste Sohn, rothaarig. Im Hotpot machen wir weitere Bekanntschaften: eine junge hier verheiratete Frau aus Deutschland ist hier Kindergärtnerin und ein Touristenpaar, er Amerikaner, arbeitet in Wien, sie aus Oberbayern. Sie laden uns für den nächsten Tag zu einer Autofahrt ein. Der Ort insgesamt macht einen geschäftigen Eindruck.


Di. 29.06.10 Hafentag in Þingeyri
Bei der Schwimmhalle ist ein Campingplatz. Dort sind auch Waschmaschine und Trockner. Wir bezahlen pro Waschgang 500,- Kronen inklusive Trockner. Die Aktion vier mal Waschen zieht sich den ganzen Tag hin. Schon früh begann es zu nieseln, ab Mittag hat es sich eingeregnet. Ich brauche den ganzen Nachmittag und Abend, um mit dem Bericht wieder aktuell zu sein. Zu essen gibt es wieder Fischsuppe mit viel Gemüse.


Mo. 28.06.10 nach Þingeyri/Dyrafjord 39 sm
Ich werde früh wach. Draußen ist blauer Himmel, ruhiges Wetter. Wir wollen weiter. Nach dem wie normalerweise obligatorischen Frühstück mache ich soweit nötig das Boot klar. Heidi schreibt Ansichtskarten, es sind schon fast 3 Stunden vergangen. Ich will langsam los, sie rastet aus. Als die Karten fertig sind, gehe ich damit zum Briefkasten. Um 8 Uhr legen wir ab. Als wir die Hafenbucht verlassen haben, frischt es auf. Der Wind schiebt uns aus dem Fjord, wir werden immer schneller, 6 kn, sogar über 7 kn sehe ich am GPS. Die von hinten kommenden Wellen werden größer. Wir nähern uns Kap Kögur. Statt bei der Schaukelei zu reffen, berge ich das Groß. Dazu muss ich fast auf Gegenkurs gehen. Dann segeln wir nur mit der Fock, zwar langsamer aber angenehmer. Hinter dem Kap ziehe ich auch das Groß wieder hoch, zunächst mit 2 Reffs. Es ist inzwischen nach 11 Uhr. Der Wind dreht mit um das Kap herum auf Nordwest, wie vom Wetterbericht versprochen. Wir haben ca. 2 kn Strom von vorn, Strom gegen Wind verursacht unangenehme Wellen. Zweimal muss ich halsen, kann auch ausreffen, Später die Genua setzen. Die Luft ist trotz Sonnenschein kalt, nur 12°C. Nach 16 Uhr biegen wir in den Dyrafjord ein. Der Wind dreht mit auf nordwestliche Richtung landeinwärts. Der Gegenstrom ist vorbei, und es wird warm. Bei 18°C erreichen wir Þingeyri. Wir gehen an eine hohe Pier, das Aussteigen über eine Leiter und das Anbinden sind mühsam. Es gibt einen Kleinboothafen mit Schwimmsteg. Dort liegen die Fischerboote schon doppelt nebeneinander. Außerdem sei es zu flach für uns. Wir haben über 2 m Tidenhub, z. Z. noch Springtide. In Bolungarvik sind wir mit dem Fischkutter auf- und abgefahren. Zeitweise war auch dort das an Bord gehen schwierig. Bei Flut mussten wir den schweren Kutter erst an die Pier ziehen. Hier muss ich ein Fenderbrett ausbringen, vorn und hinten zusätzliche Fender. Unten ist die Spundwand mit Seepoggen bewachsen, oben hängt eine Reihe von Lkw-Reifen. Bei der Leiter ist oben kaum über die Kante zu kommen. Der erste Weg führt uns in das noch recht neue Schwimmbad. Es ist überdacht, hat außer dem Schwimmbecken einen Hotpot. Durch die Fenster scheint die Sonne. Auch hier gibt es Kaffe gratis. Am Abend kommen erste Wolken. Zwei Schuljungen interessieren sich für unser Boot. Heidi zeigt ihnen alles. Dafür bekommt sie geangelte Fische geschenkt. Sehr glücklich ist sie nicht, sie sind klein und machen viel Arbeit.


So. 27.06.10 Hafentag in Bolungarvik
Unser erster Weg führt uns ins Schwimmbad. Es ist recht neu, hat ein überdachtes Schwimmbecken, im Freien zwei Hotpots und eine spiralförmige Rutsche, die intensiv von Kindern genutzt wird. Es ist wolkenlos, die Fläche im Freien windgeschützt. Auf Liegen und Plastikstühlen sitzen die Leute in Badesachen in der warmen Sonne. Auf einem Tisch steht eine Thermoskanne mit Kaffee, Becher dazu. Dieser Service ist im billigen Eintrittspreis inbegriffen. Am Nachmittag ist der kleine Supermarkt „Samkaup“ geöffnet. In der Touristinformation kaufen wir für mich einen warmen Schafwollpullover. Ich habe schon einen von der letzten Islandreise, er hält wunderbar warm. Danach wandern wir zum Ortsausgang. In der Bucht war früher ein Landeplatz für Ruderboote, mit denen die Isländer zum Fischen hinausgefahren sind. Zwei Häuser sind originalgetreu wieder aufgebaut worden. Auch ein Boot ist zu sehen und ein Schuppen für Trockenfisch. Abends sind wir müde.


Sa. 26.06.10 nach Bolungarvik 54 sm Um 10 Uhr hole ich den Anker auf. Bevor wir Segel setzen, angle ich. Erst in etwas tieferem Wasser beißt ein Dorsch an. Ein Fisch reicht uns. Am Ausgang der Bucht beim Kap Ritur haben wir wieder den Kapeffekt, frischer Wind, der uns schnell um die Ecke bringt. Danach ist es wieder ruhiger, zuweilen brauchen wir den Motor. Im Fernglas sehen wir achteraus ein Segelboot ohne Segel von Süden nach Norden fahren. Mit hoher Wahrscheinlichkeit identifizieren wir es als das holländische Segelboot von Joop und Marie vom Ijsselmeer , die mit uns auf den Färöern waren und von dort zu den Westmännerinseln wollten, Island also im Uhrzeigersinn umrunden. Schade, dass wir uns nicht getroffen haben. Unser Plan ist, in einem der einsamen Seitenfjorde des Jökulfidir zu ankern. Wir segeln zunächst soweit wie möglich nach Osten in die Nähe des großen Gletschers Drangajökull. Das ausgedehnte Schneefeld ist von der Sonne beschienen. Weiter unten sehen wir im Fernglas die Eis-Abbruchkante. Sie reicht aber nicht bis an den Fjord, der im hinteren Teil zu flach für uns ist. Von den steilen Hängen der Fjorde fließen Bäche als Wasserfälle herab. Überall, wo die Ufer etwas flacher sind, stehen Häuser. Etliche sind inzwischen verlassen. Die zwei hinteren Seitenfjorde sind in der Seekarte nicht vermessen, es gibt keine Tiefenangaben. Im Hafenhandbuch lesen wir, dass 1997 eine englische Yacht die Fjorde abgefahren ist und ausreichende Wassertiefen gefunden hat. Für den Lonafjördur werden sogar fünf Ankermöglichkeiten angegeben. Harald in Dalvik hatte ihn als besonders schön beschrieben. Wir segeln etwa zu 2/3 in den Fjord hinein, dann kehren wir um. Fallböen von 15 bis 20 kn kommen von den Hängen. Die Wassertiefe ist 50 bis 60 m. Am Ausgang ist auf der Ostse ite eine Landzunge, gegenüber auf der Westseite ist auf der Karte ein schwarzer Strich, auf dem Plotter sieht es wie Land aus. Das Fjordinnere ist total weiß dargestellt, auf der anderen Seite ist ein Saum flacheren Wassers. Ich steuere nach Plotter genau auf die Kante zu. Die Wasseroberfläche reicht bis weit ans Ufer. Plötzlich sehe ich, wie die Echolotanzeige nach oben springt, sowohl beim Fischfinder als auch bei dem vorausschauenden Echolot. Ich klinke den Autopiloten aus, reiße die Pinne herum. Wie segeln platt vor Laken nur mit Groß. Das Segel kommt back, d. h. der Wind drückt von vorn hinein, schiebt das Boot in die falsche Richtung. Hier bewähren sich meine fest angeschlagenen Bullentaljen, die vor Wind immer mit einer Klemme belegt sind. Ich öffne die Klemme. Kann das Ende aber nicht mehr um die Winsch legen. Von Hand bremse ich die Patenthalse ab. Auf dem Echolot glaube ich kurzzeitig nur 2 m gesehen zu haben. Dann haben wir wieder tiefes Wasser. Für diese geografische Besonderheit gibt es eine Erklärung. In der Eiszeit waren die inneren Fjorde von Gletschern ausgefüllt. Sie haben am Fjordausgang einen Geröllwall hinterlassen. An anderer Stelle hier in den Westfjorden sind das richtige Halbinseln, auf denen oft Ortschaften sind. Die weiter westlichen Fjorde Veidileysufjördur und Hesteyrarfjördur haben genaue Tiefenangaben. In dem letzterem haben wir 2007 für eine Nacht geankert. Wir segeln heute noch in den ersteren fast bis ans Ende. Auch hier wird ein Ankerplatz auf 5 m Wassertiefe empfohlen. Der ist heute auch den starken Fallwinden ausgesetzt. Wir wenden und wählen als Ziel für heute Abend Bolungarvik, ein Fischerhafen westlich von Isafjördur, wo wir vor drei Jahren waren. Genau um Mitternacht liegen wir an einem alten hölzernen Fischkutter längsseits. Am Heck schwimmt ein kleiner Arbeitsponton mit einem Farbeimer drauf. Alles über Wasser ist neu lackiert. Es ist nicht anzunehmen, dass der Kutter demnächst zum Fischen rausfährt. Einen Haken hat dieser Hafen in dieser Nacht doch: gegenüber liegt ein Frachter. Pausenlos rollen Lkw an und werden mit Splitt beladen. Immer wieder heult der Dieselmotor des Bordkrans auf, der mit einer hydraulisch gesteuerten Baggerschaufel rasend schnell den Split aus dem Laderaum holt. Am Ortsausgang ist eine Tunnelbaustelle. Dort sehen wir am Tag große Splithaufen. Die an der Uferkante nach Isafjördur führende Straße wird im Winter wohl oft wegen Lawinengefahr gesperrt und dürfte auch durch Steinschlag gefährdet sein. Der Tunnel schafft eine sichere und kürzere Verbindung.


Do. 24.06. und Fr. 25.06.10 in die Adalvik 123 sm
Der Wind, vorhergesagt bis 20 kn, soll nachmittags abnehmen. Der Vormittag vergeht mit Bordalltag, Einkauf und E-Mail lesen und schreiben in der Touristinformation. Mit dem eigenen Computer bekomme ich keine Internet-Verbindung, muss den dortigen benutzen, das kostet mehr Zeit. Erst nach 14 Uhr legen wir ab. In der Abdeckung des Fjords fahren wir 2 sm mit dem Motor, dann ziehe ich Groß und Geneua. Am Fjordausgang haben wir, bedingt durch den Kapeffekt, ganz schnell 25 kn Wind. In einer viertel Stunde habe ich die Fock gewechselt und nacheinander alle drei Reffs eingezogen. Der Nordostwind schiebt uns, die unangenehme Welle macht Heidi seekrank. In die Fjorde Skagafjördur und Hunafloi wollen wir nicht hinein. Um 20 Uhr passieren wir den Leuchtturm Skagata auf der relativ flachen Halbinsel Skagi. Harald und Katrin von der „Nina II“ hatten uns den Reykjafjördur empfohlen. Dort gebe es eine alte Ortschaft Djupavik. Als landschaftlich schön wird auch die Trekyllisvik nördlich davon mit zwei Ankerplätzen beschrieben. Wir haben sie uns als Zielwegpunkt vorgegeben. Um Mitternacht sind es noch 15 kn Wind, weiterhin aus Nordost. Der Wind weht genau in die Bucht hinein. Nördlich davon gibt es viele Untiefen unter 10 m, wobei die Seekarte auch nicht alle Details wiedergibt. Wir ändern rechtzeitig den Kurs Richtung Nordwest nach Hornstrandir. In den nächsten drei Stunden kann ich nacheinander alle Reffs raus nehmen und wechsele auf Genua. Der Wind ist unter 10 kn abgeflaut. Um 1 Uhr ist für ca. 10 Minuten eine Gruppe von Delphinen um unser Boot. Sie überholen es im Abstand von wenigen Metern, tauchen unter durch und aus dem Wasser auf. Um 10 Uhr haben wir am Hornbjarg den Berg Kalfartindur querab. Leider ist die zackige Spitze in den Wolken. Drei Jahre zuvor haben wir sie gesehen. Zwei Seemeilen weiter ist das Kap Horn und dahinter die Hornvik.


Kap Horn

Dort haben wir 2007 eine Nacht geankert. Am Kap erfassen uns Fallböen bis 25 kn, auch in der Bucht ist es kaum weniger. Wir drehen ab, segeln weiter. In einer weiten Bucht sehen wir mehrere Häuser, die aber nur noch im Sommer bewohnt sein sollen. Das gesamte Gebiet Hornstrandir ist jetzt Naturschutzgebiet. Es gibt keine Straße, keine Ortschaften. Dann passieren wir gegen 13 Uhr das Kap Kögur und eine Stunde danach das Nordwestkap Straumnes.


Nordwestkap Straumnes

Von hier sind es 1260 sm Luftlinie bis Rostock, der Punkt an dem wir am weitesten von unserem Heimathafen entfernt sind. Hier ist der Wind weg. Wir fahren um die Ecke in die Adalvik, ankern um 15 Uhr in der Nordost-Ecke auf 7 m Wassertiefe. Unser GPS zeigt 1700 sm zurückgelegte Gesamtdistanz. Die Sonne scheint, wir haben 17°C Luft-, 11°C Wassertemperatur. Heidi macht Mittag. Ich pumpe das Schlauchboot auf. Wir fahren zu einer kleinen Wanderung an Land. Mit dem Elektro-Außenborder fahren wir fast lautlos dahin. Zugleich kommt ein Motorboot (Wassertaxi von Bolungarvik) und bringt Leute zu Ihren Sommerhäusern und auch deutsche Camper. Wir sprechen mit einer älteren Frau, die den ganzen Sommer hier lebt. Die Nacht ist ruhig, die Mitternachtssonne bescheint die Berghänge, es ist einmalig schön. Es kann hier aber auch anders sein. Vor drei Jahren überraschte uns hier beim Segeln eine Schauerfront. Ganz schlimm muss es im Winter sein. Früher haben hier Menschen ganzjährig gelebt.

23.06.10

Mi. 23.06.10 nach Siglufjördur, 26 sm
Wir stehen sehr früh auf, legen 4.25 Uhr ab, müssen aber noch an eine andere Pier, um Wasser zu nehmen. Zunächst ist kein Wind. Noch in Hafennähe bei 25 m Wassertiefe stoppe ich den Motor, hole die Angel. Der Pilker ist kaum auf dem Grund, schon ist ein Dorsch dran. Ich wiederhole das noch zweimal, das reicht uns. Die Fische werden sofort von Heidi ausgenommen, ich filettiere. Nach wenigen Meilen kommt Wind aus NW auf. Wir segeln hoch am Wind aus dem Fjord. Dann dreht er auf Nordost, wie der Wetterbericht versprochen hat. Es frischt stark auf. Beim Bergen der Genua bekomme ich nasse Knie. Das Boot rast, die Welle ist unangenehm. Heidi muss sich in der Kajüte hinlegen, sie fühlt sich seekrank. So kann ich nicht wie erhofft den fehlenden Schlaf nachholen. Erst im Fjord von Siglufjördur wird das Wasser ruhiger, Fallböen kommen von den Berghängen. Der Hafenmeister hilft beim Anlegen an einer Pier mit großen Reifen. Er spricht aber schon von einem großen Schiff, dass morgen kommen soll. Nachmittags müssen wir umlegen, der Trawler kommt in der nächsten Stunde. Vorher haben wir das beeindruckende Herings-Museum besucht. In drei Häuser wird die Geschichte des Heringsfangs von etwa 1900 bis Anfang der sechziger Jahre gezeigt. Dann war es vorbei, der Hering blieb aus. Massen von Gastarbeitern und Heringsmädchen kamen früher nach Siglufjördur wie auch in andere Orte an der Nord- und Ostküste. Neben Salzheringen in Holzfässern wurde tonnenweise in Fabriken Heringsöl und Fischmehl als Viehfutter hergestellt. Auch jetzt ist Fischfang wieder Haupterwerbszweig, jedoch durch Technisierung mit deutlich weniger Beschäftigten. Als wir auf dem Weg in das hiesige Schwimmbad sind, treffen wir ein Ehepaar aus Lüneburg. Drei Monate sind sie mit dem Wohnmobil unterwegs. Sie berichten, auf der Fahrt sind sie in die Aschewolke des Vulkans Eyjafjallajökull geraten, 100 km bei fast Null Sicht. Am Abend schreibe ich trotz Müdigkeit am Bericht. Wir wollen morgen in Richtung Westfjorde. In der Touristinformation kann ich hier noch ins Internet.


Mo. 21.06. und Di. 22.06.10 Hafentage in Dalvik
Den Weg zum Schwimmbad finden wir nach einigen Hinweisen. Dort soll auch die Touristinformation sein. Am Gebäude wird noch intensiv gearbeitet. Das beheizte Freiluftschwimmbad ist aber benutzbar, und kostet noch keinen Eintritt. Die Touristinformation ist ein provisorischer Tisch. Ein freundlicher junger Mann beantwortet unsere Fragen und gibt uns einen Stadtplan. Am Geldautomaten im neuen Rathaus laufen wir zweimal vorbei. Daneben ist ein Geschäft „Husasmidjan“, von früher bekannt als Baumarkt oder Werkzeugladen. Wir kaufen eine Islandflagge als Reserve, preiswert eine warme schwarze Pilotenjacke für mich und, was wir schon länger suchen, einen 7 mm Ring- und Maulschlüssel, die passende Größe für Schlauchschellen. Daneben ist der Supermarkt, alles gegenüber vom Hafen. Nachmittags besuchen wir das örtliche Museum. Die Besonderheit ist der hier geborene größte Isländer, 2,34 m war er. Zu sehen sind seine Schuhe Größe 62, sein Maßanzug, sein vergrößertes Fahrrad und Fotos aus seinem Leben, u. a. als Zirkusartist. Wir werden von einem deutschen Touristenpaar aus Ratzeburg angesprochen, die in Husavik Urlaub machen. Sie haben unser Segelboot gesehen, Heidis Eintrag im Gästebuch und interessieren sich für unsere Reise. Sie erzählen, dass Arved Fuchs im nächsten Jahr in Husavik ein Seglertreffen organisieren will. Vor zwei Jahren sind wir ihm begegnet, als er mit der „Dagmar Aan“ im Caledonien-Kanal auf dem Weg nach Irland war und haben in der Schleuse mit ihm gesprochen. Zwei Stunden verbringen wir in dem Schwimmbad. Im Hotpot spricht Heidi mit einem Ehepaar aus Zürich. Sie haben zwei lebhafte Kinder und sind zu einer Hochzeit hier lebender Schweizer Freunde eingeladen. Zurück im Hafen sind bei dem anderen Segelboot alle Luken auf, aber niemand ist zu sehen. Wir haben gerade gegessen, da klopft jemand laut an unser Boot. Zwei Männer kommen mit einer Plastiktüte voll Bierdosen an Bord. Es sind der Eigner Harald und sein Freund Willi hier aus Dalvik. Sie haben bei der „Nina II“ die Toilette repariert. In zwei Wochen will Harald nach Grönland segeln. Es wird eine angeregte Unterhaltung. Es kommen noch sein Chef und ein zweiter Freund. Harald ist Schiffsingenieur. Die Firma hat mehrere Trawler. Wir besichtigen auch die „Nina II“, ein robustes vor 20 Jahren in England gebautes 34-Fuß-Boot vom Typ Victoria. Beim Abschied bietet uns Willi an, am nächsten Tag mit uns im Auto nach Akureyri zu fahren. Am Dienstag werden wir pünktlich um 10 Uhr abgeholt. Nur mit Mühe steigt man in den hochbeinigen Toyota-Geländewagen. Auf der Fahrt entlang des Eyjafjördur sehen wir Bauernhöfe, Weiden und auch Ackerflächen. In Akureyri halten wir an der Touristinformation. Der Reiseführer Sigi, mit dem wir vor drei Jahren im Bus zum Myvatn waren, arbeitet nicht mehr. Er ist krank, hat Krebs. Der Kleinboothafen, bei dem wir damals außen längsseits an der „Velvet Lady“ aus London lagen, ist als Mole umgebaut. Außen liegt ein riesengroßer Luxussegler „Hetairos“ aus England. Innen liegt ein Zweimaster „polar bear“. Das Boot ist unter verschiedenen Namen bereits dreimal um die Welt gesegelt worden. Jetzt dient es für Charterreisen in Nordeuropa. Gegenüber an dem Schwimmsteg, der eigentlich für Tenderboote von Kreuzfahrtschiffen gedacht ist, sind jetzt die einheimischen Boote festgemacht. Sie lagen früher gegenüber im Kleinboothafen. Wir hatten uns vor drei Jahren umgelegt, nachdem wir am Schwimmsteg 60,-€ Liegegebühr zahlen sollten. Über dem Hafen auf einem Hügel steht die 1940 eingeweihte Akureyri Kirche. Das Mittelfenster im Chor stammt aus der im selben Jahr zerstörten Domkirche von Coventry. Nach dem Mittagessen fahren wir zum historischen Museum. Daneben stehen das Haus, in dem der Jesuitenpater und Schriftsteller Nonni mehrere Jahre seiner Kindheit verbrachte, und eine alte Holzkirche. Nonni wurde bekannt durch Kinderbücher. Die meisten schrieb er in deutscher Sprache. Zuletzt bleiben wir zwei Stunden in dem Freibad mit bis zu 43°C warmen Hotpots und zwei Schwimmbecken unter freiem Himmel. Zurück in Dalvik sind wir abends bei Harald und seiner Frau Katrin zum Essen eingeladen. Wir unterhalten uns über Familie, Beruf, Segeln und unsere eingeschränkten Möglichkeiten in der ehemaligen DDR. Herzlich verabschieden wir uns und bekommen wertvolle Tipps mit auf dem Weg.


So 20.06.10 nach Dalvik/Eyjafjördur 38 sm
Wir haben den Südteil der Insel nicht erkundet, entschließen uns aber weiterzusegeln. Gegen 11 Uhr legen wir ab. Die Sonne scheint. Draußen ist mehr Wind, als im Hafen, West bis Nordwest. Mit Reff 1 und Fock 1 muss ich relativ hoch an den Wind, versuche 10 Grad vorzuhalten. Gelegentlich kommt eine Welle auf das Deck. Heidi fühlt sich nicht ganz wohl. Mit leichtem Schrick in den Schoten läuft das Boot gute Geschwindigkeit, um die 6 kn. Ab Mittag wird der Wind schwächer, die See ruhiger, ich kann ausreffen, später auf Genua wechseln. Am Eingang zum Eyjafjördur dreht der Wind auf Nord fjordeinwärts. Um 18.40 Uhr haben wir in Dalvik längsseits an einer Pier mit großen Reifen angelegt. Das Justieren der Fender mit Fenderbrett und langen Leinen dauert seine Zeit. Wir liegen geschützt im Innenhafen, Tidenhub ca. 1 m, z. Z. Nipptide. Hier sehen wir seit den Färöern das erste Segelboot im Hafen „Nina II“, keine Flagge, kein Heimathafen, niemand an Bord. Spät abends steht ein junger Mann auf der Pier, ein deutscher Tourist. Er staunt, ein deutsches Boot zu finden. Er ist mit der Fähre angereist, will morgen mit dem Schiff nach Grimsey.


Sa. 19.06.10 Hafentag auf Grimsey
Wir sind früh um 6 Uhr wach. Ob wohl ein Fischer ablegen will, und wir uns verholen müssen? Heidi geht nach dem Frühstück an Land. Der ganze Ort scheint noch zu schlafen. Nur ein Fischer hinter uns legt ab. Der Himmel ist bewölkt, es könnte Regen geben. Wir bleiben an Bord, ich schreibe am Bericht. Heidi erkundet, das Schwimmbad öffnet nachmittags zwischen 14 und 16 Uhr. Nach dem Mittagessen gehen wir durch den Ort bis zur Kirche. Neben der Straße ist gleich das felsige Steilufer. An der Kante sitzen Papageitaucher. Erst wenn man auf wenige Meter heran ist, fliegen sie weg. Über uns kreisen arktische Seeschwalben. Sie attackieren uns, fliegen kreischend im Sturzflug dicht über unsere Köpfe. Das Schwimmbad ist gut besucht, Familien mit Kindern. Ich schwimme Slalom zwischen ihnen. Heidi zieht den Hotpot vor. Die letzte halbe Stunde haben wir das Schwimmbecken für uns. Draußen sieht es nach Regen aus. Heidi kauft in der „Galleri Sol“ Andenken. Unser Bargeld wird knapp. Einen Geldautomaten gibt es hier nicht.


Mitternachtssonne am Polarkreis

Ich kann mit VISA-Karte bezahlen. Ich will trotzdem wandern, hole mir Regenzeug von Bord. Leider nehme ich Kamera und Fernglas nicht mit. Ich laufe an der Westküste nach Norden. Am Ende der Landebahn des kleinen Flugplatzes steht am Weg ein spitzer Felsblock. Hier soll der Polarkreis quer durch die Insel verlaufen. An der Felskante beobachte ich unzählige Papageitaucher. Eine Etage tiefer brüten Möwen. Die Sonne kommt, leider kann ich nichts aufnehmen. Ich gehe bis ans Ende der Insel. Es ist der nördlichste Punkt Islands. Ein Herde Schafe mit Lämmern grast auf der dicht mit Gras bewachsenen Insel. Bäume und Sträucher gibt es gar nicht. Den Rückweg nehme an den höheren Ostufer. Nach 3 Stunden bin ich zurück. Heidi hat aufgeräumt und Ansichtskarten geschrieben. Ich bin erschöpft, wir gehen schlafen.


Fr. 18.06.10 nach Grimsey 60 sm,
Ich werde nachts 2 Uhr wach. Es ist blauer Himmel, die Sonne steht im Norden genau hinter der Kirche. Ich kann gerade noch filmen, dann wandert sie weiter und scheint auf unser Boot. Der Wind kommt sanft aus Südost, beste Bedingungen zum Weiterfahren. Heidi hatte im Hotel versprochen, dass wir uns vormittags verabschieden, wollte auch noch in die Sparkasse. Die dortige Mitarbeiterin hatte ihr gestern bei der Veranstaltung einen Sticker des örtlichen Sportvereins für unseren Enkelsohn versprochen. Sie schreibt ihre Ansichtskarten und einen Abschiedszettel, fährt mit dem Bordfahrrad zum Hotel und steckt es an die Tür. Wir haben gefrühstückt, ich räume auf, mache das Boot klar. Gegen 6 Uhr legen wir ab. In der Hafenzufahrt ziehe ich Groß und Genua. Die See ist ruhig, wir gleiten dahin. Wir müssen um die große Halbinsel Melrakkasletta herum. Es ist der nördlichste Punkt des isländischen Mainlands, eine Seemeile unterhalb des Polarkreises. Wir segeln mit sicherem Abstand zum Land über 66°33’N hinweg, dann parallel nach Westen. Das ist ein besonderer Moment. Heidi öffnet die Flasche Sekt, die uns Jörn vom SSVR zum Abschied mitgegeben hat. Jeder trinkt ein paar Schlucke, auch Rasmus bekommt eine Kostprobe, den Rest trinken wir nach der Ankunft auf Grimsey. Den ganzen Tag scheint die Sonne am strahlend blauen Himmel. Der Wind schiebt, längere Zeit segeln wir mit ausgebaumter Genua. Dann frischt es für einige Stunden auf, der Wind kommt etwas mehr von der Seite, ich wechsele auf Fock 1, die hinter dem Großsegel aber nur wenig nützt. Dennoch laufen wir 5 bis 6 kn. Abwechselnd legt sich einer in die Koje, um den fehlenden Schlaf der kurzen Nacht nachzuholen.


Papageitaucher auf Grimsey

Dunkel sind die Nächte ohnehin nicht mehr. Am späten Nachmittag flaut es ab, die Genua nützt nur für kurze Zeit. Die letzten 11 sm läuft der Motor. Nebeneffekt: die Batterien werden geladen. In Raufarhöfn hatten wir keinen Landstrom. Um 20 Uhr legen wir auf Grimsey an. Der enge Hafen ist voller Fischerboote. Wir gehen außen längsseits, müssen über drei Kutter klettern um an Land zu gelangen. Nicht lange danach kommt ein interessierter großer Junge an Bord. Später erfahren wir, er ist erst 12 Jahre alt. Für die Nacht können wir bleiben. Morgen am Sonnabend sehen wir weiter.

Di. 15.06. und Mi. 16.06.10

16.06.10 nach Raufarhöfn, 83 sm,
Ich werde um 4 Uhr wach, draußen ist leichter Wind, etwas blauer Himmel. Wir stehen auf, müssen noch die gewaschene Wäsche wegräumen, frühstücken. Der Wasserschlauch auf der Pier ist etwas zu kurz. Ich muss verlängern und in unsere Tankeinfüllöffnung zielen. Dabei werden meine Schuhe nass, muss sie unterwegs wechseln, weil die Füße kalt werden. Um 7.30 Uhr fahren wir aus dem Hafen. Ich ziehe das Groß und Genua. Zunächst schiebt der Wind, dann dreht er auf NW und frischt kräftig auf. Ich nehme die Genua weg, ziehe die Fock 1 und muss nacheinander ohne Pause 2 Reffs einziehen. Dabei ist mir warm geworden.


Rauthanes

Auf Anliegerkurs segeln wir nach Nordost, Kurs Kap Langanes. Mittags taucht mehrmals dicht neben uns ein Wal auf, bevor er wieder in die Tiefe geht. Der Wind wird schwächer, ausreffen. Leider dreht er auf Nord bis Nordost. Ich wende, eine halbe Stunde ist Flaute, Motor an. Dann kommt er wieder, erst aus Ost später südlich und 1 bis 2 kn Strom von hinten. So segeln wir mit ausgebaumter Fock bis zum Wegepunkt querab vom Kap Langanes. Gegen 20.30 Uhr halse ich, der neue Kurs geht Richtung Westen.


Nordostkap Langanes

Es frischt auf, mit Fock 1 und Groß laufen wir vorübergehend über 7 kn bei mitlaufendem Strom. Heidi übernimmt bis 2 Uhr nachts die Wache. Im Norden scheint die Sonne. Obwohl wir noch 10 sm südlich des Polarkreises sind, und Sommersonnenwende erst in einer Woche ist, geht die Sonne für uns nicht mehr unter den Horizont. Das liegt wohl an der Lichtbrechung in der Atmosphäre. Als ich übernehme, ist der Wind zu schwach, Motor an. Die Wassertiefe verringert sich auf 50 bis 80 m. Ich schalte den Motor aus, lasse das Boot treiben und angle. Es ist die erste Gelegenheit in diesem Jahr.


Rauthanes

Zwei Dorsche und ein Köhler in 45 min reichen uns. Eine Stunde kann ich segeln, dann noch eine Stunde Motor bis zum Hafen. Heidi schläft, ich filetiere derweil die Fische, die Reste gehen für die Möwen über Bord. Um 6.30 Uhr legen wir an einem Schwimmsteg an. Ich schlafe paar Stunden. Heidi erkundet den Ort, geht zum Hotel von Augusta, die wir im Schwimmbad bei Vopnafjördur kennen gelernt haben und findet auch das Schwimmbad. Im Ort sind etliche verlassene Häuser, trotzdem scheinen Fischfang und Verarbeitung noch aktuell zu sein. Heidi trifft den Hafenmeister, er kommt ans Boot, ich muss ein Stück verholen.

Kurze Ergänzung:
Heidi kommt zurück, kocht Fischsuppe, schmeckt herrlich. Fahren mit Bordfahrrädern gemeinsam ins Hotel, essen Schokoladentorte mit Kaffee. Besichtigung der Kirche, schlicht und gut gepflegt. Zum Schwimmbad, 1 Stunde Fitness. Heid lässt sich bei Augusta ihre Füße pflegen (Pediküre). Ich fahre zum Leuchtturm und auf einen Berg zu einem unvollendeten Steinmonument moderner isländischer Künstler, das die Mitternachtssonne in einem speziellen Rahmen stellen soll (Anlehnung an Monumente aus der Steinzeit). Zurück finden wir eine Plastiktüte mit zwei Fischen am Seezaun. Hinter unserem Boot liegt ein Fischkutter, der Fischer ist schon weg. Heidi stellt zwei Flaschen Rostocker Pils ins Schiff. Kurz noch ins Hotel für ein Erinnerungsfoto.
Großzügiges Angebot: morgen Autofahrt zur 30 km entfernten Halbinsel Raudanes.
Abfahrt 9 Uhr. Wir wandern zu zweit drei Stunden 7 km über grasbewachsene Hügel an Klippen entlang. Tolle Ausblicke, Felsformationen, steinerne Brücken, viele Seevögel. Werden wieder abgeholt, sind 14 Uhr zurück. Im Ort findet eine Veranstaltung zum Tag der Unabhängigkeit statt (1944, Island vorher zu Dänemark gehörig). Zelt ist aufgebaut, Freizeitsport mit Kindern und Jugendlichen, Preisverleihung. Grillen, „Hamburger“ als neues allgemein beliebtes Fastfood-Gericht auf Island. Zum Abend können wir ins Hotel kommen. Eine Reisegruppe ist mit dem Bus angekommen. Ihnen wird anhand eines Modells das geplante Monument erläutert. Auch wir bedienen uns am Büfett. Ich habe Gelegenheit, mit meinem PC das Internet per WLAN zu nutzen. Am Nachbartisch finden sich vier Männer aus Deutschland ein, die eine Woche mit einem VWBus unterwegs sind. Sie sind heute mit der Fähre in Seydisfjördur angekommen.

So. 13.06.10 - 14.06.10


Familienfoto Vopnafjoerdur

Hafentag in Vopnafjördur.
Früh morgens ziehen dichte Seenebelschaden über das Wasser. Thorberg ist mit einem modernen Fischkutter schon auf See. Aus seiner Beschreibung von früher weiß ich, dass sie lange Leinen mit vielen Angelhaken auslegen. Stunden später wird die Leine wieder eingeholt. Die Fische werden von einer Maschine gelöst und fallen in den etliche Tonnen fassenden Frachtraum. Im Hafen scheint die Sonne. Ich arbeite am Boot, u. a. auf beiden Seiten Hahnepots für die Großschotblöcke einbinden und am Großbaum Tauwerkschäkel anbringen. Die Metallschäkel verklemmen sich oft. Heidi wäscht das Boot, es ist staubig und salzig. Bei Niedrigwassermüssen wir über LkW-Reifen hochklettern, anschließend sind die Hände schwarz. Das könnte Vulkanasche aus dem Eyjafjallajökull sein. Wiederholt kommen Einheimische, fragen, woher wir kommen. Mittags kommt Julianna vorbei. Sie fährt mit den Kindern in das 10 km entfernte, an einem Lachsfluss gelegene, Schwimmbad. Heidi und ich machen uns fertig. Wir fahren mit Thorbergs Auto auch hin. Obwohl es offiziell noch keine Saison ist, sind etliche Leute dort. Das Schwimmbecken ist mit warmem Wasser gefüllt, in den zwei Hotpotts hat es 40°C. Die Sonne scheint vom Himmel, von Wind ist nichts zu spüren. Wir fühlen uns wie irgendwo im Süden. So kann Island sein! Für uns wird es wohl wieder ein Badeurlaub. Am Abend sind wir wieder eingeladen. Fleisch und Heilbutt werden gegrillt. Dazu gibt es einen Auflauf mit Kartoffeln und Gemüse, zum Trinken leichtes isländisches Bier, zum Essen Weißwein., Als Nachtisch essen wir eine süße Speise und Schokoladentorte, dazu noch Kaffee. Thorberg kommt ziemlich spät nach Hause. Der Fang war nicht so gut. An Bord in er Koje muss ich meinen Oberkörper hochlegen, ich habe mit meinem Magen Reflux-Probleme. Auch am Montag ist herrliches Sommerwetter. Es hat sich einiges an Schmutzwäsche angesammelt. Im Ort gibt es einen Waschsalon. Den haben wir vor drei Jahren schon genutzt. Heidi hatte am Vortag die Cheffin im Garten angesprochen. Um pünktlich um 10 Uhr unsere gefüllten Segelsäcke abzugeben, organisiert Heidi ein Auto Drei interessierte Männer sitzen in dem Kleintransporter. Im Supermarkt ergänzen wir unsere Vorräte. In einer Autowerkstatt erhalte ich Ersatz für eine durchgebrannte Kontrolllampe des Drehzahlmessers vom Motor. Wenn später die Nächte wieder dunkel werden, kann ich wieder die Umdrehungen ablesen. Beim Dieselkocher wechsele ich die Glühkerze und schlisse direkt an der Kerze ein dickeres Massekabel an. In letzter Zeit mussten wir entweder das Ladegerät einschalten oder den Motor starten, weil der Kocher nicht zünden wollte.

Nachmittags ergänze ich den Bericht. Heidi geht in den Ort. Zwei Stunden später kommt sie im Auto zurück. Juliannas Mutter Benedicta hat die Wäsche eingeladen. Wir zeigen ihr unser Boot, Heidi macht einen Kaffee. Das Wetter ist zu schön, um loszusegeln. Wir fahren zu dem Haus von Benedcta und Olafur. Es liegt gegenüber von Thorbergs Haus. Ich kann ins Internet und schicke den neuen Bericht ab. Wir dürfen das Auto benutzen und noch einmal ins Schwimmbad fahren. Der Skoda Octavia hat Automatik-Schaltung, ich komme ohne Probleme zurecht. Dort machen wir eine neue Bekanntschaft: Augusta ist Kosmetikerin und betreibt in Raufarhöfn ein Hotel, wir sollen sie besuchen. Zurück im Haus gibt es zu essen. Auch Thorberg ist wieder da. Herzlich verabschieden wir uns von allen. Wir werden zum Boot gefahren. Die kleine Isabella kommt mit. Interessiert inspiziert sie unser Boot. Zur Nacht wird es windig und wolkig, das Barometer fällt. Gut, dass wir geblieben sind.


Do. 10.06. und Fr. 11.06.10
Hafentag in Seydisfjördur. Morgens, wir frühstücken noch, kommt der Hafenmeister. Seine erste Frage, ob dies unser erster isländischer Hafen wäre. Wir sagen, dass wir schon einklariert haben. Für heute können wir hier bleiben, sonst könnten wir vor dem Hafen an eine Pier gehen. Da der Fjord einen kleinen Knick macht, liegt man dort auch sicher. Wir haben Landstrom genommen, dafür müssten wir etwas bezahlen. Die anderen Boote haben zwischen geschaltete Stromzähler. Abends wollte er noch mal kommen. Im nicht weit entfernten neuen Abfertigungsgebäude für die Fähre sind die Touristinformation und auch rund um die Uhr zugängliche Toiletten. Ich hole dort anschließend Prospekte und werde von einem Mann freundlich beraten. Unser erstes Ziel ist das Technikmuseum. Ein junger Mann, Archäologe, macht nur für uns eine sehr informative Führung. Dabei haben wir als Rentner freien Eintritt. Seydisfjördur war der Ausgangspunkt des ersten Unterseekabels mit Morseverbindung zum Kontinent. Später wurden Koaxialkabel verlegt. Heute werden per Glasfaserkabel bis zu 90 000 Telefonkanäle übertragen. Viele Geräte aus früheren Jahren sind teils noch funktionsfähig zu sehen. Für mich ist alles sehr interessant, es war schließlich mein früheres berufliches Fachgebiet. Zum Museum gehört ferner eine ca. 100 Jahre alte mechanische Werkstatt mit Gießerei. Bemerkenswert ist der erste auf Island mit Wasserkraft betriebene Wechselstromgenerator. Die Turbine hat einen Durchmesser von ca. 1 m, die Leistung könnte 1 kW betragen haben, so viel wie eine Autolichtmaschine. Zum Mittagessen grillen wir uns den Fisch aus Djupivogur in der Kombinations-Mikrowelle. Dazu gibt es schnell zubereitetes Kartoffelpüree.


Wasserfaelle bei Seydisfjoerdur

Mit einem Umweg vorbei an der Kirche und einem kleinen Einkauf gehen wir in die Schwimmhalle. Anderthalb Stunde bleiben wir. Es gibt ein Schwimmbecken, zwei Hotpotts mit Whirpol und Sauna. Danach gehe ich noch mal los, um Fotos zu machen. Es fallen erste Regentropfen, an Bord zurück, kommen die ersten Windböen. Auch am Freitag ist Starkwind, wir warten ab. Ich vervollständige den Bericht, will ihn nachher in der Touristinformation abschicken. Ich habe auch Fotos der E-Mail hinzugefügt. Es gibt ein wireless LAN, ich kann mich einloggen, E-Mails, Virus- und Windows-Updates empfangen, nur das Senden mit dem Mail-Programm Thunderbird klappt nicht. Dann rufe ich im Internet-Explorer die GMX-Seite auf und logge mich direkt in meinem Postfach ein. Ich verfasse hier eine neue Mail und hänge auch die Anhänge an. Nach dem Senden kommt die Information: "Erfolgreich". Hoffentlich stimmt es. Anschließend mache ich eine mehrstündige Wanderung im Tal landeinwärts. Rechts fließt ein Fluss. Von fern sehe ich einen Wasserfall. Ich muss immer wieder Bäche überqueren, die mit kleinen Wasserfällen vom Berghang in den Fluss fließen. Es wird steiler. Im Fluss sind Stromschnellen, schließlich eine Kaskade von vier bis fünf Wasserfällen. Den letzten erreiche ich nicht mehr. Ein Bach ist mir zu breit, um darüber zu springen. Ich kehre um. Oberhalb des ersten Wasserfalls ist ein Wehr, weiter unten ein Kraftwerk. Längere Zeit begleitet mich ein Paar laut schreiender brauner Vögel mit gebogenem Schnabel. In einem Prospekt steht der englische Name "Whimbrel". Ich versuche Filmaufnahmen, sehr schwierig. Meistens fliegen sie vorher auf. Inzwischen hat sich der Wind gelegt, die Sonne scheint. Im Hafen ist Niedrigwasser. Sechs Stunden später etwa um Mitternacht ist Hochwasser. Wir gehen schlafen, den Wecker stelle ich auf zwei Uhr.


Mi. 09.06.10 nach Seydisfjördur 61 sm.
Obwohl wir früh aufgestanden sind, wird es 9 Uhr, als wir uns beim Hafenmeister verabschieden. Bei strahlender Sonne, 15°C und leichtem Wind segeln wir aus dem Hafen in nördliche Richtung. In den ersten Stunden haben wir bis zu 2 kn Strom von vorn, kommen mit achterlichem Wind dennoch gut voran. Bei der Insel Skrudur wähle ich den kürzeren Weg innen. Durch Kapeffekt und Düsewirkung frischt der Wind kräftig auf. Es steht Strom gegen Wind, eine unruhige Kabbelsee um uns. Der Wind nimmt schnell auf mehr als 25 kn zu. Ich berge die Genua, gleich danach auch das Großsegel. Eine halbe Stunde segeln wir vor Top und Takel (ohne Segel) mit ca. 4 kn. Dann setze ich die kleine Fock 2, kann sie 20 min später bergen und wieder normal mit Fock 1 und Groß segeln. Der Strom hat gekentert, schiebt jetzt mit 2 kn von hinten. Wir laufen 8 kn über Grund. Das Wasser ist wieder unruhig, aber nur sehr kleine Wellen, da der Wind in die gleiche Richtung weht. Um 17.30 Uhr frischt es erneut stark auf. Ich berge das Großsegel, lasse aber die Fock stehen. Eine Stunde später ist der Wind auf Nordost umgesprungen. Mit 2 Reffs segeln wir hoch am Wind, können Kap Dalatangi gerade so anliegen. Dahinter geht es in den 8 sm langen Seydisfjördur. Das AIS zeigt ein Schiff aus dem Fjord schnell näherkommen. Dann taucht hinter der Ecke eine Fähre auf, es ist die wöchentlich verkehrende "Norröna". Wir segeln dicht am linken Ufer. Die Fähre ändert den Kurs, genau auf uns zu, obwohl rechts von uns freies Wasser ist. Der Abstand ist noch ausreichend, ich steuere nach rechts, langsam verlassen wir den Kollisionskurs. Nach internationalen Kollisionsverhütungsregeln hätte die Fähre uns ausweichen müssen und das auch problemlos können, indem sie ihren ursprünglichen Kurs etwas länger weitergefahren wäre. Im Fjord wird der Wind zu schwach, wir fahren die letzten 4 sm mit Motor. Eine halbe Stunde vor Mitternacht legen wir im geschützten Kleinboothafen an. Es ist noch Hochwasser, die Tiefe ist mit 2,5 m ausreichend. Der Tidenhub beträgt ca. 1 m, bei Niedrigwasser wäre es wohl zu knapp. Wir finden eine Lücke. Der Platz scheint vorübergehend frei zu sein, an der Bretterwand hängen Kugelfender, auf dem Steg liegen Leinen. Es war ein sehr abwechselungsreicher und arbeitsreicher Segeltag.


Mo. 07.06 und Di. 08.06.10, Hafentage in Djupivogur.
Nach dem Frühstück gehe ich ins Hotel. Per WLAN kann ich den aktuellen Bericht abschicken und E-Mails abrufen. Abends gehe ich noch einmal hin, um weitere E-Mails zu versenden. Für 10 min bezahle ich 100,- Kronen, 0,67€. Im gut ausgestatteten Supermarkt ergänzen wir unsere Vorräte. Dann besichtigen wir das Langabud, das Heimatmuseum. Neben einer bunten Sammlung alter Geräte, Werkzeuge und Haushaltsgegenstände sind dort Werke des aus dieser Gegend stammenden Bildhauers Rikhardur Jonsson und das Arbeitszimmer des hier geborenen einflussreichen isländischen Politikers Eysteinn Jonsson zu sehen. Hierbei eine Anmerkung: in Island gibt es keine herkömmlichen Familienamen. Der Nachname ist mit der Endung ...son bzw. ...dottir vom Vornamen des Vaters abgeleitet. Am Nachmittag wollen wir ins Schwimmbad. Als wir das Boot verlassen, kommt der Hafenmeister und spricht uns wegen der Hafengebühr an. Da wir noch bleiben wollen, verschieben wir die Sache auf morgen. Im angenehm warmen Wasser schwimmen wir alleine unsere Runden. Im Wirlpool sitzen wir bei bis zu 42°C mit Einheimischen zusammen und unterhalten uns. Wir bleiben zwei Stunden. Abends mache ich noch einen Rundgang. Der tagsüber frische Wind hat sich gelegt, wir haben eine ruhige Nacht. Am Dienstag ist strahlender Sonnenschein. Vormittags erscheint der Hafenmeister wieder. Heidi handelt einen Preis von 25,-€ aus und bedankt sich mit einer Flasche Rostocker Pils. Anschließend fahren wir kurz an die Tankstelle, füllen 50,- Liter Diesel und unsere Trinkwassertanks auf, Bezahlung geht anstandslos mit EC-Karte direkt an der Säule. Am Nachmittag wollen wir mit dem Motorboot zur Vogelinsel Papey, für zwei Personen 11 000,- Kronen. Am Geldautomaten ist 10 000,- der höchste wählbare Wert. Ohne weiteres kann ich diesen Betrag zwei mal abrufen. Ich habe noch eine Stunde Zeit für Fotoaufnahmen bei besserem Licht als tags zuvor. Die Bootsfahrt ist erlebnisreich. Auf einer kleinen Felseninsel sehen wir große Robben in der Sonne liegen. In einer Bucht sitzen Hunderte von Vögeln auf den Felsvorsprüngen. Nach dem Anlegen wandern wir mit einem Führer über die Insel. Am Steilufer sehen wir Puffins, das sind Papageitaucher, aus nächster Nähe. Vom Gipfel mit einem Leuchtturm eröffnet sich ein grandioser Ausblick. Auf der Insel stehen einige Häuser und eine winzige Holzkirche, die angeblich älteste auf Island. Im Mittelalter lebten hier irische Mönche. Vor ca. 100 Jahren kaufte ein Mann namens Gisli die Insel und lebte dort noch 50 Jahre. Mit der ersten Frau hatte er zehn Kinder, nach deren Tod, mit der Schwester nochmals vier. Jetzt lebt dort noch seine Enkeltochter. Sie verkauft Stricksachen an Touristen. Heidi sucht sich warme Socken aus. Nach der Rückkehr schenkt uns der Hafenmeister einen Fisch und geht noch mal ins Büro, um mir Wetterkarten auszudrucken. Die Aussichten sind günstig für eine Weiterfahrt. Es ist abends lange hell, wir machen noch eine kleine Wanderung. Uns begegnen zwei Kinder, das größere mit langen blonden Locken hat ein kleineres an der Hand und spricht uns auf englisch an, woher wir kommen. Auf dem Campingplatz sind die Eltern, haben ein Zelt aufgebaut, sind Isländer. Es stellt sich heraus, das älteste Kind ist ein 10jähriger Junge, das kleine ein Mädchen, und dann ist noch ein Junge da. In der Lagunenlandschaft steht ein Beobachtungshäuschen mit Gästebuch. Eine deutsche Eintragung: "Sehr schön hier, auch wenn gerade nicht so viele Vögel da sind."
Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra

Do. 03.06. bis So. 06.06.2010

Djupivogur/Ost-Island,

Wir frühstücken, Heidi duscht noch. Zum Wassernehmen müssen wir uns verholen. Cris Jan kommt gegen 8 Uhr, wir übergeben den Schlüssel zum Hafenamt und verabschieden uns herzlich. Bei der Rückfahrt wollen wir wieder kommen. Bis mittags läuft der Motor bei bedecktem Himmel. Segelversuche bringen uns trotz 2 kn Strom von hinten nicht vorwärts, der Wind ist zu schwach. Hinzu kommt eine zunehmende Dünung und Kabbelsee. Die Segel schlagen, ich muss sie bergen. Die Atlantik-Dünung trifft auf dem Inselsockel bei Wassertiefen unter 100 m und


Nordatlantik unter Spi

wird an den steilen Felswänden reflektiert. Es sind ähnliche Bedingungen wie bei Stadlandet in Norwegen. Später wird es sanfter und angenehmer, trotzdem schaukelt das Boot vor sich hin. Bei langsam zunehmendem achterlichen Wind baume ich die Genua aus, das Großsegel bleibt unten. Schließlich stellen sich 10 bis 15 kn wahrer Wind ein. Unsere Fahrt liegt um die 4 bis 5 kn, eine moderate Reisegeschwindigkeit für unser kleines Boot. Spät abends kommen uns einige Fischkutter entgegen, die nach Hause fahren. Die Wache wechseln wir wie üblich ohne feste Zeiten. Früh morgens notiert Heidi einen überholenden Frachter. Ein Fischkutter ändert unseretwegen seinen Kurs. Der reichliche Rest der Fischsuppe wird mehrfach aufgewärmt. Ansonsten lesen wir, hören Musik, verfolgen neuere Wetterinformationen und lassen das Boot unter Autopilot auf den Wegpunkt an der Ostküste Islands zufahren.

Auch der Freitag verläuft ähnlich. Der Wind nimmt etwas ab, dreht zuweilen mehr auf östliche Richtung. Die Wolken haben sich aufgelockert, die Sonne scheint. Erst am Abend entschließe ich mich, auch das Großsegel zu setzen, etwas spät, die unangenehme Dünung ist längs vorbei. Wir sind gleich 1 kn schneller. Vorübergehend dreht der Wind wieder in die alte Richtung, ich kann die Genua zur anderen Seite ausbaumen. Abends zieht ein großer Fischtrawler mit Schleppnetz in 0,8 sm auf Gegenkurs vorbei. Schon Stunden vorher haben wir ihn auf dem AIS vor uns gesehen. Als er neben uns ist, tutet er, ich sehe raus und winke, denke, es wurde gesehen. Auch die zweite Nacht ist ruhig. Heidi bleibt wach, ich kann schlafen. Trotzdem fühle ich mich nach dem Aufstehen um 4.30 Uhr kreislaufmäßig total benommen. Das ist zu Hause in den letzten Jahren auch oft so. Wir kochen Tee. Danach geht es mir besser. Dazu starte ich den Motor, über Wechselrichter machen wir 220 V für unsere Teemaschine. Zugleich werden die Batterien nachgeladen. 115 A kann die Lichtmaschine maximal, das sind 1600 W bei 14 V. Der Motor ist dabei merklich belastet.

Vormittags dreht der Wind


In Seydisfjoerdur

vorübergehend auf Ost, ich muss den Spibaum wegnehmen und die Genua auf die andere Seite ziehen. Nachmittags können wir noch einmal für mehrere Stunden Schmetterling segeln. Abends schläft der Wind ein, der Diesel muss ran. Inzwischen sind dichte Wolken aufgezogen, die Sicht wird schlecht, dann ist dichter Nebel um uns. Ich schalte das Radar und auch die Positionslampen ein. Auf dem Bildschirm ist absolut nichts zu sehen, kein Radar-Echo. Der Motor läuft dann 9 Stunden bis wir den Hafen erreichen. Heidi kommen Bedenken wegen der Hafenansteuerung bei Nebel. Die Zufahrt ist als sehr schmal beschrieben. Auf der elektronischen Seekarte sind drei Tonnen und eine schnurgerade Richtfeuerlinie zu sehen. Als wir uns dem Land nähern, erscheint die Küstenlinie auf dem Radar. Dann tauchen Berggipfel über dem Nebel auf, sogar sonnenbeschienene Flächen. Um uns wird die Sicht besser, neben uns eine undurchdringliche Nebelwand. Am Eingang des Berufjördur klart es auf, der Ansteuerleuchtturm ist zu sehen. Heidi ruft per Funk Port Control „for the Sailing Boat Libra from Germany”, keine Antwort. Dann meldet sich die Coast Guard, fragt nach Bootsname, Heimathafen, wieviel persons on bord, die Namen, den letzten Hafen, die genaue Position und wohin wir wollen. Dann die Order, in den Hafen zu fahren und anlegen, die Police wird uns erwarten.


Einklarieren

Die Zufahrt zum Hafen ist bei klarer Sicht navigatorisch kein Problem. Der Hafen ist voller Fischerboote, an einem binden wir an. Das Polizeiauto steht auf der Pier, der Beamte muss mühsam zu uns rüberklettern. Wir zeigen unsere Pässe und das Zollformular von den Färöern. Es dauert seine Zeit, drei Formulare füllt er selber aus. Wir erzählen, dass wir vor drei Jahren schon einmal auf Island waren. Es hatte uns so gut gefallen, dass wir wieder kommen mussten. Beiläufig fallen Fragen nach Spirits, Rauchen und Krankheiten. Wir haben die Gastlandflagge noch nicht gesetzt. Ich wühle den Kasten durch, finde dann gleich drei verschiedene, die größte schon etwas zerfleddert. Ich sehe mich nach einen besseren Platz um. Wir gehen an einen etwas größeren Kutter hinter uns. Abends legen wir noch einmal um. An einem kleinen Schwimmsteg wurde für uns Platz gemacht. Ich lege mich drei Stunden schlafen, Heidi erkundet den Ort.


Wir auf Papey

Nach dem Frühstück wollen wir ins Schwimmbad. Heute ist hier am Sonntag ein Feiertag, Sailorsday oder Fischerfest. Viele Menschen sind am Hafen, Boote machen Ausfahrten. Die Touristen-Attraktion ist eine Fahrt zur Vogelinsel Papey. Das Schwimmbad ist leider geschlossen. Wir gehen ins Hotel Framtid. Wir können duschen und nutzen auch die Sauna. Der Preis für jeden 300,- Kronen, umgerechnet sind das 2,-€. Im Imbissraum des Heimatmuseums Langabud essen wir frischen Lachs. Nachmittags wandern wir auf die vorgelagerte Halbinsel zum bird watching. Vor allem sehen wir aufgeregt schreiende Austercatcher, Möwen und Gänse. Im Gras wachsen die verschiedensten Blumen. Die Isländer fahren die Wege mit ihren Geländewagen ab. Nach dem Umlegen des Bootes kann ich noch unser Stromkabel anschleißen, Abendessen, Bericht schreiben, zu Bett gehen.

06.06.2010, 0520 UTC

Ostküste Djupivogur /Island,
Liebe Gildeschwestern und -brüder

Nach 69 Stunden und 287 Nächten vom Vaila Sound auf den Shettlands kommend soeben die Ostküste Djupivogur/Island erreicht. Nach Nebel jetzt Sonne, achterlicher Wind im Wechsel mit Flaute.

Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra

01.06.2010

Tuoroyri Syderö /Faroer,
Liebe Gildeschwestern und -brüder

Nach 180 sm und 37 h mit Schiebewind wohlbehalten angekommen. Alles bekannt von vor 3 Jahren. Haben viele alte Freunde begrüßt.


Mo. 31.05. und Di. 01.06. nach Tvøroyri/Suduroy Färöer 180 sm. Wie üblich frühstücken wir noch, dann fahren wir zur Pier, gehen an einen Schwimmsteg. Ich bringe die Postkarten zum Briefkasten, Heidi räumt auf. Inzwischen holen auch die Engländer den Anker auf. Wir sehen sie später in Richtung der kleinen Insel Foula segeln. Bei ruhigem Wetter kann man dort anlegen. Wir nehmen Kurs Nordwest in Richtung Färöer. Tagsüber scheint die Sonne. Mit Groß und Genua haben wir zunächst einen Anliegerkurs mit Wind aus Nord. Von 12 bis 17 Uhr ist Flaute, der Motor muss arbeiten. Dann kommt der Wind wieder, jetzt von hinten aus Südost. Zunächst baume ich die Genua aus. Dann dreht der Wind etwas südlicher und frischt auf. Ich wechsele auf Fock 1. Um 23 Uhr werden es, wie angekündigt, 5 Bft. Ich ziehe 2 Reffs ein. Heidi übernimmt die Wache. Der neue Autopilot steuert auch in den von achtern anrollenden über 2 m hohen Wellen. Bei etwas erhöhter Verstärkungseinstellung hat er schwer zu arbeiten. In der Nacht und am Vormittag wechseln wir mehrfach die Wache. Die Schaukelei macht müde und benommen. Die Bootsgeräusche hindern uns nicht am Schlafen. Vormittags beginnt es zu regnen. Heidi sieht einen Fischkutter an uns vorbeifahren. Er fährt ohne AIS, Ausschau ist also immer noch notwendig. Der Wind wird schwächer, ich kann ausreffen. Nachmittags hört der Regen auf, die Sicht bessert sich etwas. Um 16.30 Uhr sichtet Heidi Land. Wir steuern den Hafen Tvøroyri im Trangisvågfjord auf der südlichsten Insel Suduroy der Färöer an. Um 19.30 Uhr ist das Boot fest. Keine 5 Minuten später werden wir von einer alten Bekannten begrüßt, Anne-Christin, die damals die Hafenkneipe führte und jetzt ein neues Restaurant eröffnet hat. Es kommen weitere Leute vorbei, die sich für uns interessieren. Als wir gegen 22 Uhr nach dem Abendessen mit Färöer Kronen in der Tasche vom Geldautomaten zurückkommen, steht der Hafenmeister Chris Jan an unserem Boot. Er geht mit uns in sein Büro, wir füllen ein Anmeldeformular aus und erhalten einen Schlüssel für Dusche, WC und Waschmaschine. Wir sind in diesem Jahr das dritte Gastboot hier. Unsere Anmeldung von vor 3 Jahren ist auch noch im Aktenordner vorhanden. Als wir morgens wach werden, prasselt Regen auf das Boot, Wind pfeift in den Wanten. Ich sehe aus dem Luk nach hinten, der Fischkutter hinter uns legt ab, um zu drehen und später seinen Fang zu entladen. Dahinter liegt ein holländisches Segelboot und verholt sich. Sie sind früh um 5 Uhr angekommen, erfahre ich später beim zweiten Hafenmeister Hjalgrim. Nach dem Frühstück gehe ich duschen. Heidi ersteht gegen 1 Bier 2 große frische Fische. Als ich zum Boot gehen will, holt mich der Zollbeamte zurück ins Büro, noch ein Formular ausfüllen. Um die Frage nach Spirituosen korrekt zu beantworten, muss ich an Bord, um Heidi zu befragen. Kurz danach kommt ein Polizeibeamter noch mal zu uns. Heidi wusste nicht, wo die Pässe liegen. Korrekterweise werden sie abgestempelt. Wir sind hier nicht mehr in der EU und auch nicht im Schengen-Bereich. Bevor Heidi ihre Einkäufe macht, besucht sie Anne-Christin. Eine Gruppe Zahnärzte aus Torshavn macht einen Tanzkurs. Heidi darf mitmachen beim English Walz.


So. 30.05. Vaila Sound/Walls Hafentag.
Wir schlafen aus, waschen uns mit warmgemachtem Wasser im Eimer. Duschen gibt es hier nicht aber eine „Public Toilet“ auf der Pier. Die Sonne scheint, der Wind weht frisch aus Nord. Weiter in Richtung Färöer wäre es hoch am Wind und auf See sicher eine Windstärke mehr. Nach dem Frühstück schreibe ich am Bericht. Ein einheimischer Folkeboot-Segler interessiert sich für unser Boot, Heidi bittet ihn an Bord. Auf der Pier treffen wir ein Rentner-Ehepaar. Der Mann spricht deutsch, er war früher mal in Köln. Ansonsten ist er gebbürtiger Bretone, seine Frau ist hier zu Hause. Wir gehen in den Ort. Auch sonntags hat der Kaufladen, zugleich Post Office und Tankstelle, geöffnet. Heidi macht einige Einkäufe und entdeckt eine Strickmütze im typischen Shetland-Muster. Angefertigt wurde sie von Flory Stout auf der Nachbarinsel Fair Isle. Heidi hat vor 2 Jahren dort einen ihrer originellen Pullover gekauft und ersteht auch die Mütze. Danach mache ich eine kleine Insel-Wanderung, mache Film- und Fotoaufnahmen. Nach der Rückkehr sind Männer auf dem Fischkutter mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Zunächst heißt es, wir können liegen bleiben. Dann wollen sie doch den Kutter verholen, wir sollen ablegen. Wir gehen an eine Mooring-Tonne, bleiben dort auch die Nacht. Inzwischen war eine englische Yacht in die Bucht gekommen und gleich vor Anker gegangen. Heidi hat Ansichtskarten geschrieben, wir werden vor der Weiterfahrt noch einmal anlegen müssen. Der Wind nimmt abends ab, wir stellen den Wecker für morgen früh.


Mi. 26.05. bis Sa. 29.05.10 nach Vaila Sound/Shetlands 329 sm.
Ab heute soll weniger Wind sein. Ein Schwede und ein Holländer sind früh schon aus dem Hafen verschwunden. Wir legen um 9.45 Uhr ab, vorher ein hinter uns liegendes großes Stahlschiff „Treckpott“ aus Emden, nach uns die „Swålin“. Draußen ist mehr Wind als gedacht. Bei 20 kn aus West sind 2 Reffs notwendig. Den ganzen Tag kreuzen wir gegen an, kommen aber vorwärts. Nachmittags kann ich ausreffen. Die „Treckpott“ hat einen großen Schlag auf See hinaus gemacht, kommt uns später in die Quere. Nachdem ich die Genua setzen kann, bleibt er achteraus und fährt abends in den Hafen von Egersund. Die „Swålin“ kreuzt dichter unter Land als wir. Die Hanse hat zwar nur eine Selbstwendefock, trotzdem ist sie schneller. Als wir in Höhe des Eigrøy-Leuchtturms sind, meldet Uwe sich per Funk. Sie fahren in den voraus liegenden Hafen von Sirevåg, wünschen uns gute Weiterfahrt. Wir segeln bei schwächer werdendem Wind in die Nacht. Mehrere Stunden läuft der Motor. Donnerstag morgens kommt der Wind aus Südost. Drei Stunden segeln wir mit ausgebaumter Genua. Später ist es ein Anliegerkurs mit Wind aus Südwest. Als Zielwegepunkt habe ich Sumburgh Head, das Südkap der Shetlands eingegeben, noch 240 sm. Abends kommt eine Regenfront, mehr als 20 kn Wind. Ich ziehe 3 Reffs ein. Der schräg von hinten kommende Wind schiebt uns vorwärts. Noch in der Nacht klart es auf, der Vollmond kommt hervor. Freitag gegen 5 Uhr passieren wir die Ölbohrplattform „Bakker“. Hier gibt es Mobilfunk, Heidi kann einige SMS senden. Am Vormittag scheint die Sonne. Bei leichtem halben Wind zieht die Genua. Mittags vor der nächsten Bohrplattform des Harding Ölfeldes ist Flaute. Fast drei Stunden läuft der Motor. Der aufkommende leichte Wind aus West kommt von vorn. Wir können unseren Kurs nicht halten, segeln hoch am Wind nach Nordwest. Dabei schreibe ich den Bericht. Das Schreiben setze ich heute am Sonntag 30.Mai im Vaila Sound/Shetlands fort. Freitag Abend dreht der Wind auf Süd, wir können unser Ziel wieder anliegen. Heidi macht die erste Nachtwache, ich übernehme um Mitternacht bis gegen 4 Uhr. Sonnabend um 6 Uhr zieht eine Schauerfront durch. Ich ziehe gleich 2 Reffs ein, es bleibt aber bei etwa 15 kn Wind aus Süd. Gegen 9 Uhr habe ich wieder ausgerefft. Voraus sind die Shetlands in Sicht und ich höre im Funk den ersten Wetterbericht von Shetland Coastguard. Erst in der Nacht soll der Wind auf 5 Bft aus Nordost auffrischen. Dann höre ich ein Gespräch zwischen der Coastguard und dem „Good Shepherd“, dem Versorgungsschiff für die südlich gelegene Insel Fair Isle. Später sehe ich auf dem AIS-Bildschirm, wie er ablegt. Dann sehe ich ihn im Fernglas vor uns zurück nach Fair Isle fahren. Vor 2 Jahren haben wir die Insel besucht. Um 14 Uhr passieren wir Sumburgh Head, das Südkap der Shetlands. Hier kann erheblicher Tidenstrom auftreten. Vor dem Kap kam er noch mit bis zu 1,5 kn von vorn, dann kenterte er und schob uns mit 1 kn. Für eine Stunde mussten wir in der Landabdeckung den Motor nehmen. Dann schob uns raumer Wind in die geschützte Bucht von Vaila Sound. Die Einfahrt war mit Kartenplotter kein großes Problem. Zu beachten sind mehrere Fischzuchtanlagen. An einer Pier lagen zwei Fischkutter. Der eine war vor dem Ablegen, um eine Muschelfarm zu versorgen. Die zwei Männer halfen uns beim Anlegen. Wir gehen längsseits an den seitlich liegenden Kutter. Heidi bedankt sich mit 2 Flaschen Rostocker Pils. Es ist 20:38 Uhr MESZ. Wir müssen noch die Uhren umstellen, eine Stunde zurück. Im Scheitel der Bucht gibt es eine „Marina“, in Wirklichkeit ein kleiner flacher Motorboothafen. Wir gehen abends noch hin und finden einen Bootsclub, werden sehr gastfreundlich empfangen. Man spendiert uns das Bier. Wir unterhalten uns, tragen uns ins Gästebuch ein, tauschen Adressen aus und es wird ein Gruppenfoto gemacht. Einer der jungen Männer ist Taxifahrer, die anderen Lachs-Farmer und Handwerker. Zum Abschied bekommen wir noch Bierdosen mit auf den Weg.


So. 23.05. bis Di. 25.05.10
Hafentage in Farsund. Drei Tage herrscht Starkwind aus NW bei ansonsten schönem Wetter. Am Pfingstsonntag-Vormittag sind die vielen norwegischen Motorboote am Gästesteg abgefahren, wir legen um. Im Sanitärgebäude sind Waschmaschinen und Trockner. Abends ist alle schmutzige Wäsche gewaschen. Ich nutze die Zeit für diverse Arbeiten am Boot. Vor uns liegt eine 35-Fuß-Hanse „Swålin“ aus Lübeck. Uwe und Bärbel sind abends bei uns an Bord, wir zeigen ihnen einen Film über unseren Island-Törn vor drei Jahren. Am Pfingst-Montag machen wir eine Fahrradtour nach Loshamn und in die Dünenlandschaft an der Außenküste. Der Dienstag vergeht mit allerlei Beschäftigung und dem vergeblichen Versuch, einen 7er Ringschlüssel und eine Ersatzglühlampe für den Drehzahlmesser zu kaufen. Endlich komme ich dazu, mit dem Fahrtenbericht anzufangen.


Mi. 19.05. bis Sa. 22.05.10 nach Farsund in Norwegen, 312 sm.
Um 8 Uhr haben wir abgelegt. Mit frischem Wind aus NW segeln wir außen um die Insel Romsø. Danach geht es hoch am Wind nordwärts. Mehrfach muss ich ein- und ausreffen, die Fock wechseln und ab Nachmittag bei Wind aus Nord kreuzen. Auch den Motor müssen wir vorübergehend einsetzen. Gegen 16 Uhr bei der Insel Samsø will Heidi weiter segeln, sie hofft auf den Hafen Ebeltoft. Ich sage, es wird uns dunkel. So kommt es auch, ich muss die ganze Nacht Wache halten, Heidi ist noch krank. Nachts um 2 Uhr liegt Grena querab. Als es hell wird, macht Heidi 4 Stunden Wache, ich kann schlafen. Um 15 Uhr sind wir in Höhe Laesø. Bei Wind aus Nord ist es ein mühsamer Kreuzkurs, Wind und Wetter sind moderat, und wir wollen weiter. Um 22.30 Uhr passieren wir Skagens Rev, es geht nachts hinaus auf den Skagerrak. Bei NW, später W-Wind können wir leider nicht nach Westen Richtung Kap Lindesnes segeln. Früh um 4 Uhr übernimmt Heidi die Wache. Gegen 6 Uhr weckt sie mich, der Wind hat auf Nord gedreht, Jetzt können wir Kurs auf Kristiansand nehmen. Es gibt ein kurzes Regenschauer, dann scheint wieder die Sonne. Fast durchweg können wir mit Genua segeln. Der 5-Tage-Wetterbericht kündigt ab Sonntag Starkwind an. Ich möchte vorher noch um Kap Lindesnes kommen. So fahren wir in die dritte Nacht. Der Mond scheint, leider kommt Flaute. Außer kurzen Segelversuchen läuft die ganze Nacht der Motor. Erst kurz nach 9 Uhr Samstag früh liegt Kap Lindesnes querab, und wir können wieder segeln. Der Wind legt langsam zu, Fock wechseln, reffen, nach dem ersten auch das zweite Reff. Das Boot krängt, plötzlich steht Wasser unter dem Kartentisch. Querab liegt Farsund. Wir nehmen Kurs Richtung Land, müssen an mehreren Felseninseln vorbei. Dank Kartenplotter finden wir den Weg in den für uns neuen Hafen. Um 13 Uhr liegt das Boot am Schwimmsteg im inneren Hafen. Leider sind hier kein Strom und Wasser verfügbar. Bis 16 Uhr ist der nahe Supermarkt für einen Einkauf geöffnet. Vor uns liegt ein norwegisches Holzboot „Selle Marie“, eine Collin Archer aus Kristiansand. Abends sind wir bei Leif und Leni an Bord. Eine Inspektion gleich nach dem Anlegen zeigt, das Wasser kam aus dem Motorraum und auch im Achterpiek schwappt Wasser. Die Ursache ist schnell gefunden, der Auspuffschlauch ist am Auslassstutzen undicht. Bei Motorfahrt sickert es von hinten nach vorne bis in die Kajüte. Ich kann den Schaden noch am Abend reparieren, indem ich das einige Zentimeter lange schadhafte Stück absäge. Leif gibt uns für die Schellen den abhanden gekommenen 7er Ringschlüssel.


Di. 18.05.10 nach Kerteminde 21 sm.
Morgens um 8 Uhr beim Frühstück kommt der Hafenmeister ans Boot. 120,- DKr oder 16,- € sind die Liegegebühr. Wir duschen anschließend. Ich mache einige Arbeiten am Boot. Die in diesem Jahr wieder angebrachte Dirk verhakt sich an den Aktiv-Antennen meiner Wetterempfänger oberhalb der Radarantenne im Achterstag. Ein Schäkel als Führung schafft Abhilfe. Heidi hat sich in Heiligenhafen erkältet, sie hat sogar Fieber. Kurz nach 12 Uhr legen wir trotzdem ab, segeln mit Fock und Groß fast 2 Stunden parallel zur Brücke bis zu der gekennzeichneten Durchfahrt, die für unseren Mast gerade hoch genug ist. Wind und der Strom ca. 1 kn stehen genau von vorn. Wir nehmen den Motor zu Hilfe. Nach der Brücke wird der Wind schwächer, auch mit Genua kommen wir kaum noch voran. Nach einer Stunde Motor können wir wieder segeln, müssen aber kreuzen gegen Wind aus Nord-West. Ich teste verschiedene Einstellungen des neuen Autopiloten „SPX 5“ mit „Gyro-Sensor“. Richtig zufrieden bin ich zunächst nicht, immerhin gibt es 6 verschiedene Einstellparameter mit bis zu 9 Stufen zur Anpassung an die Bootseigenschaften. Ausgehend von Standardwerten kann man einen „Autolearn“-Prozess starten. Mit dem Ergebnis war ich aber nicht zufrieden. Mit der sog. „Dealer Calibration“ habe ich manuell maximale Werte für „Rudder Gain“, „Wind Trimm“ und „Off Course Angle“ eingestellt. „Counter Rudder“ und „Rudder Damping“ änderte ich nur um eine Stufe von den Standard-Werten. Um die Arbeitsaktivität und den Stromverbrauch zu reduzieren, stelle ich normalerweise „Response“ statt auf den Standardwert „5“ auf den Minimalwert „1“ ein. Bedarfsweise erhöhe ich diesen Wert zuweilen auf „2“ oder „3“. Die automatische Steuerung hoch am Wind nach NMEA-Daten des elektronischen Gebers im Masttopp arbeitet in der Regel zufriedenstellend. Zum Wenden ist vorher eine vorübergehende „Response“-Erhöhung sinnvoll, sonst bleibt das Boot evtl. im Wind stehen. Oder man schaltet einfach auf „Auto“ und trimmt die Windsteuerung danach wieder ein. Für eine Wegpunktsteuerung Nach NMEA-Daten vom GPS-Empfänger (oder evtl. vorhandenem Kartenplotter) sollte man zunächst in „Auto“-Betrieb bei „Crosstrack Error“ möglichst „Null“ den richtigen Kurs manuell eintrimmen, bevor man „Track“ drückt. Sonst fährt das Boot erst einmal Schlangenlinien mit max. 30° Kursabweichungen. Wie man sieht, ist das allerhand „Wissenschaft“. Die mitgelieferte Bedienungs- und Installations-Vorschrift ist nur in Englisch. Erstaunlich gut ist dank des „Gyrosensors“ die Kursstabilität in normalem „Auto“-Betrieb. Wenn man selbst die Feinsteuerung übernimmt, kann man sich sowohl die Windsteurung als auch die Wegpunktsteuerung ersparen. Geändert habe ich in diesem Jahr auch die Großschotführung. Den Traveler vor dem Niedergang habe ich demontiert. Auf dem Kajütdach sind statt dessen zwei einzeln trimmbare Taljen, bei Bedarf mit den Fallwinschen zu holen, und mit Klemmen zu fixieren. Die schon vorhandenen Bullentaljen zur Vermeidung von Patenthalsen sind am Großbaum an dem gleichen Punkt bei ca. 2/3 der Großbaumlänge angeschlagen und führen auf die Püttinge der Oberwanten. Zusammen mit dem Baum-Niederholer und der wieder angebrachten Dirk habe ich für das Großsegel sechs Freiheitsgrade für den Trimm. Der Hauptvorteil ist, dass beim Wenden der Traveler nicht mehr geholt werden muss. Der Großbaum bleibt hoch am Wind etwa in Mittschiffslinie fixiert. Über die Taljen ist für Backbord- und Steuerbordkurs der gleiche Twist im Segel einstellbar. Zum Wenden werden am Autopiloten zwei Köpfe gedrückt und dann die Fockschot neu geholt. Unter Selbstwendefock genügt theoretisch das Knöpfchen-Drücken. Bei Vorwind-Kurs fungieren die Bullentaljen als sehr effektive Baumniederholer, um das an den Wanten und Salingen anliegende Segel flach zu ziehen. Als Nebeneffekt können dort, wo vorher der Traveller war, die vielen Leinen abgelegt werden. Um 18.30 Uhr legen wir in Kerteminde an. Heidi macht einen kleinen Einkauf, ich kontrolliere die Trinkwassertanks, dort ist alles trocken, aber wir haben weiter neues Wasser in der Bilge.


Mo. 17.05.10 nach Nyborg 67 sm.
Wir stehen früh auf, legen vor 8 Uhr ab und setzen gleich Groß und Fock 1. Hoch am Wind umsegeln wir den Flüggesand westlich von Fehmarn. Bei bis zu 20 kn Wind aus West ziehe ich ein Reff ein. Wir überholen eine Etap 32i. Mit Selbstwendefock ist sie deutlich langsamer als wir. Nach 9 Uhr kann ich bei nördlichem Kurs ausreffen. Die Sonne scheint. Mittags begegnet uns im Großen Belt westlich von Lolland ein U-Boot, man sieht nur den Turm über Wasser. Nachmittags querab von Langeland frischt es noch einmal auf, vorübergehend ein Reff ins Groß und weiter geht es hoch am Wind. Um 18 Uhr passieren wir die Nordspitze Hov und sehen voraus die Große-Belt-Brücke. Nach 21 Uhr geht die Sonne unter, Mit einigen Kreuzschlägen erreichen wir eine Stunde später den Seglerhafen von Nyborg.


Fr. 14.05. bis So. 16.05.10
Hafentage in Heiligenhafen. Am Freitag Vormittag besuchen wir Heidis Nichte Jutta und deren Partner Jochen in ihrem Haus. Auf dem Rückweg kaufen wir noch Getränke ein, Jochen bringt alles mit dem Auto zum Boot. Abends machen wir einen kleinen Stadtrundgang. Am Sonnabend haben wir früh frischen Wind aus West, der im Laufe des Tages zunimmt, nachmittags regnet es. Unser Plan war es, nach Kiel und durch den Nord-Ostseekanal in die Nordsee zu fahren. Der Wetterbericht prophezeit für morgen auch Starkwind und für die weiteren Tage nur westliche Winde. Wir werden unsere Route ändern müssen. Mit dem Wetterfax-Empfänger gibt es nach einem Software-Update Probleme. Erst nach mehrstündigen Versuchen ist er wieder funktionsfähig. Anschließend ändere ich die Timerprogrammierung optimiert für unser momentanes Seegebiet Ost- und Nordsee im Empfangsbereich 147,3 kHz sowie für Wetterkarten des DWD und des britischen Senders Northwood. Bis kurz vor die Färöer empfange ich Telex-Wetterberichte auf Langwelle. Auch Sonntag früh regnet es weiter. Nachmittags kommt die Sonne, der Wind ist frisch auf aus Nordwest, immer noch nicht passend für eine Weiterfahrt. In der Bilge der Kajüte habe ich an der tiefsten Stelle vor Jahren Löcher in die Bodenwrangen gebohrt. Zwischen Innenund Außenschale sammelte sich dort wiederholt Wasser, mal von undichten Kielbolzen, dann von Undichtigkeiten am Ankerkasten. Jetzt ist wieder Wasser ausgetreten. Noch hoffe ich, es ist nur Regenwasser von einer Kabeldurchführung am Heck, oder ist vielleicht wieder ein Trinkwassertank undicht, wie vor 2 Jahren in Schottland? Nachmittags besuchen wir das kleine Heimatmuseum und machen einen Strandspaziergang auf die Halbinsel Grasbock.


Do. 13.05.10
Vom SSV Rostock nach Heiligenhafen 52 sm. Wir brauchten auch diesmal wieder mehrere Tage, bis alle Arbeiten am Boot und die Reisevorbereitungen erledigt sind. Die Eisheiligen haben mit kühlem und wechselhaften Wetter unsere Abreise auch nicht besonders attraktiv gemacht. Heute am Himmelfahrtstag geht es früh los. Um 7.30 Uhr ist Jörn der Einzige vom SSVR, der uns verabschiedet und eine Flasche Sekt mit auf dem Weg gibt. Die Warnow seewärts und auf der Ostsee segeln wir bis 13 Uhr, dann ist der Wind zu schwach, wir starten den Motor. Der läuft dann auch den restlichen Tag über 7 Stunden. Wir wollen abends Heiligenhafen erreichen, und die Windrichtung bleibt mit West genau von vorn. Um 19 Uhr haben wir die Fehmarnsund-Brücke hinter uns, um 20.15 Uhr legen wir an.

Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra

29.05.2010

Vaila Sound/Shettlands
Liebe Gildeschwestern und -brüder

Nach 3 Nächten und 330 sm von Farsund kommend den Vaila Sound auf den Shettlands erreicht.

Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra

26.05.2010

Auslaufen Farsund
Liebe Gildeschwestern und -brüder

Haben Egersund passiert und halten jetzt Kurs auf die Shetlands.

Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra

24.05.2010

Farsund
Liebe Gildeschwestern und -brüder

Nach 4 Nächten die wir bei Sturm und Regen in Heiligenhafenfestlagen sind wir nun nonstop 3 Nächte durchgesegelt über Nyborg, Kerteminde, Kattegat und Skagerak

Liebe Grüße, Heide und Manfred Brandes, SY Libra